Objective: There have been reports of neuromyelitis optica spectrum disorder (NMOSD) coexisting with connective tissue disorders. The objective of this study was to describe the characteristics of NMOSD coexisting with autoimmune diseases (AID). Methods: This retrospective study evaluated NMOSD patients with and without AID. The enrolled patients had at least one attack, with duration of more than 1 year. Data on the demographics, clinical features, and laboratory findings were assessed. The Poisson model was used to investigate the risk factors associated with the annualized relapse rate (ARR), whereas the Cox model was used to evaluate the risk factors for the first relapse. Results: A total of 180 patients (154 women and 26 men) with NMOSD were identified: 45 had AID and 135 did not. Female patients had a higher prevalence of concomitant AID (p = 0.006) and a greater relapse rate within the first year. There were no statistically significant differences in the characteristics of patients. Kaplan–Meier analysis revealed that NMOSD patients with seropositive aquaporin 4 antibodies (AQP4-Ab; log-rank: p = 0.044), had a shorter time to relapse. Patients seropositive for AQP4-Ab (HR = 2.402, 95%CI = 1.092–5.283, p = 0.029) had a higher risk of suffering a first relapse, according to the Cox model. Patients with and without AID showed a similar declining tendency in terms of change in ARR throughout the first 5 years of the disease. The ARR was greater in the first year [incidence rate ratio (IRR) = 1.534, 95%CI = 1.111–2.118] and the first 2 years (IRR = 1.474, 95%CI = 1.056–2.058) in patients with coexisting AID diagnosis prior to the NMOSD onset.

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Abstract aus Lin J, Xue B, Li J, et al.: The relationship between neuromyelitis optica spectrum disorder and autoimmune diseases. Front Immunol 2024;15:1406409.

Hintergrund

Erkrankungen aus dem Formenkreis der Neuromyelitis optica (neuromyelitis optica spectrum diseases, NMOSD) repräsentieren ein interdisziplinäres Spektrum an klinischen Manifestationen. NMOSD stellen entzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems (ZNS) dar, die sich durch rekurrierende Optikusneuritis, transverse Myelitis und Hirnstammsymptomatik manifestieren können. Pathogenetisch können Antikörper gegen Aquaporin 4 als sogenannter «Endversorger» der Astrozyten eine Vielzahl klinischer Syndrome begünstigen.

Begleitende Autoimmunerkrankungen sind häufig

Mutmaßlich aufgrund dieser B-Zell-Pathologie finden sich bei NMOSD auch gehäuft andere autoimmune Erkrankungen wie zum Beispiel ein systemischer Lupus erythematodes (SLE), das Sjögren-Syndrom, eine Myasthenia gravis oder auch autoimmunbedingte Schilddrüsenerkrankungen. Diese Erkrankungen lassen eine höhere Prävalenz beim weiblichen Geschlecht vermuten, was auch in den meisten – wenn auch spärlichen – Arbeiten dargestellt werden konnte.

Wichtiger erscheint jedoch das Wissen um diese Koexistenz, und dies erscheint mir für alle beteiligten Disziplinen wichtig. Eine SLE-Patientin, die sich mit «neurologischen Auffälligkeiten» präsentiert, muss nicht zwingend die Manifestation eines Neuro-Lupus zeigen, sondern könnte sehr wohl auch eine NMOSD-Problematik aufweisen. Patientinnen oder Patienten mit einer vielleicht atypischen okulären nichtinfektiösen Affektion dürfen auch rheumatologisch auf das begleitende Vorliegen einer anderweitigen Autoimmunerkrankung abgeklärt werden.

Kenntnis über Rückfallwahrscheinlichkeit kann die Therapien leiten

In Abhängigkeit des Vorliegens von Aquaporin-4-Antikörpern konnte in dieser Arbeit die Rückfallwahrscheinlichkeit der NMOSD-Problematik erarbeitet werden. Da bei Vorliegen dieser Antikörper eine höhere Rückfallrate zu verzeichnen war, lohnt sich also die Bestimmung derselben (wenn man sie denn als Nicht-Neurologe überhaupt kennt).

Zudem konnte gezeigt werden, dass bei Auftreten einer Autoimmunerkrankung vor der zusätzlichen Manifestation einer NMOSD eine höhere Rückfallrate in den ersten Stadien der Erkrankung gesehen wurde. Somit erscheint bei diesen Betroffenen eine frühe und forcierte Immunsuppression sinnvoll. Hierbei hat sich die B-Zell-Depletion unter anderem mittels Rituximab überlegen gezeigt gegenüber der Gabe von Glukokortikoiden, Azathioprin oder Mycophenolat-Mofetil. In weiteren Studien konnte im Rahmen einer NMOSD auch der Einsatz einer Anti-IL-6-, Anti-C5- oder Anti-CD19-Strategie einen guten Effekt zeigen.

Insgesamt erscheint es wichtig, die Koexistenz dieser Autoimmunerkrankungen zu kennen, bei Vorliegen entsprechender Symptome eine frühzeitige Diagnostik einzuleiten und bei sequenziellem Auftreten einer Autoimmunerkrankung vor einer NMOSD bereits rasch eine forcierte Immunsuppression zu beginnen, um Rezidive zu reduzieren und schwere Verläufe einer NMOSD soweit wie möglich reduzieren oder verhindern zu können.

Disclosure Statement

Bezüglich der vorgelegten Arbeit liegen keine Interessenkonflikte vor.

Zweitpublikation

Dieser Artikel wurde erstmals publiziert in Kompass Autoimmun 2024:6 (4):162–164.