Abstract
In einer klinischen Untersuchung sollte herausgefunden werden, ob die 10- bis 12stündige Flüssigkeits- und Nahrungskarenz vor Wahlein-griffen einen nachweisbaren Einfluß auf die Homöostase und den Stoffwechsel des geriatrischen Patienten hat. 30 männliche urologische Patienten im Alter von 60 bis 90 Jahren (Gruppe I 60 bis 70 Jahre, Gruppe II 70 bis 80 Jahre, Gruppe III 80 bis 90 Jahre) wurden für diese Studie ausgewählt. Am Vorabend der Operation gegen 19.00 Uhr und am Morgen des Operationstages gegen 7.00 Uhr wurden folgende Parameter erhoben: Körpergewicht, Hämatokrit, Säuren-Basen-Status, Elektrol·yte, Serumosmolal·ität, Harnstoff, Kreatinin, Gesamteiweiß mit Elektrophorese und Blutzuk-ker. In dem 12stündigen Zeitraum wurde der Urin quantitativ gesammelt und Osmolalität, Elektrol·yte, Gesamtstickstoff, Kreatinin und Harnstoff bestimmt. Bei alien Patienten wurde eine altersmäßig eingeschränkte Kreatinin-clearance berechnet. In alien drei Gruppen war eine signifikante Gewichtsabnahme (p < 0,001) zwischen abends und morgens zu verzeichnen. Die Urinmenge nahm von Gruppe zu Gruppe bei nachlas-sender Konzentrationsleistung der Nieren zu, während die Perspiratio dementsprechend von Gruppe zu Gruppe abnahm als Zeichen der zunehmenden gestörten Thermoregulation im Alter. Bedingt durch die Dehydratation am Operationstag morgens waren die Hk- und Gesamteiweißwerte besonders in Gruppe II und III deutlich angestiegen und scheinbar im Normbereich. Ebenfalls als Zeichen der Dehydration bei stickstofffreier Ernährung zu deuten waren die Harnstoff- und Kreatininwerte vom Vorabend bis zum nächsten Morgen deutlich abgefalien. Die geringe Ausscheidung von Gesamtstickstoff, Harnstoff und Kreatinin im Urin könnte darauf hindeuten, daß es zu keiner ausgeprägten Katabolie nach 12stündiger Nahrungskarenz gekommen ist. Bei konstanten Serumelektrolytkonzentrationen zeigte die Serumosmolal·ität auch keinerlei Veränderungen. Unsere Untersuchung zeigt, daß auch ältere Patienten eine 12stündige Flüssigkeits- und Nahrungskarenz zu kompensieren vermögen. Dekompensationserscheinungen sind zu erwarten, wenn diese Patienten sich noch zusätzlich einer Operation mit großen Flüssigkeits- und Blutverlusten unterziehen müssen oder wenn die Karenzzeit auf 16–20 h verlängert wird.