Abstract
Seit der Entdeckung des Lewisfaktors Lea durch Mourant20 im Jahre 1946 und der Aufstellung des Lewis-Blutgruppensystems 1 im Jahre 1949 haben sich zahlreiche Autoren mit der Frage der klinischen Bedeutung dieses Blutgruppensystems auseinandergesetzt '2-19, 21-26. Hämolytische Transfusionsreaktionen, bedingt durch Lewis-Inkompatibilität, wurden öfters beobachtet ^2,3,9,12-19,24. Aborte, Früh- und Totgeburten sowie Morbus-haemolyticus-ähnliche Krankheitsbilder der Neugeborenen wurden bei Trägerinnen von Lewis-Antikörpern ebenfalls öfters beschrieben ^4-11, 13, 21-24. Mit Ausnahme eines Falles ^21 konnte aber in all diesen Fällen der Kausalzusammenhang zwischen der Kindsschädigung und dem Antikörperbefund nicht sicher bewiesen werden. Andererseits zeigten mehrere Autoren, daß trotz der Anwesenheit von wärmeaktiven inkompletten Lewis-Antikörpern im mütterlichen Serum gesunde Lewis-inkompatible Kinder geboren werden können ^9, 22, 23. Der einzige Fall von Morbus haemolyticus neonatorum, bei welchem das Krankheitsgeschehen mit praktischer Sicherheit auf die Wirkung der mütterlichen Lewis-Antikörper zurückgeführt werden konnte, wurde 1953 von Ottensooser et al. ^21 beschrieben. Es handelte sich um ein zweitgeborenes Kind, bei welchem 12 Stunden nach der Geburt ein zunehmender Ikterus mit HepatoSplenomegalie auftrat. Im mütterlichen Serum fanden die Autoren als einzigen Antikörper ein Anti-Lea. Der direkte Coombs-Test war negativ. Das Kind wurde mit zwei Transfusionen behandelt. In der Folge zeigte das Kind die klinischen Zeichen eines Kernikterus. Auf Grund der vorhegenden Literatur erscheint es uns als wahrscheinlich, daß eine Lewis-Inkompatibilität trotz positivem Antikörperbefund bei der Mutter nur in seltenen Ausnahmefällen beim Kind einen klinisch manifesten Morbus haemolyticus auszulösen vermag.