Abstract
Die Prävalenz von depressiven Erkrankungen ist bei Anlegen konservativer Kriterien bei stationär behandelten organmedizinischen Patienten dreifach und bei ambulant behandelten Patienten zweifach erhöht. Fast 50% aller Krebspatienten erfüllen die Kriterien einer psychischen Störung. Dabei sind Anpassungsstörungen mit depressiver Stimmungslage die häufigste Komplikation. Angsterkrankungen scheinen darüber hinaus zu einer Verzögerung in der Früherkennung und Differentialdiagnostik von Krebserkrankungen zu führen, die die Krebsüberlebenszeit um 10–20% reduziert.Depressive Erkrankungen werden häufig bei körperlich Kranken nicht diagnostiziert, da 1. der Fokus der ärztlichen Intervention auf den körperlichen Zeichen und Symptomen liegt, 2. depressive Symptome wie Energieverlust, Appetitstörung und Schlafstörung häufig fehlerhaft auf die Krebserkrankung und die Behandlungskomplikation zurückgeführt werden, 3. noch vielfach ein therapeutischer Nihilismus gegenüber der Beeinfluβbarkeit psychischer Störungen vorherrscht. Neuere Studien haben in diesem Zusammenhang nicht bestätigen können, daβ Personen mit einer depressiven Erkrankung ein höheres Krebsinzidenzrisiko haben als Personen ohne eine Depression. Jedoch konnte vielfach gezeigt werden, daβ effektive psychotherapeutische Behandlungsmaβnahmen gegen die Depression auch den Verlauf von Krebserkrankung positiv beeinflussen können. Psychotherapie für körperlich kranke Patienten reduziert die Angst, Depression und den Schmerzintensitätspegel. Zusätzlich konnte bezüglich der Psychotherapie bei Krebserkrankung ein überraschend deutlicher Effekt auf die Krankheitsprogression objektiviert werden. In drei randomisierten Studien konnten signifikant längere Überlebenszeiten für Patienten mit Brustkrebs (18 Monate), Lymphome und maligne Melanome bestätigt werden. Die physiologischen Mechanismen für diese Befunde sind derzeit noch nicht eindeutig geklärt. Diskutiert werden vier fundamentale Einfluβfaktoren: 1. das Gesundheitsverhalten; 2. Verbesserung der Inanspruchnahme; 3. Veränderungen der endokrinen Lage; 4. Veränderungen der Immunfunktion.Effektive Behandlungsprogramme gegen die Depression bei Krebspatienten können zusammenfassend den Verlauf der Krankheit wie auch die Lebensqualität verbessern. Die spezifische Beachtung depressiver Symptome bei Krebspatienten verbessert die Anpassung der Patienten, reduziert die Symptome, führt zu einer Verringerung der Betreuungskosten und verbessert den Krankheitsverlauf.