Zusammenfassung
Verhaltensaktivierung ist ein zentraler Bestandteil der kognitiven Verhaltenstherapie bei depressiven Störungen. Befunde aus der Grundlagenforschung zum inhibitorischen Lernen und deren klinische Anwendungen legen nahe, dass die Wirksamkeit von Verhaltensaktivierung zusätzlich gesteigert werden könnte, wenn bei der Durchführung ein besonderer Fokus auf das Erleben von Erwartungsverletzungen gelegt wird. So wird in diesem Artikel ein Behandlungsansatz vorgestellt, der die Verhaltensaktivierung um den Aspekt der Erwartungsverletzung ergänzt. Zentral ist dabei die Erfahrung, dass das Durchführen von geplanten Aktivitäten für Depressionspatient:innen meist weniger anstrengend als erwartet ist und mehr Freude als erwartet macht. In der Nachbesprechung wird zudem die nachhaltige Verarbeitung einer solchen erwartungsverletzenden Erfahrung besonders gefördert, indem einer nachträglichen Entwertung der Erfahrung durch die Patient:innen entgegengewirkt wird. So lernen die Patient:innen, dass sie aufgrund der Depression dazu neigen, Aktivitäten als unverhältnismäßig aversiv anzunehmen, sich diese Erwartung jedoch in aller Regel nicht bestätigt. Dadurch trauen sie sich in der Folge mehr zu und können zukünftige Aktivitäten optimistischer angehen. In einer kleinen Machbarkeitsstudie bei teilstationär behandelten Depressionspatient:innen (N = 7) zeigte sich, dass der hier vorgestellte Behandlungsansatz gut umsetzbar ist und von den Patient:innen gut angenommen wird. Dies kann die Grundlage für eine größer angelegte klinische Studie zur Wirksamkeitsprüfung sein und eine Weiterentwicklung der Verhaltensaktivierung anstoßen.