Abstract
Hintergrund: Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist der häufigste maligne Tumor der Leber. Die Differenzierung zwischen primären Lebertumoren und Metastasen kann jedoch trotz moderner bildgebender Diagnostik mitunter Schwierigkeiten bereiten, was wiederum oftmals zu einer Diskussion über die Indikation zur Leberbiopsie führt. Methode: Basis dieser Arbeit ist eine selektive Literaturübersicht zum Thema «HCC». Des Weiteren erfolgte die Einbeziehung publizierter Empfehlungen und Stellungnahmen nationaler und internationaler Fachgesellschaften bezüglich der Indikation zur Leberbiopsie. Die Schlussfolgerungen werden durch die Auswertung eigener Daten ergänzt. Ergebnisse: Histologisch müssen die unterschiedlichen Wachstumsformen des HCC unterschieden werden und eine Abgrenzung zu präkanzerösen Läsionen und einigen Sonderformen des HCC erfolgen. Es scheint also vernünftig, immer dann zu biopsieren, wenn Zweifel an der radiologischen Diagnostik oder am klinischen Verlauf bestehen. In der Biopsie soll auch juxtaläsionelles Gewebe entnommen werden, um eine häufige Leberzirrhose zu dokumentieren. Ist eine chirurgische Resektion geplant, so kann auf die Biopsie verzichtet werden. Schlussfolgerung: Die Leberbiopsie erlaubt die Diagnose eines HCC, wenn die histologischen und immunhistochemischen (CD34, Zytokeratin 7 und 19, Glypican 3) Parameter eindeutig sind.
Keywords
Hepatocellular carcinoma
Diagnosis
Biopsy
Summary
Histopathology and Liver Biopsy of Hepatocellular Carcinoma
Background: Hepatocellular carcinoma (HCC) is the commonest primary liver cancer. However, differentiation between primary liver cancer and metastasis can be difficult in spite of modern radiological diagnosis. This often leads to discussions about the indication for a liver biopsy. Method: Summary of a selective review of the literature concerning the topic ‘HCC' and ‘the indications for liver biopsy', including the published recommendations and position statements of specialty societies in Germany and abroad. The conclusions are supplemented with an evaluation of the authors' own experience. Results: Histological analysis allows differentiation between the various architectural patterns of HCC, detection of precancerous lesions, and diagnosis of rare disease. Thus, it is reasonable to recommend a liver biopsy when in doubt regarding radiological diagnosis or the patient's history. Biopsy should also include juxtalesional tissue in order to document frequent liver cirrhosis. Indication for biopsy is abdicable when surgery has already been scheduled. Conclusion: Liver biopsy allows the diagnosis of HCC when histological and immunohistological parameters (CD34, cytokeratin 7 and 19, glypican 3) are univocal.
Einleitung
Im Rahmen von klinisch-pathologischen Konferenzen wird häufig der Befund einer unklaren Raumforderung in der Leber diskutiert. In diesem Zusammenhang stellt sich oft die Frage nach der Indikation zur Leberbiopsie, da die Differenzierung zwischen primären Lebertumoren und Metastasen, trotz aller Fortschritte in der Radiologie, mitunter schwierig sein kann.
Primäre Lebertumoren können sich prinzipiell aus allen Zellelementen der Leber entwickeln. Am häufigsten entstehen primäre maligne Lebertumoren jedoch aus Hepatozyten als hepatozelluläres Karzinom (HCC), gefolgt von intrahepatischen Cholangiokarzinomen (ICC), die ihren Ausgang vom Gallengangsepithel nehmen [1].
Makroskopie
Makroskopisch zeigen HCCs hinsichtlich ihrer Farbe, Größe und Konsistenz sowie ihres Ausbreitungsmusters eine große Variationsbreite. In den meisten Fällen besteht im umgebenden Lebergewebe eine Leberzirrhose, allerdings nimmt die Inzidenz der HCCs in der nichtzirrhotischen Leber zu. Überwiegend formen HCCs unterschiedlich große, makroskopisch gelblich imponierende, teilweise grünlich aussehende, hämorrhagische Knoten, wobei die grünlich-gelbliche Farbe auf Galleninfarkte zurückzuführen ist. Die makroskopisch gelblich imponierende Erscheinungsform wird durch die zumeist vorhandene Leberzellverfettung in Kombination mit der Nekrose erklärt.
Die in der Literatur empfohlenen makroskopischen Klassifikationssysteme der HCCs nach Wachstumsformen, die 1901 von Eggel [2] vorgeschlagen wurden, unterscheiden insgesamt vier unterschiedliche Typen:
- Der expansive oder massive Typ mit einem solitären Knoten oder multiplen, scharf begrenzten Knoten (20% der Fälle).
- Der infiltrative Typ, dessen makroskopisch sichtbare Tumorgrenzen nicht eindeutig zu erkennen sind (33% der Fälle).
- Der sogenannte gemischte (expansiv und infiltrativ) Typ (42% der Fälle).
- Der diffuse Typ, in der Leberzirrhose entstanden (5% der Fälle).
Die Daten, die von Eggel publiziert wurden, basieren auf den HCCs, die in der Zirrhose entstanden sind. Allerdings ist die rein morphologische Einteilung weitestgehend verlassen worden, da sie weder Rückschlüsse auf die Ätiologie noch auf den klinischen Verlauf oder die Prognose zulässt. Besonders in zirrhotischen Lebern in fortgeschrittenen Tumorstadien besteht in etwa 50% der Fälle ein diffuses Infiltrationsmuster. Zumeist sind diese HCCs dann multifokal. Von Multifokalität wird dann gesprochen, wenn die Tumorknoten durch tumorfreies Lebergewebe voneinander getrennt sind. Satellitenknoten hingegen werden als diejenigen Knoten definiert, die kleiner sind als der Haupttumor und sich in weniger als 2 cm Entfernung von diesem befinden.
In der Literatur wird immer wieder von einem pedunkulierten HCC berichtet. Hierbei handelt es sich um ein gestieltes HCC, das aus ektopem Lebergewebe, akzessorischen Leberlappen oder unmittelbar subkapsulär gelegenen Leberabschnitten hervorgeht und in der Bildgebung extreme diagnostische Probleme bereiten kann. In den wenigen in der Literatur publizierten pedunkulierten HCCs besteht eine Verbindung zum Lebergewebe, ein sogenanntes Pedikel, jedoch werden auch Fälle beschrieben, in denen diese Verbindung zur Umgebungsleber nicht besteht. Diese Tumoren sollen eine bessere Prognose besitzen, obwohl größere Serien mit dokumentiertem Verlauf fehlen [3].
Mikroskopie
Die histologische Präsentation eines HCC reflektiert die Variabilität der Makroskopie. Es kommen unterschiedliche Wachstumsmuster vor, die auch von der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) so definiert sind [4]. Am häufigsten findet sich das trabekuläre HCC (Abb. 1). Hierbei handelt es sich um Tumoren, die aus polygonalen Hepatozyten-ähnlichen Tumorzellen bestehen, die sich aus mehrschichtigen Zellbalken, sogenannten Trabekeln, zusammensetzen und sinusoidale bzw. von Endothel ausgekleidete Blutgefäße umgeben. Das pseudoglanduläre oder azinäre HCC zeigt drüsenartige Strukturen, zum Teil mit Gallebildung; auch diese Drüsen umschließen Sinusoide, die arterielles Blut führen und der Ernährung der Tumorzellen dienen (Abb. 2). Eine zirrhöse Wachstumsform des HCC zeichnet sich durch zellarme, sklerosierte, bindegewebige Septen aus, die Tumorzellstränge umgeben, wobei hier die Tumorzellen zum Teil deutlich eosinophil erscheinen. Schlecht differenzierte HCCs zeigen ein solides oder kompaktes Wachstumsmuster ohne trabekuläre oder pseudoglanduläre Differenzierung (Abb. 3, 4).
Zytologische Varianten bestehen aus sogenannten pleomorphen Zellen, die eine große Varianz hinsichtlich der (Kern-)Größen besitzen, während Vielkernigkeit und Zellvereinzelung diese schlecht differenzierten HCCs charakterisieren. Hellzellige Tumoren zeichnen sich durch helles, glykogenreiches Zytoplasma aus. Spindelzellen zeichnen den «sarkomatoiden Typ» des HCC aus.
Nach wie vor gilt das vierstufige Grading-System für HCCs, das 1954 von Edmondson und Steiner [5] vorgeschlagen wurde. Wie bei den übrigen Organtumoren auch, basiert dieses Graduierungssystem auf unterschiedlichen zytologischen und histologischen Parametern wie Kern-Plasma-Relation, Ausmaß der Azidophilie, Chromatingehalt und Gallebildung. Die histologischen Parameter sind trabekuläre oder pseudoglanduläre Differenzierung und generell Zellkohäsivität.
Immunhistochemisch sind HCCs zumeist Zytokeratin-18-positiv, und in 30-40% der Fälle gelingt immunhistochemisch der Nachweis von Alpha-Fetoprotein (AFP).
Sonderformen des hepatozellulären Karzinoms
Fibrolamelläres Leberzellkarzinom
Das fibrolamelläre HCC macht etwa 1% aller malignen Lebertumoren aus. Zumeist sind junge Patienten, häufig Frauen, betroffen. Eine Begleitzirrhose ist in den wenigsten Fällen vorhanden. Fibrolamelläre Karzinome imponieren makroskopisch als derbe, grauweiße Tumoren, die sich relativ scharf gegen das umgebende Lebergewebe abgrenzen. Obwohl multifokales Tumorwachstum möglich ist, handelt es sich bei fibrolamellären HCCs zumeist um solitäre Herde. Interessanterweise kann im radiologischen Befund häufig eine intratumorale Verkalkung beobachtet werden [6]. Histologisch zeigen fibrolamelläre HCCs ein relativ charakteristisches Erscheinungsbild. Sie bestehen überwiegend aus bindegewebigen Stromakomponenten, während die epithelial differenzierten Tumorzellen ein feingranuliertes eosinophiles Zytoplasma zeigen, das elektronenmikroskopisch durch den hohen Gehalt an Mitochondrien begründet ist. Die bindegewebigen Septen bestehen aus dichtem azellulärem Kollagen. Die bindegewebigen Zellen umgeben die Tumorzellformationen und begründen ein charakteristisches trabekuläres oder auch umschriebenes noduläres Wachstumsmuster. Die differentialdiagnostische Abgrenzung gegenüber Cholangiokarzinomen ist hier besonders wichtig, da Cholangiokarzinome eine deutliche desmoplastische Stromareaktion besitzen können. Die Tumorzellen «mauern» sich in das Stroma ein.
Zirrhöses hepatozelluläres Karzinom
Weitere Subtypen sind das sogenannte zirrhöse hepatozelluläre Karzinom, das etwa 5% der HCCs ausmacht. Diese Tumoren zeichnen sich durch eine deutliche Fibrose aus, die Tumorzellen umgeben, die sinusoidal angeordnet sind oder trabekulär wachsen. Diese Tumoren finden sich zumeist unmittelbar unterhalb der Leberkapsel. Es ist bekannt, dass bei multifokalen HCCs durchaus ein Tumorknoten ein zirrhöses Wachstumsmuster besitzen kann. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die differentialdiagnostische Abgrenzung gegenüber Cholangiokarzinomen und dem fibrolamellären Karzinom.
Undifferenziertes Karzinom
Das undifferenzierte Karzinom zeichnet sich dadurch aus, dass es keine Wachstumsrichtung vorweist; lediglich die Zytokeratin-Immunhistochemie zeigt an, dass es sich um ein Karzinom handelt. Undifferenzierte Leberzellkarzinome sind selten und machen weniger als 2% aller epithelialen Lebertumoren aus.
Lymphoepitheliales Karzinom
Das lymphoepitheliale Karzinom ist ein pleomorpher Tumor, der - wie bei anderen lymphoepithelialen Karzinomen und anderen Organen ebenfalls - eine ausgeprägte Lymphozyteninfiltration aufweist. Die Tumorzellen sind charakteristischerweise positiv gegenüber Bestandteilen des Epstein-Barr-Virus.
Sarkomatoides hepatozelluläres Karzinom
Das sarkomatoide HCC besteht aus Spindelzellen, die an ein Sarkom erinnern. Immunhistochemisch zeigt sich allerdings eine Zytokeratin-Expression, sodass eine Unterscheidung zu einem Sarkom als mesenchymaler Tumor ohne Zytokeratin-Expression erfolgen kann.
Präkanzeröse Läsionen und Differentialdiagnostik
Vorläuferläsionen sind dysplastische Knoten, die sich grundsätzlich nur in Zirrhoselebern finden. In seltenen Fällen könnten sie Folge von schweren chronischen Leberschädigungen (z.B. nach Paracetamol-Intoxikation) sein [7]. Definitionsgemäß sind dysplastische Knoten kleiner als 1 cm, in einigen Serien kleiner als 0,5 cm. Dysplastische Knoten werden abhängig von Art und Ausmaß der zellulären Atypien als niedriggradig oder hochgradig dysplastische Knoten graduiert. Dysplastische Knoten müssen von fokalen nodulären Hyperplasien, Leberzelladenomen und nodulär regenerativen Hyperplasien abgegrenzt werden. Die Terminologie eines «frühen» HCC wird in der internationalen Literatur zwar häufig - insbesondere im asiatischen Raum - verwendet, ist allerdings hinsichtlich der Histologie der Tumoren schwierig zu reproduzieren.
«Frühe» HCCs sind unscharf begrenzte Knoten, die meist kleiner als 2 cm sind und mikroskopisch aus gut differenzierten HCC-Zellen bestehen. Histologisch fällt eine erhöhte zelluläre Dichte auf, das Wachstumsmuster wird unregelmäßig, pseudoglanduläre Strukturen und degenerative Veränderungen der Zellen mit Verfettung können sichtbar sein. Alle histologischen Kennzeichen, die für ein frühes HCC typisch sind, können auch in fortgeschrittenen HCCs (größer als 2 cm) festgestellt werden [8].
Als einziges sicheres Unterscheidungsmerkmal zwischen frühem und fortgeschrittenem HCC gilt das Kriterium der Gefäßversorgung. Frühe HCCs zeigen portale Gefäße und eine unterschiedliche Anzahl von unpaaren, zum Teil wandaufbaugestörten arteriellen Gefäßen. Fortgeschrittene HCCs zeigen definitionsgemäß keine portalen Gefäße und eine gut entwickelte arterielle Versorgung aus unpaaren arteriellen Gefäßstrukturen. Allerdings ist diese Unterscheidung in Leberbiopsien oder in Resektaten ohne immunhistochemische Aufarbeitung nicht immer möglich. Da sich hieraus keine therapeutische Konsequenz ergibt, ist die Unterscheidung im klinischen Alltag verzichtbar.
Aufgrund der ausgesprochen großen histologischen Variabilität von primären malignen Lebertumoren kann die Diagnose eines HCC bzw. die Abgrenzung gegenüber Metastasen eines Adenokarzinoms oder auch eines malignen neuroendokrinen Tumors in der Leber schwierig sein. Während gut differenzierte HCCs zumeist relativ einfach zu diagnostizieren sind, muss hier lediglich die Abgrenzung zu Leberzelladenomen erfolgen; die Diagnose kann bei schlecht differenzierten, solide wachsenden HCCs jedoch sehr schwierig sein. Relativ typisch für HCCs sind zytologische Kriterien wie eosinophiles Zytoplasma, eosinophile intrazytoplasmatische Einschlusskörper, histologisch sinusoidale Auskleidung der Tumorzellnester und Gallebildung. Ein weiteres wichtiges differentialdiagnostisches Kriterium ist die Beobachtung, dass HCCs in Zirrhose fast nie die Sinusoide des umgebenden nichtneoplastischen Lebergewebes infiltrierten - ganz im Gegensatz zu Metastasen in der Leber oder primären Cholangiokarzinomen.
Leberbiopsie: Warum und wann?
Die perkutane, sonographisch kontrollierte Leberpunktion ist weltweit der Goldstandard für die Diagnose von Lebertumoren, jedoch bleibt häufig die Frage der Indikationsstellung. Generell muss der Stellenwert der Leberbiopsie bei fokalen Leberläsionen individuell diskutiert werden, sodass eine pauschale Empfehlung nicht gegeben werden kann. Es gilt jedoch, dass repräsentative Leberbiopsien im klinischen Alltag bei mehr als 90% der Fälle die definitive Diagnosestellung ermöglichen [9].
Die internationalen Empfehlungen zur Leberbiopsie bei fokalen Leberläsionen sind lediglich bei Rundherden in nichtzirrhotischer Leber eindeutig. Es wird empfohlen, solitäre Leberläsionen ohne bekannte Leberzirrhose zu biopsieren. In dieser Situation (nichtzirrhotische Leber) ist die Abgrenzung von gut differenzierten HCCs zu Leberzelladenomen oder intrahepatischen Cholangiokarzinomen mitunter schwierig.
Nach neueren Literaturdaten wird das Leberzelladenom als Neubildung von terminal differenzierten Hepatozyten verstanden. Man weiß heute, dass das Leberzelladenom keine homogene Entität darstellt, sondern mindestens drei unterschiedliche molekularpathologisch definierte Neoplasien darstellen kann [10]. Etwa 30-40% der Leberzelladenome entstehen bei Frauen, sind mit einer Steatosis hepatis assoziiert und besitzen die klassische Histologie eines Leberzelladenoms. Molekularbiologisch sind diese Leberzelladenome durch eine Inaktivierung von HNF-1α charakterisiert. 40% der Leberzelladenome sind sogenannte inflammatorische oder teleangiektatische Leberzelladenome, die bei Frauen und Männern gleich häufig vorkommen sowie mit einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (Non-Alcoholic Fatty Liver Disease, NAFLD), einem metabolischen Syndrom oder einer Alkoholanamnese assoziiert sind. 10% der Leberzelladenome sind durch eine β-Catenin-Inaktivierung entstanden, treten häufig bei Männern auf und ähneln zytologisch einem HCC. Bei diesen Leberzelladenomen ist die maligne Transformationswahrscheinlichkeit erhöht. Derzeit wird diskutiert, ob es sich bei dieser Subgruppe möglicherweise schon um HCCs handelt.
Die internationalen Empfehlungen zur Biopsie von Rundherden in Zirrhoseleber sind heterogen. Die Amerikanische Fachgesellschaft zum Studium der Leber (American Association for the Study of Liver Diseases, AASLD) gibt eine differenzierte Empfehlung. Wenn die Knoten, die sonographisch oder CT-morphologisch in der zirrhotischen Leber dargestellt wurden, kleiner als 1 cm sind, ist eine Biopsie nicht notwendig; eine Verlaufskontrolle soll nach 3-4 Monaten vorgenommen werden. Ist die Läsion größer als 1 cm (oder größenprogredient), dann soll eine radiologische Bildgebung ergänzt werden. Bei typischem Befund in zwei unterschiedlichen radiologischen Verfahren soll die weitere Therapie wie beim HCC erfolgen; eine Leberbiopsie ist dann überflüssig. Erzielen die beiden unabhängigen radiologischen Befunde aber kein eindeutiges Ergebnis, sollte hingegen eine Biopsie durchgeführt werden (Abb. 5).
In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung, dass insbesondere Läsionen, die kleiner als 2 cm im Durchmesser sind, eine duale Blutperfusion besitzen können, sodass die radiologischen Kriterien (arterielle Perfusion, venöser Abstrom) hier keine Gültigkeit besitzen. Die bildmorphologisch nachweisbare Perfusion von dysplastischen Knoten ist in unterschiedlichen Publikationen divergent bewertet. Zusammenfassend können dysplastische Knoten ein sehr heterogenes Durchblutungsmuster besitzen und entziehen sich damit der definitiven radiologischen Diagnose. Leider sind dysplastische Knoten auch durch eine Leberbiopsie kaum von HCCs abzugrenzen, sodass in dieser Situation ein interdisziplinäres, klinisch abgestimmtes Verhalten anzuraten ist.
Die Differenzierung in ein «kleines» HCC oder «Carcinoma in situ» in der japanischen Literatur ist klinisch irrelevant, da die therapeutischen Konsequenzen unabhängig von diesen diagnostischen, von der WHO nicht definierten Entitäten erfolgen. In jedem Fall muss eine Intervention erfolgen, ob es sich um ein kleines HCC, um ein Carcinoma in situ oder um einen sogenannten dysplastischen Knoten handelt.
Alle internationalen und nationalen Leitlinien sind sich einig, dass die Indikation zur Leberbiopsie beim Verdacht auf HCC unabhängig vom Serum/AFP-Wert gestellt werden soll. Aufgrund von nachweisbaren AFP-Werterhöhungen bei aktiver Zirrhose bzw. Cholestase oder auch bei AFP-Werterhöhung bei intrahepatischen Cholangiokarzinomen wird die Spezifität des AFP-Wertes inzwischen kritisch gesehen. Daher spielt der AFP-Wert in der Diagnostik des HCC bzw. der Indikation zur Biopsie keine wesentliche Rolle mehr.
Gegen eine Leberbiopsie sprechen die verfahrensbedingten Komplikationen, insbesondere die Nachblutung und die Tumorzellverschleppung. In großen Studien werden signifikante Blutungskomplikationen bei etwa 1% der Leberbiopsien dokumentiert, wobei die Mortalität unter 0,1% liegt. Das Risiko einer Nachblutung ist bei diffusen Leberprozessen, wie z.B. Lymphomen, deutlich höher als bei primären malignen Lebertumoren.
Die in der Literatur publizierte Prävalenz von sogenannten Stichkanalmetastasen schwankt von 0,0095 bis 5% [11]. Allerdings sind die meisten diesbezüglichen Studien retrospektiv, die Stichkanalmetastasen nicht histologisch gesichert, und eine Abgrenzung zu Zweittumoren (intrahepatische HCC-Metastasen) erfolgt nicht. Auch werden heterogene Patienten innerhalb dieser Studien miteinander verglichen. Zumeist wird nicht differenziert, ob fortgeschrittene oder frühe Tumorstadien vorliegen, Aszites besteht oder beispielsweise mehrere Tumorknoten bereits vorliegen. Es ist also schwierig, diese Daten in schlüssiger Form zusammenzufassen; jedochh wird heute von einer generellen Inzidenz von Stichkanalmetastasen von 2,7% ausgegangen. Die Prognose der Patienten mit Stichkanalmetastasen wird durch diese Komplikation nicht bestimmt: In den veröffentlichten Serien versterben die Patienten nicht an den Stichkanalmetastasen, sondern an den Folgen ihrer systemischen Tumorerkrankung.
Patienten mit kompensierter Leberzirrhose sind keine Kandidaten für eine Lebertransplantation, solange sie kein HCC aufweisen. Aus diesem Grund soll die Diagnose eines HCC gesichert werden, bevor der Patient in die Transplantationsliste aufgenommen wird. Auch in dieser klinischen Situation sind die diagnostischen Kriterien der AASLD gültig [12]. Besteht klinisch und/oder radiologisch noch ein Zweifel über die Diagnose eines HCC, so soll eine Leberbiopsie vorgenommen werden. Das Risiko einer Leberbiopsie für eine hämatogene Tumorzelldissemination bei transplantierten Patienten wurde nicht abschließend evaluiert. Es gibt jedoch keine klare Evidenz, dass das Rezidivrisiko eines HCC nach Lebertransplantation durch eine Leberbiopsie erhöht ist. Aus diesen Gründen ist eine frühere Leberbiopsie keine Kontraindikation für eine Lebertransplantation [13].
Nach Wertung aller nationalen und internationalen Überlegungen scheint es vernünftig, bei Verdacht auf HCC die Läsion und das juxtaläsionelle Gewebe immer dann zu biopsieren, wenn Zweifel an der radiologischen Diagnostik oder am klinischen Verlauf bestehen. Ein HCC ist dann sicher zu diagnostizieren, wenn die histologischen und immunhistochemischen Parameter (CD34, Zytokeratin 7 und 19, Glypican 3) eindeutig sind. Zudem erlaubt die Leberbiopsie eine Aussage über eine vorliegende Leberzirrhose und deren Ätiologie [14]. Grundsätzlich kann auf eine Biopsie verzichtet werden, wenn die Indikation zur chirurgischen Resektion schon gestellt wurde [15]. Der Status des Umgebungslebergewebes (Staging und Grading der Zirrhose) ist allerdings bei der präoperativen Bestimmung des zulässigen Resektionsausmaßes oft hilfreich.
Disclosure Statement
Prof. Tannapfel erhielt Honorare für Beratertätigkeit von den Firmen Merck, Sanofi, Falk, Pfizer, Amgen, AstraZeneca, Lilly und Novartis. Reisekostenerstattung und Vortragshonorare bekam sie von den Firmen Sanofi, Falk, Pfizer, Amgen und Apda.
Dr. Solaß bestätigt, dass sie keine Interessenkonflikte hat.