Abstract
Hintergrund: Opium selbst, verschiedene Zubereitungen aus Opium und dessen vier Alkaloide Morphin, Codein, Papaverin und Noscapin sind in ArzneibÜchern beschrieben. Opium hat eine lange Tradition als Antidiarrhoikum, Antitussivum, Analgetikum, Antidepressivum, Sedativum und Hypnotikum, wurde in diesen Indikationen aber weitgehend durch seine Alkaloide Codein und Morphin sowie synthetische Opiate und Psychopharmaka verdrÄngt. Fragestellung: Gibt es Hinweise darauf, dass Opium hinsichtlich Wirksamkeit oder VertrÄglichkeit einzelnen seiner Wirkstoffe unterlegen ist? In welchen Indikationen ist die Anwendung von Opium obsolet? Material und Methoden: Systematische Übersicht mittels Literaturrecherchen in den Datenbanken MEDLINE und Embase, jeweils von deren Beginn bis zum Juli 2005. Gesucht wurde mit opium und anderen Stichworten wie therapeutic use. Weitere Informationsquellen waren pharmazeutische, pharmakologische und phytotherapeutische Lehr- und NachschlagbÜcher. Ergebnisse: Obwohl keine relevanten klinischen Studien mit Opium vorliegen, gibt es doch starke Hinweise dafÜr, dass Opium in den Indikationen DiarrhÖe, Husten und Schmerzen wirksam ist. Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz dafÜr, dass Opium bei oraler oder topischer Anwendung ein grÖsseres Sicherheitsrisiko darstellt als einzelne Alkaloide oder andere Opiate. Es ist hingegen denkbar, dass Opium als Vielstoffgemisch besser vertrÄglich ist als einzelne Alkaloide oder andere Opiate. Schlussfolgerung: Aufgrund einer Nutzen-RisikoabwÄgung kann die Anwendung der Opiumtinktur bei verschiedenen Indikationen empfohlen werden. Unbestritten ist die Anwendung von Opium bei Durchfall. Die dazu benÖtigten Opium-Dosen sind so gering, dass kein spezielles Sicherheitsrisiko bekannt ist. Wie Morphin und andere Opiate kann auch Opium als Antitussivum und Analgetikum eingesetzt werden. FÜr andere Indikationen wie SchlafstÖrungen und Depressionen kann die Verschreibung von Opium in speziellen EinzelfÄllen gerechtfertigt sein, wenn andere Hypnotika, Sedativa oder Antidepressiva keine befriedigende Wirkung zeigen oder vom Patienten nicht akzeptiert werden.