Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) ist mittlerweile auch im Vergleich zu komplexen Erkrankungen, die in anderen Fachbereichen behandelt werden, eine der am besten verstandenen multifaktoriellen Erkrankungen. Mittlerweile konnten unter anderem genetische Risikofaktoren sowie wesentliche zugrundeliegenden pathophysiologischen Mechanismen identifiziert werden. Darüber hinaus ist mit der Einführung der Anti-VEGF-Präparate ein Durchbruch in der Therapie der neovaskulären Manifestationsform der AMD gelungen. Allerdings besteht in mancher Hinsicht noch Ergänzungsbedarf. Insbesondere steht ein Durchbruch in der Therapie der trockenen Phänotypen der Erkrankung aus, wobei die geographische Atrophie als späte «trockene» Manifestationsform der AMD mittlerweile die häufigste Ursache für schweren Sehverlust bzw. Erblindung nach gesetzlicher Definition ist.
Die Herausforderungen der intravitrealen Anti-VEGF-Therapie umfassen die in der Regel häufigen repetitiven Injektionen mit einer hohen Frequenz an Arzt- bzw. Klinikbesuchen für die Patienten sowie der damit einhergehenden Belastung für die Gesundheitssysteme. Darüber hinaus spricht ein Teil der Patienten nicht ausreichend gut auf die Therapie an (poor- oder non-responders). Schließlich sind als dritte Einschränkung die Probleme der Langzeitverläufe zu nennen. Mittlerweile weisen viele Langzeitbeobachtungen darauf hin, dass anfängliche Visusgewinne über viele Jahre zumeist nicht gehalten werden können. Hierfür sind ganz unterschiedliche Faktoren von Bedeutung, unter anderem eine Unterdosierung, d.h. eine zu geringe Anzahl an Injektionen als auch die Entwicklung irreversibler degenerativer Veränderungen der Makula inklusive Atrophie- und Fibrose mit konsekutiver Dysfunktion bzw. Funktionsverlust. Deswegen wird gegenwärtig nach Therapieansätzen gesucht, die über den Mechanismus der Inhibition von VEGF hinausgehen. Sadiq und Kollegen [1] gehen hier auf die Entwicklung und den aktuellen Stand von Platelet Derived Growth Factor (PDGF)-Inhibitoren ein. In Phase-II-Studien konnte gezeigt werden, dass in Kombination mit Anti-VEGF-Präparaten sowohl bessere Visusergebnisse erzielt als auch möglicherweise die Fibrosebildung günstig beeinflusst werden können. Dieser Behandlungsansatz wird gegenwärtig in einer Phase-III- Studie untersucht. Auch andere Kombinationstherapien befinden sich in der Pipeline, so auch monokulare Konstrukte mit zwei unterschiedlichen Bindungsanteilen, sodass gleichzeitig zwei unterschiedliche Behandlungspfade mit nur einem Präparat adressiert werden können, ohne die Notwendigkeit zeitweise getrennter Injektionen. Von kleineren Molekülen wie Brolucizumab erhofft man sich, dass sie das Netzhautgewebe besser penetrieren, in einer höheren Konzentration verabreicht werden und eine längere Wirksamkeit erreichen können.
Aktuell sind auch verschiedene Therapieansätze für die geographische Atrophie auf dem Weg. Dabei sind allerdings auch Rückschläge zu verzeichnen. Zuletzt konnte in einer großen multizentrischen prospektiven randomisierten Studie kein Therapieeffekt von Emixustat gezeigt werden. Dabei handelt es sich um einen Sehzyklusinhibitor, welcher oral verabreicht wird. Aufbauend auf positiven Phase-II-Studienergebnissen wird gegenwertig in zwei großen, parallel verlaufenden multizentrischen Studien Lampalizumab bei geographischer Atrophie untersucht. Dies ist ein Faktor-D-Inhibitor, der repetitiv intravitreal verabreicht wird und in die okuläre Komplementkaskade eingreift. Eine Hyperaktivität des Komplementsystems wurde auch von genetischer Seite als einer der pathophysiologischen Faktoren bei der AMD festgestellt. Sollten sich Wirksamkeit und Sicherheit von Lampalizumab in den laufenden Studien nachweisen lassen, käme das Präparat in Zukunft potentiell auch für eine Kombinationstherapie bei Patienten mit feuchter AMD in Frage, zur gleichzeitigen Behandlung des atrophischen Phänotyps im selben Auge. Jack et al. [2] gehen in ihrer Übersicht im Einzelnen auf den aktuellen Stand der Entwicklungen ein.
Während die Anti-VEGF-Präparate auch bei wiederholter intravitrealer Injektion als insgesamt sicher und gut verträglich gelten, werden mitunter unerwartete Nebenwirkungen beobachtet. Neben der gefürchteten Endophthalmitis wurden Augeninnendruckanstiege berichtet. Matsubara et al. [3] haben einen solchen Fall nachfolgend sehr gut aufgearbeitet.
Schließlich gibt Prof. Olaf Strauß von der Charité Berlin einen fundierten Überblick über neue Möglichkeiten in der Anti-VEGF-A-Therapie und zeigt hier aktuellste Entwicklungen auf [4].
Die altersabhängige Makuladegeneration als eine der häufigsten Netzhauterkrankungen überhaupt wird auch weiterhin im Fokus experimenteller und klinischer Arbeiten und Entwicklungen bleiben. Daneben stehen auch immer wieder Fragen der optimalen Umsetzung und des Monitorings im Fokus mit aktuell zum Teil heterogenen Strategien und Vorgehensweisen. Hier wird es auch in Zukunft sicherlich noch viele Optimierungsmöglichkeiten geben. Auch die Versorgungsforschung wird hier eine wichtige Rolle einnehmen.
Den Leserinnen und Lesern wünsche ich eine spannende Lektüre.
Ihr