Abstract
Es werden Ergebnisse mitgeteilt über die Behandlung von 180 Nierentuberkulose-Patienten mit Corticoiden. Wir sehen günstigen Einfluβ der kombinierten Tuberkulostatika-Corticoidtherapie auf die gesamte Nierenparenchymleistung (ablesbar an Funktionswerten und Kontrastmittelausscheidung) auf frische exsudativödematöse Entzündungen im ableitenden Harnsystem mit Rückbildung von Stenosierungen, auf frische Kavernen, auf die Blasenschleimhaut; weiterhin beobachteten wir rascheres Verschwinden der Tuberkelbakteriurie, sowie Rückgang des diastolischen Hypertonus. Parallel zur Besserung der Nierenfunktion kommt es zu besserer Verträglichkeit der Medikamente. Damit besteht die Möglichkeit, die tuberkulostatische Behandlung zu intensivieren bzw. höher zu dosieren. Am besten spricht die möglichst frühdiagnostizierte, noch nicht tuberkulostatisch vorbehandelte, frische Nierentuberkulose an – der bereits chronisch gewordene und chronisch behandelte Prozess zeigt keine wesentliche Besserung mehr. Wir führen die Corticoidbchandlung in 4- oder öwöchigen Stöβen mit abfallender Dosierung durch, sichern den Gorticoidstoβ mit einer Dreier-Kombination tuberkulostatischer Medikamente ab (die Verträglichkeit und Wirksamkeit der Tuberkulostatika ist Voraussetzung für den Einsatz von Corticoiden). Bei Mischformen der Nierentuberkulose mit unspezifischer, beispielsweise pyelonephritischer Komponente, ist zusätzlich gezielte Breitspektrumbehandlung notwendig. Zwischen den Corticoidstöβen lassen wir ein corticoidfreics Intervall von 4 Wochen. Während dieser Zeit ist auf ausreichende Tuberkulostatikabehandlung besonders zu achten. Abgesehen von den allgemein bekannten Gefahren, Nebenerscheinungen und Kontraindikationen der Corticoidbehandlung besteht bei der Nierentuberkulose im besondern die Gefahr der Haematurie. Wir beobachteten bei unseren ersten 100 Behandlungen in 25% Mikrohaematurien bei vorher unauffälligem Harnbefund, erlebten auch eine schwere Makrohaematurie. Durch Ausschluβ von Patienten mit anamnestisch bekannter oder bestehender Haematurie, durch ständige Harnkontrollen sowie Wechsel des Corticoidpräparates (wir behandelten zunächst mit Prednisolon, weiterhin mit Betamethason), liessen sich die bcstätigten Mikrohaematurien von 25 auf 10% verringern. Die Einwirkung der Corti-coidpräparate auf den Calciumspiegel bei der Nierentuberkulose ist verschieden – unter Prednisolonbehandlung beobachteten wir in 38% Anstiege des Serumcalciumspiegels (etwa von 4,8 auf 5,1 mval), unter Betamethasonbehandlung nur in 8%. Bei Patienten mit Calciumsteinbildung kann es zur Steinvergröβerung kommen. Aus pathologisch-anatomischer Sicht ergaben sich bisher keine Anhalte einer Gegenindikation – die histologischen Befunde operativ entfernter Nieren nach Corticoidbehandlung zeigten das typische Bild tuberkulostatisch vorbehandelter Nieren. 12 Nephrektomien corticoidbehandelter Patienten verliefen ohne Komplikationen – allerdings waren die Corticoidbe-handlungen mindestens 6 Wochen vor der Operation abgesetzt .Von insgesamt 240 ausgeführten Corticoidstoβbehandlungen mussten 5 abgebrochen werden – dazu zwangen eine Haematurie, eine Mundschleimhautblutung, eine Mycoseexacerbation, eine zur Harnflut gesteigerte Diurese mit Kaliumverlust und ein psychischer Erregungszustand.