Abstract
Unter dem Druck einer landesweiten krassen Unterversorgung der wach-senden Gruppe von Patienten mit Doppeldiagnosen wurde 1993 in den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern ein stationäres Behandlungs-angebot für Patienten mit substanzgebundenem Suchtverhalten und einer anderen schweren psychischen Störung eingerichtet. Der Schwerpunkt der Forschung lag in der Entwicklung, Beschreibung und Evaluation einer Übergangstherapie zwischen Krisenintervention und Rehabilitationseinrichtung, die sich durch ein integratives Behandlungsangebot unter Berück-sichtigung der besonderen Merkmale von Doppeldiagnosepatienten auszeichnet. Zur Evaluation der Behandlungseffekte und des Verlaufs wurden bei Eintritt, während der Behandlung und nach Ablauf eines Jahres nach Austritt (1-Jahres-Katamnese) verschiedene störungsspezifische und psychosoziale Merkmale erfaβt. Während die Ergebnisse des Pr-äKatamnese-Vergleichs in bezug auf bestimmte Indikatoren eines erfolgreichen Beginns der Rehabilitation sowie in bezug auf psychopathologische Symptome ermutigend ausfallen, verringert sich der Suchtmittelkonsum nicht. Jedoch wiesen Patienten, die vor der Behandlung extrem häufig Suchtmittel einnahmen, eine deutliche Verringerung ihres Suchtmittelkonsums auf. Verlaufsbeobachtungen während der stationären Behandlung zeigen, daβ polytoxikoman Schizophrene zwar besser lernen, keine oder weniger häufig Suchtmittel zu kon-sumieren als Patienten mit anderen Doppeldiagnosen (z.B. Persönlichkeitsstörungen und Alkoholabhängigkeit). Dieser Lernfortschritt kann aber von Schizophrenen nicht stabilisiert und in die Realsituation transferiert werden. Signifikante Korrelationen zwischen der Häufigkeit suchtmittelbezogener Rückfälle während der stationären Behandlung und akuten psychotischen Symptomen sowie hoher Reizbarkeit verweisen auf mögliche Zusammenhänge zwischen Sucht und psychischer Störung.