Abstract
Zielsetzung: Die Beurteilung des Zusammenhangs zwischen der Dicke der retinalen Nervenfaser-Schicht (retinal nerve fibre layer; RNFL) und dem Ergebnis der Frequenzverdopplungsperimetrie (FDP). Methoden: 62 gesunde Probanden und 72 Glaukompatienten wurden prospektiv ausgewählt. Alle Teilnehmer wurden einer zuverlässigen FDP und einer optischen Kohärenztomografie (optical coherence tomography; OCT) unterzogen. Pearson-Korrelationen wurden zwischen den nichtlogarithmierten Schwellenwerten der FDP und der RNFL-Dicke laut OCT berechnet. Ergebnisse: Leichte bis mittelstarke Korrelationen wurden zwischen einigen Punkten der FDP und RNFL-Dicke in der vertikalen Achse festgestellt. Der nasal superiore Bereich der FDP und die RNFL-Dicke auf der 7-Uhr-Position wiesen die stärkste Korrelation auf (0,434; p < 0,001). Schlussfolgerungen: Die geringe Übereinstimmung zwischen FDP- und OCT-Parametern deutet darauf hin, dass die beiden Messinstrumente unterschiedliche Aspekte der glaukomatösen Optikusneuropathie erfassen. Die resultierende Karte validiert zuvor berichtete klinische Befunde und trägt zu einem besseren Verständnis der Struktur-Funktions-Beziehung beim Glaukom bei. Übersetzung aus Fuertes-Lazaro I, et al: Structure-function relationship between frequency-doubling technology perimetry and optical coherence tomography in glaucoma. Ophthalmologica 2014;232:230-238 (DOI: 10.1159/000364957)
Experten-Kommentar
Transfer in die Praxis
Die Verlaufsbeurteilung beim Glaukom stützt sich auf ganz unterschiedliche Untersuchungsmethoden, die sowohl den morphologischen Befund der Nervenfaser-Schädigung in Netzhaut und Papille als auch die sich daraus ergebende Funktionseinschränkung im Wesentlichen mit Gesichtsfeld-Ausfällen möglichst sicher dokumentieren sollen. Eine sichere Korrelation zwischen Morphologie und Funktion ist dabei kaum zu erfassen.
Die Autoren der hier kommentierten Studie untersuchten die Beziehung zwischen FDT-Perimetrie (FDT = frequency-doubling technology) und peripapillärer Nervenfaser-Schichtdicke, gemessen mittels optischer Kohärenztomografie, an einer recht großen Gruppe von Glaukompatienten und Kontrollpersonen (n = 134). Hierbei wurde für alle den Uhrzeiten entsprechenden 12 Sektoren der Pearson-Korrelationskoeffizient zwischen beiden Untersuchungen berechnet. In einigen Positionen fanden sich leichte bis moderate Korrelationen, die stärksten in den vertikalen Richtungen. Diese Ergebnisse decken sich mit denen anderer Studien, die ebenfalls höchstens eine leichte Übereinstimmung zeigten [1,2]. Zum Teil können die Ergebnisse auf Schwierigkeiten mit der FDT-Perimetrie zurückgeführt werden, da bei der Methode eine deutliche Lernkurve existiert. Darüber hinaus waren die getesteten Punkte hierbei offensichtlich zu grob lokalisiert, um eine sichere Korrelation zur zugrunde liegenden Nervenfaser-Schädigung zu erlauben. Die Korrelationen mit Schädigungen der Nervenfaser-Schicht vor allem am oberen und unteren Pol entsprachen allerdings genau der klinischen Erwartung. So fand sich die beste Korrelation bei temporal unten lokalisierter Schädigung mit entsprechendem Funktionsausfall nasal oben, passend zu häufigen glaukomatösen Gesichtsfeld-Befunden.
Fazit
Obwohl gerade in der Früherkennung des Glaukoms eine Schädigung der Nervenfaser-Schicht dem Funktionsschaden um Jahre vorausgeht, haben verschiedene Studien gezeigt, dass auch die Funktionsschädigung zuerst erkannt werden kann. Daher ist eine Kombination aus Funktionsbestimmung und morphologischer Untersuchung bereits im Frühstadium wichtig [3,4]. Selbst wenn die Korrelation nur gering ist - die Ergebnisse von Fuertes-Lazaro et al. zeigen erneut, dass die glaukomatöse Schädigung vor allem im oberen und unteren Areal der Papille beginnt und das Augenmerk ganz wesentlich hierauf gerichtet werden sollte. Damit ist die klinische Papillenbeurteilung mit Bestimmung des Exkavationsquotienten und Beurteilung des Papillenrand-Saums (ISNT-Regel) unverändert eine sinnvolle und einfach durchzuführende Technik.