Abstract
Verschiedene klinische Studien haben gezeigt, daβ bei kompletter Ausschaltung des Gastrointestinaltraktes durch parenterale Zufuhr optimal zusammengesetzter Nährlösungen ein ungestörter Stoffwechsel über viele Monate aufrechterhalten werden kann. In solchen Fällen ist parenterale Ernährung als lebensrettend unbestritten anerkannt. Dagegen wird der Nutzen kurzfristiger intravenöser Nahrungszufuhr viel weniger gewürdigt, ja sogar von verschiedenen Seiten in Frage gestellt. Die Pathophysiologie des Hungerstoffwechsels zeigt, daβ ein ständiger Substratfluβ durch den Organismus Voraussetzung für eine optimale Aufrechterhaltung der Homöostase ist. Unterbrechung der Nahrungszufuhr führt zu Veränderungen des Stoffwechsels und zu einer Einschränkung der Homöostase. Dabei wird der Eiweiβstoffwechsel besonders empfindlich gestört. Selbst relativ kurzfristige Nahrungskarenz führt zu einer Verarmung der Enzymsysteme in der Darmmukosa, in Pankreas und Leber und damit zu einer deutlichen Funktionseinschränkung der betroffenen Organe. Am Beispiel der therapieresistenten kindlichen Diarrhö werden die klinischen Konsequenzen, insbesondere die Entwick-lung eines Circulus vitiosus im Bereich des Gastrointestinaltraktes und der damit verbundenen Verdauungsdrüsen diskutiert. Es wird gezeigt, daβ dieser Circulus vitiosus durch parenterale Ernährung durchbrochen werden kann. Aufgrund dieser Ergebnisse und im Hinblick auf die neuen heute zur Verfügung stehenden Nährlösungen und die moderne Infusionstechnik sollte keinem Patienten, selbst unter schwierigen Bedingungen, eine adäquate Substratzufuhr vorenthalten werden.