Die diesjährige Frühjahrstagung der DGHO (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V.) stand unter der Überschrift «Herausforderungen in der Onkologie – personalisierte Therapiesteuerung». Über drei Themenkomplexe hinweg wurden aktuelle Möglichkeiten und Perspektiven der Therapiesteuerung in der Onkologie hinsichtlich «Methoden», gelungenen «Beispielen» sowie der «Umsetzung in der Versorgung» diskutiert.

Einer Vielzahl bösartiger Erkrankungen liegen genomische (somatische) Veränderungen zugrunde, die eine entscheidende Rolle in der Entstehung und im Fortschreiten von Tumorerkrankungen spielen.

Die Weiterentwicklung der erweiterten molekularen Diagnostik während der letzten 2 Dekaden stellt eine wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung des präzisionsmedizinischen Ansatzes in der Onkologie dar. Heute ermöglichen Hochdurchsatz-Sequenzierungsverfahren die Analyse ausgewählter Gene (Panel) oder des Exoms bis hin zur Sequenzierung des gesamten Tumorgenoms. Gleichzeitig führte ein tieferes Verständnis der molekularen Grundlagen bösartiger Tumorerkrankungen zur Entdeckung vieler Zielstrukturen, die mittlerweile therapeutisch adressiert werden und die zytotoxische Systemtherapie bei einigen Tumorerkrankungen konzeptionell in den Hintergrund gedrängt haben [1, 2].

Das Zusammenspiel aus erweiterter molekularer Diagnostik zur Identifikation relevanter genomischer Alterationen (targetable/druggable genomic alterations) und zielgerichteten Therapeutika wird heute als Präzisionsonkologie bezeichnet. Neben der Entwicklung der antihormonellen Therapie des Mammakarzinoms in den 1970er Jahren gehört die Entwicklung von Imatinib für die chronische myeloische Leukämie (CML) zu den Meilensteinen der Präzisionsonkologie. Imatinib hemmt die konstitutiv aktivierte Tyrosinkinase BCR-ABL, die auf eine reziproke Translokation zwischen den Genen BCR (breakpoint cluster region) auf Chromosom 9 und c-ABL auf Chromosom 22 zurückgeht (auch «Philadelphia-Chromosom»), das im BCR-ABL-Fusionsgen resultiert und 1990 als führende Ursache der CML erkannt wurde [1].

Anspruch der modernen Präzisionsonkologie

Das Verständnis um therapeutische Zielstrukturen hat sich seit den 1990er Jahren kontinuierlich erweitert. Gerade in den letzten Jahren wurde eine Vielzahl neuer Therapeutika zugelassen, sodass zielgerichtete Medikamente bei einer Vielzahl von verschiedenen Tumorentitäten zum Einsatz kommen.

Therapiekonzepte, die auf die jeweils patientenindividuelle Tumorerkrankung angepasst werden, sind für das Versprechen der Präzisionsonkologie wesentlich: Im besten Fall sollen Behandlerinnen und Behandler über eine umfassende molekulare Diagnostik in die Lage versetzt werden, Krebserkrankungen individualisiert zu behandeln und therapiebezogene Effektgrößen zu maximieren, d.h. neben dem verbesserten Outcome sollen auch unerwünschte Nebenwirkungen minimiert und gesundheitsbezogene Kosten verringert werden.

In den vergangenen Jahren war es häufig schwierig, den konkreten Nutzen einer Biomarker-getriebenen Therapie über einzelne Entitäten hinweg zu belegen. So zeigte eine Auswertung von 11 Studien aus den Jahren 2014–2017, die mehr als 13 000 Patientinnen und Patienten einschloss, dass 40% der analysierten Tumorproben eine therapeutisch relevante Alteration aufwiesen. Auffallend war, dass von diesen 400 Patientinnen und Patienten nur 120 einer passenden Therapie zugeführt wurden und letztlich nur 8–30 auf eine experimentelle Behandlung ansprachen (Abb 1) [3]. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass die größten Fortschritte im Bereich der zielgerichteten Therapeutika zum Zeitpunkt der Studiendurchführung noch nicht zur Verfügung standen und überwiegend Patientinnen und Patienten eingeschlossen wurden, denen sich keinerlei therapeutische Optionen mehr anboten; somit lassen sich die Ergebnisse dieser Analyse nicht oder nur sehr bedingt auf die heutige Situation übertragen.

Abb. 1.

Analyse einer großen Serie von Tumorpatientinnen und -patienten (n = 13 780), die einer molekulargenetischen Testung unterzogen wurden; mod. nach [3].

Abb. 1.

Analyse einer großen Serie von Tumorpatientinnen und -patienten (n = 13 780), die einer molekulargenetischen Testung unterzogen wurden; mod. nach [3].

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Warum (umfassend) testen?

Für die breite Implementierung präzisionsonkologischer Ansätze wird es neben einem barrierefreien Zugang zur erweiterten molekularen Diagnostik darauf ankommen, auch die Chancen einer umfassenden Tumorprofilierung für künftige Therapiesituationen der Patientinnen und Patienten zu berücksichtigen: Durch einen integrierten Versorgungsansatz sollten diagnostische Testungen z.B. nicht nur an die Planung und Durchführung einer spezifischen Behandlung gekoppelt werden. Unabhängig davon haben sie das Potenzial, Einfluss auf die aktuelle Standardbehandlung zu nehmen, das Screening zum Einschluss in klinische Studien zu unterstützen und Behandlerinnen und Behandler mit zusätzlichen Informationen zu versorgen (Abb 2). Zum Beispiel lassen sich Screeningangebote in Registerstudien neben der besseren zeitlichen Planung klinischer Projekte auch für die gezielte Zuweisung von Tumorpatientinnen und -patienten zu geeigneten Studien nutzen [4]. Um genetische Tumorprofile mit dem Therapieansprechen korrelieren und gegebenenfalls auch Rückschlüsse zu aktuellen Therapiestandards bzw. Leitlinienempfehlungen generieren zu können, wird die strukturierte Erfassung von Daten zur Behandlung und zum Therapieansprechen mittels kontinuierlicher und qualitätsgesicherter Erfassung unumgänglich sein. Derzeit werden an den deutschen Universitätskliniken etwa 5–10% der Patientinnen und Patienten in klinische, molekular stratifizierte Studien eingeschlossen. Für ein Modellvorhaben, das eine verstärkte klinische Anwendung von Genomsequenzierungen ermöglichen und zur verbesserten Diagnostik sowie personalisierten Therapiefindung beitragen soll, setzt sich im Rahmen der Initiative zum Aufbau einer bundeseinheitlichen Genomsequenzierung (genomDE) auch das Bundeministerium für Gesundheit ein: Eine entsprechende rechtliche Grundlage wurde im Juli 2021 geschaffen (§ 64e SGB V).

Abb. 2.

Zugang zum molekularen Tumorgenom-Profiling: Warum testen? Quelle: C. Benedikt Westphalen, München.

Abb. 2.

Zugang zum molekularen Tumorgenom-Profiling: Warum testen? Quelle: C. Benedikt Westphalen, München.

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Im Vorfeld der Indikationsstellung zur erweiterten molekularen Testung müssen auf Versorgungsebene auch die strukturellen Voraussetzungen erfüllt sein, wie der wohnortunabhängige Zugang zu den entsprechenden Therapeutika von kritischer Bedeutung. Um die Befunde klinisch einordnen zu können, bedarf es zudem einer entsprechenden Expertise, die häufig nicht flächendeckend verfügbar ist [5]. Übergeordnetes Ziel ist schließlich eine qualitätsgesicherte Molekulardiagnostik, die möglichst allen Patientinnen und Patienten zugutekommt [4].

In Deutschland wird der größte Teil der onkologischen Patientinnen und Patienten im niedergelassenen Bereich versorgt, sodass es einer engen intersektoralen Zusammenarbeit zwischen den akademischen und nicht akademischen Zentren sowie einer interdisziplinären Abstimmung zwischen allen beteiligten Fachdisziplinen – auch außerhalb des molekularen Tumorboards – bedarf. Aufgrund der hohen Dynamik und weitreichenden Implikationen, die das Konzept der Präzisionsonkologie im Sinne einer stärker personalisierten Behandlung, aber auch Früherkennung und Prävention und damit auch in der Wahrnehmung der öffentlichen Gesundheitsfürsorge bei den Patientinnen und Patienten hat – ergeben sich auch in soziökonomischer und ethischer Hinsicht neue Herausforderungen, die letztlich nur durch intergierte Lösungen und sektorenübergreifende Ansätze zu bewältigen sind.

Die Positronenemissionstomografie (PET) stellt eines der aussagekräftigsten bildgebenden Verfahren der Nuklearmedizin dar, um onkologische Fragestellungen zu beantworten. Im Zuge der seit den 1990er Jahren erweiterten Möglichkeiten, PET im Hybridverfahren mit morphologischer Bildgebung – maßgeblich kombiniert mit Computertomografie (CT) – durchzuführen, hat sich die PET in vielen Indikationen zu einem unverzichtbaren Instrument der Steuerung von Therapie und Diagnostik in der Onkologie bzw. zunehmend auch in der personalisierten Onkologie entwickelt. Aufgrund der robusten Evidenz für die Überlegenheit einer multimodalen Erfassung der funktionellen, morphologischen und vor allem molekularen Bildinformationen wurden die reinen PET-Scanner weitgehend durch die seit 2001 kommerziell erhältlichen integrierten PET-CT-Scanner abgelöst, die sich trotz der gegenüber der Einzeluntersuchung höheren Kosten international als Versorgungsstandard durchgesetzt haben [6]. So wurde das Indikationsspektrum in den USA beispielsweise seit den 1990er Jahren für die PET bzw. seit den 2000er Jahren insbesondere für die PET-CT deutlich erweitert. Eine registerbasierte Auswertung, die zu der Erkenntnis führte, dass PET-Untersuchungen (bei 17 eingeschlossenen Tumorindikationen) entitätenübergreifend häufiger zur Änderung des Therapiemanagements führten – und zwar bei mehr Patientinnen und Patienten zugunsten einer Therapieintervention – [7], hatte 2013 eine Erweiterung der Kostenerstattung durch US-amerikanische Krankenversicherungen in fast allen onkologischen Indikationen zur Folge [8].

In Deutschland wurde die Kostenübernahme einer PET/PET-CT dagegen durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) von Beginn an sehr restriktiv gehandhabt [9]. Auch wenn sich der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bereits seit vielen Jahren intensiv mit der Thematik auseinandersetzt und mehrere Verfahren zu sehr unterschiedlichen onkologischen Indikationen initiiert wurden, wurde die Kostenübernahme in der Regelversorgung bislang nur für wenige Einzelindikationen positiv beschieden (Tab 1a); für alle übrigen Indikationen bedarf es nach wie vor einer Beantragung der Kostenübernahme (Einzelfallentscheidung).

Tab. 1.

(a) PET in den Richtlinien zu Methoden vertragsärztlicher Versorgung; mod. nach [10]; (b) PET in den Regelungen zur Ambulanten Spezialärztlichen Versorgung; Quelle: Vortrag B. J. Krause Virtuelle DGHO Frühjahrstagung, Stand 22. März 2023

 (a) PET in den Richtlinien zu Methoden vertragsärztlicher Versorgung; mod. nach [10]; (b) PET in den Regelungen zur Ambulanten Spezialärztlichen Versorgung; Quelle: Vortrag B. J. Krause Virtuelle DGHO Frühjahrstagung, Stand 22. März 2023
 (a) PET in den Richtlinien zu Methoden vertragsärztlicher Versorgung; mod. nach [10]; (b) PET in den Regelungen zur Ambulanten Spezialärztlichen Versorgung; Quelle: Vortrag B. J. Krause Virtuelle DGHO Frühjahrstagung, Stand 22. März 2023

Wachsende Rolle der ASV

Einige Indikationen wurden von der Ambulanten Spezialärztlichen Versorgung (ASV) in den Leistungskatalog aufgenommen (Tab 1b) [10]. Doch die Aussicht auf einen standardisierten Regelleistungskatalog, ein übersichtlicheres Erstattungsprozedere sowie die Reduktion des übermäßigen administrativen Aufwands sowohl für die behandelnde Ärztinnen und Ärzte als auch für die Kostenträger hat sich mit dem G-BA-Beschluss vom 20.11.2020, alle noch laufenden Methodenbewertungsverfahren zur diagnostischen Kombination aus PET und CT einzustellen [11], erneut nicht erfüllt. Sowohl die Behandelnden als auch die Patientinnen und Patienten haben das Nachsehen, wenn für bestimmte Indikationen, die von den bisherigen Regelungen der Kostenerstattung nicht erfasst sind, aber bereits Gegenstand von nationalen Leitlinienempfehlungen sind oder internationalen Standards genügen, die Versorgungslücke weiterhin bestehen bleibt [12, 13].

Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) hat vor diesem Hintergrund im Juni 2021 eine Übersicht der evidenzbasierten Indikationen in der Erwachsenenonkologie vorgelegt, bei denen der PET nach Einschätzung von Expertinnen und Experten sowie Leitlinienverantwortlichen eine integrale Rolle in der Verbesserung der onkologischen Versorgung zukommt. Dazu wurden die derzeit 23 onkologische Krankheitsbilder umfassenden PET-Indikationen anhand des aktuellen Stands des Wissens und der Versorgung, der bereits verfügbaren Leitlinienempfehlungen sowie diagnostischer Algorithmen zum evidenzbasierten Einsatz aufgearbeitet (Tab 2). Der Fokus richtet sich auf den klinischen Stellenwert der PET bei der Steuerung der Therapie (kurative vs. nichtkurative Therapie, Eskalation/Deeskalation systemischer Therapie, Vermeidung von therapieassoziierter Morbidität, Einleitung einer spezifischen Therapie) und der Diagnostik (Vermeidung von belastenden Untersuchungen) [13].

Tab. 2.

Onkologische Krankheitsbilder, bei denen die PET einen festen Stellenwert in der Steuerung von Diagnose und Therapie hat, und Indikationen für die Einzelfallentscheidung; mod. nach [13]

 Onkologische Krankheitsbilder, bei denen die PET einen festen Stellenwert in der Steuerung von Diagnose und Therapie hat, und Indikationen für die Einzelfallentscheidung; mod. nach [13]
 Onkologische Krankheitsbilder, bei denen die PET einen festen Stellenwert in der Steuerung von Diagnose und Therapie hat, und Indikationen für die Einzelfallentscheidung; mod. nach [13]

Anschluss an internationale Versorgungsstandards droht verloren zu gehen

Mit Blick auf die demografische Entwicklung gehen Schätzungen in Deutschland sowie europäischen Nachbarländern überwiegend davon aus, dass der Bedarf für PET-basierte Untersuchungen eher zu- als abnimmt [8]. Dennoch lässt sich bei der Ausstattung der deutschen Krankenhäuser mit PET-Geräten ein in den letzten Jahren rückläufiger Trend beobachten, der teilweise der noch unklaren Refinanzierung und Bedarfsplanung bei PET-Geräten geschuldet sein dürfte, die das Ende ihres Lebenszyklus erreicht haben (Abb 3). Damit droht Deutschland im Bereich der evidenzbasierten PET-geleiteten Tumordiagnostik und -therapie im internationalen Vergleich den Anschluss an Forschung und Versorgung zu verlieren.

Abb. 3.

PET-Verfügbarkeit in deutschen Krankenhäusern: Entwicklung (Auswertung freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Tobias Fabiunke, Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V.).

Abb. 3.

PET-Verfügbarkeit in deutschen Krankenhäusern: Entwicklung (Auswertung freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Tobias Fabiunke, Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V.).

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Gleichwohl ist die Verfügbarkeit einer qualitätsgesicherten PET hierzulande ebenso gegeben, wie die Qualitätssicherung bei der PET bereits langjährig implementiert ist. In den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN) sind Standards für die Indikationsstellung, Durchführung, Auswertung und Dokumentation der Befunde bei einer 18F-Fluordeoxyglukose (FDG)-PET/CT-Untersuchung bei Erwachsenen («FDG-PET/CT in der Onkologie») [14] und Kindern mit malignen Erkrankungen definiert (Handlungsempfehlung «Ganzkörper-18F-FDG-PET und PET/CT bei Kindern mit onkologischen Erkrankungen») [15]. Radiopharmaka unterliegen wie andere Arzneimittel auch pharmazeutischen Regularien (Produktsicherheit), ihre Anwendung am Menschen ist im Arzneimittelgesetz (AMG) geregelt. Überdies müssen Anforderungen an den Strahlenschutz (Sicherheit für Personal/Umwelt) eingehalten werden. In Deutschland stehen nur wenige zugelassene PET-Tracer zur Verfügung [16]. Mit dem am häufigsten eingesetzten Glukoseanalogon 18F-FDG steht ein nach § 25 AMG zugelassenes Radiopharmakon für die Darstellung von malignen Prozessen in der klinischen Routine zur Verfügung [17].

Verfügbarkeit und Qualitätssicherung der PET-Bildgebung in der Onkologie

Um dem übergeordneten Ziel der Patientensicherheit zur Maximierung des Nutzens und Minimierung der Belastungen gerecht zu werden, sind bei der Durchführung der FDG-PET/CT-Untersuchung multiple Einflussfaktoren zu berücksichtigen, die als Teil eines umfassenden Qualitätssicherungsprogramms der Qualitätskontrolle unterliegen sollten. Sie umfassen die Patientenvorbereitung ebenso wie die Datenakquisition und -rekonstruktion sowie die Befundung und Dokumentation. Die entsprechenden Empfehlungen und Standards für Qualitätskontrollen lassen sich in den verschiedenen Leitlinien der Fachgesellschaften nachvollziehen. Auf technisch-physikalischer Ebene wird für nuklearmedizinische Einrichtungen zudem ein rechtlicher Rahmen vorgegeben, der sich unter anderem aus der Strahlenschutzverordnung und der Richtlinie für Strahlenschutz in der Medizin, der Röntgenverordnung und der Qualitätssicherungs-Richtlinie durch DIN-Normen ergibt, die vom DIN-Normenausschuss Radiologie erarbeitet werden. Die relevanten Angaben zur praktischen Durchführung der PET-Qualitätskontrolle finden sich z.B. in der DIN 6855–4 oder den herstellerspezifischen automatisierten Kalibrier- und Prüfprogrammen. Sie umfassen sowohl arbeitstäglich als auch im halbjährlichen Turnus durchzuführende Konstanzprüfungen und regelmäßige Kalibrierungen. Zur Überwindung von unter anderem gerätebedingten Unterschieden bei der Quantifizierung der Tracer-Aufnahme in Zielgewebe/-strukturen (standardized uptake value, SUV) oder zur Detektion besonders kleiner Tumorherde zwischen den einzelnen PET/CT-Zentren hat die Europäische Gesellschaft für Nuklearmedizin (European Association of Nuclear Medicine, EANM) ein Akkreditierungsprozedere (EARL-Akkreditierung) entwickelt, das die Überprüfung der Kalibrierungs- und Quantifizierungsgenauigkeit mithilfe eines nichtzylindrischen Phantoms sowie die Bestimmung des SUV-Recovery-Koeffizienten in Abhängigkeit vom Ziel-Tumorvolumen ermöglicht. Gesetzlich vorgeschrieben sind zudem regelmäßige Überprüfungen der nuklearmedizinischen Einrichtung durch die unabhängige externe Ärztliche Stelle: Dabei werden alle röntgendiagnostischen Anlagen sowie nuklearmedizinischen bildgebenden Systeme im Turnus von 1–2 Jahren einer Prüfung gemäß Richtlinie «Ärztliche Stellen» (Strahlenschutzverordnung, StrlSchV; Röntgenverordnung, RöV) unterzogen. Über die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems innerhalb der Institution besteht die Möglichkeit, im jeweiligen Aufgabengebiet abteilungsintern und -übergreifend Regelungen für die Verantwortlichkeiten, die Aufgabenverteilung sowie die Schnittstellen nach Absprache des Strahlenschutzverantwortlichen mit dem Qualitätsmanagementbeauftragten festzulegen und zertifizieren zu lassen [18]. Neben der Prozess- und Ergebnisqualität stellt die Strukturqualität (z.B. durch den Einsatz von Tumorboards) eine weitere wichtige Ebene der Qualitätssicherung dar: In den von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifizierten onkologischen Zentren (z.B. Onkologische Zentren, CCC-zertifizierte onkologische Spitzenzentren) werden die fachgebiets- und sektorenübergreifenden Anforderungen für eine einheitliche Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität durch Zertifizierungsprogramme vorgegeben und die Umsetzung evidenzbasierter Behandlungsleitlinien sichergestellt. In einer Studie zur Wirksamkeit der Versorgung in onkologischen Zentren (WiZen) konnten für Patientinnen und Patienten, die in den DKG-zertifizierten Zentren behandelt wurden, Überlebensvorteile gegenüber der Behandlung in Krankenhäusern ohne Zertifikat beschrieben werden. Als Datengrundlage dienten Abrechnungsdaten der GKV und Daten der 4 klinischen Krebsregister (Regensburg, Dresden, Erfurt, Berlin-Brandenburg). Unabhängig von der Datenqualle erwiesen sich für das Kolon-, das Mamma-, das Zervix- und das Prostatakarzinom sowie für neuroonkologische Tumoren die Überlebensvorteile als statistisch signifikant [19].

Unter patientenberichteten Endpunkten (patient-reported outcomes, PRO) ist die subjektive Erhebung des Gesundheitsstatus durch die Patientin oder den Patienten zu verstehen, deren Aussage nicht durch klinisch Tätige oder Dritte interpretiert wird [20]. Die PRO dienen auch als Oberbegriff für das multidimensionale Konzept der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (health-related quality of life, HRQoL). Dabei hängt die HRQoL von verschiedenen Bereichen der Eigenwahrnehmung ab, darunter krankheitsspezifische oder therapiebedingte Symptome, das soziale, emotionale bzw. physische Funktionsvermögen [21]. Da kein abschließender Konsens darüber besteht, welche Dimensionen die HRQoL umfassen sollte, ist die Erweiterung des Konzeptes um weitere Aspekte wie z.B. Patientenzufriedenheit oder Wohlbefinden möglich.

«Stimme des Patienten»: PRO und Lebensqualität

Die Bedeutung einer systematischen Erhebung von PRO-Parametern nimmt im Hinblick auf eine patientenzentrierte Versorgung in der Onkologie und damit auch bei der Begründung von Therapieentscheidungen zu. Bei der Entwicklung von Behandlungskonzepten, die auf einer partizipativen Entscheidungsfindung beruhen (shared decision making, SDM), ist die Berücksichtigung von Patientenpräferenzen für die Festlegung des Therapieziels sowie die Einigung auf eine Behandlungsstrategie maßgeblich: Je stärker Patientinnen und Patienten in die gemeinsame Therapiefindung eingebunden werden, desto besser lässt sich die Therapiestrategie auch auf patientenspezifische Bedürfnisse abstimmen.

Elektronische Erfassung von PRO

Die Erhebung von PRO in der onkologischen Versorgungsroutine kann unter anderem dazu beitragen, die Arzt/Pflege-Patienten-Kommunikation zu verbessern, Risikogruppen sowie bislang unerkannte Patientenbedürfnisse zu identifizieren oder Krankheits- und Therapieverläufe nachzuverfolgen [22]. Technologisch eröffnen sich durch die erweiterten digitalen Möglichkeiten neue Ansätze bei der Evaluierung der PRO und deren Integration in die klinische Versorgung: Durch die verbesserte Verfügbarkeit mobiler Endgeräte wie Smartphones lassen sich PRO-Daten nicht nur papierbasiert über Fragebögen erheben, sondern auch internetbasiert (elektronische PRO, ePRO). Bei anderweitigen chronischen Erkrankungen wie z.B. der Herzinsuffizienz oder beim Schmerzmanagement kommen elektronische Ansätze bereits zur telemedizinischen Patientenfernüberwachung (Remote Patient Monitoring) bzw. zum Telemonitoring zur Anwendung – mit der Zielsetzung, die Lebensqualität zu verbessern, stationäre Aufenthalte und damit auch Kosten zu reduzieren oder klinische Ereignisse bequemer und engmaschiger zu managen. Auch in der Onkologie weisen retrospektiv ermittelte Daten darauf hin, dass sich z.B. im Bereich des therapiebegleitenden Nebenwirkungsmonitorings und – in diesem Zusammenhang auch sinnvollen – Adhärenzmanagements im Rahmen der oralen Therapien bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen vielversprechende Einsatzmöglichkeiten für digitale Remote-Monitoring-Technologien ergeben könnten: insbesondere zur Symptomkontrolle, Verbesserung der Lebensqualität, Verringerung stationärer Aufenthalte, Erhöhung der Patientenzufriedenheit und möglicherweise auch zur Verlängerung des Gesamtüberlebens (OS) [23]. Noch sind aber Daten, die in prospektiven Studien erhoben wurden und das Potenzial bestimmter digitaler Remote-Monitoring-Methoden auch für die Versorgungspraxis bestätigen, erst eingeschränkt verfügbar. In einer kürzlich publizierten Phase-III-Studie aus Frankreich wurde ein Interventionskonzept, bei dem eine internetbasierte mobile Anwendung (App) und eine Pflegekraft-geleitete Nachsorge mit der Standardversorgung kombiniert wird (CAPRI-Arm, n = 272), über einen Zeitraum von 6 Monaten mit der Standardversorgung allein bei Patientinnen und Patienten verglichen, die eine orale Systemtherapie zur Krebstherapie erhielten (Kontroll­arm, n = 287). Während die Standardversorgung im Kontrollarm in der üblichen symptombezogenen Überwachung nach ärztlichem Ermessen bestand, bot das Remote-Monitoring im CAPRI-Arm den Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, via Smartphone-App (52%) oder Internetportal, E-Mail und/oder Telefon (48%) Kontakt mit dem Pflegepersonal-geleiteten Navigationssystem aufzunehmen. Je nach Schwere der geschilderten Beschwerden wurde die weitere Beratung von einer Pflegekraft durchgeführt oder eine ärztliche Konsultation veranlasst (hausärztlich bzw. onkologisch). Von insgesamt 3445 Interaktionen führten 59,9% zu einer klinischen Intervention, die zum Großteil vom Pflegepersonal übernommen wurde (77,4%). In lediglich 11,9% der Fälle war es erforderlich, die hausärztliche Versorgung zu beanspruchen bzw. in 22,6% erfolgte eine Rücksprache mit der betreuenden onkologischen Einrichtung. Die unizentrische, randomisierte Phase-III-Studie erreichte ihren primären Endpunkt, definiert als signifikante Verbesserung der relativen Dosisintensität (93,4% vs. 89,4%; p = 0,04) [24]. Bei der Auswertung sekundärer Endpunkte zeigte sich die Intervention im CAPRI-Arm entitätenübergreifend mit einer signifikant verbesserten Patientenerfahrung (Patient Assessment of Chronic Illness Score: 2,94 vs. 2,67; p = 0,01), einer kürzeren Hospitalisierungsdauer (2,82 vs. 4,44 Tage; p = 0,02) sowie selteneren therapiebezogenen Toxizitäten (≥ Grad 3) assoziiert (27,6% vs. 36,9%; p = 0,02) [24].

Demnach können digitale ePRO-basierte Monitoringsysteme im Rahmen der patientenzentrierten Therapieentscheidung und -steuerung dazu beitragen, die Patientenerfahrung und damit auch die Medikamentenadhärenz und gegebenenfalls den Outcome der Tumortherapie zu verbessern. So weist eine Metaanalyse Chemotherapie-basierter Studien darauf hin, dass sich eine höhere relative Dosisintensität auch günstig auf das OS der Krebspatientinnen und -patienten mit soliden Tumoren im fortgeschrittenen Stadium auswirken kann [25]. In einer eigenen Pilotstudie mit 90 Patientinnen und Patienten zum Remote-Monitoring therapieassoziierter Nebenwirkungen zeigte sich die tumortherapiebezogene Adhärenz in der Interventionsgruppe bereits 8 Wochen nach Interventionsbeginn der Kontrollgruppe gegenüber verbessert.

Wie gelingt die Translation in die klinische Praxis?

Bei der Implementierung von digitalen Überwachungssystemen und der Translation in die onkologische Versorgungsroutine sind Herausforderungen und Hürden zu berücksichtigen: Sie betreffen sowohl auf Patienten- als auch Pflegepersonalebene die grundsätzliche Akzeptanz ePRO-basierter Systeme sowie die optimierte Auswahl der jeweils am besten geeigneten Methodik und Instrumente zur PRO-Erfassung (Tab 3) [23]. Eine mangelnde Vertrautheit mit digitalen Gesundheitsanwendungen oder ein höheres Lebensalter scheinen aber bei der Teilnahme an entsprechenden Interventionen keine grundsätzliche Barriere für die Patientinnen und Patienten darzustellen [26]. Der Benefit unter einer digitalen Interventionsmaßnahme nimmt nicht nur in Abhängigkeit von der patientenseitigen Adhärenz zu, sondern zeigt sich auch vom Engagement der ärztlichen Seite abhängig: Erfolgten Rückmeldungen vom Behandelnden zeitnah, stieg auch die patientenseitige Zuversicht an (bei leichten oder moderaten therapiebezogenen Symptomen), was sich wiederum günstig auf die Lebensqualität und die Adhärenz gegenüber der Tumortherapie auswirken kann [27].

Tab. 3.

Wie lässt sich eine von Anfang an hohe Akzeptanz für das digitale Monitoring patientenrelevanter Endpunkte auf ärztlicher/pflegerischer sowie Patientenebene erreichen?; mod. nach [23]

 Wie lässt sich eine von Anfang an hohe Akzeptanz für das digitale Monitoring patientenrelevanter Endpunkte auf ärztlicher/pflegerischer sowie Patientenebene erreichen?; mod. nach [23]
 Wie lässt sich eine von Anfang an hohe Akzeptanz für das digitale Monitoring patientenrelevanter Endpunkte auf ärztlicher/pflegerischer sowie Patientenebene erreichen?; mod. nach [23]

Die moderne Systemtherapie beim Mammakarzinom mit ihren Implikationen für das Überleben und die Prognose der Patientinnen lässt sich als wegweisendes Beispiel einer zunehmend genauer gesteuerten, individualisierten Therapiefindung in der Onkologie aufführen. Insbesondere erlaubt es die Systemtherapie in der Neoadjuvanz, die vor der lokal-operativen Behandlung des Mammakarzinoms erfolgt, bei bestimmten Subtypen eine frühzeitige Beurteilung des Tumoransprechens und der individuellen Prognose anhand der pathologischen Komplettremission (pCR) vorzunehmen [28]. Eine pCR erreichen inzwischen unter den modernen Therapieoptionen je nach Subtyp bis zu 70% der Patientinnen. Abhängig vom Ausgang der histopathologischen Untersuchung des OP-Präparats und der Lymphknoten – keine invasiven Tumorresiduen in Brust und Lymphknoten bei pCR bzw. Nachweis von invasiven Tumorzellen bei Non-pCR – lässt sich die postoperative Therapiewahl nochmals risikoadaptiert stratifizieren: zum Beispiel im Hinblick auf eine postoperative (auch: «post-neoadjuvante») Eskalation bei weiterhin hohem Progressionsrisiko bzw. Deeskalation bei günstiger Prognose.

pCR-gesteuerte Evaluation neuer Therapieansätze in Studien

In der KEYNOTE-522-Studie erhielten 1174 Patientinnen mit tripel-negativem Mammakarzinom (TNBC; T1c und N1–2 oder T2–4 und N0–2) zunächst eine neoadjuvante Chemotherapie mit Paclitaxel über 12 Zyklen plus Carboplatin, gefolgt von 4 Zyklen Doxorubicin oder Epirubicin plus Cyclophosphamid. Parallel zur Chemotherapie erfolgte eine immunonkologische Therapie mit Pembrolizumab oder Placebo. Nach der Operation wurde die Therapie mit dem Checkpoint-Inhibitor bzw. Placebo für bis zu 9 Zyklen alle 3 Wochen (q3w) fortgesetzt. Dabei erreichten zusätzlich mit Pembrolizumab behandelte Patientinnen eine signifikant höhere pCR-Rate als die Patientinnen im Placebo-Arm (64,8% vs. 51,2%; p < 0,001). Dabei zeigte sich die pCR-Rate unter Pembrolizumab unabhängig vom PD-L1-Status des Tumors verbessert (PD-L1 = programmed cell death ligand 1). Patientinnen im Pembrolizumab-Arm hatten zudem ein verbessertes ereignisfreies Überleben (event-free survival, EFS) [29]. Ein EFS-Vorteil ließ sich nicht nur bei Patientinnen mit pCR nachweisen, sondern auch bei solchen ohne eine pCR. Die Frage, ob bzw. bei welchen Patientinnen am ehesten auf den adjuvanten Teil der Therapie verzichtet werden könnte, kann noch nicht beantwortet werden [30]. In der Phase-II-Studie GeparNuevo wurde auch unter der allein während der neoadjuvanten Therapiephase eingesetzten PD-L1-Inhibition mit Durvalumab ein verbessertes invasiv-krankheitsfreies Überleben (invasive disease-free survival, iDFS) beobachtet [31].

In der Phase-III-Studie CREATE-X, die noch aus der Ära vor den Immuncheckpoint-Inhibitoren stammt, konnte erstmals gezeigt werden, dass sich das krankheitsfreie Überleben (disease-free survival, DFS) bei Nicht-Erreichen einer pCR durch eine post-neoadjuvante Therapie verbessern lässt [32]: Patientinnen mit HER2-negativen Tumoren (n = 919; HER2 = humaner epidermaler Wachstumsfaktorrezeptor 2) wurden nach einer Non-pCR unter neoadjuvanter Chemotherapie entweder auf eine Behandlung mit Capecitabin (6–8 Zyklen) oder keine weitere Therapie randomisiert. Bei den Patientinnen mit tripel-negativer Erkrankung lag die Rate des DFS in der Capecitabin-Gruppe bei 69,8% gegenüber 56,1% in der Kontrollgruppe (Hazard Ratio (HR): 0,58; 95%-Konfidenzintervall (KI): 0,39–0,87), und die OS-Rate betrug 78,8% gegenüber 70,3% (HR: 0,52; 95%-KI: 0,30–0,90).

In der Phase-III-Studie OlympiA (n = 1836) wurde der post-neoadjuvante Einsatz des Poly(ADP-Ribose)-Polymerase (PARP)-Inihibitors Olaparib bei Patientinnen mit einer pathogenen BRCA1/2-Keimbahnmutation sowie HER2-negativem Mammakarzinom (Hormonrezeptor-positiv (HR+) oder TNBC) untersucht, die entweder eine Non-pCR nach neoadjuvanter Chemotherapie oder eine höhere Tumorlast bei primärer Operation aufwiesen (Tumorgröße ≥ 2 cm bzw. Nodalbefall) [33]. Hier betrug das 4-Jahres-OS im Olaparib-Arm 89,8% und in der Placebo-Gruppe 86,4%. Die iDFS-Rate zeigte sich nach 3 Jahren im Olaparib-Arm um 8,6% gegenüber Placebo verbessert (95%-KI: 3,3–13,9%).

Die Phase-III-Studie KATHERINE befasste sich auch mit der Frage nach einer post-neoadjuvanten Verbesserung der Prognose beim HER2-positiven Mammakarzinom von Patientinnen (n = 1486), die auf die neoadjuvante Chemotherapie nicht angesprochen haben (Non-pCR): Dabei ergab sich unter der Therapie mit dem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab-Emtansin über 14 Zyklen eine signifikante iDFS-Verbesserung gegenüber Trastuzumab allein (HR für Tod/invasive Erkrankung: 0,50; 95%-KI: 0,39–0,64; p < 0,001) [34].

Deeskalation in der Axillachirurgie

Das Ansprechen im Rahmen der neoadjuvanten Therapie in situ zu überwachen, erlaubt die Evaluierung neuer systemischer Therapiemodalitäten (Abb 4). Durch die gute Zugänglichkeit von Biomaterialien lässt sich zudem die translationale Forschung vorantreiben. Durch den vermehrten Einsatz der neoadjuvanten Therapiemöglichkeiten ergeben sich Implikationen aber nicht nur in Bezug auf die systemische Weiterbehandlung: Bei Patientinnen, die sich einer neoadjuvanten Chemotherapie unterziehen, lassen sich auch auf chirurgischer Ebene Optionen zur Deeskalation umsetzen, z.B. im Sinne einer Sentinel-Lymphknotenbiopsie (SLNB), die keine weitere Axillaintervention nach sich zieht. Während eine komplette axilläre Lymphknotendissektion (ALND) mit einer gesteigerten Morbidität wie z.B. postoperativen Schmerzen und Funktionseinschränkungen des Arms verbunden ist, wurde die postoperative Morbidität durch die Etablierung der SLNB als axilläres Stagingverfahren deutlich verringert. Die SLNB kann heute auch nach einer neoadjuvanten Therapie bei initial (d.h. vor Beginn der neoadjuvanten Systemtherapie) klinisch unauffälligem axillärem Lymphknotenstatus empfohlen werden. Bei Patientinnen, die im Vorfeld der neoadjuvanten Therapie einen Lymphknotenbefall aufweisen, wird eine Biopsie des befallenen Lymphknotens sowie dessen Markierung für eine gezielte spätere Entnahme empfohlen (Abb 5). Die Entfernung des markierten Lymphknotens in Kombination mit einer SLNB wird als targeted axillary dissect­ion (TAD) bezeichnet und kann bei Patientinnen angewendet werden, die nach Abschluss der neoadjuvanten Therapie eine klinisch unauffällige Axilla aufweisen. Erweist sich der Nodalstatus nach der neoadjuvanten Behandlung als positiv (egal, ob klinisch oder pathologisch nach TAD), ist die ALND immer noch die Therapie der Wahl.

Abb. 4.

Neoadjuvante Systemtherapie liefert Hinweise zur Prognose der Tumorerkrankung (Bild: S.Y. Brucker, A. Hartkopf). pCR = pathologische Komplettremission, DFS = krankheitsfreies Überleben, T-DM1 = Trastuzu­mab-Emtansin, OS = Gesamtüberleben.

Abb. 4.

Neoadjuvante Systemtherapie liefert Hinweise zur Prognose der Tumorerkrankung (Bild: S.Y. Brucker, A. Hartkopf). pCR = pathologische Komplettremission, DFS = krankheitsfreies Überleben, T-DM1 = Trastuzu­mab-Emtansin, OS = Gesamtüberleben.

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Abb. 5.

Algorithmus zur Präzisierung der Axillachirurgie (Bild: S.Y. Brucker, A. Hartkopf).

Abb. 5.

Algorithmus zur Präzisierung der Axillachirurgie (Bild: S.Y. Brucker, A. Hartkopf).

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Beim multiplen Myelom (MM) darf im Zuge der therapeutischen Errungenschaften inzwischen mit einem medianen Überleben von 8–10 Jahren und länger gerechnet werden [35]. Bei der überwiegenden Mehrheit der Patientinnen und Patienten lässt sich ein Progress aber nicht verhindern und kurativ behandeln. Je nach Aggressivität und Refraktärität des Tumors sind rezidivierende Krankheits- und Therapieverläufe mit erheblichen Belastungen für die Betroffenen verbunden. Vor diesem Hintergrund erwächst die berechtigte Frage bzw. das Dilemma, in welchen Fällen ein alleiniger Fokus auf Heilung gerechtfertigt ist: insbesondere, wenn eine weitere Intensivierung der Therapieprotokolle zu einer anhaltenden Zunahme der therapieassoziierten unerwünschten Ereignisse führt, die sich nachteilig auf die Lebensqualität auswirken würde. Bei einem relevanten Anteil der Patientinnen und Patienten, namentlich mit einem Hochrisikomyelom, konnte zudem in therapeutischer Hinsicht noch keine wesentliche Verlängerung des Gesamtüberlebens (overall survival, OS) erreicht werden: Für diese Subgruppe, die sich zum Zeitpunkt der Myelomdiagnose anteilig auf etwa 15–20% beläuft [35], werden in erster Linie neue Therapieansätze und -strategien benötigt, die ein relevantes Überleben überhaupt erst ermöglichen (Abb 6).

Abb. 6.

Multiples Myelom: Dringlicher Verbesserungsbedarf bei zytogenetischem Hochrisiko (Bild: L. Rasche).

Abb. 6.

Multiples Myelom: Dringlicher Verbesserungsbedarf bei zytogenetischem Hochrisiko (Bild: L. Rasche).

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Wann mit der Behandlung beginnen?

Beim MM verdrängen maligne Plasmazellen die normale Hämatopoese im Knochenmark. Die massiv erhöhte Produktion kompletter oder inkompletter monoklonaler Immunglobuline lässt sich unter anderem als Paraprotein oder klonal vermehrte Leichtketten im Serum und/oder Urin nachweisen [36]. Eine Therapieindikation ergibt sich insbesondere beim Auftreten von Endorganschäden – wie durch das Akronym der «CRAB»-Kriterien abgebildet – ab 1 erfüllten Kriterium: erhöhte Serumkalziumwerte (hypercalcemia), Nierenversagen (renal failure), Anämie (anemia) und Knochenläsionen (bone). Überdies können Symptome wie z.B. eine Paraprotein-assoziierte Polyneuropathie oder Leichtketten (AL)-Amyloidose, ebenfalls eine Therapieeinleitung erforderlich machen. Durch die neueren SLiM-Kriterien (Sixty percent bone marrow plasma cells, Light chain ratio, Magnetic resonance imanging) wurden in Ergänzung zu den CRAB-definierten Endorganschäden prognostische Indikatoren definiert, die auf ein hohes Risiko für das Auftreten von Endorganschäden deuten, bei Patienten mit ansonsten noch asymptomatischem Myelom [37].

Die Definition der am besten geeigneten Schwelle zur Therapieindikation bleibt herausfordernd, da das asymptomatische Myelom (smoldering myeloma, SMM) über Jahre stabil bleiben kann. Auch gehen die Ansichten bei der Frage auseinander, nach welchem Ansatz das Übergangsrisiko in ein therapiebedürftiges MM am besten beurteilt werden sollte: Ist ein SLiM-Kriterium erfüllt, beträgt das Risiko etwa 80%, innerhalb von 2 Jahren symptomatisch und damit therapiepflichtig zu werden. Ein Anteil von 20% läuft damit aber Gefahr, behandelt zu werden, obwohl Endorganschäden erst später oder womöglich gar nicht aufgetreten wären [38]. Nach der «2/20/20»-Regel werden zur Risikostratifizierung 3 Faktoren herangezogen (M-Protein im Serum > 2 g/dl, Plasmazellinfiltration im Knochenmark > 20% und freie Leichtketten-Ratio (κ/λ) > 20%): Demnach beträgt das Progressionsrisiko in der Hochrisikogruppe nach 2 Jahren lediglich 44%. Wird im 4-Faktoren-Modell zusätzlich noch die Hochrisikozytogenetik berücksichtigt, lässt sich ein 2-Jahres-Progressionsrisiko von 63% annehmen [39]. Aktuell haben Cowan et al. [40] am Dana Farber Cancer Institute mit dem PANGEA-Modell ein validiertes Prädiktionsmodell entwickelt, das eine im Vergleich zu den bisherigen Modellen genauere Einschätzung des Progressionsrisikos beim SMM ermöglichen soll (www.pangeamodels.org). In der populationsbasierten, prospektiven Screening-Studie iStopMM, in der 51% aller Isländerinnen und Isländer im Alter von > 40 Jahren erfasst wurden, ergab sich eine Prävalenz von 0,53% für ein SMM in der Gesamtpopulation. Bei einem als niedrig eingestuften Risikoprofil deutet die vergleichsweise hohe Prävalenzrate darauf hin, dass ein SMM nicht notwendigerweise zu Lebzeiten bzw. nur sehr langsam progredient wird [41].

Studien, die beim Hochrisiko-SMM aggressive Interventionsstrategien verfolgen, wecken aufgrund ihres potenziell kurativen Ansatzes hohe Erwartungen. In den aktuellen Auswertungen wies ein Anteil von 43% in der GEM-CESAR-Studie nach 4 Jahren bzw. von 84% in der ASCENT-Studie nach einer medianen Therapiedauer von 6,6 Monaten eine Negativierung der minimalen Resterkrankung (minimal residual disease, MRD) auf. Damit zeigten sich die Aussichten, langfristige Endorganschäden zu minimieren, zwar potenziell verbessert. Andererseits wurden asymptomatische Patientenkollektive behandelt, in denen sich Toxizitäten, aber auch einzelne Todesfälle ereigneten. Eher gegen eine reflexartige Therapieinitiation und mehr für eine abwartende Strategie beim SMM sprechen auch die Ergebnisse einer aktuellen Metaanalyse, in der die Progressionsrisiken aus 11 Studien im Studienzeitraum 2010–2022 einbezogen wurden: Das 2-Jahres-Progressionsrisiko fiel demnach in den neueren Studien (nach 2014) selbst bei Erfüllung der SLiM-CRAB-Kriterien um 50% niedriger aus als noch in den älteren Studien [42].

Wann die Behandlung stoppen?

Eine Frage, die sich bei erstdiagnostizierten, transplantationsfähigen Myelompatientinnen und -patienten im Anschluss an die autologe Stammzelltransplantation und Konsolidierung häufig stellt, betrifft die individuell optimale Dauer der – zumeist mit dem Immunmodulator Lenalidomid durchgeführten – Erhaltungstherapie. Die Ergebnisse der britischen Myeloma-XI-Studie, einer großen Interventionsstudie im randomisiert-kontrollierten Setting beim neu diagnostizierten MM (n = 1248), könnten dabei eher für eine mehrjährige Behandlung sprechen: Bei der Evaluierung des progressionsfreien Überlebens (progression-free survival, PFS) im 1-Jahres-Intervall zeichnete sich nach einem medianen Follow-up von 44,7 Monaten zugunsten von Lenalidomid versus reiner Nachbeobachtung ein PFS-Vorteil ab. Dieser währte aber nur bis zum vierten Jahr und löste sich zwischen Jahr 4 und 5 der Erhaltungstherapie gegenüber der reinen Nachbeobachtung auf [43]. Zugleich ergab sich für die Lenalidomid-Gruppe eine signifikant höhere kumulative Inzidenzrate für sekundäre Malignome nach 7 Jahren als im Beobachtungsarm [44].

Wann wechseln – Beispiel für gelungene Therapiesteuerung

Innerhalb von Studien hat sich die Bestimmung der MRD bereits als prognostischer Surrogatmarker für Outcomes wie das PFS oder das OS bewährt. Dass die MRD-Bestimmung bei zytogenetischem Standardrisiko auch für die klinische Entscheidungsfindung und Therapiesteuerung in Betracht kommt, legen z.B. Studiendaten zu neuen Ansätzen einer MRD-gesteuerten Konsolidierungsstrategie, wie sie in der MASTER-Studie untersucht wurden, nahe [45]. Grundsätzlich scheint das Erreichen einer MRD-Negativierung auch in der Hochrisikokon­stellation mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für ein prolongiertes PFS einherzugehen als bei nachweislicher Restaktivität [46].

Wie eine bei Patientinnen und Patienten mit neu diagnostiziertem (n = 57) und rezidiviertem/refraktärem (n = 45) MM durchgeführte retrospektive Analyse am eigenen Patientengut zeigt (Abb 7), wurde in 45% der Fälle sowohl mittels NGF (Next Generation Flow) als auch mit Bildgebung (negative Positronenemissionstomografie (PET)/diffusionsgewichtete Magnetresonanztomografie (DW-MRT)) eine doppelt bestätigte MRD-Negativität nachgewiesen. Beim schwer vorbehandelten Myelom ergab sich signifikant häufiger ein diskrepanter Befund zwischen Bildgebung und NGF (Nachweis von Restaktivität in der Bildgebung trotz MRD-Negativität mittels NGF im Knochenmark, p < 0,01). Erfolgte bei nachweislicher Restaktivität eine individualisierte Konsolidierungstherapie einschließlich der Option auf einen Therapiewechsel (n = 29), konnte in 51% der Fälle doch noch eine Konversion erzielt werden (einfache/doppelte MRD-Negativität). Insgesamt war die MRD-getriggerte Konsolidierung mit einem signifikant besseren PFS verbunden als eine Standardtherapie (p = 0,04). Auch wenn es noch konfirmatorischer prospektiver Studien bedarf, könnte sich damit auch beim zytogenetischem Hochrisiko-MM und bei initialem Verfehlen von doppelter MRD-Negativität eine gangbare Konsolidierungsstrategie für die klinische Praxis eröffnen [47].

Abb. 7.

Unizentrische Real-World-Erfahrungen: MRD-getriggerte Konsolidierung im klinischen Alltag (Ergebnisse: gelb = neutral, grün = günstig, rot = ungünstig); mod. nach [49].

Abb. 7.

Unizentrische Real-World-Erfahrungen: MRD-getriggerte Konsolidierung im klinischen Alltag (Ergebnisse: gelb = neutral, grün = günstig, rot = ungünstig); mod. nach [49].

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Für Patientinnen und Patienten mit einer chronischen myeloischen Leukämie (CML) haben sich die langfristigen Therapieaussichten seit der Einführung von Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) – den Anfang machte Imatinib in 2001 – kontinuierlich verbessert: Heute kann die überwiegende Mehrheit in der chronischen Phase der CML mit einer fast normalen Lebenserwartung rechnen und die Erkrankung selbst bildet nicht länger die primäre Ursache von Mortalität [48, 49]. So wurden Patientinnen und Patienten, die nach 18 Monaten mit Imatinib einen Abfall der BCR::ABL1-Werte auf ≤ 0,1% erreichten, im 10-Jahres-Update der IRIS-Studie nur noch sehr selten progredient: Das 10-Jahres-Überleben betrug 93% bzw. das CML-spezifische 10-Jahres-Überleben sogar 100% (vs. 90,5% bei mRNA > 0,1%; p < 0,0001) [50].

Einer Auswertung der EUTOS (European Treatment and Outcome Study)-Registerstudie zufolge lag die 6-Jahres-Wahrscheinlichkeit für CML-assoziierte Sterblichkeit lediglich bei etwa 5% [51]. Die CML verläuft vielmehr chronisch und in Begleitung von altersbezogenen Komorbiditäten, die mittlerweile auch die Haupttodesursache bilden und sich durch TKI-assoziierte Nebenwirkungen verschlechtern können [48, 49]. Als übergeordnetes Therapieziel gilt daher das Erreichen einer normalen Überlebenszeit bei guter Lebensqualität – nach Möglichkeit ohne lebenslange CML-Therapie [49].

Lebensqualität versus Effektivität?

In der klinischen Realität ist die Therapiesteuerung in der remittierten Situation ein Balanceakt zwischen dem angestrebten Lebensqualitätserhalt und der Effektivität der Behandlung. Vor dem Hintergrund der inzwischen verfügbaren breiten Auswahl an TKI (Imatinib, Dasatinib, Nilotinib, Bosutinib, Ponatinib und seit 2022 auch Asciminib) ist die initiale TKI-Wahl von einer Vielzahl an Faktoren abhängig, die je nach Alter, und bekannten Komorbiditäten unter anderem die Ko-Medikation, Risikofaktoren, das Einnahmeschema und mögliche Implikationen hinsichtlich des therapiebezogenen Adhärenzverhaltens (z.B. 1-mal vs. 2-mal tägliche Einnahme und/oder mögliche Restriktionen bei der Nahrungszufuhr) umfassen [52].

So ist aus früheren Studien unter Imatinib bekannt, dass gerade Patientinnen und Patienten jüngeren Alters (18–39 Jahre) unter der TKI-Langzeittherapie die deutlichsten Einschränkungen ihrer gesundheitsbezogenen Lebensqualität erfahren – insbesondere mit Auswirkungen auf die Rollenfunktion und die physische und emotionale Befindlichkeit. Demgegenüber weisen CML-Patientinnen und -Patienten, die älter als 60 Jahre sind, ein gesundheitsbezogenes Lebensqualitätsprofil auf, das demjenigen der Normalbevölkerung vergleichbar ist. Dabei können die nebenwirkungsbezogenen Beschwerden von häufigeren Problemen wie Fatigue, Muskelkrämpfen, muskuloskelettalen Schmerzen und Ödemen über Hautprobleme sowie Diarrhoe bis hin zu selteneren Symptomen wie Kopfschmerzen, abdominelles Unwohlsein oder Übelkeit reichen [53]. Chronische Fatigue wurde nicht nur als der am häufigsten beschriebene Faktor identifiziert, der sich unter einer dauerhaften TKI-Therapie limitierend auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität auswirken kann, sondern auch als der einzige Faktor, der sich mit sämtlichen physischen und mentalen Outcomes signifikant korreliert zeigte (p < 0,01) [54]: ein Umstand, der im klinischen Alltag häufig übersehen wird und stärkerer Berücksichtigung bedarf.

Therapieunterbrechungen und Dosisreduktionen unter längerfristiger TKI-Anwendung erfolgen am häufigsten aus Verträglichkeitsgründen. Zu frühe und häufige Therapieabbrüche bzw. Wechsel sollten allerdings vermieden werden, zumal viele der unerwünschten Nebeneffekte bereits kurz nach dem Therapiebeginn auftreten, oft dosisabhängig sind und mittels Anpassung der Dosierung und/oder supportiven Maßnahmen beherrscht werden können [52]. Bei nachweislicher Äquivalenz in Bezug auf das Gesamtüberleben, jedoch hinsichtlich Nebenwirkungen und gegebenenfalls auch Ansprechtiefe distinkten TKI-Profilen sollten die Patientinnen und Patienten bereits vor der Ersttherapie über Vor- und Nachteile der einzelnen Therapieoptionen informiert werden: Durch eine personalisierte Therapiewahl kann die Behandlung im Hinblick auf die Vorgeschichte, eventuelle Komorbiditäten und Begleitmedikamente, aber auch auf das vorangehende TKI-Ansprechen und die Therapieziele abgestimmt werden.

Chancen für Therapiefreiheit überprüfen

Das Erreichen eines stabilen und tiefen molekularen Ansprechens (deep molecular response, DMR) ist bei der CML zunehmend das Therapieziel und die Voraussetzung, die TKI-Therapie eines Tages auch absetzen zu können und eine behandlungsfreie Remission (treatment-free remission, TFR) zu erreichen [49]. Da sich die Resterkrankung mittels quantitativer Polymerasekettenreaktion (qPCR) mittlerweile sehr sensitiv erfassen und eine 4,5-log-Reduktion von BCR::ABL1-Transkripten (MR4,5) über mehr als 2 Jahre bzw. eine MR4 über mehr als 3 Jahre als optimale Ansprechtiefe definieren lässt, sollte das potenzielle Ziel einer TFR bei entsprechendem Patientenwunsch und unter Berücksichtigung der prognoserelevanten Kriterien auch angesprochen und versucht werden (Tab 4) [49, 55].

Tab. 4.

Empfehlungen für behandlungsfreie Remission; mod. nach [49, 55]

 Empfehlungen für behandlungsfreie Remission; mod. nach [49, 55]
 Empfehlungen für behandlungsfreie Remission; mod. nach [49, 55]

In der bislang größten prospektiven TKI-Absetzstudie bei CML – der EURO-SKI-Studie (n = 758) – wurde für den TFR-Versuch ein molekulares Ansprechen von mindestens MR4 vorausgesetzt [56]. Dabei erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit, auch weiterhin TKI-frei zu verbleiben, mit jedem Jahr in DMR um etwa 3% (Abb 8). Im Verlauf ereigneten sich molekulare Rezidive (> 0,1% BCR::ABL1-Transkripte zu jedwedem Zeitpunkt) am häufigsten innerhalb der ersten 6 Monate ab der Beendigung der TKI-Behandlung. Das molekular rezidivfreie Überleben betrug nach 6 Monaten 61% und nach 24 Monaten 50% [56]. Nach 36 Monaten (finale Analyse) lag der Anteil der Patientinnen und Patienten, die immer noch eine TFR aufwiesen und eine BCR::ABL1-Last < 0,1% oder besser bei 45% [57].

Abb. 8.

EURO-SKI: Errechnete Wahrscheinlichkeit, in TFR zu verbleiben; erstellt nach [56]. MR = molekulares Ansprechen, MR4 = Reduktion der BCR-ABL-Transkripte um ≥4 log.

Abb. 8.

EURO-SKI: Errechnete Wahrscheinlichkeit, in TFR zu verbleiben; erstellt nach [56]. MR = molekulares Ansprechen, MR4 = Reduktion der BCR-ABL-Transkripte um ≥4 log.

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Zugewinn an Lebensqualität

Die Beendigung der Behandlung bei TFR bietet einigen CML-Patientinnen und -Patienten auch die Chance, einen deutlichen Rückgang TKI-assoziierter Nebenwirkungen zu erfahren und an Lebensqualität zurückzugewinnen: Erste Studiendaten zur Lebensqualität nach Absetzen der TKI-Therapie in TFR zeigten statistisch signifikante Verbesserungen bei vorbestehender Fatigue, Depression, Diarrhoe und Schlafstörungen. Eine Wiederaufnahme der Behandlung bei MR-Verlust resultierte in einer erneuten Verschlechterung der patientenbezogenen Outcome-Parameter [58]. Erste altersgruppenbezogene Analysen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität nach TKI-Absetzen in der EURO-SKI-Studie weisen darauf hin, dass insbesondere jüngere Patientinnen und Patienten (18–39 bzw. 40–59 Jahre) den höchsten Benefit über verschiedenen funktionelle und symptombezogene Outcomes erfuhren, darunter auch ein signifikanter Rückgang der Fatigue-assoziierten Belastung im Zeitverlauf [59].

Die molekulargenetische Diagnostik zur Charakterisierung therapierelevanter molekularer Veränderungen gehört heute in diversen Tumorentitäten zu den Grundpfeilern einer personalisierten Behandlung und damit auch der Therapiesteuerung in der Onkologie (vgl. «I Methoden der Therapiesteuerung» – «Genomdiagnostik»). Bei der Frage, welche Ansätze zur Therapiesteuerung sich nach gegenwärtigem Stand als besonders hilfreich und praktikabel in der Versorgung erwiesen haben, sind unter anderem Instrumente hervorzuheben, die die Prädiktion ganzer Therapiekonzepte erlauben.

Prädiktiv für das Therapiekonzept

Zu den onkologischen Erkrankungen, bei denen die Behandlungsstrategie mittlerweile schon ab Auswahl der initialen Therapie konsequent am zyto- und molekulargenetischen Hintergrund des Tumors orientiert wird, gehört die akute myeloische Leukämie (AML). Im Unterschied zur chronischen myeloischen Leukämie (CML) lassen sich bei der AML ganz unterschiedliche zytogenetische Aberrationen beobachten, die die Prognose wesentlich beeinflussen und heute die Grundlage einer subgruppenspezifisch ausgerichteten Therapiestrategie bilden [60, 61]. So erfolgt bereits die initiale Therapiewahl erst bei Vorliegen der umfassenden zyto- und molekulargenetischen Diagnostik: Im aktuellen Therapiealgorithmus ist z.B. bei Vorliegen einer prognostisch ungünstigen Aberration (z.B. TP53-Mutation, monosomaler Karyotyp) eine frühzeitige Option zur Einbindung einer allogenen Stammzelltransplantation vorgesehen. Für Patientinnen und Patienten, die zu einer Subgruppe mit vergleichsweise geringem Rezidivrisiko gehören (z.B. CBF-AML; CBF = core binding factor), sieht der Therapiealgorithmus nach dem Erreichen einer kompletten Remission die Postremissionstherapie mit hochdosiertem Cytarabin (HDAC) vor, worunter bereits Aussicht auf eine Langzeitremission besteht (Abb 9).

Abb. 9.

Onkopedia-Leitlinie zur AML: Algorithmus für die initiale Therapieentscheidung bei Erstdiagnose; mod. nach [60].

Abb. 9.

Onkopedia-Leitlinie zur AML: Algorithmus für die initiale Therapieentscheidung bei Erstdiagnose; mod. nach [60].

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Zu den für eine molekular stratifizierte Therapiewahl paradigmatischen Erkrankungen zählen neben der CML mittlerweile auch solide Tumoren wie das maligne Melanom oder das nichtkleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC). Die Einführung spezifischer BRAF-Inhibitoren hat die Behandlungsmöglichkeiten beim Melanom im fortgeschrittenen Stadium und mit nachweislicher Mutation der Serin-Threonin-Kinase BRAF revolutioniert: Die Inhibition des RAF-MEK-ERK-Signalwegs ermöglichte Ansprechraten von über 50% und mediane Gesamtüberlebens (OS)-Zeiten von 18 Monaten; durch den kombinierten Einsatz eines BRAF-Kinaseinhibitors mit einem MEK-Inhibitor ließ sich eine weitere Verbesserung auf über 25 Monate erreichen [62]. Zur Erinnerung: Vor der Ära der zielgerichteten Therapien (und Immuncheckpoint-Inhibitoren) lag das erwartbare 5-Jahres-Überleben beim metastasierten Melanom lediglich bei etwa 6% und das mediane OS bei 7,5 Monaten [63]. Eine randomisierte Phase-III-Studie (DREAMseq) erlaubt beim BRAF-V600-mutierten Melanom inzwischen auch Aussagen zum sequenziellen Einsatz von BRAF/MEK- und Immuncheckpoint-Inhibitoren: Demnach erwies sich die initiale (adjuvante) Therapie mit 2 Immuncheckpoint-Inhibitoren (Arm A), gefolgt von einer zielgerichteten Kombinationstherapie mit BRAF/MEK-Inhibitoren bei Progress (Arm B), als signifikant vorteilhafter in Bezug auf das OS als die initiale BRAF/MEK-Inhibitortherapie (Arm C) mit der Immuntherapie (Arm D) im Anschluss (71,8% vs. 51,5%; p = 0,01). Die Studie wurde aufgrund des nach 2 Jahren erreichten klinischen Endpunkts (OS) frühzeitig gestoppt [64].

PET-gesteuerte Therapiekonzepte

Neben der gewebebasierten Molekulardiagnostik bietet die Positronenemissionstomografie (PET) ein bildgebendes Verfahren, das die nichtinvasive Charakterisierung molekularer Zielstrukturen erlaubt und bei einer Reihe von Indikationen bereits routinemäßig zur Steuerung onkologischer Therapien herangezogen wird (vgl. «I Methoden der Therapiesteuerung» – «Qualitätsgesicherte Bildgebung: Was fehlt, was ist überflüssig?»). So lassen sich beim Prostatakarzinom mithilfe der molekularen PET-Diagnostik Fragestellungen zur Therapiesteuerung beantworten, die verschiedene Krankheits- und Therapiestadien betreffen: angefangen mit der Entscheidung zum lokaltherapeutischen Ansatz mit kurativer Intention oder zum nichtkurativen Therapieansatz bei PET-basierter Identifizierung von Hochrisikotumoren im Primärstaging über das weitere Vorgehen bei der Detektion eines biochemischen Rezidivs mittels PSMA-PET/CT (PSMA = prostataspezifisches Membranantigen) bis hin zur Entscheidung über die 177Lutetium-PSMA-Radioligandentherapie [13]. Die 177Lu-PSMA-Radio­-nuklidtherapie bietet seit Kurzem eine zugelassene Therapieoption beim metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom nach Vorbehandlung mit einer ARTA-Therapie (Hormontherapeutika wie Abirateron oder Enzalutamid) und einer Taxan-basierten Chemotherapie. Eine signifikante Verlängerung des OS im Vergleich zur hormonbasierten Standardtherapie wurde durch eine randomisierte Phase-III-Studie nachgewiesen [65]. In einer Substudie konnte zudem auch der prädiktive Stellenwert einer 68Ga-PSMA-11-PET/CT für die Indikationsstellung der Radioligandentherapie bestätigt werden [66].

ctDNA-basierte Therapieentscheidung?

Als einer der aussichtreichen Marker für die Therapiesteuerung in Zukunft zeichnet sich die Bestimmung der zirkulierenden Tumor-DNA (ctDNA) ab. Beim kolorektalen Karzinom (KRK) legen die Ergebnisse der DYNAMIC-Studie nahe, dass sich ein ctDNA-Analyse-geleiteter Ansatz bei der Indikationsstellung einer postoperativen, adjuvanten Chemotherapie im Stadium II nicht nachteilig auf den Outcome auswirken muss: Die ctDNA-basierte Entscheidungsfindung (Chemotherapie bei positivem ctDNA-Nachweis) führte seltener zum Einsatz einer adjuvanten Chemotherapie (15% vs. 28%) als nach konventionellen klinisch-pathologischen Kriterien, ohne dass sich nach 2 Jahren eine Unterlegenheit beim rezidivfreien Überleben abzeichnete [67].

Als besonders komplex könnte sich die Suche nach Prädiktoren zur Steuerung von (neo)adjuvanten Therapiekonzepten bei Tumoren erweisen, die durch eine hohe intratumorale Heterogenität gekennzeichnet sind: Beim NSCLC wurde die frühe Tumordissemination anhand der dynamischen Veränderungen in prä- und postoperativer ctDNA über einen bioinformatischen Ansatz nachverfolgt und ergab bei polyklonal zusammengesetzten Tumoren häufiger eine Metastasierungsneigung und schlechtere Überlebensprognose an als bei monoklonal geprägten Tumoren. Subklone, die später die Metastasierung des Tumors begünstigen sollten, wiesen auch ein stärkeres Expansionsverhalten auf [68].

Prädiktiv für Arzneimitteleinsatz

Verglichen mit anderen soliden Tumorentitäten ist auch die Zahl der therapierelevanten genetischen Alterationen beim NSCLC am höchsten [4]. Entsprechend dynamisch hat sich in den letzten Jahren auch die Therapielandschaft entwickelt: Derzeit ergeben sich bei 9 molekular definierbaren Subgruppen bereits stratifizierte Therapiemöglichkeiten [69], die die Etablierung weiter gefasster Genanalysen (Panel-Diagnostik) im qualitätsgesicherten Umfeld sinnvoll machen.

Bei der sehr seltenen, prognostisch aber besonders ungünstigen aktivierenden EGFR-Exon-20-Insertionsmutation beim NSCLC führte die Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Marktrücknahme eines zugelassenen, bereits zur Behandlung eingesetzten Arzneimittels, nachdem in den Verhandlungen über den Erstattungsbetrag keine Einigung erreicht wurde. Da die Orphan-Drug-Zulassung von Amivantamab aufgrund einer nichtrandomisierten Studie erfolgt war, bezog sich der Vergleich im Rahmen der frühen Nutzenbewertung neuer Arzneimittel durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG)-Verfahren auf Daten aus 2 deutschen Lungenkrebsregistern (CRISP und nNGM). Obwohl sich im indirekten Vergleich fast eine Verdopplung der medianen Überlebenszeit ergab, war der Registervergleich vom G-BA nicht als valide anerkannt worden [70].

Prädiktiv für Toxizität

Des Weiteren sind Ansätze, die der Prädiktion und Vermeidung von therapieassoziierter Toxizität dienen, ebenfalls im Sinne der Therapiesteuerung zu begrüßen: Die Genotypisierung auf die Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD) und deren Metabolisierungsstatus vor einer Therapie mit 5-Fluorouracil (5-FU) oder dessen Vorstufen (Capecitabin oder Tegafur) ist seit Oktober 2020 auch als neue Leistung im EBM-Katalog integriert [71]. Ein genetisch bedingter vollständiger oder partieller Mangel des für den Abbau von 5-FU zuständigen Enzyms kann mit schweren therapiespezifischen Nebenwirkungen assoziiert sein. Auf Basis der genetischen Analyse lassen sich risikoadaptierte Empfehlungen zum Einsatz FU-haltiger Arzneimittel umsetzen, die in Abhängigkeit vom DPD-Phänotyp von einer Dosisreduktion bis zur vollständigen Vermeidung reichen [72].

Therapiesteuerung im Verlauf

In Anbetracht der wachsenden Anzahl an langzeitüberlebenden Krebskranken gewinnt die Therapiesteuerung zunehmend auch im longitudinalen Krankheitsverlauf an Bedeutung: sei es in Bezug auf das Rezidivrisiko für die Indikationsstellung einer adjuvanten Therapie (z.B. ctDNA-Bestimmung beim KRK) oder die Komplettremission (Monitoring durch Bestimmung der «minimal residual disease», MRD) mit der Frage nach einem möglichen Therapiestopp (Abb 10).

Abb. 10

. Beispielhafte Konzepte der Therapiesteuerung im Verlauf: Rezidiv und Langzeitmanagement in der Onkologie (Bild: B. Wörmann). ALL = akute lymphobalstische Leukämie, CML = chronische myeloische Leukämie, CR = komplette Remission, KRK = kolorektales Karzinom, MRD = minimale Resterkrankung.

Abb. 10

. Beispielhafte Konzepte der Therapiesteuerung im Verlauf: Rezidiv und Langzeitmanagement in der Onkologie (Bild: B. Wörmann). ALL = akute lymphobalstische Leukämie, CML = chronische myeloische Leukämie, CR = komplette Remission, KRK = kolorektales Karzinom, MRD = minimale Resterkrankung.

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Beim Hodgkin-Lymphom (HL) wird die stadiengerechte Therapiesteuerung bereits mittels 18F-FDG-PET/CT umgesetzt: Angefangen mit dem initialen Staging dient sie in frühen, intermediären und fortgeschrittenen HL-Stadien einer risikoadaptierten Therapieanpassung. Bei fortgeschrittenem HL und negativer Interim-PET/CT lassen sich dabei auch Fragestellungen nach einer möglichen Deeskalation der Chemotherapie-Regime berücksichtigen.

Weltweit geht die Weltgesundheitsorganisation von mehr als 6000 seltenen Erkrankungen aus, für die bis heute mehrheitlich nicht genug Behandlungsmöglichkeiten verfügbar sind und ein hoher medizinischer Bedarf besteht. In der Europäischen Union sind seltene Erkrankungen (orphan diseases) als Krankheiten definiert, von denen nicht mehr als 5 von 10 000 Personen betroffen sind [73]. Die «Waisenkinder der Medizin» wurden historisch bei der Arzneimittelforschung eher vernachlässigt. Sie stellen ein unternehmerisches Risiko dar: geringe Patientenfallzahlen, schwierige Studienplanung und hohe Kosten. Um Betroffenen einen frühen Zugang zu neuen Therapiemöglichkeiten zu eröffnen, hatte das Europäische Parlament daher Anfang der 2000er Jahre neue ökonomische und regulatorische Rahmenbedingungen geschaffen. Sie sollten pharmazeutische Hersteller motivieren, in die Orphan-Arzneimittelentwicklung zu investieren und in diesem Bereich zu forschen. Beispielhaft genannt seien hier etwa die beschleunigte Bearbeitung des Zulassungsantrags und -verfahrens bei der europäischen Arzneimittelagentur EMA (z. B. als „bedingte“ Zulassung) und ein zehnjähriges Marktexklusivrecht. Die Anerkennung des Orphan-Status setzt voraus, dass die Erkrankung selten und lebensbedrohlich bzw. schwerwiegend ist und es keine zugelassenen Therapiealternativen gegen die Erkrankung gibt. Steht ein zugelassenes Arzneimittel in dieser Indikation bereits zur Verfügung, muss der Nachweis eines deutlichen Therapievorteils erbracht werden [74].

Anreize zur Entwicklung von Orphan-Arzneimitteln

Ein Sonderstatus wurde Orphan-Arzneimitteln auch beim Arzneimittelneuordnungsgesetz-(AMNOG-)Verfahren eingeräumt, das in Deutschland seit dem Jahr 2011 die Nutzenbewertung regelt: Falls von der EMA als Orphan-Arzneimittel klassifiziert, durchlaufen diese Arzneimittel eine vereinfachte Nutzenbewertung. Ihr Zusatznutzen gilt fiktiv durch die Zulassung als belegt, was einen zusätzlichen Anreiz für die Entwicklung und schnelle Marktverfügbarkeit setzen soll. Wird eine – derzeit auf 30 Millionen Euro pro Jahr festgelegte – Umsatzschwelle überschritten, muss jedoch auch das Orphan-Arzneimittel einem regulären Verfahren unterzogen werden: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bestimmt eine zweckmäßige Vergleichstherapie und der Hersteller muss ein Nutzenbewertungsdossier einreichen.

Schwache Evidenzlage

Der Anteil zugelassener Orphan-Arzneimittel hat sich in den letzten Jahren erhöht und kommt auch sehr kleinen Patientengruppen mit maximal 1000 Personen zugute. Innerhalb von 12 Jahren, also zwischen 2011 und 2022, entfielen rund ein Viertel aller Neubewertungen auf Orphan-Arzneimittel. Allerdings war der Anteil der Orphan-Arzneimittel, die einen «nicht quantifizierbarer Zusatznutzen» vom G-BA attestiert bekamen, bis Jahresanfang 2023 hoch: Er lag bei 71% (bezogen auf n = 111 frühe Nutzenbewertungen von Orphan-Arzneimitteln). Nur in 13% der Verfahren wurde die Bewertung «beträchtlicher Zusatznutzen» und in drei Prozent «erheblicher Zusatznutzen» vergeben (Abb 11).

Abb. 11.

Frühe Nutzenbewertung von Orphan-Arzneimitteln (n = 111 bereinigt um aufgehobene Beschlüsse; jeweils höchste Nutzenkategorie nach Verfahren; Stand: 23.01.2023); Quelle: Josef Hecken, Berlin.

Abb. 11.

Frühe Nutzenbewertung von Orphan-Arzneimitteln (n = 111 bereinigt um aufgehobene Beschlüsse; jeweils höchste Nutzenkategorie nach Verfahren; Stand: 23.01.2023); Quelle: Josef Hecken, Berlin.

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Betrachtet man alle 696 frühen Nutzenbewertungen in dieser Zeit, verteilen sich die Ergebnisse wie folgt: ein «nicht quantifizierbarer Zusatznutzen» ergab sich in 17 Prozent der Bewertungen (n = 119), von denen wiederum 11% auf Orphan-Beschlüsse (n = 79) und 6% (n = 40) auf reguläre Beschlüsse zurückgingen. Trotz der kleinen Verordnungsvolumina (0,06% des gesamten DDD-Volumens, DDD = daily definded doses) entfielen zudem 11,6% des Bruttoumsatzes im gesamten Arzneimittelmarkt der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) im Jahr 2020 auf Orphan-Arzneimittel – bei hohen durchschnittlichen DDD-Kosten [74].

In vielen Fällen entspricht die vorhandene Evidenz nicht den Anforderungskriterien des AMNOG-Verfahrens. Mitunter ist dies ein Ergebnis der Entscheidung der EMA, bei der bedingten Zulassungen unreife Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels zu akzeptieren, d.h. es sind weder abschließende Daten vorhanden, noch Studien, die randomisiert und kontrolliert sind [74]. Die Durchführung von zulassungsrelevanten, randomisierten Studien bei seltenen Erkrankungen ist aus nachvollziehbaren Gründen erschwert. Die beschränkten Fallzahlen und/oder eine aufwendige Rekrutierung geeigneter Patientinnen und Patienten sind hier nur beispielhaft zu nennen. Häufig gelingt es nicht, mehrarmige, vergleichende Studien aufzusetzen, in denen mehr als eine Endpunktkategorie erhoben wird, die Studiendauer ist unzureichend und finale patientenrelevante Endpunkte lassen sich nicht erreichen oder die Patientenpopulationen entsprechen nicht dem Anwendungsgebiet. Allerdings sind Studien mit geringen Patientenzahlen nicht mit «schwacher Evidenz» gleichzusetzen, da ihre Aussagekraft maßgeblich von der Effektgröße der patientenrelevanten Endpunkte abhängig ist.

Wie lässt sich die Datenlücke schließen?

Als neue Möglichkeit, aussagekräftige(re) Daten zu generieren und Evidenzlücken zu schließen, hat der Gesetzgeber die anwendungsbegleitende Datenerhebung (AbD) vorgesehen: Seit dem Jahr 2020 kann der G-BA die pharmazeutischen Hersteller auffordern, weitere Daten zum Arzneimittel zu erheben (bei bedingter Zulassung, Zulassung unter außergewöhnlichen Umständen und Orphan-Drug-Arzneimitteln) und auszuwerten. Die Informationen der AbD sollen die Datenlage verbessern und für die erneute Zusatznutzenbewertung nach § 35a SG V relevante, neue Erkenntnisse liefern [75].

Im ersten Schritt stellt der G-BA fest, dass eine AbD für das betreffende Orphan-Arzneimittel erforderlich ist. Das erfolgt mithilfe der bisherigen vorhandenen Evidenz; Angemessenheit und Realisierbarkeit einer AbD werden dabei berücksichtigt (Tab 5). Im zweiten Schritt entwickelt der G-BA (oder das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, IQWiG) ein Konzept für die Realisierung der AbD: Es enthält Anforderungen an die Art, Dauer und den Umfang der Datenerhebung, die Fragestellung (unter anderem Patientenpopulation, Endpunkte, Vergleichstherapie) sowie Angaben zur geeigneten Methodik der Datenerhebung und Auswertung (Tab 6). Das Konzept kann auch indikationsbezogene Datenerhebungen ohne Randomisierung vorsehen; laufende und geplante Datenerhebungen vor allem von Zulassungs- und Genehmigungsbehörden werden ebenfalls berücksichtigt. Des Weiteren kann der Kreis der versorgungsberechtigten Leistungserbringer auf jene beschränkt werden, die an der geforderten AbD mitwirken. Zur Beratung der AbD werden das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) herangezogen. Ob und wie die Datenerhebung nach Vorgaben des G-BA durchgeführt wird, soll mindestens alle 18 Monate überprüft werden. Nach Ablauf der AbD-Frist durchläuft das Arzneimittel eine erneute Nutzenbewertung [75]. Sollte sich keine Quantifizierung des Zusatznutzens ergeben, wird ein Erstattungsbetrag vereinbart, der in angemessenem Umfang zu geringeren Jahrestherapiekosten führt als der zuvor vereinbarte Erstattungsbetrag.

Tab. 5.

Anwendungsbegleitende Datenerhebungen (AbD): Beurteilung der Erforderlichkeit (eigene Darstellung)

 Anwendungsbegleitende Datenerhebungen (AbD): Beurteilung der Erforderlichkeit (eigene Darstellung)
 Anwendungsbegleitende Datenerhebungen (AbD): Beurteilung der Erforderlichkeit (eigene Darstellung)
Tab. 6.

Anwendungsbegleitende Datenerhebungen (AbD): Verfahrensabläufe (eigene Darstellung)

 Anwendungsbegleitende Datenerhebungen (AbD): Verfahrensabläufe (eigene Darstellung)
 Anwendungsbegleitende Datenerhebungen (AbD): Verfahrensabläufe (eigene Darstellung)

Ziel muss es sein, auch im Bereich der Orphan-Arzneimittel eine konsequent evidenzbasierte Nutzenbewertung zu erreichen.

Erhöhte Bedeutung von Registerstudien

Inzwischen wurden die ersten Verfahren eingeleitet und beschlossen (https://www.g-ba.de/beschluesse/zum-aufgabenbereich/62/). Wie gut AbD dazu geeignet sein werden, den gewünschten Nutzennachweis zu erbringen, lässt sich derzeit noch nicht abschließend beurteilen. Momentan zeichnet sich aber bereits ab, dass es sinnvoll ist, Zulassungsbehörden, pharmazeutischen Herstellern und Registerbetreibende möglichst frühzeitig in die Beratungen einzubinden. Denn auch Daten aus spezifizierten Registerstudien kommen möglicherweise in Betracht. Sie bilden die Ausgangsversorgung in der angestrebten Indikation therapieunabhängig ab und könnten ggf. auch schon im Vorfeld der Zulassungsstudien berücksichtigt werden. Qualitätsgesicherte Daten aus der Versorgung könnten beispielsweise zur Planung der Zulassungsstudie herangezogen werden (z.B. für eine valide Fallzahlplanung). Ebenso könnten sie die geeignete retrospektive Evidenz liefern, um noch nach Zulassung ungeklärte Fragen zum Nutzen-Risiko-Verhältnis des betreffenden Orphan-Arzneimittels gegenüber dem natürlichen Verlauf der Erkrankung zu beantworten [76, 77].

Seit geraumer Zeit wird mit der Aufforderung, die Patientenorientierung/Patientenperspektive und patientenrelevante Endpunkte bei der Beurteilung von Therapiemaßnahmen in den Mittelpunkt zu stellen, eine stärkere Ausrichtung der Gesundheitsversorgung an Patientenbedürfnissen propagiert. In der aktuellen Versorgungsrealität gestaltet sich die therapiebezogene Entscheidungsfindung bzw. Therapiesteuerung allerdings häufig nicht ausreichend nachvollziehbar und transparent aus der Perspektive der Patientinnen und Patienten.

Bedeutung transparenter Assessments

Die frühe Nutzenbewertung leistet einen wichtigen Beitrag zu erhöhter Transparenz, zumal die Berücksichtigung des patientenbezogenen Nutzens für die Einordnung eines Arzneimittels in der Versorgung ein erklärterweise übergeordnetes Ziel der frühen Nutzenbewertung ist [78]. Dabei wird die Bewertung des patientenrelevanten Nutzens hinsichtlich der Verlängerung des Überlebens, der Verbesserung der Morbidität und der Lebensqualität bzw. der Verringerung von Nebenwirkungen zu den Grundprinzipen der frühen Nutzenbewertung gerechnet. Damit stehen im AMNOG-Verfahren häufig andere Endpunkte im Mittelpunkt der Bewertung, als im Zulassungsverfahren des Arzneimittels [79]. So sind im Unterschied zur Zulassung in der frühen Nutzenbewertung häufig auch sekundäre und tertiäre Endpunkte für die Bestimmung des Zusatznutzens von Bedeutung. Zu begrüßen sind Bemühungen, zur adäquaten Bestimmung des Zusatznutzens auch die Erfassungsinstrumente für patientenrelevante Endpunkte wie der Lebensqualität kontinuierlich zu verbessern.

Aus Patientensicht dürfen allerdings die für die Erstattungsbetragsverhandlungen neu geschaffenen «Leitplanken» im Gesetzgebungsprozess zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) nicht dazu führen, dass die bisherige Logik, der zufolge die Anerkennung eines AMNOG-Zusatznutzens auch die Kostenübernahme durch die Gesetzlichen Krankenkassen implizieren soll, unterwandert wird: Beispielweise könnte in einigen chronischen Indikationen der Zugang zu sogenannten Schritt­innovationen künftig erschwert sein, da in diesen Indikationen selten ein hoher Zusatznutzen bestätigt wird [80]. Auch sogenannte «Preis-Mengen-Vereinbarungen» laufen der Idee einer Vergütungsorientierung am Zusatznutzen zuwider. Neue Herausforderungen stellen sich dadurch, dass künftig die Nutzenbewertungen für Arzneimittel in einer Gesamtbewertung auch mit der Bewertung der Companion Diagnostics umgesetzt werden müssen. Auf diese Erweiterung der Perspektive sind die gängigen Assessments noch nicht hinreichend eingestellt.

Insgesamt wird es insbesondere in der Onkologie künftig eher darum gehen, die Diagnose- und Therapieschemata zu identifizieren, die für die jeweilige Patientengruppe am nutzbringendsten sind. Arzneimittelbewertungen und Methodenbewertungen dürfen somit nicht länger isoliert voneinander betrachtet werden.

Methodentransparenz bei der Evidenzgewinnung gefragt

Wenig transparent stellt sich aus Sicht der Patientinnen und Patienten hingegen die besonders in der Erwachsenen- und Kinderonkologie häufig noch weit verbreitete Off-Label-Verschreibung von Fertigarzneimitteln dar, d.h. die Verordnung erfolgt ohne das Vorliegen einer hinreichenden klinischen Evidenz.

Dem Transparenzbedürfnis der Patientinnen und Patienten stehen auch versorgungssteuernde Ansätze über nicht flächendeckende Selektivverträge in der ambulanten Versorgung entgegen. Als eher ungünstig sind in dieser Hinsicht insbesondere Indikationsstellungen einzuordnen (z.B. PET-CT-Untersuchungen), bei denen auch bei Verfügbarkeit von Evidenz eine Kostenerstattung nur auf Einzelantrag oder auf der Basis integrierter Versorgungslösungen erfolgen kann [13]. Wünschenswert wären vielmehr einheitlich strukturierte, allgemeinverbindliche Maßstäbe, an denen sich die Evidenzgenerierung orientiert und aus denen sich verbindliche Vorgaben für die Indikationsstellung in der Versorgung ergeben und die Kostenübernahme nicht nur auf der Basis vergütungsrechtlicher Überlegungen/Konstrukte erfolgt.

The authors have no conflicts of interest to declare.

The authors have no funding sources to declare.

C. Benedikt Westphalen, Bernd J. Krause, Markus Schuler, Sara Y. Brucker, Andreas Hartkopf, Leo Rasche, Susanne Saußele, Bernhard Wörmann, Josef Hecken, Martin Danner declare that they contributed equally to this publication.

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