Zusammenfassung
Zwei neuartige Wirkstoffklassen werden derzeit umfassend für die Behandlung der trockenen altersbedingten Makuladegeneration (AMD) untersucht. Emixustat, ein oral einzunehmender Sehzyklus-Inhibitor, und Lampalizumab, ein intravitreal zu verabreichendes monoklonales Antikörperfragment gegen Komplementfaktor D, haben in klinischen Studien der Phase 2 zur Behandlung der nichtneovaskulären (trockenen) AMD vielversprechende Ergebnisse gezeigt. Lampalizumab wird derzeit in einer großen multizentrischen klinischen Studie der Phase 3 zur trockenen AMD/geographischen Atrophie untersucht.
Emixustat
Grundlagen
Ein wichtiger Schritt in den Prozessen, die in der Netzhaut von Wirbeltieren ablaufen, ist die Umwandlung von Photonen in elektrische Potenziale durch die Photorezeptoren, die sogenannte Phototransduktion. Wenn an Rhodopsin gekoppelte visuelle Chromophore Lichtenergie absorbieren, kommt es zur Photoisomerisierung - das Retinal wird von der 11-cis- in die all-trans-Form umgewandelt. Die Geschwindigkeit, mit der das wichtige photosensitive Molekül danach im Rahmen des Sehzyklus regeneriert wird, passt sich normalerweise rasch an die Bedürfnisse der Photorezeptoren an. Degenerative Erkrankungen der Retina sind mit der Akkumulation von Abfall- und Nebenprodukten der Chromophor-Regenerationsprozesse assoziiert, die für das retinale Pigmentepithel (RPE) toxisch sind und so zur Schädigung des RPE und zur Dysfunktion der Photorezeptoren führen. Durch Inhibition des Sehzyklus und Verlangsamung der Akkumulation der toxischen Nebenprodukte könnte es gelingen, die Photorezeptoren und die visuelle Funktion zu erhalten.
Die toxischen Wirkungen von N-Retinyl-N-retinylidenethanolamin (A2E) sind umfassend erforscht; sie reichen von der Freisetzung apoptosefördernder Proteine aus den Mitochondrien [1,2] über eine herabgesetzte Fähigkeit zur Verstoffwechslung von Phospholipiden aus den Außensegmenten des Photorezeptors [3] und die Disruption der Zellmembran nach Art kationischer Detergenzien [4,5,6,7] bis hin zur erhöhten Sensitivität der Photorezeptoren für Phototoxizität, insbesondere gegenüber blauem Licht [2,8,9,10]. An ARPE-19-Zellen wurde festgestellt, dass A2E durch Bildung von Addukten mit Purinen und Pyrimidinen die DNA fragmentiert [11,12]. Die kumulative Schädigung durch Anhäufung von A2E führt zum fortschreitenden Untergang des RPE und dadurch zum allmählichen Funktions- und Dichteverlust von Photorezeptoren [6,9,10,13,14,15,16]. Eine verminderte Photorezeptordichte äußert sich klinisch als Abnahme der Sehschärfe und Entstehung von Skotomen, wie es für Morbus Stargardt charakteristisch ist.
Die Implikation von A2E beruht auf der Feststellung, dass die Emissionseigenschaften von Fluorophoren, die im Fundus von Patienten mit geographischer Atrophie (GA) vorliegen, dem Bild von Bisretinoid-Verbindungen entsprechen [17]. Mittels Fundusautofluoreszenz ist eine erhöhte Helligkeit an der Grenzfläche der Ränder der GA-Areale nachgewiesen worden, die der Ausweitung dieser Läsionen vorausgeht [18,19,20]. Mikroperimetrische Untersuchungen belegen, dass die Retinaareale, die der Hyperfluoreszenz in der Fundusautofluoreszenz entsprechen, bei photopischen sowie bei skotopischen Lichtverhältnissen eine verminderte Sensitivität aufweisen [21,22]. Da all-trans-Retinal ein Vorläufer in der A2E-Biosynthese ist, würde die Senkung der Konzentration von all-trans-Retinal theoretisch zum Rückgang der A2E-Konzentration und somit auf direktem Wege zur Reduktion der toxischen Effekte von A2E auf das RPE führen; der Funktions- und Dichteverlust der Photorezeptoren würde so potenziell eingedämmt und das klinische Fortschreiten der Sehschärfeverschlechterung und Skotombildung verlangsamt werden [23].
Emixustat ist das erste Arzneimittel aus der Wirkstoffklasse der Sehzyklusmodulatoren, das in Einzel- und Mehrfachdosisstudien untersucht wird. Der Wirkstoff greift in den Sehzyklus ein und hemmt RPE65 [23,24]. Abbildung 1 zeigt die Molekülstruktur von Emixustat.
Hintergrund und Geschichte der RPE65-Inhibitoren
RPE65, das RPE-Protein mit einer Molekülmasse von 65 kDa, spielt eine zentrale Rolle bei der Regeneration von 11-cis-Retinal [25]. Nach Lichteinfall steigt die Konzentration von 11-cis-Retinal und all-trans-Retinal in den Außensegmenten, sodass Retinal-Lipid-Komplexe gebildet werden. Diese Lipidkomplexe sind Vorstufen von A2E und führen zur Zunahme der A2E-Konzentration im Zellinneren. Emixustat blockiert RPE65 und bewirkt so die Senkung der Konzentration von 11-cis- und all-trans- Retinal und somit auch von A2E im Zellinneren (Abb. 2).
Schematische Darstellung des Sehzyklus. Emixustat (rot gestricheltes Kästchen) hemmt RPE65 und senkt so die 11-cis- und all-trans-Retinal-Konzentration. Dies reduziert die A2E-Konzentration im RPE.
Schematische Darstellung des Sehzyklus. Emixustat (rot gestricheltes Kästchen) hemmt RPE65 und senkt so die 11-cis- und all-trans-Retinal-Konzentration. Dies reduziert die A2E-Konzentration im RPE.
Mutationen des RPE65-Gens sind mit Leberscher kongenitaler Amaurose [26,27,28] und Retinitis pigmentosa [29] assoziiert; vermittelt wird dies durch die Ansammlung von A2E, das aus der Kondensation von zwei all-trans-Retinal-Molekülen im Außensegment der Photorezeptoren entstanden ist.
Golczak et al. [30] haben bei ihrer Untersuchung von 4 Wirkstoffklassen 2 starke Inhibitoren der 11-cis-Retinal-Regeneration identifiziert, die beide auf ähnlichen Wegen mit RPE65 zu interagieren schienen. Die Effekte direkter und indirekter RPE65-Inhibitoren wurden in vitro an RPE-Mikrosomen untersucht. All-trans-Retinylamin (Ret-NH2) und Farnesylamin erwiesen sich als starke Inhibitoren von 11-cis-Retinal, während Fenretinid und Farnesol als partielle Inhibitoren wirkten. Fenretinid senkte den Spiegel an systemischem Vitamin A, das der Retina für den Einbau in photoreaktive Moleküle zur Verfügung steht [23], während Ret-NH2 als direkter Antagonist von RPE65 wirkte [30].
Präklinische Studien
In 2 Mausmodellen für Retinadegeneration zeigte Retinylamin das größte therapeutische Potenzial, da es als einziger Wirkstoff das Ausmaß der A2E-Akkumulation signifikant verringerte. Das Elektroretinogramm (ERG) war bei mit Retinylamin behandelten Mäusen im Vergleich zu im Dunkeln aufgezogenen Mäusen herabgesetzt; dieser Effekt verlor sich 2 Monate nach Behandlungsende. Komplementablagerung auf der Bruch-Membran, eine Komponente der trockenen altersbedingten Makuladegeneration (AMD), war in der Retinylamin-Gruppe ebenfalls nicht nachweisbar [31].
Eine Einzeldosis Retinylamin war ausreichend, um die Erholung der dunkeladaptierten ERG-Amplituden bei Brown-Norway-Ratten nach Bleichung zu reduzieren; die dunkeladaptierte Sensitivität und Erholung der schnellen Stäbchen blieb hierbei intakt [32]. In einem Rattenmodell für Frühgeborenen-Retinopathie war zu beobachten, dass Retinylamin bei Kontakt mit sauerstoffinduzierter Retinopathie in Modellratten das dunkeladaptierte ERG herabsetzte, wobei die Erholung der Netzhautarteriolen erhalten blieb [33].
Diese Daten deuten darauf hin, dass die Inhibition von RPE65 den Sehzyklus hemmt und so möglicherweise die Akkumulation toxischer Stoffwechselnebenprodukte verringern und den Verlauf verschiedener Erkrankungen beim Menschen, wie z.B. Morbus Stargardt oder trockene AMD, verlangsamen könnte.
Emixustat ist ein nichtretinoidales Molekül, das RPE65 direkt inhibiert, aber nicht an RAR/RXR-Retinoid-Rezeptoren bindet oder retinoidbindende Proteine antagonisiert. Die genauen Bindungsstellen und Wirkmechanismen des Arzneimittels werden in der Literatur nicht erklärt.
Pharmakologie
In einer klinischen Studie der Phase 1A wurde gesunden Probanden eine Einzeldosis Emixustat von 2 bis 75 mg verabreicht und mit Placebo verglichen. In der 2-mg-Kohorte war zu keinem Zeitpunkt Wirkstoff nachweisbar. Bei allen anderen Dosierungen erreichte der Plasmaspiegel etwa 4 h nach der Verabreichung seinen Höchstwert. Die Halbwertszeit im Serum lag zwischen 4 und 6 h und war nicht dosisabhängig [24].
An der randomisierten, doppelt maskierten, placebokontrollierten Studie der Phase 1B nahmen insgesamt 40 gesunde Probanden im Alter von 25 bis 55 Jahren teil, die nach der Rekrutierung im Verhältnis 3:1 randomisiert wurden. Emixustat wurde in einer Dosis von 5, 10, 20, 30 oder 40 mg am Morgen verabreicht. Der Beobachtungszeitraum begann 24 h vor der ersten Dosis und endete an Tag 16; dazwischen lag ein Behandlungszeitraum von 14 Tagen. Jeder Dosisstufe wurden 6 Probanden zugeteilt; insgesamt 10 Probanden wurden der Placebo-Kontrollgruppe zugewiesen [23].
Der Plasmahöchstspiegel wurde nach 3,5-5,0 h erreicht. Die Eliminationshalbwertszeit des Wirkstoffs reichte von 5,0 bis 7,3 h an Tag 1 und von 4,6 bis 7,9 h an Tag 14. Die mittlere maximale Wirkstoffkonzentration im Serum und die Fläche unter der Konzentrationskurve wiesen keine signifikanten Unterschiede zwischen Tag 1 und Tag 14 auf, was darauf hindeutet, dass keine signifikante Wirkstoffakkumulation stattfand [23]. Zur Metabolisierung des Wirkstoffs liegen in der Literatur keine Informationen vor.
Komplikationen und Toxizität
Die Daten aus der Phase-1A-Studie belegen, dass bei 66% der Probanden, die einer der Wirkstoffdosen zugeteilt waren, mindestens ein unerwünschtes Ereignis (UE) auftrat; in der Placebogruppe meldeten 25% mindestens ein UE: visuelle UE (Emixustat 50%, Placebo 0%), Kopfschmerzen (Emixustat 18%, Placebo 13%), Dyschromatopsie (32%), nicht näher spezifizierte Sehstörungen (29%), Nyktalopie (18%), verschwommenes Sehen (11%) und Photophobie (8%). Diese UE in der Phase-1A-Studie traten vermehrt unter höheren Dosen auf. In der 2-, 7- und 10-mg-Kohorte wurden keine visuellen UE gemeldet; hingegen traten bei 20% der 20-mg-Kohorte, 80% der 40-mg-Kohorte (Sehstörungen) und 100% der mit den höchsten Dosen behandelten Kohorten (Dyschromatopsie) visuelle UE auf [24].
In der Phase-1B-Studie berichteten 21 von 30 Probanden in der Emixustat-Gruppe (70%) und keiner der 10 Probanden in der Placebogruppe über UE. Alle UE waren von geringem Schweregrad; es handelte sich um subjektive Chromatopsie bei 19 Probanden, Anomalien im Farbsehtest bei 15 Probanden, verminderte Sehschärfe bei 4 Probanden und Blendung, Lichthöfe oder Bildverzerrung bei 3 Probanden. Die 19 Fälle von Chromatopsie laut Selbstauskunft der Probanden traten innerhalb von 7 Tagen nach der ersten Dosis auf und klangen 7-10 Tage später wieder ab. Anomalien in der Farbwahrnehmung (D-28-Farbsehtest) wurden bei 4 Probanden der 20-mg-Gruppe (66,6%), 6 Probanden der 30-mg-Gruppe (100%) und 5 Probanden der 40-mg-Gruppe (83,3%) festgestellt [23].
Bioaktivität in der Krankheitsbehandlung beim Menschen
Ein Ganzfeld-ERG (full-field ERG (ffERG)) wurde 2-mal vor der Arzneimittelgabe, ab 4 h danach 1 h lang alle 10 min, nach 2 Tagen (24-36 h) und nach 4 Tagen (nur 60- und 75-mg-Dosiskohorte) durchgeführt. Nach einem Standard-ERG gemäß dem Protokoll der International Society for Clinical Electrocardiography of Vision (einschließlich Standard-Stäbchenreaktion, kombinierter Reaktion im Dunkeln, 31-Hz-Flimmerlichtreaktion und 1-Hz-Flimmern mit Hintergrundbeleuchtung nach 40 min im Dunkeln) wurde mittels 10-minütiger Lichtexposition die Retina gebleicht, und 1 h lang wurde alle 10 min ein neues ffERG angefertigt. Bei allen Probanden, auch in der Kontrollgruppe, bewirkte die Lichtbleichung eine Reduktion des ffERG auf weniger als 10% des Ausgangswerts. Probanden, die Placebo erhalten hatten, erreichten in 20 min wieder 90% des Ausgangswerts. Bei den Probanden unter Emixustat war eine deutliche, dosisabhängige Verlangsamung der Erholung festzustellen. In der höchsten Dosierung lag das ffERG noch nach 60 min bei weniger als 10% des Ausgangswerts [24].
Hervorzuheben ist hierbei, dass die an Tag 2 angefertigten ffERG verminderte dunkeladaptierte Reaktionen sowie verlangsamte Erholungszeiten bei allen Gruppen zeigten, die eine Dosis von 40 mg oder höher erhalten hatten; die Amplitude der 75-mg-Dosis lag bei 11% des Ausgangswerts [24]. Dies deutet darauf hin, dass bei niedrigeren Dosen 40 min Dunkeladaptation genügen, um ausreichend Chromophor für eine Basislinien-Reaktion zu regenerieren, während höhere Dosen die Regeneration von 11-cis-Retinal so stark hemmen, dass auch nach 40 min Dunkeladaptation noch nicht wieder genug Chromophor für eine Basislinien-Reaktion vorliegt.
Ein wichtiges Ergebnis der Phase-1A-Studie lautet, dass trotz ausgeprägter Reduktion der Stäbchenfunktion im ffERG die Flimmerlicht- und Lichtblitz-Zapfenreaktionen sich zu keinem Zeitpunkt und in keiner Gruppe mehr als 20% vom Ausgangswert entfernten [24]. Die Daten aus der Phase-1A- und Phase-1B-Studie belegen, dass eine Dosishöhe von mindestens 20 mg erforderlich ist, um den gewünschten Effekt einer Suppression der Stäbchen-B-Welle um > 50% zu erreichen. Visuelle UE, wenngleich geringfügig und vorübergehend, traten bei allen gesunden Probanden auf, die in der Phase-1B-Studie der Gabe einer 20-, 30- oder 40-mg-Dosis über 14 Tage zugeteilt worden waren [23]. Es ist möglich, dass bei Patienten mit GA geringere Dosen ausreichen, um die gewünschte Wirkung zu erzielen, dies muss jedoch noch untersucht werden.
Eine randomisierte, doppelt maskierte Studie der Phase 2/3 wurde im Februar 2013 begonnen; hier erhalten die Teilnehmer Placebo oder eine Dosis von 2,5, 5 oder 10 mg. Der primäre Endpunkt ist die Progression der GA nach 24 Monaten. Der Abschluss der Studie wird für Juli 2016 erwartet [34].
Fazit
Die Modulation der Sehbahn steht derzeit im Mittelpunkt des Interesses und ist ein Feld intensiver Forschung. Eine der vielversprechenden Entwicklungen ist Emixustat, das erste Arzneimittel aus der Wirkstoffklasse der Sehzyklusmodulatoren, für das Einzel- und Mehrfachdosisstudien der Phase 1 abgeschlossen wurden. Im Emixustat-Entwicklungsprogramm wurde zuletzt die Rekrutierung für die klinischen Studien der Phase 2/3 abgeschlossen, in denen untersucht werden soll, wie wirksam sich die Progression der GA verlangsamen lässt. Diese Studien werden voraussichtlich im Juli 2016 abgeschlossen sein.
Lampalizumab
Grundlagen
Polymorphismen, die im Gen für den Komplementfaktor H identifiziert wurden, sind mit einem erhöhten Risiko für AMD verbunden. 3 Signalwege zur Komplementaktivierung sind bekannt: der klassische Weg, der Weg über das mannosebindende Lektin und der alternative Weg. Faktor D spielt eine zentrale Rolle als geschwindigkeitsbegrenzendes Enzym in der Signalkaskade, die den alternativen Weg aktiviert. Nach der Spaltung wird Faktor B, das Substrat für Faktor D, in den proteolytisch aktiven Faktor Bb umgewandelt, der seinerseits den alternativen Signalweg anstößt und andere proinflammatorische Konvertasen aktiviert, z.B. C3, das wiederum die Signalamplifikation zur Aktivierung der C5-Konvertase initiiert. Anti-Komplementfaktor-D inhibiert spezifisch den alternativen Signalweg der Komplementaktivierung, indem es die Spaltung von Faktor B durch Faktor D zu Faktor Bb blockiert, während der klassische und der Lektin-Weg intakt bleiben, sodass die angeborene Immunität erhalten bleibt [35].
Lampalizumab ist ein antigenbindendes Fragment (Fab) eines humanisierten monoklonalen Antikörpers gegen Faktor D, einen wichtigen Regulator des alternativen Signalwegs der Komplementaktivierung. Durch Senkung der Faktor-D-Konzentration wird der Theorie zufolge eine Reduktion der Komplementaktivierung erreicht (Abb. 3) [36].
Flussdiagramm der 3 Wege der Komplementaktivierung, die in den gemeinsamen terminalen Signalweg münden. Lampalizumab (rot gestricheltes Kästchen) bindet und hemmt Faktor D und inhibiert so einen entscheidenden Schritt des alternativen Komplementsignalwegs (nach Khandhadia et al. [38]). MASP = Mannose-binding lectin-associated protease.
Flussdiagramm der 3 Wege der Komplementaktivierung, die in den gemeinsamen terminalen Signalweg münden. Lampalizumab (rot gestricheltes Kästchen) bindet und hemmt Faktor D und inhibiert so einen entscheidenden Schritt des alternativen Komplementsignalwegs (nach Khandhadia et al. [38]). MASP = Mannose-binding lectin-associated protease.
Pharmakologie
Im Glaskörper hat Lampalizumab eine Halbwertszeit von 2,4 Tagen, vergleichbar mit der Clearance von Ranibizumab im Glaskörper. Die systemische Eliminationshalbwertszeit beträgt 2,2 Tage nach intravitrealer Injektion und 7-20 h nach intravenöser Gabe. Dieses Clearance-Muster steht in Einklang mit der resorptionsratenbegrenzenden Kinetik [35]. Zur Metabolisierung von Lampalizumab liegen keine spezifischen Daten vor.
Komplikationen und Nebenwirkungen
Intraokulare Inflammation und Anstieg des Augeninnendrucks traten in vergleichbarem Maße auf wie von Ranibizumab bei neovaskulärer AMD bekannt. Signifikante systemische UE wurden nicht beobachtet [36].
Bioaktivität in der Krankheitsbehandlung beim Menschen
Es liegen keine präklinischen Studien zu Lampalizumab vor, und es gibt keine Tiermodelle für GA. Eine multizentrische Studie der Phase 1A wurde für 8 Zentren genehmigt; an 6 Zentren wurden Teilnehmer aufgenommen. Die Probanden erhielten nach Randomisierung 0,1, 0,5, 1, 2, 5 oder 10 mg [35]. Die Ergebnisse der Phase-1-Studie waren ermutigend und gaben Anlass zur Fortführung der Forschung und Arzneimittelentwicklung.
Daten, die aus der Phase-2-Studie MAHALO veröffentlicht wurden, belegen eine um 20,4% verminderte Progression der GA bei Patienten mit fortgeschrittener trockener AMD, die mit Lampalizumab behandelt wurden [37]. Den größten Nutzen hatten Probanden mit Komplementfaktor I; hier war nach 18 Monaten mit monatlichen Injektionen eine um 44% geringere Progression der GA zu verzeichnen. Bei einem Injektionsintervall von 2 Monaten unterschieden sich die Ergebnisse in nicht statistisch signifikantem Maße (p = 0,23); die GA-Progression war nach 18 Monaten um 26% geringer. 57 der 93 Teilnehmer waren positiv auf Komplementfaktor I getestet. Bei ihnen erreichte der Behandlungseffekt nach 6 Monaten statistische Signifikanz und blieb bis Monat 18 erhalten. Die Beurteilung der Progression erfolgte mittels Fundusautofluoreszenz und Fundusfarbfotografie [36].
Derzeit wird Lampalizumab in 2 multizentrischen, randomisierten klinischen Studien der Phase 3 (CHROMA und SPECTRI) untersucht, an denen voraussichtlich jeweils 936 Personen an über 300 Zentren weltweit teilnehmen. Ziel dieser Studien ist die Beurteilung der Wirksamkeit von 4- und 6-wöchentlichen intravitrealen Injektionen von Lampalizumab 10 mg im Vergleich zu Scheininjektionen. Beide Studien rekrutieren derzeit; ein primäres Abschlussdatum wird für 2018 erwartet [39].
Fazit
Lampalizumab ist ein Fab auf Basis eines humanisierten monoklonalen Antikörpers gegen Komplementfaktor D. Die Phase-2-Ergebnisse belegen einen therapeutischen Effekt. Lampalizumab stellt eine spannende Entwicklung auf dem Weg zu einer wirksamen Therapie bei nichtneovaskulärer AMD/GA dar. Ergebnisse größerer Studien zu dieser neuartigen Wirkstoffklasse werden erwartet.