Bei der posterioren Uveitis handelt es sich um ein seltenes, potentiell schwerwiegendes Krankheitsbild. In Mitteleuropa und den USA liegt die Inzidenz für intraokulare Entzündungen bei ca. 115/100 000, davon leiden 12-15% an einer posterioren Uveitis. Bei Erwachsenen tritt diese Erkrankung häufiger auf als bei Kindern. Die Krankheitsbezeichnung «posteriore Uveitis» umfasst Manifestationen als Choroiditis, Retinitis, Chorioretinitis, Retinochoroiditis und Neuroretinitis. Der primäre Ort der Entzündung liegt überwiegend in der Aderhaut oder Netzhaut. Das klinische Erscheinungsbild kann sich sehr heterogen präsentieren, was vor allem der multifaktoriellen Ätiologie geschuldet ist: So kann die Erkrankung sowohl infektiös als auch nicht infektiös bedingt sein sowie mit oder ohne assoziierte Systemerkrankung auftreten. In seltenen Fällen ist es auch möglich, dass ein Masquerade-Syndrom (benigne oder maligne) eine posteriore Uveitis vortäuscht.

Diagnostik

Wichtig ist eine zügige Diagnosestellung inkl. Identifizierung der zugrunde liegenden Ätiologie, um möglichst gezielt eine Therapie einzuleiten. Typische Symptome einer posterioren Uveitis sind Visusminderung, Photopsien, «Flimmern», Skotome und Mouches volantes. Der Beginn und Verlauf der Beschwerden variiert oft - sie können schleichend, aber auch akut auftreten und zeitlich begrenzt, schubweise oder chronisch verlaufen. Aufgrund der breiten Differentialdiagnose (Abb. 1) sollte eine umfassende Anamnese erhoben werden, die Angaben zu rheumatischen Beschwerden, Dermatosen, Erkrankungen in Mund (Aphthen), Rachen und Atemwegwegen, Magen-, Darm- und urogenitale Beschwerden sowie neurologische Erkrankungen einbezieht. Hinweisend auf die Ätiologie können Angaben zum Umgang mit Tieren, Insektenstiche, aktuelle Medikamenteneinnahme und familiäre Disposition sein. Auslandsaufenthalte oder die Herkunft des Patienten aus Ländern mit höherem/spezifischem Erregervorkommen sollten zusätzlich bezgl. des Risikos «neuer Infektionskrankheiten» (z.B. Denguefieber) und Tuberkulose abgeklärt werden.

Fig. 1

a. Choroiditis bei Sarkoidose. b. Birdshot-Retinopathie. c. Retinitis bei atypischer okulärer Toxoplasmose. d. Choroiditis bei Syphillis.

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a. Choroiditis bei Sarkoidose. b. Birdshot-Retinopathie. c. Retinitis bei atypischer okulärer Toxoplasmose. d. Choroiditis bei Syphillis.

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Bei der anschließenden ophthalmologischen Untersuchung stehen Sehschärfenbestimmung (Einschätzung der Visusminderung), Analyse zum Schwerpunkt der Entzündung und Beurteilung des Schweregrads der Entzündung in Vorderkammer und Glaskörper im Vordergrund.

Je nach Befund sind bildgebende Verfahren zur genaueren Differenzierung der morphologischen Veränderungen sinnvoll, z.B. Optische Kohärenztomographie (OCT) bei Verdacht auf/Vorliegen eines Makulaödems oder Fluoreszein- und ICG-Angiographie zur Beurteilung der Netzhaut- und Aderhautbeteiligung. Vor allem bei einer infektiösen Genese oder bei Vorliegen eines primären intraokularen Lymphoms kann eine invasive Diagnostik nötig sein (Vorderkammer-Punktion, diagnostische Vitrektomie, chorioretinale Biopsie). Bei Verdacht auf assoziierte Erkrankungen sind je nach Verdachtssituation weitere interdisziplinäre Untersuchungen nötig (z.B. radiologische Bildgebung, Blutbild, serologische Untersuchungen usw.).

CAVE: Eine bereits begonnene Kortikosteroidtherapie kann die Untersuchungsergebnisse inkl. der intraokulären Diagnostik verfälschen!

Therapie

Die Behandlung erfolgt meist ambulant; sind invasive diagnostische Maßnahmen notwendig oder besteht die Gefahr eines Visusverlusts sollte der Patient stationär aufgenommen werden.

Über die Behandlung der posterioren Uveitis entscheidet die zugrunde liegende Ätiologie. Es gilt besonders:

• Ausschließen einer infektiösen Genese,

• Nachweis etwaiger assoziierter Systemerkrankungen,

• Ausschließen eines malignen oder nicht malignen Uveitis-Masquerade-Syndroms.

Liegt v.a. eine infektiöse Genese der posterioren Uveitis (z.B. Herpes-Viren, Toxoplasmose) vor, sind eine rasche Diagnose und ein frühzeitiges Erkennen des zugrunde liegenden Erregers entscheidend. Eine adäquate ursächliche Therapie muss unverzüglich erfolgen, da Patienten, die ausschließlich mit Kortikosteroiden behandelt werden, häufig einen Gewebeschaden davontragen.

Ziele der Behandlung sind Funktionsbesserung bzw. Funktionserhalt, das Verhindern von Rezidiven, die Vermeidung von Komplikationen und Sekundärschäden sowie die Verbesserung und der Erhalt von Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit des Patienten.

Für die Behandlung der nichtinfektiösen posterioren Uveitis sind gegenwärtig vier Medikamente zugelassen (Tab. 1):

• Kortikosteroide

• Cyclosporin A

• Adalimumab (Humira®)

• Dexamethason-Implantat (Ozurdex®) (Tab. 2).

Die Behandlung erfolgt nach einem Stufenprinzip (Abb. 2). Meist ist eine mittel- bis langfristige Therapie notwendig. Sollte der Patient nicht auf die Maßnahmen ansprechen oder die Entzündungsaktivität zunehmen, wird eine erneute, ggf. erweiterte, diagnostische Abklärung angeraten. Hier kann, wie auch bei unzureichendem Ansprechen oder besonders schwerem Krankheitsverlauf, ggf. ein «Uveitis-Zentrum» hinzugezogen werden.

Fig. 2

Grafische Darstellung des Therapiealgorithmus.

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Grafische Darstellung des Therapiealgorithmus.

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Unabhängig von der Art der posterioren Uveitis sind eine interdisziplinäre Betreuung des Patienten und eine enge Kommunikation unter den behandelnden Ärzten oft entscheidend.

Komplikationen

Es können eine Reihe von Komplikationen auftreten, die berücksichtigt werden müssen. Bei Makulaödem oder Neovaskularisation (sekundär retinal oder choroidal) sollte zunächst die intraokuläre Entzündung kontrolliert werden, bevor weitere Maßnahmen eingeleitet werden. Ein Makulaödem sollte dabei immer, auch bei noch voller Sehschärfe, behandelt werden. Epiretinale Membranen sollten ggf. operativ entfernt werden, sofern Metamorphopsien, Visusminderungen oder ein therapierefraktärer Zustand besteht. Glaskörpertrübungen und -blutungen sowie traktive epiretinale Membranen können Indikation für eine Pars-plana-Vitrektomie (ggf. mit Katarakt-Operation) sein und unterliegen individueller Entscheidung. Allerdings bessert sich der Entzündungsverlauf durch diese Maßnahmen in der Regel nicht. Die Extraktion einer Sekundärkatarakt sollte erst in einem längerem reizfreien Intervall erfolgen; ebenso ist eine IOL-Implantation v.a. im Kindesalter erst indiziert, wenn ein stabiler reizfreier Zustand erreicht wurde.

Prognose

Aufgrund des heterogenen Erscheinungsbildes der posterioren Uveitis kann eine Prognose oft nur mit Einschränkungen abgegeben werden. Prinzipiell lässt sich feststellen, dass höheres Patientenalter, langjähriger Krankheitsverlauf, hohe Entzündungsakti- vität und Sekundärkomplikationen die Prognose häufig negativ bestimmen. Hier sind vor allem Makulaödeme, Sekundärglaukome, Netzhaut-«Narben», choroidale Neovaskularisationen und Ischämien von Bedeutung.

Disclosure Statement

Prof. Dr. Uwe Pleyer, FEBO, war an der Ausarbeitung der S1-Leitlinie Nr. 24b «Nichtinfektiöse Uveitis posterior» zusammen mit Prof. Arnd Heiligenhaus und PD Dr. Christoph Deuter federführend beteiligt. Er ist Mitglied verschiedener Fachgesellschaften (DOG, IOIS, ARVO, EVER).

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