Abstract
Introduction: The systemic HIF-2 alpha inhibitor, belzutifan, has been approved for use in patients with von Hippel-Lindau disease (VHL)-associated renal cell carcinoma, central nervous system (CNS) hemangioblastomas, and pancreatic neuroendocrine tumors. This drug has also shown promise in controlling VHL retinal hemangioblastomas (RHs), but little work has been published on the use of the drug in this setting. Methods: We conducted a retrospective review of patients with VHL-associated RHs followed by the retina service at our institution who were treated with systemic belzutifan. Patient age, gender, genotype, presence of systemic tumors, indication for the drug, initial dose, adjusted dose, side effects, and tumor response were recorded. We also conducted a literature search for all manuscripts describing the effect of belzutifan on VHL-associated ocular tumors. Results: We identified 12 eyes of 7 patients with VHL-associated ocular tumors who were treated with belzutifan at our institution. Of these, 5 eyes of 3 patients had progressing ocular tumors when belzutifan was started. Of the 7 total patients, 2 were treated for renal cell carcinoma, 2 for CNS hemangioblastomas, 2 for RHs, and one for pancreatic neuroendocrine tumors. Initial dose was 120 mg PO daily in 6 patients and 80 mg PO daily in 1 patient. The dose was reduced in all but 1 patient due to side effects. The ocular tumors were controlled in all patients with an average follow-up of 13 months (range 4–24 months). Literature review identified 7 manuscripts that described belzutifan-mediated control of ocular tumors in patients with VHL-associated RHs in 21 patients. Conclusion: The drug belzutifan shows great promise for controlling RHs and preventing vision loss in patients with VHL. Further work needs to address the optimal dose, role of the drug as a neoadjuvant therapy, and long-term efficacy and tolerability of the drug in a larger cohort of patients with ocular tumors.
Abstract aus Jamshidi F, Lozano L, Tucker B, et al.: Belzutifan in individuals with von Hippel-Lindau retinal hemangioblastomas: institutional experience and review of the literature. Ocul Oncol Pathol 2024;10:154–161.
Transfer in die Praxis von PD Dr. Ira Seibel (Strausberg)
Einleitung
Das Von-Hippel-Lindau (VHL)-Syndrom ist eines der am häufigsten auftretenden familiären Multisystem-Krebssyndrome. Die Krankheit entsteht durch eine Mutation im VHL-Gen, das sich auf dem kurzen Arm von Chromosom 3 befindet. Es handelt sich beim VHL-Gen um ein Tumorsuppressorgen. Mutationen in diesem Gen beeinträchtigen mehrere zelluläre Prozesse, darunter die Transkriptionsregulation, die Bildung der extrazellulären Matrix, die Apoptose und insbesondere die adaptive Hypoxiereaktion. Beim VHL-Syndrom kommt es infolgedessen zu einer weit verbreiteten Entwicklung von vaskulären Tumoren, die besonders die Netzhaut, das Gehirn und die Wirbelsäule betreffen, sowie zu einem Spektrum gutartiger und bösartiger Tumoren und/oder Zysten in viszeralen Organen.
Retinale kapilläre Hämangiome können am Auge sowohl sporadisch als auch im Rahmen des VHL-Syndroms auftreten [1]. Treten retinale kapilläre Hämangiome beim VHL-Syndrom auf, sind die Betroffenen meist jünger und zeigen multiple retinale Hämangiome.
Die Symptome hängen stark von der Lage der gutartigen Tumoren und dem Ausmaß der Exsudation ab. Gerade peripher lokalisierte retinale kapilläre Hämangiome können sich daher asymptomatisch, als reiner Zufallsbefund präsentieren, sodass dem Augenarzt eine entscheidende Bedeutung bei der Diagnosestellung eines VHL-Syndroms zugeschrieben wird. Oftmals treten die retinalen Hämangiome vor allen anderen Tumoren im Rahmen eines VHL-Syndroms auf [2].
Bei symptomatischen retinalen kapillären Hämangiomen stehen mehrere Therapieoptionen wie Laser, Kryotherapie, photodynamische Therapie (PDT), Strahlentherapie, Pars-plana-Vitrektomie mit lokaler Resektion und adjuvante Anti-VEGF- und/oder Steroid-Injektionen zur Verfügung (VEGF = vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor) [3].
Belzutifan, ein HIF-2α-Antagonist, wurde 2021 von der U.S. Food and Drug Administration (FDA) zur Behandlung von im Rahmen eines VHL-Syndroms aufgetretenen Nierenzellkarzinomen, Hämangioblastomen des zentralen Nervensystems (ZNS) und neuroendokrinen Tumoren zugelassen. Danach folgte in 2023 die Erweiterung für nicht VHL-assoziierte fortgeschrittene Nierenzellkarzinome [4].
Belzutifan hat sich als vielversprechende zielgerichtete Therapie bei Patienten mit diesen Tumoren erwiesen. In der Phase-2-Studie zur Behandlung des Nierenzellkarzinoms wurde berichtet, dass sich bei allen Patienten mit gleichzeitigen retinalen Hämangiomen (n = 16) eine Besserung einstellte. Für die Behandlung isolierter retinaler Hämangiome ist Belzutifan jedoch nach wie vor nicht zugelassen und die optimale Dosierung für Augenläsionen ist nicht bekannt [5].
Ergebnisse der Studie
Das Ziel der vorliegenden Studie war es, die ophthalmoonkologischen Erfahrungen in der Behandlung mit Belzutifan und die Studienlage durch Literaturrecherche bei Patienten mit VHL-assoziierten retinalen Hämangiomen zu beschreiben.
Eingeschlossen wurden 12 Augen von 7 Patienten. Tabelle 1 beschreibt neben den Patientencharakteristika die vorangegangenen Therapien, Dosierungen, Nebenwirkungen und Therapieantworten.
Patientencharakteristika, Indikation für die Verabreichung von Belzutifan, Dosisanpassungen, Dauer der Behandlung mit Belzutifan und Ansprechen der Augen. Aus [6]
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Des Weiteren wurde in der Literaturrecherche die okuläre Reaktion bei insgesamt 21 Patienten mit VHL-assoziierten retinalen Hämangiomen beschrieben. Das Durchschnittsalter lag, soweit verfügbar, bei 36 Jahren (Spanne 11–71 Jahre). In den Studien, in denen das Geschlecht erfasst wurde, waren 3 Patienten weiblich und 6 männlich. Zu den erfassten primären Indikationen gehörten Nierenzellkarzinome bei 13 Patient*innen, retinale kapilläre Hämangiome bei 4 Patient*innen, Hämangioblastome des ZNS bei 4 Patient*innen und gleichzeitige neuroendokrine Tumoren der Bauchspeicheldrüse bei 1 Patient. Die Anfangsdosis betrug bei allen Patient*innen 120 mg per os täglich. Die Dosis wurde in 3 Fällen auf 80 mg und bei 1 auf 40 mg reduziert. Bei 5 Patient*innen trat eine Anämie auf. Die Nachbeobachtungszeit reichte von 1 Monat bis 30 Monaten. Die Größe der Augentumoren nahm in allen Fällen ab.
Fazit für die Praxis
Auch wenn die Anzahl der dokumentierten Patient*innen mit VHL-assoziierten retinalen Hämangiomen nach Belzutifan-Therapie noch relativ klein ist, so sind die Ergebnisse bemerkenswert.
Besonders an Lokalisationen wie z.B. papillären kapillären retinalen Hämangiomen sind die konventionellen Therapieoptionen sehr eingeschränkt und die Visusprognose bei «aktiven» Tumoren mit Exsudation und Blutung infaust. Ein Ansprechen mit einer Regression, wie sie in Abbildung 1 zu beobachten ist, ist beeindruckend.
Ansprechen auf Belzutifan bei einem Patienten mit VHL-assoziierten bilateralen retinalen Hämangiomen. Farbfundusfotografien und optische Kohärenztomografie (OCT) des (a) rechten und (b) linken Auges eines Patienten mit beidseitigen Papillenangiomen und damit verbundenem zystoiden Makulaödem, das mit einer Kombination aus PDT-Laser, fokalem Laser, intravitrealem Anti-VEGF und intravitrealen und subtenonalen Steroiden an beiden Augen sowie externer Bestrahlung am rechten Auge behandelt wurde. Farbfundusfotografien und OCT-Bilder des (c) rechten und (d) linken Auges des Patienten nach 9-monatiger Behandlung mit systemischem Belzutifan, mit Rückbildung der Tumoren und deutlicher Verbesserung des zystoiden Makulaödems in der OCT. Aus [6].
Ansprechen auf Belzutifan bei einem Patienten mit VHL-assoziierten bilateralen retinalen Hämangiomen. Farbfundusfotografien und optische Kohärenztomografie (OCT) des (a) rechten und (b) linken Auges eines Patienten mit beidseitigen Papillenangiomen und damit verbundenem zystoiden Makulaödem, das mit einer Kombination aus PDT-Laser, fokalem Laser, intravitrealem Anti-VEGF und intravitrealen und subtenonalen Steroiden an beiden Augen sowie externer Bestrahlung am rechten Auge behandelt wurde. Farbfundusfotografien und OCT-Bilder des (c) rechten und (d) linken Auges des Patienten nach 9-monatiger Behandlung mit systemischem Belzutifan, mit Rückbildung der Tumoren und deutlicher Verbesserung des zystoiden Makulaödems in der OCT. Aus [6].
Auch bleibt es spannend, ob Belzutifan bei großen oder sehr exsudativen Tumoren auch als neoadjuvante Therapie eingesetzt werden kann. Dies vor dem Hintergrund, dass nach einer Größenreduktion die bisherigen Therapieoptionen greifen können und die systemische Dosierung von Belzutifan reduziert werden könnte.
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