Abstract
Hintergrund: Früh beginnende Störungen des Sozialverhaltens, für die es zahlreiche mögliche Ursachen (unter anderem familiäre Belastungen) gibt, weisen häufig eine schlechte Prognose auf. Parent-Child Interaction Therapy (PCIT) stellt eine im englischsprachigen Raum hinsichtlich ihrer Evidenz sehr gut belegte Behandlung für 2- bis 7-jährige Kinder mit Störungen des Sozialverhaltens dar. Für Deutschland fehlen bisher entsprechende Nachweise. Falldarstellung: In dieser Kasuistik werden Diagnostik und Behandlung eines 3-jährigen Jungen mit Störung des Sozialverhaltens (oppositionell-aufsässiger Typ) beschrieben, bei dem familiär zahlreiche psychosoziale Risikofaktoren vorlagen. Nach einer ausführlichen Eingangsdiagnostik nahmen Mutter und Kind gemeinsam an PCIT teil. In dieser ersten Fallbeschreibung zu PCIT im deutschsprachigen Raum wird ausführlich der Therapieverlauf dargestellt; insbesondere wird dabei auch auf Besonderheiten und Herausforderungen einer Familie mit Mehrfachbelastungen eingegangen. Nach insgesamt 19 Therapiesitzungen erfüllte der Junge die Diagnosekriterien für eine Störung des Sozialverhaltens nicht mehr; seine Mutter zeigte ein deutlich verbessertes Erziehungsverhalten. Auch bei der Nachuntersuchung 14 Monate später zeigte sich der Behandlungserfolg stabil; darüber hinaus war es zu einigen Entwicklungsfortschritten (unter anderem im Bereich Sprache) gekommen. Schlussfolgerungen: Insgesamt liefert der geschilderte Fall erste Hinweise dafür, dass PCIT auch in Deutschland eine Erfolg versprechende Therapieoption bei Störungen des Sozialverhaltens im Vorschulalter darstellt, auch bei Patienten aus Familien mit mulitplen Belastungen.