Vom 4.-6. Dezember 2014 fand im Landhaus in Solothurn der 8. ASA TCM-Kongress zum Thema «Wandlungsphase Holz» statt. Wissenschaftliche und praxisorientierte Referate erfahrener Therapeuten und Ärzte standen auf dem Programm.

Nach der Begrüssung durch Frau Dr. med. Anita Meyer, Co-Präsidentin ASA TCM-Kongress und Präsidentin ASA (Assoziation Schweizer Aerztegesellschaften für Akupunktur und Chinesische Medizin), und Herrn Simon Becker, Co-Präsident ASA TCM-Kongress, eröffnete Frau Prof. Dr. med. Claudia M. Witt vom Institut für komplementäre und integrative Medizin, UniversitätsSpital Zürich, den Kongress mit ihrem Referat «Akupunktur bei chronischen Erkrankungen - was bedeuten die Forschungsergebnisse für die Praxis?» (Abb. 1).

Fig. 1

Prof. Dr. med. Claudia M. Witt mit ihrem Referat zum Thema «Akupunktur bei chronischen Erkrankungen - was bedeuten die Forschungsergebnisse für die Praxis?» (Foto: Peter Brandenberger).

Fig. 1

Prof. Dr. med. Claudia M. Witt mit ihrem Referat zum Thema «Akupunktur bei chronischen Erkrankungen - was bedeuten die Forschungsergebnisse für die Praxis?» (Foto: Peter Brandenberger).

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Weitere Referenten am ersten Kongresstag waren Dr. med. Raffaël Nogier («Les points auriculaires ont ils tous la même nature?»), Dr. phil. Elisabeth Rochat de la Valle («Les âmes Hun selon les textes chinois classiques»), PD Dr. sc. nat. Detlef Schikora («Kombination von Laserakupunktur und Photomedizin»), Hugh MacPherson («Acupuncture for chronic pain»), Dr. med. Bernhard de Wurstemberger («Allergologie et Acupuncture»), Dr. phil. Marko Nedeljkovic («Stehen wie ein Baum - eine Einführung in das Zhanzhuang Qigong»), Dr. med. Johannes Schmidt («Yang-Schwäche und fehlende Kälteabwehr des Wirts - der Hauptgrund für chronische Krankheiten der modernen Zeit»), Dr. Vivienne Lo («An Archaeology of Medical Time»), Dr. med. Johannes Fleckenstein («Update 2014: Highlights der Akupunktur»), Lucia Candelise («Comparaison de la situation de la médecine chinoise en Suisse, en Allemagne et en Italie du point de vue historique médical»), Dr. med. Karl Zippelius («Rasche Heilung nach Knieverletzungen»), Thomas Falzone («Vitalpilze in der TCM») sowie Dr. med. David Kursner («Fibromyalgie et MTC: nouvelles de la recherche et pratique au quotidien»).

Der zweite Kongresstag startete mit dem Referat «A Review about Fibromyalgia and Chronic Fatigue Syndrome. Treatment strategies including traditional and medical acupuncture approach» von Miltiades Karavis, M.D. FICAE.

Im Anschluss folgte das Referat «Onkologie - Integration von TCM in die westliche Medizin» von Dr. med. Fritz Friedl (Abb. 2), Chefarzt Klinik Silima, Riedering, Deutschland. Er betonte, wie wertvoll die TCM gerade in der Onkologie ist.

Fig. 2

Dr. med. Fritz Friedl (Foto: Peter Brandenberger).

Fig. 2

Dr. med. Fritz Friedl (Foto: Peter Brandenberger).

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Eine der grossen Herausforderungen in der Onkologie besteht in der Resistenzentwicklung der Tumorzellen. Einige Heilpflanzen wie Curcuma longa (Gelbwurz; insbesondere Curcumin) und Artemisia annua (Einjähriger Beifuss) werden heutzutage gerade in diesem Zusammenhang umfassend erforscht.

Vergleicht man das Tumorgeschehen im menschlichen Körper mit «Terrorismus» im Weltgeschehen, lassen sich die unterschiedlichen (und sich ergänzenden) Therapiekonzepte von Schul- und Komplementärmedizin charakterisieren. Wird ein Tumor als terroristischer Akt im Körper angesehen, entspricht die schulmedizinische Herangehensweise (Operation, Bestrahlung, Zytostatika) einer antiterroristischen Strategie. Dazu hielt Friedl fest, dass «die Beseitigung des Bösen nicht unbedingt zum Guten führt», wie es sich im Weltgeschehen bestätigt. Denn: Im Kampf entstehen Kollateralschäden - in der Onkologie «Nebenwirkungen» genannt.

Die Vernichtung von Tumorzellen reicht offensichtlich nicht aus. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob der Körper eine langfristige, konstruktive Gegenwehr und Widerstandskraft findet. Bei chronischen Erkrankungen kann es sich der Mensch nämlich nicht leisten, auf die Eigenleistung des Organismus zu verzichten.

Laut Friedl soll eine ganzheitliche Therapie in der Onkologie:

- das Immunsystem modulieren. In chronifizierten Krankheitsprozessen ist es notwendig, das Immunsystem neu zu lehren, was es zu tun hat - wie eine Art von Unterricht. Erst dann wird die Therapie der Tatsache der heterogenen Ursachen gerecht, kann Wachstumsfunktionen steuern und kann somit salutogenetisch wirken;

- die Kommunikationsfunktionen beeinflussen (z.B. mittels Akupunktur);

- die Versorgungs- und Entsorgungssysteme organisieren sowie den Wärmehaushalt regulieren;

- die individuelle Situation des Patienten erkennen (was gerade in der klassischen Onkologie oft übergangen wird, weil dem schulmedizinischen Onkologen das dafür nötige Instrumetarium fehlt);

- den richtigen Zeitpunkt für eine Therapie wählen;

- Fehlentwicklungen im Frühstadium erkennen;

- den Organismus aufnahmefähig machen (was oft eine Medikation in niedrigerer Dosis ermöglicht).

Um sich nach einer schulmedizinischen Krebstherapie nachhaltig erholen zu können, müssen die «Vergiftung des Körpers durch die Chemotherapeutika» sowie Narkosefolgen (gestörter Tag-Nacht-Rhythmus, Schlafstörungen, Probleme mit Stoffwechsel und Ausscheidung) in die Therapie miteinbezogen werden. Fehlt die konstellierende Widerstandskraft, werden in einer rein schulmedizinischen Krebsbehandlung meist Psychopharmaka verordnet.

Friedl nahm auch Bezug zur autodestruktiven Seelenlage, die viele Krebspatienten in ihrer Widerstands- und Regenerationskraft hemmt. Die Qualität einer Therapie lässt sich auch daran messen, ob und wie die Stimmung des Patienten verbessert werden kann. Direkt damit verknüpft sind nämlich die Selbstheilungskräfte, die Assimilation sowie diverse Stoffwechselparameter und die erfolgreiche Linderung von Erschöpfung und Auszehrung («klebrige Müdigkeit», die auf den Milz-Funktionskreis hinweist).

Neben Akupunktur, Tuina und Kräutertherapie (z.B. Scrophularia ningpoensis bei Bluthitze und zur Rhythmisierung) kommen hier auch die Kraftsuppen zum Zug, die bei Inappetenz, Erbrechen und Übelkeit sowie anderen gastrointestinalen Beschwerden die Versorgung der stofflichen und energetischen Nahrung sicherstellen.

Dr. med. sin. Andreas Kalg (Abb. 3) zeigte in seinem Referat «Das Holz muss bewässert werden: Strategien der nährenden Regulierung der Leber» phytotherapeutische Behandlungsstrategien bei Tinnitus, Schwerhörigkeit und Schwindel auf. Er betonte den Bezug zum Nieren-Yin in der Therapie von Ohrenerkrankungen («Wasser bringt Holz hervor») und das zum Kopf hochsteigende «Herzfeuer». Die Zuhörer und Zuhörerinnen erhielten einen Einblick in seine spezifischen Kräuterrezepturen. Gut erkennbar war in der Kombination der Heilpflanzen, wie alle Wandlungsphasen miteinander verbunden sind und in die Therapie miteinbezogen werden müssen («Es gibt keinen Schwindel ohne Schleim und ohne Wind»).

Fig. 3

Dr. med. sin. Andreas Kalg (Foto: Peter Brandenberger).

Fig. 3

Dr. med. sin. Andreas Kalg (Foto: Peter Brandenberger).

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Sehr spannend war der Vortrag von Dr. med. Claudia Focks (Abb. 4) zum Thema «Holz jenseits von Wut und Leber-Qi-Stagnation», in dem sie die expandierende Kraft des Holzes beleuchtete. Die Bewegung des Holzes richtet sich nach oben und in die Weite hinein, ist auf die Zukunft gerichtet und zeigt sich unter anderem in Kreativität und künstlerischem Ausdruck. Doch muss die «Wanderseele» Hun mit der «Körperseele» Po verbunden sein, damit der Mensch im Gleichgewicht ist, da ansonsten die Erdung fehlt. Denn Po, die zusammenziehende Kraft, sichtbar unter anderem in den Körpergrenzen/Körperbegrenzungen, aber auch in der Erinnerung, macht das menschliche Leben erst möglich. Dies ist auch in der modernen Körperpsychotherapie bekannt.

Fig. 4

Dr. med. Claudia Focks (Foto: Peter Brandenberger).

Fig. 4

Dr. med. Claudia Focks (Foto: Peter Brandenberger).

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«Das, was dem Kommen und Gehen des Geistes (Shen) folgt,

wird Hauchseele (Hun) genannt,

das, was dem Ein- und Austreten der Essenz (Jing) folgt,

wird Körperseele (Po) genannt.»

Ling Shu, Kapitel 8 (nach Hertzer, 2006)

Die Tugend des Holzes ist das Mitgefühl. Focks betonte an dieser Stelle, dass dabei auch das Mitgefühl für sich selber miteingeschlossen und gerade in der Funktion als Therapeut oder Arzt essenziell ist - Achtsamkeit für sich selber.

Weitere Themen des zweiten Kongresstages waren «The Science of Gua sha: Anti inflammatory and Immune protective effect» (Arya Nielsen), «Simple birthing solutions» (Heather Bruce), «Kinderkrankheiten aus Sicht der TCM: abwarten oder therapieren?» (Dr. med. Michael Weber), «Chakren-Balance bei Mensch und Tier mit TCM, Laser und Blütenessenzen» (Dr. med. vet. Andy Roesti), «Dermatology in Chinese Medicine» (Dr. chin. Mazin Al Kafhaji), «Gua sha in Clinical Practice» (Arya Nielsen),«Einführung in die Implantat-Ohr-Akupunktur» (Dr. med. Christoph Scholtes), «Kleinkind-Tuina: die wichtigste Therapiemethode der chinesischen Medizin» (Anina Zhao-Seiler) sowie «Leber und Gallenblase auf der Zunge» (Barbara Kirschbaum).

Am Samstag konnten die Teilnehmenden an den Workshops «Meet the Experts» zu den Themen «Einführung in die RAC-kontrollierte Akupunktur für TCM-Praktizierende» (Dr. med. Christoph Scholtes und Dr. med. Thomas Holzknecht), «Kinderkrankheiten aus der Sicht der TCM: abwarten oder therapieren?» (Dr. med. Michael Weber) und «Gua Sha in Clinical Practice» (Arya Nielsen) teilnehmen.

Ausblick

Der 9. ASA TCM-Kongress wird vom 3.-5. Dezember 2015 zum Thema «Wandlungsphase Feuer» stattfinden.

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