Abstract
Die Verhaltensanalyse oder allgemeiner die Problemanalyse gilt als Grundlage für die Therapieplanung in der Verhaltenstherapie, doch in der verhaltenstherapeutischen Forschung hat sie kaum eine Rolle gespielt. Die Gruppenzuordnung eines Patienten und damit die Zuordnung zu einer bestimmten Behandlungsbedingung erfolgt in der Regel nur anhand klinischer Diagnosen. Die mangelnde Berücksích-tigung individueller Besonderheiten müβte eigentlich zu schlechteren Therapieresultaten führen. Tatsächlich hat sich jedoch in empirischen Studien gezeigt, daβ eine Zuweisung von Patienten zu Standardbehandlungen lediglich aufgrund klinischer Diagnosestellungen zu gleich guten oder sogar besseren Therapieresultaten führt wie eine auf der Grundlage einer Problemanalyse individuell geplante Behandlung. Zwei Prämissen der Problemanalyse wurden daher einer Prüfung unterzogen: Zum einen lieβ sich exemplarisch an einer Gruppe von phobischen Patienten nachweisen, daβ die Therapeuten nicht nur bei Patienten mit unterschiedlichen Phobien, sondern auch bei Patienten mit gleicher Diagnosestellung – wie theoretisch zu postulieren – unterschiedliche Problembedingungen diagnostizierten. Allerdings führte dies nicht – wie nach der zweiten Prämisse der Problemanalyse zu erwarten ware – zur Wahl jeweils unterschiedlicher Therapiemethoden. Ein Grund dafür könnte sein, daβ die verhaltenstherapeutische Forschung inzwischen differenzierte und schrittweise optimierte Behandlungsprogramme für einzelne Diagnose -gruppen entwickelt hat. Um über deren Anwendung zu entscheiden, ist eine andere, eine klinischnosologische Diagnostik notwendig. Klinische Diagnostik und Problemanalyse können und sollten sich ergänzen. Dafür wird ein normatives Modell vorgestellt.