Während die konventionelle moderne Medizin ihr Selbstverständnis und ihre Praxis weitgehend am Vorbild der konventionellen Naturwissenschaft orientiert, erhebt die Homöopathie den Anspruch, Patienten nicht reduktionistisch, sondern individuell und ganzheitlich zu erfassen und zu behandeln. Gemäss der Lehre Samuel Hahnemanns (1755–1843) ist dazu statt des materialistisch-mechanistischen ein semiotisch-phänomenologischer Ansatz anzuwenden. Während die Anweisungen Hahnemanns für die Praxis klar, deutlich und brauchbar sind, gibt es immer noch keine schlüssige und allgemeingültige Theorie der Homöopathie. Die methodologischen Eigenheiten der Homöopathie lassen sich allerdings mithilfe des semiotischen Modells des Menschen konzeptualisieren und erklären, das Thure von Uexküll (1908–2004) für die Psychosomatik ausgearbeitet hat und das auf der Lehre Jakob von Uexkülls (1864–1944) von den Funktionskreisen und spezifischen Umwelten beruht. Wird der Patient als biopsychosoziale Einheit mit seiner individuellen Wirklichkeit begriffen, lassen sich Begriffe und Konzepte wie die Verstimmung der Lebenskraft oder Idiosynkrasien, aber auch Arzneimittelwirkungen und die Arzt-Patient-Beziehung auf eine moderne, wissenschaftlich begründete und anschlussfähige Weise verstehen.

This content is only available via PDF.
You do not currently have access to this content.