Abstract
Einleitung: Degenerative Veränderungen der Neuralzellen des Ganglion spirale sind eine Folge des Akustikusneurinoms (ACN). Das langsame Wachstum dieses Tumors führt zur einer metabolischen Adaptation der Neuralstrukturen der Cochlea, insbesondere des Ganglion spirale. Ziel der vorliegenden Studie war die Erforschung von histopathologischen Veränderungen der angrenzenden Strukturen des Ganglion spirale, wie Kapillaren, Bindegewebe und vor allem Melanozyten. Material und Methode: Es wurden insgesamt 30 Akustikusneurinome anhand von HE-gefärbten Felsenbein-Serienschnitten (Wittmaack-Sammlung) histopathologisch untersucht. Die degenerativen Veränderungen des Ganglion spirale und des Corti-Organs und Veränderungen der Nachbarstrukturen wurden analysiert und semiquantitativ ausgewertet. Anschliessend wurden Korrelationsstudien zwischen den einzelnen Wachstumsstadien des Tumors und den unterschiedlichen histopathologischen Befunden durchgeführt. Ergebnisse: Bereits bei den kleinen Akustikusneurinomen (Durchmesser ≤8 mm des Meatus auditivus internus) konnte eine sekundäre retrograde Degeneration etwa der Hälfte der Spiralganglienzellen nachgewiesen werden. Die in der Umgebung des Ganglion spirale liegenden Melanozyten waren im Frühstadium in der Nähe von Kapillaren vermehrt nachweisbar. Bei Tumoren im Spätstadium (Tumordurchmesser ≥25 mm) waren hingegen keine Ganglienzellen oder Melanozyten mehr vorhanden. In Fällen einer tumorbedingten Gefässstenosierung des inneren Gehörgangs war das Corti-Organ komplett zerstört. Schlussfolgerungen: Die degenerativen Veränderungen des Spiralganglions im Frühstadium des Akustikusneurinoms führen zunächst zu einer Vermehrung von Melanozyten. Die Melanozyten scheinen hier im Sinne eines Reparaturorgans auf Zellebene im Innenohr zu wirken. Das Fehlen von Melanozyten bei kompletter Degeneration im fortgeschrittenen Stadium des ACN ist auf den nun fehlenden Zellmetabolismus des Innenohres zurückzuführen.