Abstract
Die spätmittelalterlichen Seuchenzüge der Pest in Mitteleuropa hatten einschneidende demographische und gesellschaftliche Auswirkungen. Im mittelalterlichen Krankheitsverständnis wurden verschiedene Ursachen für die Pest in Erwägung gezogen. An erster Stelle standen oft religiöse Vorstellungen; daneben spielten aber auch Überlegungen zu astrologischen Konstellationen, das Wetter, Naturereignisse, der vom Abfall in den Strassen verursachte Gestank, schlechte Ausdünstungen oder die Beulen von erkrankten Menschen eine Rolle. Die Symptomatik und Folgen der Pesterkrankung waren bestens bekannt und entsprechend gefürchtet. Aus dem damaligen Verständnis wurden verschiedenste Praktiken und Empfehlungen zum Schutz vor der Ansteckung, aber auch zur Linderung der Symptome entwickelt. Erst mit der Entdeckung des Krankheitserregers Yersinia pestis im Jahr 1894 konnten die Zusammenhänge mit den hygienischen Verhältnissen sowie der Übertragungsweg über Flöhe und häusliche Nagetiere (hauptsächlich Ratten) schlüssig nachvollzogen werden. Zwar besteht in Mitteleuropa heutzutage praktisch keine Pestgefahr mehr, doch ist das Bakterium nicht ausgerottet, sondern kommt in Afrika, Asien sowie Süd- und Mittelamerika weiterhin vor. Alte Kräuterbücher erwähnen eine Vielfalt an Pestpflanzen, die zum Schutz vor der Ansteckung, wie z.B. Gemeiner Wacholder (Juniperus communis), Kleine Bibernelle (Pimpinella saxifraga) oder Arznei-Engelwurz (Angelica archangelica), aber auch zur Behandlung der Pestbeulen dienten, wie z.B. die Schwarze Tollkirsche (Atropa belladonna). Dabei spielen innere und äussere Anwendungen (gebranntes Wasser, Salz, Pillen und Pulver bzw. Umschläge, Salben oder Pflaster) sowie Amulette, Räucherrituale oder Kräuterbüschel eine wichtige Rolle.