Bei einer 21-jährigen Frau trat nach einer Laser-in-situ-Keratomileusis (LASIK) beider Augen bilateral gleichzeitig eine rhegmatogene Netzhautablösung auf. Sie unterzog sich daraufhin einer Pars-plana-Vitrektomie in Kombination mit Endolaser-Photokoagulation und Silikonöl-Tamponade im rechten Auge. Eine Woche später wurde am linken Auge eine pneumatische Retinopexie durchgeführt. Da sich der Netzhautriss nicht verschloss, wurde eine 360°-Sklera-Eindellung durchgeführt und die Netzhaut so befestigt. Die bilaterale simultane rhegmatogene Netzhautablösung nach LASIK zur Myopiekorrektur kann eine schwerwiegende Komplikation darstellen. Die Patienten sollten über die Möglichkeit dieser Komplikation aufgeklärt werden. Übersetzung aus Case Rep Ophthalmol 2016;7:340-344 (DOI:10.1159/000446602)

Eine rhegmatogene Netzhautablösung (Amotio retinae; AR) entsteht, wenn verflüssigtes Corpus vitreum durch einen Netzhautdefekt in den subretinalen Raum austritt und die neurosensorische Retina vom retinalen Pigmentepithel separiert [1]. Ein Faktor, der stark mit rhegmatogener AR assoziiert ist, ist Myopie [1,2,3,4]. Bei geringgradiger Myopie (-0,75 bis -2,75 Dioptrien (dpt)) beträgt die Odds-Ratio für AR 3,14; mit zunehmender myopischer Fehlsichtigkeit steigt die Odds-Ratio in der Population steil an [3].

Refraktiv-chirurgische Eingriffe wie die Laser-in-situ-Keratomileusis (LASIK) und die Laser-gestützte subepitheliale Keratomileusis sind für die Korrektur gering- bis mittelgradiger Myopie heute weit verbreitet [5].

Nach solchen Eingriffen können Komplikationen im hinteren Segment auftreten, die das Sehvermögen bedrohen, darunter makuläre Blutungen, Makulaforamina und rhegmatogene AR [6,7,8,9,10,11,12]. Die Inzidenz der rhegmatogenen AR bei LASIK-Patienten ist laut der Literatur nicht hoch (0,033-0,25%) [9,13,14,15]. Viele erachten jedoch die Applikation eines Saugrings bei der LASIK als potenziellen Risikofaktor für die rhegmatogene AR, da dieses Verfahren durch die plötzliche Dekompression des Auges zu Glaskörpertraktion und Ablösung führen könnte [16,17]. Berichten zufolge treten zu AR führende Netzhautrisse nach LASIK überdurchschnittlich häufig im inferotemporalen Quadranten auf [18].

Wir berichten hier über einen Fall von gleichzeitig bilateral auftretender rhegmatogener AR nach einer LASIK-Operation.

Eine 21-jährige Frau unterzog sich vor 18 Monaten einem bilateralen LASIK-Eingriff. Bei uns wurde sie wegen verminderten Sehvermögens auf dem rechten Auge aufgenommen. Sie trug eine verordnete Myopiekorrektur mit 6,5 dpt auf dem rechten Auge und 7,00 dpt auf dem linken Auge. Ihre medizinische Vorgeschichte war unauffällig.

Bei der Erstuntersuchung konnte die Patientin auf dem rechten Auge aus 1 m Entfernung die Zahl der Finger erkennen, auf dem linken Auge betrug die Sehschärfe 10/10. Beidseitig lag eine LASIK-Flap-Narbe mit minimaler Trübung der Cornea vor. Die Fundus-Untersuchung mit Mydriatikum ergab eine totale AR infolge eines Netzhautrisses bei etwa 11 Uhr am rechten Auge. Im linken Auge lag eine lokalisierte AR infolge eines Netzhautrisses bei etwa 13 Uhr und eine Anheftung des hinteren Pols vor (Abb. 1a-d).

Fig. 1

b Totale AR im rechten Auge. a Anheftung der posterioren Retina im linken Auge. d Fixierte silikongefüllte Retina nach Operation im rechten Auge. c Mittels Sklera-Eindellung befestigte Retina im linken Auge.

Fig. 1

b Totale AR im rechten Auge. a Anheftung der posterioren Retina im linken Auge. d Fixierte silikongefüllte Retina nach Operation im rechten Auge. c Mittels Sklera-Eindellung befestigte Retina im linken Auge.

Close modal

Die Patientin unterzog sich einer Pars-plana-Vitrektomie in Kombination mit einer Endolaser-Photokoagulation und einer Silikonöl-Tamponade im rechten Auge. Eine Woche später wurde am linken Auge eine pneumatische Retinopexie durchgeführt. Da sich der Netzhautriss nicht verschloss, wurde eine 360°-Sklera-Eindellung durchgeführt und die Netzhaut so befestigt. Beim letzten Besuch betrug der Visus 4/10 im rechten Auge und 10/10 im linken Auge. Im vitrektomierten Auge lag eine geringgradige posteriore subkapsuläre Katarakt vor. Vier Monate später war die Retina beidseitig fest angewachsen.

Hochgradige Myopie ist einer der ursächlichen Faktoren für rhegmatogene AR [19]. Das AR-Risiko ist bei >3,0 dpt um das 10-fache erhöht; bei >10 dpt beträgt es 0,075% [20]. Es liegen mehrere Berichte über AR nach LASIK vor; die meisten der betroffenen Patienten sind stark kurzsichtig (>10 dpt) [21,22]. Es wird vermutet, dass vermehrte Glaskörperverflüssigung, frühere posteriore Glaskörperabhebung und höhere Inzidenz vitreoretinaler Degeneration (z.B. Gitterdegeneration) mit der höheren Prävalenz rhegmatogener AR bei Myopie zusammenhängen [1]. In unserem Fall trat in beiden Augen gleichzeitig eine rhegmatogene AR auf. Unseres Wissens ist über einen solchen Fall bisher nicht berichtet worden.

Özdamar et al. [7] berichteten über eine bilaterale AR mit Riesenriss der Netzhaut nach LASIK. Hierbei lagen 6 Monate zwischen den beiden Augen. Reviglio et al. [23] stellten einen Fall mit hochgradiger Myopie vor (-13,00 + 3,00 × 15 dpt auf dem rechten Auge und -13,00 + 3,00 × 170 dpt auf dem linken Auge), in dem eine AR 14 h nach einer LASIK-Operation auftrat. Arevalo et al. [18] evaluierten 11 594 LASIK-Patienten mit Myopie in einer Nachbeobachtungsstudie von 10 Jahren Dauer. Im Laufe der Studie stellten sie eine AR in 22 Augen von 19 Patienten fest (nach 1 Monat bis 10 Jahren). 18 (81%) der AR-Fälle wurden in den ersten 12 Monaten diagnostiziert.

Kurzsichtige Augen besitzen ein Risikopotenzial für Netzhautrisse und AR [24]. Eine LASIK-Operation ist somit in diesen Augen möglicherweise nicht der einzige ursächliche Faktor für AR. Eine hohe axiale Länge, Veränderungen des Glaskörpers und Anomalien der peripheren Retina stellen bedeutende Risikofaktoren dar [25]. Es besteht eine positive Korrelation zwischen AR und dem Grad der Myopie. Ogawa und Tanaka [3] stellten bei Patienten mit >15 dpt Myopie in hoher Frequenz AR fest. Qin et al. [14] berichteten über 6 Fälle von AR bei 9598 LASIK-Patienten (0,033%). Die mittlere Dauer bis zum Auftreten der AR betrug 9,25 Monate. Eine andere Studie berichtete über 10 AR-Fälle bei 12 760 LASIK-Eingriffen [26].

Bekanntermaßen ist Myopie mit einem erhöhten Risiko für AR verbunden (0,70-6%) [27]. Diese Raten sind höher als die von AR nach LASIK. Der Unterschied ist möglicherweise auf gründliche Fundus-Untersuchungen und präventive Interventionen vor einer LASIK-Operation zurückzuführen. Der zeitliche Abstand zwischen LASIK und AR betrug in unserem Fall 18 Monate. Dies deckt sich mit zwei früheren großen Fallserien, die auf 16,3 bzw. 27,3 Monate kamen [22,27].

Alle bisher in der Literatur vorliegenden Fallberichte betreffen entweder eine unilaterale AR oder eine bilaterale AR, die mit unterschiedlichem zeitlichem Abstand zur LASIK aufgetreten ist. Bei der Untergruppe der Patienten mit bilateral gleichzeitig auftretender AR liegt möglicherweise eine ausgeprägtere Netzhautschwäche vor. Jüngere Patienten mit Myopie und gleichzeitig bestehender Netzhautdegeneration, wie bei unserer Patientin, sind möglicherweise für gleichzeitige AR prädisponiert.

Abschließend lässt sich sagen, dass die LASIK-Chirurgie zwar unverändert eine wirksame und sichere Methode zur Korrektur von Myopie darstellt, jedoch die bilaterale gleichzeitige AR in die Liste der möglichen postoperativen Komplikationen aufgenommen werden sollte. Vor dem Eingriff sollte eine gründliche und sorgfältige retinale Untersuchung erfolgen, vor allem bei jungen kurzsichtigen Patienten.

Die Autoren haben keine ethischen Konflikte offenzulegen.

Die Autoren haben keine Eigeninteressen an den in dieser Studie beschriebenen Materialien.

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