Abstract
Hintergrund: Negative Stimmung und unwiderstehliches Verlangen sind als Auslöser des Erstkonsums einer psychotropen Substanz nach einer abstinenten Phase vielfach nachgewiesen worden. Über die Auslöser des Konsums bei Personen mit Ad-libitum-Konsum ist bisher wenig bekannt. Die vorliegende Untersuchung hatte zum Ziel, (1) den Einfluss negativer Stimmung auf die Menge des Ad-libitum-Zigarettenkonsums sowie (2) die mediierende Rolle des Verlangens in diesem Zusammenhang zu untersuchen. Patienten und Methoden: An einer opioidabhängigen Verfügbarkeitsstichprobe (N = 29) wurden mittels elektronischer Tagebücher 1 Woche lang 4-mal täglich zu individuell festgelegten Zeitpunkten Daten zu Stimmung, Verlangen und Menge des Zigarettenkonsums gewonnen und mittels «Linear Mixed Models» analysiert. Ergebnisse: Negative Stimmung 10 min vor dem Konsum sowie zum vorangegangenen Messzeitpunkt erwiesen sich als signifikante Prädiktoren der Anzahl konsumierter Zigaretten (p < 0,05). Der Einfluss des Verlangens 30 min vor dem Konsum auf die Konsummenge verfehlte knapp die statistische Signifikanz (p = 0,09). Der Vergleich des direkten Effekts negativer Stimmung auf die konsumierte Menge mit dem indirekten Effekt mediiert über das Verlangen zeigte, dass negative Stimmung ausreichte, um eine Zunahme der Konsummenge zu bewirken, ohne dass das Erleben von Verlangen eine notwendige Bedingung darstellte. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse sprechen dafür, aktuelle negative Stimmung als einen von Verlangen unabhängigen Auslöser des Nikotinkonsums zu berücksichtigen.