Zusammenfassung
Hintergrund: Die körperbezogenen repetitiven Verhaltensweisen (body focused repetitive behaviors; BFRBs) subsumieren eine Gruppe von Störungsbildern an der Schnittstelle von klinischer Psychologie/Psychiatrie, Dermatologie und Zahnheilkunde. Ohne entsprechende Behandlung neigen BFRBs zur Chronizität und können zu gravierenden körperlichen und psychischen Folgeproblemen führen. Ungeachtet der hohen Prävalenz (ca. 24 % der Erwachsenen in der allgemeinen Bevölkerung berichten Fälle mit Leidensdruck und/oder sichtbaren körperlichen Folgen im Laufe ihres Lebens) gibt es weiter große Wissenslücken aufseiten Behandelnder. Zusammenfassung: Aufgrund der körperlichen Folgeerscheinungen sind überwiegend Allgemeinmediziner:innen und Dermatolog:innen die erste Anlaufstelle für Betroffene. In den aktuellen Klassifikationssystemen sind Trichotillomanie (pathologisches Ausreißen der Haare) und Dermatillomanie (pathologisches Manipulieren der Haut) als eigenständige Diagnosen gelistet und werden entweder als zwangsverwandte Störungen (DSM-5) oder als Störungen der Impulskontrolle (ICD-10) klassifiziert. Weitere Verhaltensweisen, die zu den BFRBs gerechnet werden, sind Cavitadaxia (Lippen-Wangen-Beißen), Nägelkauen, Wach-Bruxismus sowie Daumenlutschen im Erwachsenenalter. Verhaltenstherapeutische Maßnahmen sind aktuell die Behandlung der Wahl. Den Goldstandard stellt das Habit-Reversal-Training (HRT) dar, dessen Wirksamkeit mehrfach empirisch nachgewiesen wurde. Effektive Selbsthilfeverfahren sind neben der Selbsthilfeadaption des HRT, die Entkopplung, die Entkopplung in sensu und das Habit Replacement. Kernaussage: Der Artikel vermittelt einen Überblick über die einzelnen Störungsbilder von BFRBs, differenzialdiagnostische Schwierigkeiten sowie Behandlungsmöglichkeiten.