Ziele: Beurteilung der Rolle des «herpes virus entry mediator» (HVEM) beim Viruseintritt und der Produktion inflammatorischer Zytokine in Reaktion auf eine Stimulation mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) in humanen Hornhaut-Epithelzellen. Methoden: Die HVEM-Expression in humanen Hornhaut-Epithelzellen wurde mittels Immunfluoreszenz und Durchflusszytometrie bestimmt. Mit β-Galaktosidase-exprimierendem HSV-1 wurden die Hornhaut-Epithelzellen stimuliert, und Viruseintrittstests wurden durchgeführt, um den Eintritt von HSV-1 in die Zellen zu überprüfen. Die Konzentrationen der Zytokine TNF-α, IL-6, IFN-γ, IL-12 und IL-18 sowie der Chemokine MIP-1α, MIP-1β und MIP-2 in Reaktion auf die HSV-1-Stimulation wurden in mit Kontrollsubstanz oder HVEM-siRNA behandelten Hornhaut-Epithelzellen untersucht. Ergebnisse: Die humanen Hornhaut-Epithelzellen waren positiv für HVEM-Expression und zeigten eine hohe Suszeptibilität für den Eintritt von HSV-1. Ein HVEM-«Silencing» bewirkte keine wesentliche Veränderung des Viruseintritts. Allerdings wurden nach der HSV-1-Stimulation in den mit HVEM-siRNA behandelten Zellen im Vergleich zu den Kontrollzellen höhere Konzentrationen des Zytokins IFN-γ sowie der Chemokine MIP-1α und MIP-1β gemessen. Schlussfolgerungen: HVEM in menschlichen Hornhaut-Epithelzellen kann die Produktion bestimmter Zytokine und Chemokine dämpfen und dadurch die angeborene Immunreaktion gegen HSV-1 modulieren. Dies könnte ein bisher unbekannter Mechanismus in der Pathogenese der HSV-1-Infektion der Hornhaut sein. Übersetzung aus Ophthalmic Res 2015;54:128-134 (DOI: 10.1159/000437209)

Die Familie der Herpesviren umfasst 8 differenzierbare Spezies, die gemeinsame Merkmale teilen. Sie sind ausschließlich humanpathogen, persistieren (oft latent) lebenslang und können rezidivierend zu pathogenen Reaktionen führen. Bevorzugt betroffen sind Epithel- und Nervenzellen sowie Lymphozyten. Aus diesem Grund ist die Kornea eines der häufig betroffenen Organe bei Infektionen mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1), während Entzündungen des hinteren Augenabschnittes (als akute retinale Nekrosen) eher selten vorkommen. Tritt eine HSV-Keratitis auf, verbleibt das HSV-1 in einem Latenzstadium und steht unter dem Einfluss des natürlichen und erworbenen Immunsystems. Dies wird als Ursache für die hohe Morbidität und den rezidivierenden Verlauf der Infektion angeführt. Bei vielen chronischen Infektionen, wie der HSV-Keratitis, ist der klinische Verlauf sowohl durch die Aktivität des Virus als auch durch die spezifische Immunreaktion durch (regulatorische) T-Zellen charakterisiert. Trotz der hohen Prävalenz der HSV-Keratitis und intensiver Bemühungen, präventive Maßnahmen (Vakzination) zu entwickeln, sind viele grundsätzliche Mechanismen zur Pathogenese ungeklärt.

Molekularbiologische Methoden haben nicht nur die Diagnostik der Herpesvirus-assoziierten Erkrankungen erweitert, sondern auch neue Erkenntnisse zur Pathophysiologie ergeben. Die Infektion einer Zelle mit HSV setzt eine spezifische Bindung an der Zelloberfläche voraus. Sie wird durch unterschiedliche Glykoproteine (Glykoprotein B, C und D) vermittelt. Diese Rezeptoren können in strukturell unterschiedliche Komponenten differenziert werden. Dazu wird der «herpes virus entry mediator» (HVEM) gezählt. Dieses Molekül wird an Mukosaepithelien und an T-Lymphozyten exprimiert. Die unmittelbare Verbindung zur Immunantwort ergibt sich auch dadurch, dass HVEM der Tumornekrosefaktor-Rezeptor-Familie zugerechnet wird. Damit rückt HVEM nicht nur als Mediator für den Eintritt des Virus in die Wirtszelle, sondern auch in Bezug auf die Immunantwort in den Fokus des aktuellen Interesses. Klare Hinweise dafür finden sich z.B. bei HVEM-defizienten Mäusen, die eine wesentlich schwächere T-Zell-Immunantwort generieren und wesentlich schwerer von einer HSV-induzierten Immunpathologie betroffen sind.

Das Ziel der hier kommentierten Untersuchung war es, herauszufinden, welche Rolle HVEM bezüglich des Eintritts in die Hornhaut-Epithelzelle zukommt und inwiefern sich dies auf die Immunregulation auswirkt.

Guo et al. konnten mittels Immunfluoreszenzfärbung und Durchflusszytometrie eine hohe Expression von HVEM in humanen Hornhaut-Epithelzellen und eine hohe Empfänglichkeit für die intrazelluläre Aufnahme des HSV-1 nachweisen. Allerdings vermuteten die Autoren, dass es auch am Korneaepithel noch weitere Wege der intrazellulären Aufnahme geben könnte. Um dies zu klären, wendeten sie komplementäre RNA (siRNA) an und blockierten damit die Funktion der HVEM-kodierenden Proteine. Tatsächlich verminderte sich der Viruseintritt dadurch nicht wesentlich. Die Autoren nehmen an, dass alternativ weiteren, teils bereits bekannten Wegen, z.B. der Vermittlung durch Nectin-1, eine größere Bedeutung zukommt.

Gleichzeitig wurde jedoch durch die siRNA-Experimente eine deutlich veränderte Bildung von proinflammatorischen Zytokinen wie IFN-γ und Chemokinen (MIP-1α und MIP-1β) beobachtet. Aufgrund der Blockierung von HVEM stiegen diese Mediatoren des angeborenen Immunsystems signifikant an. Dies lässt den Schluss zu, dass HVEM bei der Infektion humaner Korneaepithelien mit HSV-1 nicht, wie zunächst vermutet, primär für den Viruseintritt bedeutsam ist. Vielmehr legen die vorliegenden Ergebnisse nahe, dass die immunmodulierende Wirkung im Vordergrund steht. Damit könnten sich neue Wege zur Modulation der Hornhaut-Infektion - unter Umständen auch als Behandlungsansatz - ergeben.

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