Abstract
Die normovolämische Hämodilution ist etablierter Bestandteil im Gesamtkonzept fremdblutsparender Maβnahmen. Aufgrund der dilutionsinitiierten Kompensations-mechanismen, die die Aufrechterhaltung der Sauerstoffversorgung des Gesamtorga-nismus bzw. der einzelnen Organe gewährleisten, sind insbesondere Normovolämie, stabile Kreislaufverhältnisse, ein normaler pulmonaler Gasaustausch sowie eine adäquate myokardiale Sauerstoffversorgung für das Monitoring bei Hämodilution von Bedeutung. Unter klinischen Alltagsbedingungen erfolgt die Kontrolle der Normovolämie durch eine engmaschige und exakte Überwachung von Volumeneinfuhr und Volumenaus-fuhr, welche neben dem akuten volumenneutralen Austausch von autologem Warm-blut gegen ein künstliches Kolloid insbesondere die Substitution des operationsbe-dingten Blutverlustes, das Ausmaβ der Diurese sowie die Perspiratio insensibilis über die Wundfläche zu berücksichtigen hat. Ergänzt werden diese Bilanzierungs-maβnahmen bei höheren Blutverlusten durch eine regelmäβige Kontrolle des zentralvenösen Druckes (ZVD). Die Überwachung der Kreislauffunktion erfolgt unter klinischen Standardbedingun-gen neben den oben genannten Parametern durch die diskontinuierliche/unblutige bzw. durch die kontinuierliche/direkte Blutdruckmessung. Im Zusammenspiel von Verhalten des ZVD, Ausmaβ der Flüssigkeitsbilanz und Verhalten des arteriellen Druckes lassen sich orientierende Rückschlüsse auf die Herz-Kreislauf-Funktion ziehen. Die diskontinuierliche arterielle Blutgasanalyse gibt Informationen über die Qualität des pulmonalen Gasaustausches. Die (intermittierende) Bestimmung der zentralvenösen Sauerstoffsättigung bzw. ihres zeitlichen Verlaufs erlaubt – in Kennt-nis des jeweils aktuellen Hb-Wertes und der arteriellen Sauerstoffsättigung – in begrenztem Umfang eine Beurteilung von Veränderungen der Makrohämodynamik (Herzzeitvolumen) bzw. von Veränderungen des Sauerstoffangebots (DO2) und des Sauerstoffverbrauchs (VO2), vorausgesetzt, die sonstigen Randbedingungen ändern sich nicht. Diese Maβnahme kann aber nur ein rudimentärer Ersatz sein für die in speziellen Fallen – wie z.B. bei Zeugen Jehovas und einer extremen Hämodilution -angezeigte Kreislaufüberwachung mittels Pulmonalarterienkatheter. Die Überwachung einer adäquaten myokardialen Sauerstoffversorgung erfolgt im klinischen Alltag routinemäβig mittels EKG. Hierbei sind es insbesondere die Anzahl sowie die entsprechende Auswahl der Ableitungen, welche die Sensitivität dieser Methode bestimmen. Selbst bei einer kontinuierlichen EKG-Überwachung mit 12 Ableitungen ist eine 100%ige Sensitivität nicht garantiert, da hiermit die seltenen Ischämien des rechten Ventrikels nicht erfaβt werden, wie auch die Ischämien des Ventrikelseptums sowie des oberen Anteils der Hinterwand des linken Ventrikels zumeist unentdeckt bleiben. Daher sind es weitere klinische Kriterien, wie z.B. das Neuauftreten von Arrhythmien, insbesondere von ventrikulären Extrasystolen bzw. die Verschlechterung präexistenter Rhythmusstörungen, instabile Kreislaufverhält-nisse sowie plötzliches Einsetzen von Bradykardien, welche als weitere myokardiale «lschämie-Parameter» zum Tragen kommen. Die Bewertung verschiedener hämo-dynamischer Kenngröβen – seien es Einzelparameter wie Herzfrequenz, arterieller Blutdruck bzw. pulmonalkapillärer Verschluβdruck oder aber komplexe hämodyna-mische Parameter, wie z. B. Rate-Pressure-Product, Pressure-Rate-Quotient, Tension-Time-Index, etc. – sowie die Überwachung mittels (transösophagealer) Echo-kardiographie bringen zumindest unter intraoperativen Anästhesiebedingungen keine Vorteile im Vergleich zum «Ischämie-Monitoring» mittels EKG-Überwachung (zusammen mit weiteren obengenannten klinischen Parametern). Somit gilt für das Monitoring der Hämodilution, daβ die richtige Auswahl aus verschiedenen Routineüberwachungsmaβnahmen und die korrekte Interpretation der so erhaltenen Befunde in der Hand des kompetenten Anästhesisten und am jeweiligen Einzelfall orientiert das Ausmaβ der zu tolerierenden Dilutionsanämie bestimmen.