Zusammenfassung
Moxifloxacin ist ein sehr gebräuchliches topisches Antibiotikum zur Behandlung verschiedener bakterieller Infektionen des Auges. Seine Sicherheit und Wirksamkeit sind durch zahlreiche Studien belegt. Wir berichten über einen Fall einer seltenen Nebenwirkung seiner Anwendung. Ein 10-jähriges Mädchen, das sich mit akuter bakterieller Konjunktivitis ohne Hornhaut-Beteiligung in beiden Augen vorgestellt hatte, wurde mit Konservierungsmittel-freiem, 0,5%igem, topischem Moxifloxacin 4-mal täglich behandelt. In beiden Augen entwickelte sich nach Beginn der Behandlung eine schwere Hornhaut-Toxizität mit perikornealer Stauung und Hornhaut-Ödem. Die Sehschärfe des Mädchens fiel in beiden Augen von 20/20 auf 20/400 ab. Das topische Moxifloxacin wurde abgesetzt, woraufhin die Hornhaut sich drastisch erholte und die Sehschärfe sich normalisierte. Dieser Fall zeigt, dass topisches Moxifloxacin - wenngleich selten - schwere Keratitis verursachen kann und dass weitere Studien erforderlich sind, um die Sicherheit zu beurteilen.
Einleitung
Moxifloxacin, ein Fluorchinolon der 4. Generation, ist ein Breitbandantibiotikum mit Wirksamkeit bei verschiedenen bakteriellen Augeninfektionen, z.B. Konjunktivitis, Ulcus corneae und Endophthalmitis [1]. Verschiedene Studien zeigten, dass es relativ sicher ist, und verzeichneten lediglich sehr schwache Nebenwirkungen [2]. Wir berichten über den Fall einer Patientin, bei der nach Anwendung des Wirkstoffs eine schwere Form von Keratitis auftrat, die nach Absetzen wieder ausheilte.
Fallbericht
Ein 10-jähriges Mädchen aus Indien stellte sich in unserer Ambulanz mit Rötung und Sekretion in beiden Augen vor. Ihr Visus betrug in beiden Augen 20/20. Die Untersuchung ergab in beiden Augen eine konjunktivale Stauung mit schleimig-eitriger Sekretion. Die Hornhaut war klar und die weitere Augenuntersuchung blieb ohne Befund. Ein Bindehautabstrich wurde genommen und ergab in der Gram-Färbung Gram-positive Kokken. Die Diagnose «akute mukopurulente Konjunktivitis bakteriellen Ursprungs» wurde gestellt. Eine Behandlung mit 0,5%igem, Konservierungsmittel-freiem Moxifloxacin 4-mal täglich wurde eingeleitet, und die Patientin wurde zur Nachuntersuchung eingeladen. Drei Tage später erschien sie erneut, mit starken Schmerzen, Rötung, Fotophobie, Tränenfluss und Visusverschlechterung in beiden Augen. Die Untersuchung ergab eine Sehschärfe von 20/400 und perikorneale Stauung mit Hornhaut-Ödem (Abb. 1). In beiden Augen lag ein kleiner Epitheldefekt mit Keratitis superficialis punctata vor. Das korneale Wahrnehmungsvermögen war unauffällig, der Augeninnendruck betrug in beiden Augen 10 mm Hg. Die Tränenfunktionstests waren normal. Die Patientin wandte keine anderen topischen Arzneimittel an. Abstriche von der Bindehaut wurden zur Sensitivitätstestung in Bakterien- und Pilzkulturen eingeschickt. Zudem wurde eine Analyse mittels Polymerase-Kettenreaktion durchgeführt, um eine virale Ätiologie zu prüfen. Alle Labortests waren negativ. Die Diagnose einer möglichen Arzneimittel-Toxizität wurde gestellt und das topische Moxifloxacin abgesetzt. Die Hornhaut zeigte Anzeichen von Klärung, und nach 1 Woche hatte sich das Sehvermögen wieder normalisiert (Abb. 1).
Schwere Keratitis nach Moxifloxacin- Behandlung, die nach Absetzen des Arzneimittels abklang.
Schwere Keratitis nach Moxifloxacin- Behandlung, die nach Absetzen des Arzneimittels abklang.
Diskussion
Topisches Moxifloxacin ist im Begriff, sich als Antibiotikum der Wahl bei bakteriellen Infektionen des Auges zu etablieren - aufgrund seines breiten Wirkspektrums, seiner klinischen Wirksamkeit und weil es frei von Konservierungsstoffen ist. Studien haben ergeben, dass es unter klinischen Bedingungen relativ sicher ist. Einige der Nebenwirkungen, die in Verbindung mit dem Arzneimittel beobachtet wurden, sind Konjunktivitis, okulare Hyperämie, Augentrockenheit, Reizung und vermehrter Tränenfluss; sie alle waren schwach ausgeprägt und vorübergehend [3]. Walter und Tyler [4] haben über 2 Fälle von Verschlechterung eines Ulcus corneae nach Behandlung mit Moxifloxacin berichtet. In unserem Fall entwickelte die Patientin nach topischer Anwendung von Moxifloxacin eine schwere Hornhaut-Toxizität mit Hornhaut-Ödem und Keratitis superficialis punctata. Im Gegensatz zu den früheren Berichten war die Hornhaut vor Medikationsbeginn nicht am Krankheitsprozess beteiligt, und der Schweregrad war hoch und mit einer Visusverschlechterung verbunden. Nach dem Absetzen der Medikation verbesserte sich der Zustand der Patientin drastisch. Dies ist ein schwerer und seltener Fall von Hornhaut-Toxizität nach topischer Anwendung von Moxifloxacin. Experimentelle Studien haben Hinweise darauf ergeben, dass der Mechanismus der Toxizität von Moxifloxacin auf dem Abbau von Hornhaut-Epithel, der Hemmung der Kollagen-IV-Synthese, Schädigung der Descemet-Membran [5] und Zerstörung von Tight Junctions des Hornhaut-Epithels [6] beruht.
Zusammengefasst ist dies ein seltener Fall einer Hornhaut-Toxizität, die nach topischer Anwendung von Moxifloxacin auftrat und nach Absetzen des Arzneimittels rapide wieder abklang. Es liegen zwar Berichte über Nebenwirkungen von Moxifloxacin vor, jedoch dokumentieren sie alle entweder leichte Fälle oder solche, in denen die Hornhaut bereits vorgeschädigt war und das Arzneimittel dann den Heilungsprozess störte. In unserem Fall war die Hornhaut vor der medikamentösen Behandlung unbeteiligt, und die Behandlung war die wahrscheinlichste Ursache der Toxizität. Dieser Fall zeigt, dass weitere Studien erforderlich sind, um die Sicherheit von Moxifloxacin zu untersuchen, da es - wenn auch selten - zu einer schweren Form von Hornhaut-Toxizität mit Visusverlust führen kann.
Disclosure Statement
Keiner der Autoren hat finanzielle oder Interessenkonflikte offenzulegen.