Abstract
Die Risiken und Nebenwirkungen von Gerinnungspräparaten haben sich im Laufe der letzten Jahre durch die zunehmende Verbreitung von HIV einerseits und die Fortschritte in der Herstellung und Sterilisation der Gerinnungskonzentrate andererseits wesentlich geändert. Dementsprechend muβ die Indikation für die verschiedenen Gerinnungspräparate jeweils neu diskutiert werden, was in dem vorgelegten Beitrag geschieht. Auch unter Berücksichtigung des z. Zt. in Mitteleuropa noch kleinen Infektionsrisikos für Fresh Frozen Plasma (FFP) ist FFP noch immer das Mittel der Wahl für die Behandlung erworbener (komplexer) plasmatischer Gerinnungsstörungen. Gerinnungskonzentrate haben ihre Indikation dagegen in erster Linie bei angeborenen (isolierten) plasmatischen Gerinnungs-störungen. Nur bei excessiven oder sehr akut therapiebedürftigen erworbenen Gerinnungsstörungen sind Gerinnungskonzentrate ergänzend zu FFP erforderlich. Dies gilt auch für Antithrombin III, das bei erworbenem AT Ill-Mangel nur indiziert ist, wenn die Antikoagulation mit Heparin allein oder in Verbindung mit FFP nicht ausreichend möglich ist oder z. B. bei gleichzeitiger Thrombozytopenie die notwendige Heparindosis zu einem unvertretbaren Blutungsrisiko führen würde. In dieser Weise ist AT III gerade bei Verbrauchskoagulopathie ein wertvolles Therapeutikum. Im übrigen werden Angaben zur rationalen und rationellen Substitution von Gerinnungspräparaten gemacht, wobei auch auf die Möglichkeit weniger riskanter Ersatztherapeutika hingewiesen wird. Schlieβlich wird die Notwendigkeit einer adäquaten Gerinnungs-diagnostik hervorgehoben. Erfolgt diese in enger Kooperation zwischen Klinikern und Transfusionsmedizinern/Hämostaseologen, läβt sich die unnötige und inadäquate Applikation von Gerinnungspräparaten zum Nutzen der Patienten deutlich reduzieren.