Abstract
20 Patienten vor einem chirurgischen Eingriff wurden 3 Tage mit einer chemisch definierten Diät ernährt (12 g Stickstoff, 1800 Kcal) und die Harnstoff- und Stickstoffausscheidung am 2. und 3. Versuchstag bestimmt. Elf der Patienten hatten negative Stickstoffbilanzen (-2.7 bzw. -2.4 g/Tag). Bei diesen Patienten waren die Harnstoff-produktionsraten 21.1 bzw. 20.1 g Harnstoff pro Tag. Eine Harnstoffbildung, die 15 g pro Tag übersteigt, zeigt einen katabolen Zustand an. Ursache der Katabolie scheint die verschlechterte Proteinverwertung zu sein (49 bzw. 47 %), die als Folge eines akuten Stoffwechselstresses eintreten dürfte. Der Stoffwechselstreß wurde gemäß dem Katabolie-index nach Bistrian bestimmt und war bei Werten von +3.7 bzw. +3.9 ähnlich den Patienten unmittelbar nach einem komplikationslosen chirurgischen Eingriff. Die Bestimmung von Harnstoffbildungsrate und Katabolieindex sind methodisch einfach durchzuführen und scheinen brauchbare Parameter zur Erfassung einer Eiweißkatabolie zu sein. Bei sieben Patienten im unmittelbaren postoperativen Zustand wurden die 3-Methylhistidin-(3-mHis)-Ausscheidungen während einer Kochsalz- und einer Aminosäurezufuhr (5 % Alaninlösung, periphere Infusionen) bestimmt und verglichen. Unter der Aminosäure-substitution nahmen Proteinausscheidung (+49%) und 3-mHis-Ausscheidung (+ 50 %) zu. Aus der Quantität des in den Urin ausgeschiedenen 3-mHis kann man im postoperativen Zustand nicht unmittelbar auf den Schweregrad eines Eiweiβkatabolismus schlieβen, da vermehrte 3-mHis-Ausscheidungen sowohl Grund einer stimulierten Muskelproteinbiosynthese als auch Grund einer vermehrten Proteinhydrolyse sein können. Die Konzentrationen der freien Aminosäuren im Plasma und Muskelgewebe verändern sich bei geändertem Eiweißstoffwechsel. Bei Patienten mit schweren Erkrankungen von Pankreas und Leber ergaben Bestimmungen der freien Aminosäuren im Plasma und Muskelgewebe spezifisch veränderte Aminosäurebilder. Bei den Leberpatienten waren vor allem Phenylalanin und Methionin gegenüber einem Normalkollektiv signifikant erhöht. Bei der akuten Pankreatitis zeigt sich ein abnormales Bild der Aminosäuren im Muskelzytoplasma. Ein stark verringerter Glutaminpool weist auf einen entscheidend veränderten Aminosäurestoffwechsel mit einem Eiweiβkatabolismus hin. Eine Quantifizierung des klinischen Eiweißkatabolismus allein vom Aminosäurepool scheint nicht möglich zu sein.