Zusammenfassung
Ziel dieser Studie war es, die Ergebnisse chirurgischer Eingriffe bei neovaskulärem Glaukom (NVG) und schlechter Sehkraft zu analysieren. Dazu wurden NVG-Patienten mit einer Sehschärfe von 20/200 oder weniger verglichen, die entweder ein Ahmed-Glaukom-Ventil (AGV) oder eine Zyklophotokoagulation (CPC) erhalten hatten. Zu den Hauptergebnisgrößen zählten die chirurgische Erfolgsrate, Veränderungen des Augeninnendrucks (IOD), die Anzahl der Antiglaukom-Medikamente, die korrigierte Fernvisusschärfe und die Reoperationsrate bei Glaukom. 12 Monate nach Operation zeigten beide Verfahren gute Ergebnisse mit ähnlichen IOP-Werten. Im Vergleich zur CPC zeigte das AGV allerdings insgesamt eine höhere Erfolgsrate und einen geringeren Medikamentenbedarf.
Zusammenfassung von Alabduljabbar K, Bamefleh DA, Alzaben KA, et al.: Cyclophotocoagulation versus Ahmed glaucoma implant in neovascular glaucoma with poor vision at presentation. Clin Ophthalmol 2024;18:163–171.
Transfer in die Praxis von Prof. Dr. Klaus Rohrschneider (Heidelberg)
Hintergrund
Gerade bei einem weit fortgeschrittenen Glaukom ist die Entscheidung über die richtige operative Behandlung schwierig. Auch wenn die klassische filtrierende Operation unverändert den Goldstandard der Glaukomchirurgie darstellt, werden bei vorliegender Schädigung eher minimal invasive Methoden oder eine Zyklophotokoagulation (CPC) eingesetzt, gerade wenn das Risiko eines Auslöschphänomens (neudeutsch: wipe-out) droht. Dabei stellen die oft nur begrenzte Drucksenkung und die zeitlich sehr beschränkte Wirkungsdauer die wesentlichen Nachteile der CPC dar. Eine spezielle Situation besteht bei Neovaskularisationsglaukomen, wo das Blutungsrisiko als zusätzlicher einschränkender Faktor besteht.
Ergebnisse der Studie
Die Autoren verglichen retrospektiv die CPC mit der Implantation eines Ahmed-Ventils bei 69 Augen von 69 Patienten mit fortgeschrittenem Neovaskularisationsglaukom (Visus < 0,1) hinsichtlich Druckregulation, Reoperationsrate und Sehschärfe. Der Augendruck war postoperativ in der Ventil-Gruppe etwas besser reguliert, nach CPC wurden häufiger erneute Operationen erforderlich und die Anzahl an drucksenkenden Medikamenten war signifikant höher. Dafür gab es in der Ventil-Gruppe deutlich mehr postoperative Komplikationen, vor allem Hyphäma und Disklokation, aber auch eine Abflachung der Vorderkammer, Effusion und Hypotonie. Die Sehschärfe stieg in beiden Gruppen im Verlauf an, war jedoch in der CPC-Gruppe bereits zu Beginn deutlich geringer als in der Ahmed-Ventil-Gruppe.
Fazit für die Praxis
Die Arbeit bestätigt die Erfahrung, dass die drucksenkende Wirkung einer CPC geringer ist als bei einem richtig filtrierenden Eingriff. Dafür kommt es bei Letzterem zu mehr, auch schwerwiegenden Komplikationen, insbesondere Hypotonie und Vorderkammerabflachung.
Dennoch scheint die Sorge einer schwerwiegenden Funktionsminderung im Sinne eines Auslöschphänomens selbst bei den hier untersuchten Patienten mit erheblich reduzierter Sehschärfe eher nicht begründet. Dabei ist natürlich zu beachten, dass die Sehschärfe kein guter Maßstab für das Ausmaß der glaukomatösen Schädigung darstellt, insbesondere bei der hier untersuchten Gruppe mit Neovaskularisationsglaukom. Allerdings handelt es sich um sehr stark reduzierte Sehschärfewerte. Alle Patienten der CPC-Gruppe hatten initial eine Sehschärfe von LogMAR 3,0; dies entspricht einem Dezimalvisus von 0,001 und ist mit Snellen-Tafeln überhaupt nicht zu prüfen. Dennoch ist gerade die Sehschärfereduktion, oft verbunden mit Problemen der Lesefähigkeit, der Parameter, der für die Patienten wirklich merklich ist. An größeren Kollektiven von 301 bzw. 408 Augen, die auch noch eine etwas bessere Funktion hatten, wurde allerdings eine schwerwiegende zentrale Funktionsminderung bei 11 bzw. 4 Augen beobachtet [1, 2]. In einer kleinen prospektiven Untersuchung an 21 Patienten fanden Topouzis et al. [3] keinen Sehverlust. Die Sehschärfe betrugt hierbei 0,77 ± 0,78 LogMAR, lag also um etwa 3 Zeilen höher, was einem mittleren Defekt (MD) von knapp 28 dB entsprach [3].
Angesichts der im Studienverlauf von 1 Jahr deutlich stärker drucksenkenden Wirkung durch das Ahmed-Ventil erscheint der Rat, wenn möglich ein solches zu implantieren, für deutsche Verhältnisse übertragbar zu sein in den Rat, auch bei weit fortgeschrittener Schädigung noch eine Trabekulektomie zu erwägen. Die Komplikationsrate dürfte zwar geringer sein, möglicherweise besteht aber ein höheres Blutungsrisiko und es bleibt ein wohl geringes Risiko einer deutlichen Visusminderung bei bestehender hochgradiger Sehminderung. Möglicherweise ist das Risiko des Funktionsverlustes bei noch besserer Sehschärfe jedoch höher.
Disclosure Statement
Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenskonflikte in Bezug auf den vorliegenden Kommentar bestehen.