Abstract
A 23-year-old male patient presented with very mild visual disturbances, but a distinct prominence of the optic discs, more pronounced in the right than in the left eye. The ophthalmic symptoms initially seemed trivial, but a large-scale interdisciplinary workup later identified them as the presenting symptoms of sarcoidosis affecting lung and eyes. A standard steroid monotherapy successfully caused regression of the ophthalmic findings.
Transfer in die Praxis von Katja Göbel (Berlin)
Hintergrund
Bei der Sarkoidose handelt es sich um eine entzündliche Multisystemerkrankung, deren Pathogenese bislang noch nicht abschließend geklärt ist. Histologisch ist die Sarkoidose durch epitheloidzellige Granulome, immunpathologisch durch eine gesteigerte zelluläre Immunantwort in den betroffenen Organen gekennzeichnet. Man geht davon aus, dass auf dem Boden einer genetischen Disposition verschiedenste Antigene die granulomatöse Immunreaktion auslösen können (polyäthiologisches Syndrom). Das klinische Erscheinungsbild ist vielfältig und von der Art und der Schwere der einzelnen Organmanifestationen abhängig. Eine familiäre Häufung ist bekannt, ebenso das häufigere Auftreten im geographischen Norden als im Süden. Die höchste Inzidenz findet sich in der 3. Lebensdekade, Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer.
Es werden 2 Manifestationsformen unterschieden. Eine akute, selten rezidivierende Form und eine chronische, häufiger rezidivierende Form. Eine chronische Sarkoidose ist definiert als Krankheitsform, welche nach 2 Jahren noch aktiv ist. Insgesamt ist die Prognose der Sarkoidose aufgrund einer hohen Rate an Spontanremissionen gut.
Die am häufigsten betroffenen Organe sind neben der Lunge (90-95%), der Leber (30-70%) sowie der Milz (30-70%), die Augen mit 20-50%.
Hierbei zeigt sich am häufigsten eine Uveitis (in 20-30%), davon in 40-75% der Fälle eine anteriore Uveitis. Des Weiteren zeigt sich eine Sehnervenbeteiligung, Tränendrüsenschwellung sowie Bindehautbeteiligung.
Falldarstellung
In dem zu diskutierenden Artikel wird der Fall eines 23-jährigen Mannes mit einer ungewöhnlichen primären okulären Manifestation einer Sarkoidose vorgestellt.
Der Patient stellte sich in der Universitäts-Augenklinik vor und berichtete über eine Sehstörung sowie Gesichtsfelddefekte am rechten Auge. Bei bestkorrigierter Sehschärfe von 0,7 am rechten und 1,0 am linken Auge zeigte sich bei reizfreien Vorderabschnitten der Sehnervenkopf funduskopisch rechts deutlich prominenter als links, rechts zusätzlich mit Cotton-wool-Herden und einer Tortuositas der Gefäße. Zusätzlich lagen Zeichen einer anterioren und posterioren Uveitis vor. Es erfolgte im Rahmen einer interdisziplinären Zusammenarbeit eine Untersuchung mit cranialer Magnetresonanztomographie (cMRT), Lumbalpunktion mit Liquoreröffnungsdruck, serologischen Untersuchungen, Röntgen-Untersuchung des Thorax, Dopplersonographie der hirnversorgenden Gefäße, Spirometrie sowie einer bronchoalveolären Lavage.
Auffällig waren (unter anderem) erhöhte D-Dimere, eine Leukozytose sowie erhöhte Werte für IL2-R (Interleukin-2-Rezeptor); das ACE (angiotensin converting enzyme) lag im oberen Normbereich. Die Röntgen-Untersuchung der Lunge zeigte bihiliäre Verschattungen, die bronchoalveoläre Lavage eine für Sarkoidose charakteristische Erhöhung der CD4/CD8 T-Zell-Ratio. cMRT, Lumbalpunktion sowie Blutdruck waren unauffällig.
Die Therapie erfolgte mit einer systemischen Steroidgabe 250 mg intravenös für 3 Tage, dann 100 mg Prednisolon täglich mit Reduktion im Verlauf um 10 mg/Tag. Unter dieser Therapie zeigte sich ein Rückgang sowohl der Sehnervenschwellung beidseits als auch der intraokularen Entzündung und der Visus stieg an. Nach 2 Monaten systemischer Prednisolontherapie mit einer Erhaltungsdosis zeigte sich bei vollem Visus ein vollständiger Rückgang der subjektiven und objektiven Symptome, lediglich eine dezente Rest-Schwellung des Sehnerven rechts konnte ophthalmoskopisch noch nachgewiesen werden. Auch die Laborparameter (IL2-R) waren rückläufig.
Auch innerhalb des nächsten Jahres zeigte sich unter weiterer Steroid-Erhaltungstherapie keinerlei neue oder wiederkehrende ophthalmologische Problematik, das Röntgen-Thorax-Bild zeigte persistierend vergrößerte Lymphknoten sowie weiterhin grenzwertig erhöhte Werte für den IL2-R. Dies, im Zusammenhang mit den weiterhin erhöhten Calzium-Werten, implizierte eine weitere systemische Steroid-Erhaltungstherapie. Nach 17 Monaten konnten die Steroide abgesetzt werden.
Diskussion
Das Symptom der Papillenschwellung ist ein unspezifisches klinisches Zeichen, deren Ursache abgeklärt werden muss. Hierbei können unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen.
Als Differenzialdiagnose sollte auch, wie unser Beispiel zeigt, eine Sarkoidose in Betracht gezogen und abgeklärt werden. Die Erkrankung selbst kann sich in jedem Organ manifestieren [3] mit einer hohen Affinität zur Lunge. Ein hoher Anteil der Patienten, welche an einer Sarkoidose erkrankt sind, erleiden eine okuläre Mitbeteiligung im Krankheitsverlauf (80%) [4]. Hierbei ist neben einer genauen und umfassenden Ablärung zur Diagnosefindung auch eine konsequente Therapie über mindestens 6 Monate zur Verhinderung eines Rückfalles notwendig.
Im Rahmen des International Workshop on Ocular Sarcoidosis (IWOS) im Jahre 2009 wurden 7 Zeichen für die Diagnose einer okulären Sarkoidose bestimmt [1] und später überarbeitet [2]:
- Retrocorneale Präzipitate und/oder Irisknötchen (Koeppe/Busacca)
- Knötchen im Trabekelmaschenwerk und/oder periphere anteriore Synechien
- Glaskörpertrübungen (snowballs)
- chorio-retinale periphere Läsionen
- Periphlebitis mit/ohne Kerzenwachsphänomen und/oder retinale Makroaneurysmata im betroffenen Auge
- Granulome im Bereich des Sehnerven
- Bilateralität.
Eine Revision der Leitlinie erfolgte 2018, hier ist allerdings weiterhin die Papillenschwellung nicht einbezogen [2].
Fazit für die Praxis
Eine Papillenschwellung ist ein häufiges Symptom in der augenärztlichen Praxis. Hierbei handelt es sich um eine funduskopisch sichtbare Schwellung und Prominenz des Sehnervenkopfes mit nicht oder nur unscharf abgrenzbarem Papillenrand. Eine genaue und umfassende Ursachenabklärung ist zur Behandlung des Patienten unumgänglich. Hierbei sollte auch an seltenere Ursachen gedacht werden.
Disclosure Statement
Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenkonflikte in Bezug auf den vorliegenden Kommentar bestehen.