Abstract
Hintergrund: Die optische Kohärenztomographie-Angiographie (OCTA) ist eine neue, nichtinvasive Methode, die eine quantitative Beurteilung der retinalen Durchblutung und der Durchblutung am Sehnerv erlaubt. In dieser Arbeit erläutern wir die Grundlagen der Anwendung dieser Methode und geben einen Überblick über die Erkenntnisse, die durch diese Methode bei Glaukom gewonnen wurden. Methoden: Eine selektive Literaturrecherche und Auswertung eigener Daten liegen dieser Arbeit zugrunde. Ergebnisse: Quantitative OCTA-Parameter zeigen eine gute Reproduzierbarkeit bei Glaukompatienten. Glaukompatienten zeigen eine verminderte Flussdichte am Sehnerv sowie im Bereich der Makula im Vergleich zu einer gesunden Kontrollgruppe. Die Flussdichteparameter zeigen insgesamt eine gute diagnostische Diskriminierung. Sie sind aber den strukturellen Parametern, die in der Routinediagnostik angewendet werden, nicht überlegen. Die verminderte Flussdichte korreliert mit dem Ausmaß des strukturellen und funktionellen Glaukomschadens. Schlussfolgerung: Die OCTA ist nichtinvasiv, schnell und reproduzierbar. Erste Ergebnisse von Studien bei Glaukompatienten zeigen das hohe diagnostische Potenzial dieser Methode. In der klinischen Routine könnte die OCTA in Zukunft eine Rolle spielen.
Transfer in die Praxis von Prof. Dr. Klaus Rohrschneider (Heidelberg)
Hintergrund
Die Pathogenese des Glaukoms kann allein durch eine Erhöhung des Augeninnendruckes nicht ausreichend erklärt werden. So kann bei einigen Patienten eine Drucksenkung das Fortschreiten nicht ausreichend stoppen und selbst bei normalem Augeninnendruck kann es zu typischen Glaukomschäden kommen (Normaldruckglaukom), sodass seit langem Bestrebungen bestehen, die Durchblutung des Auges genauer quantifizieren zu können. Dabei werden von der optischen Kohärenztomographie-Angiographie (OCTA) wesentliche Hinweise gerade in Bezug auf die vaskulären Veränderungen erwartet. Dies wurde bereits in einer früheren Ausgabe des KARGER KOMPASS beleuchtet [1]. Alnawaiseh und Kollegen haben nun in einem Übersichtsartikel den aktuellen Stellenwert dieser Untersuchungsmethode in der Glaukomdiagnostik auch anhand eigener Arbeiten zusammengefasst.
Studienergebnisse
Die Autoren fanden neben peripapillären Gefäßveränderungen auch eine verminderte Flussdichte im Bereich der Makula sowie eine Korrelation der Flussdichte mit der Dicke der retinalen Nervenfaserschicht (RNFL) und der Dicke der makulären Ganglienzellschicht.
Darüber hinaus fanden andere Arbeitsgruppen eine gute diagnostische Fähigkeit der OCTA auch in Bezug auf unterschiedliche Glaukomstadien, insbesondere auch bei fortgeschrittener Schädigung. Diese Befunde sind nicht auf das klassische Offenwinkelglaukom beschränkt, sondern die OCTA zeigt auch beim Normaldruckglaukom deutlich stärkere Veränderungen [2]. Die Gefäßdichteminderung ist jedoch nicht glaukomspezifisch, sondern wurde auch bei anderen Optikusatrophien beobachtet.
Fazit für die Praxis
Neben einer sowohl peripapillären als auch im Bereich der Makula signifikant verminderten Gefäßdichte beim Offenwinkelglaukom zeigen aktuelle Studien auch zusätzliche diagnostische Fähigkeiten der mittels OCTA erhobenen Gefäßparameter bei unterschiedlichen Glaukomstadien auf.
Auch wenn der diagnostische Stellenwert dieser neuen Untersuchungstechnik nicht abschließend eingeordnet werden kann und eine isolierte Bewertung der OCTA nicht die diagnostische Aussagekraft der eingeführten morphometrischen Methoden wie der Vermessung mittels Heidelberg Retina Tomograph (HRT) und OCT erreicht, so zeigen die neuesten Studienergebnisse im Vergleich zur zirkumpapillären Nervenfaserschicht und Gesichtsfeldparametern vergleichbare diagnostische Wertigkeiten mit AUC-Werten von 0,94 [3]. Allerdings ist der klinische Wert der OCTA besonders im Frühstadium des Glaukoms unverändert unsicher [4].
Da in fortgeschrittenen Stadien des Glaukoms aufgrund der bereits erheblichen Schädigung der Nervenfaserschicht kaum morphometrisch fassbare Korrelationen zu weiteren Schädigungen bestehen, scheint die OCTA hier neben der Perimetrie ein wichtiger Parameter zu sein. Dies könnte die Verlaufsbeurteilung langfristig verbessern.
Dennoch sind zahlreiche Herausforderungen zu lösen. Neben der Artefaktanfälligkeit bei längerer Aufnahmedauer ist vor allem die je nach benutztem Gerät sehr unterschiedliche Auswertung zu nennen und die damit sehr eingeschränkte Übertragbarkeit der Ergebnisse verschiedener Hersteller untereinander.
Disclosure Statement
Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenskonflikte in Bezug auf den vorliegenden Kommentar bestehen.