Zusammenfassung
Ziel: Ziel dieser Studie war die Beurteilung der Wirksamkeit eines einzelnen intravitrealen Dexamethason-Implantats (IDI) über 6 Monate in Augen mit chronischem diabetischem Makulaödem (DME), die auf eine intravitreale Behandlung mit Ranibizumab (IR) nicht angesprochen hatten. Methoden: Diese retrospektive Studie wurde an der Universitätsklinik Ondokuz Mayis in Samsun, Türkei, durchgeführt. Als Wirksamkeitsendpunkte wurden die Veränderung der besten korrigierten Sehschärfe (Visus c.c.) und der zentralen Makuladicke (CMT) untersucht. Ergebnisse: 30 Augen von 20 Patienten im mittleren Alter von 61,6 ± 8,8 (45-85) Jahren wurden in die Studie eingeschlossen. Der mittlere Visus c.c verbesserte sich signifikant von 0,68 ± 0,27 auf 0,56 ± 0,30 logMAR (p = 0,001) bzw. 0,57 ± 0,30 logMAR (p = 0,002) nach 1 bzw. 2 Monaten. Der Anteil der Patienten, deren Visus c.c. sich um 3 Zeilen oder mehr verbesserte, betrug 20%. Die mittlere CMT verringerte sich signifikant von 578,93 ± 17,95 µm zu Studienbeginn auf 282,10 ± 21,42, 292,26 ± 19,69, 371,70 ± 21,23 bzw. 463,60 ± 23,16 µm nach 1, 2, 3 bzw. 4 Monaten (p = 0,001). Der intraokulare Druck stieg in 5 Augen (16,7%). Bei 3 von 23 phaken Augen (13%) wurde eine Kataraktoperation erforderlich. Schlussfolgerung: IDI bietet signifikanten Nutzen im Hinblick auf die Verbesserung der Sehschärfe und Anatomie bei IR- resistentem chronischem DME. Es kann bei IDI-behandelten Patienten zu IOD-Erhöhungen und Kataraktprogression kommen. Das Sicherheitsprofil ist jedoch akzeptabel.
Transfer aus der Praxis von Wafa Omri (Karlsruhe)
Hintergrund
Das diabetische Makulaödem (DMÖ) ist in den Industriestaaten die häufigste Ursache für einen Sehverlust bei Personen im Arbeitsalter. Das DMÖ kann zur Erblindung führen, wenn es nicht, inadäquat oder zu spät behandelt wird.
Derzeit wird die Anti-VEGF-Therapie als Therapie der ersten Wahl beim DMÖ angesehen. Gleichzeitig existiert eine nennenswerte Zahl von Patienten, die nur unzureichend bzw. überhaupt nicht auf diese Therapiemodalität ansprechen. Deshalb wird spekuliert, dass die Anti-VEGF-Therapie nicht alle am DMÖ beteiligten inflammatorischen Zytokine supprimieren kann.
Als neuere Therapiestrategie zur Behandlung des DMÖ wurde die intravitreale Applikation eines Dexamethason-Implantats beschrieben.
Die Rationale für diesen pharmakologischen Ansatz ergibt sich aus zahlreichen, bereits identifizierten proinflammatorischen pathogenetischen Faktoren, die ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Entwicklung eines Makulaödems infolge eines Diabetes mellitus zu spielen scheinen. Daher sind anti-inflammatorische Therapieansätze wie die Dexamethason-Therapie pathophysiologisch und pathobiochemisch gut begründet.
Erste Versuche Anti-VEGF-Non-Responder zu identifizieren und diese einer alternativen Therapie zuzuführen, verlaufen ebenfalls vielversprechend.
Studienergebnisse
Zur weiteren Evaluation der verschiedenen Therapieansätze des DMÖ - insbesondere der Dexamethason-Therapie - wird im Folgenden die Arbeit von Yucel et al. besprochen. Diese Arbeit hat sich mit der Wirksamkeit des Dexamethason-Implantats bei Patienten mit persistierendem Makulaödem beschäftigt.
Die untersuchten Patienten wiesen einen signifikanten Anstieg der Sehschärfe auf (Beginn: 0,68 ± 0,27 logMAR; Monat 2: 0,56 ± 0,30 logMAR). Dieser Anstieg der Sehschärfe war ab dem dritten Monat (0,58 ±0,31 logMAR) nicht mehr zu beobachten bzw. nicht mehr signifikant.
20% der Patienten zeigten einen Visusgewinn von 3 Zeilen, während 43,3% eine Reduktion der Sehschärfe bzw. keinen Effekt durch die Therapie zeigten.
Die zentrale Makuladicke war bis zum vierten Monat infolge der Dexamethason-Therapie reduziert. Ein Wiederauftreten des DMÖ war im Zeitintervall von 4 bis 6 Monaten zu beobachten.
Blickt man nun auf das Sicherheitsprofil, so konnte eine Erhöhung des intraokularen Drucks nur bei 5 von 30 Augen beobachtet werden. Der Augeninnendruck lag bei 25,8 ± 2,5 (24-30 mm Hg). Dies ließ sich durch entsprechende topische Antiglaukomatosa gut beherrschen.
Bezüglich des Fortschreitens einer Katarakt in phaken Augen wurde in der vorliegenden Studie gezeigt, dass 3 Patienten tatsächlich eine Linsentrübung im Vergleich zur Baseline aufwiesen.
Kritik
Die vorliegende Arbeit stellt einen interessanten Aspekt zur Wirksamkeit des Dexamethason-Implantats bei der Therapie des persistierenden DMÖ dar. Diese klinischen «Real Life»-Daten werden sicher dazu beitragen, die Behandlung des DMÖ weiter zu verbessern.
Wie schon erwähnt sprechen bedauerlicherweise zahlreiche Patienten nicht adäquat auf die Anti-VEGF-Präparate an. Allerdings stehen nur unzureichend Daten zur Verfügung, die klare Kriterien für einen möglichen Therapiewechsel definieren lassen.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch der Vergleich von vorbehandelten Patienten mit behandlungsnaiven Patienten, um den Zeitpunkt der Umstellung auf eine Dexamethason-Therapie zu definieren. Dies trägt zur Reduktion der Nebenwirkungen und zum Schutz der Netzhautintegrität bei, da so unter Umständen zahlreiche Anti-VEGF-Injektionen vermieden werden können. Für die weitergehende Evaluation der Wirksamkeit und Wirkungs- weise des Dexamethason-Implantats als Therapie des naiven DMÖ fehlt in dieser Arbeit eine Vergleichsgruppe, die Dexamethason als First-Line-Therapie erhielt.
Fazit
Wie bereits frühere Studien gezeigt haben, ist die Anti-VEGF-Behandlung (Ranibizumab) nicht bei jedem Patienten gleich effektiv. Bei einigen Patienten nimmt die Sehschärfe während der Behandlung ab, obwohl eine signifikante Reduktion der Netzhautdicke erzielt werden konnte und vice versa.
Berücksichtigt man auch, dass man die Patienten meist entsprechend ihrer Symptomatik (Sehschärfe) therapiert und nicht entsprechend ihrer anatomischen oder morphologischen Veränderungen, ist es schwer, einen Non-Responder präzise zu definieren.
Sollte die Reduktion der Netzhautdicke nach der Injektion ohne Visusrehabilitation bleiben, ist es nicht notwendig, den Anteil der anatomischen und funktionellen Non-Response länger nach der Medikamentengabe (Anti-VEGF) zu evaluieren. Es ist vielmehr wichtig und notwendig, zu einer anderen Therapiemodalität zu wechseln (derzeit Dexamethason-Therapie).
Die derzeitige Datenlage, zu der diese Arbeit beiträgt, lässt die Dexamethason-Therapie als eine gute Alternative für der Therapie des persistierenden Makulaödems erscheinen. Neuere Daten sprechen zudem dafür, die Dexamethason-Therapie auch bei behandlungsnaivem DMÖ einzusetzen.
Disclosure Statement
Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenkonflikte in Bezug auf den vorliegenden Kommentar bestehen.