Abstract
Die Definition der Zwangsstörung beinhaltet, daβ der Patient seine Symptomatik als unsinnig und «ich-dyston» erlebt. Andererseits haben neuere Untersuchungen den aus der klinischen Praxis bekannten Befund bestätigt, daβ ein Teil der vom Therapeuten als zwanghaft beurteilten Verhaltensweisen vom Patienten selbst in situativ wechselndem Ausmaβ oft nicht als zwanghaft eingeschätzt, sondern als normal und «ich-synton» empfunden werden. Entsprechend sieht der Patient dieses Verhalten nicht durchgängig als änderungsbedürftig an, obwohl er unter dessen Konsequenzen leidet und sich deswegen in Behandlung begibt. Am Beispiel eines Patienten mit Zwangsstörung wird gezeigt, daβ die Wahrnehmung von zwanghaftem Verhalten durch unkommentiertes Videofeedback dieses Verhaltens erheblich verbessert werden kann. Eine weitere Verbesserung lieβ sich durch zusätzliche Kommentierung der Videoaufnahmen durch den Therapeuten erzielen. Auf diese Weise wurde der Patient zur Veränderung von zwanghaften Verhaltensweisen motiviert, die er zuvor nicht immer als zwanghaft, sondern zeitweise als «ich-synton» erlebt hatte.