Abstract
Hintergrund/Ziele: Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine Erkrankung, deren Inzidenz in der westlichen Welt zu steigen scheint und die zur Erblindung führen kann. Eine choroidale Neovaskularisation (CNV) ist die häufigste Ursache für AMD und wird ihrerseits oft durch ein regionales Entzündungsgeschehen hervorgerufen. In früheren Studien hat sich der vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor A (VEGF-A) als wichtiger Trigger für CNV erwiesen. Studien zu den assoziierten angiogenen Faktoren neben VEGF-A fehlen jedoch bisher. Methoden: Wir verwendeten ein etabliertes experimentelles Mausmodell einer durch Laser-Bestrahlung (LB) induzierten CNV, um die molekularen Mechanismen zu untersuchen, die der Entwicklung einer CNV nach einer Augenverletzung zugrunde liegen. Wir analysierten die Gefäßdichte mittels Lektinmarkierung. Wir isolierten Makrophagen, Endothelzellen und andere Zelltypen mittels Durchflusszytometrie und analysierten die Konzentrationen verschiedener angiogener Faktoren in diesen Zellpopulationen. Wir verwendeten Antiseren gegen VEGF-A (aVEGF) und/oder Antiseren gegen den Plazenta-Wachstumsfaktor (PLGF; aPLGF), um die CNV zu antagonisieren. Mithilfe eines antikörpergebundenen Toxins eliminierten wir selektiv die Makrophagen, um ihre Rolle im Rahmen der CNV zu beurteilen. Außerdem untersuchten wir die PLGF-Expression in den unterschiedlichen Subtypen der Makrophagen. Ergebnisse: Die choroidale Gefäßdichte war 7 Tage nach der LB signifikant erhöht. Die LB führte auch zu einem signifikanten Anstieg der VEGF-A- und PLGF-Konzentration in den Mausaugen. Die Behandlung mit aVEGF dämpfte den Anstieg der Gefäßdichte nach LB signifikant. Die Behandlung mit aPLGF allein bewirkte keine signifikant geringere Zunahme der Gefäßdichte, jedoch steigerte aPLGF signifikant die inhibitorische Wirkung von aVEGF auf den Anstieg der Gefäßdichte. Während VEGF-A von Endothelzellen, Makrophagen und anderen Zelltypen in vergleichbarem Maße produziert wurde, schien PLGF vor allem durch Makrophagen hergestellt zu werden. Die selektive Depletion der Makrophagen führte zu einer signifikanten Reduktion der CNV. M2-Makrophagen produzierten in hohem Maße PLGF, M1-Makrophagen jedoch nicht. Schlussfolgerungen: Zusammenfassend betrachtet deuten unsere Daten auf eine bisher unbeachtete Rolle von PLGF in Koordination mit VEGF-A im Rahmen der Regulierung der CNV bei Augenverletzungen hin. Unsere Studie beleuchtet Makrophagen und ihre PLGF-Produktion als neuartige Zielstrukturen für die CNV-Therapie. Übersetzung aus Huo X, et al: Inhibition of ocular neovascularization by co-inhibition of VEGF-A and PLGF. Cell Physiol Biochem 2015;35:1787-1796 (DOI: 10.1159/000373990)
Experten-Kommentar
Transfer in die Praxis
Die Behandlung choroidaler Neovaskularisationen mit Anti-VEGF-Substanzen (VEGF = vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor) ist zur klinischen Routine geworden. Neben dem VEGF sind jedoch auch andere Signalmoleküle an der Entstehung von Neovaskularisationen beteiligt. Inwieweit die Hemmung anderer Faktoren zusätzlich zum VEGF einen klinischen Effekt bieten kann, ist nicht vollständig etabliert. Eine Substanz, die den «platelet-derived growth factor» (PDGF) inhibiert, wird derzeit klinisch getestet [1].
Auch der Plazenta-Wachstumsfaktor wurde als ursächlich für die Entstehung choroidaler Neovaskularisationen diskutiert [2]. Es handelt sich dabei um einen Vertreter der VEGF-Protein-Familie, der Anfang der 1990er Jahre entdeckt wurde. Heute ist klar, dass das Protein nicht nur in Endothelzellen, sondern auch in einer Vielzahl anderer Zellen eine wichtige Rolle spielt.
In der hier vorgestellten Arbeit von Huo et al. wurde die Rolle des Plazenta-Wachstumsfaktors bei der Entstehung einer choroidalen Neovaskularisation in einem Mausmodell untersucht. Dabei wurden mit einem Laser Netzhaut-Läsionen gesetzt, die sich im Rahmen einer inflammatorischen Antwort zu choroidalen Neovaskularisationen entwickelten. Die Hemmung von VEGF-A war mit einer signifikanten Reduktion der Größe der Aderhaut-Neovaskularisation assoziiert. Die Hemmung des Plazenta-Wachstumsfaktors alleine hatte keinen signifikanten Effekt, bei gleichzeitiger VEGF-A-Hemmung war der Effekt jedoch synergistisch.
Weiterhin wurde gezeigt, dass VEGF-A im vorliegenden Mausmodell von Endothelzellen, Makrophagen und anderen Zelltypen produziert wurde. Der Plazenta-Wachstumsfaktor fand sich jedoch vor allem in Makrophagen.
Fazit
Die Daten dieser Studie deuten darauf hin, dass eine Inhibierung des Plazenta-Wachstumsfaktors alleine bei choroidalen Neovaskularisationen kaum Sinn macht. In Kombination mit einer VEGF-Hemmung könnte der Ansatz jedoch durchaus vielversprechend sein.