Abstract
Ziel: Zur Behandlung betroffener Augen von Patienten mit monolateraler Fazialisparese wurde ein einfacher chirurgischer Eingriff für die Korrektur von Ektropium und sichtbarer Sklera vorgenommen. Methoden: 15 Patienten mit Fazialisparese vom Schweregrad IV-VI auf der House-Brackmann-Skala wurden nach unserem chirurgischen Verfahren evaluiert, und die Ergebnisse wurden mit denen verschiedener anderer Verfahren verglichen. Ergebnisse: Wir wendeten eine augenschonende Technik an. Vor diesem Hintergrund war die Dissektion des Musculus orbicularis oculi der wichtigere Verfahrensschritt. Es gelang, nur mit medialen oder lateralen Muskellappen-Nähten das Ektropium und die lateral sichtbare Sklera zu korrigieren. Hier beschreiben wir ausführlich das operative Vorgehen, mit Bilderstrecke und Anleitung. Schlussfolgerung: Die nichtinvasive Chirurgie zeitigte in 100% der Fälle gute klinische Ergebnisse ohne jegliche Risiken oder nachfolgende Rückfälle. Übersetzung aus Di Stadio A: Eyelid lifting for ectropion and scleral show in facial palsy disease. ORL 2014;76:329-335 (DOI: 10.1159/000369623)
Experten-Kommentar
Transfer in die Praxis
Die umfassende Behandlung der ophthalmologischen Folgen der Fazialisparese erschöpft sich nicht in einem ausreichenden Schutz des Bulbus bei Lagophthalmus, sondern schließt komplexe rekonstruktive und kosmetische Aspekte ein.
Daher gibt es nicht einen Behandlungsstandard nach «Schema F»; vielmehr besteht die optimale Behandlung in der Kombination verschiedener Techniken, die individuell abgestimmt sein müssen. Dabei lässt sich eine vollständige Rehabilitation aller Symptome ad integrum in der Regel nicht erreichen (wenn sich die Funktion des Nerven selbst nicht erholt).
Das Ziel der Therapie besteht daher darin, sich dem Ursprungszustand so weit wie möglich anzunähern, wobei die Kombination der erforderlichen Maßnahmen sehr unterschiedlich sein kann und die Wünsche und Erwartungen des Patienten berücksichtigt werden müssen. Dabei lässt sich eine Priorisierungsliste der anstehenden Korrekturen aufstellen, die von obligatorischen zu fakultativen Therapiezielen reicht.
Als obligatorisch sind dabei folgende Ziele anzusehen:
- Der Schutz der Hornhaut.
- Die Korrektur des paralytischen Ektropiums.
Fakultativ sind die Korrektur der Brauenstellung und die Korrektur der Dermatochalasis.
Zur Vielzahl der zur Verfügung stehenden therapeutischen Ansätze gehören insbesondere das Lid-Loading, die Tarsoraphie, die Verordnung von Uhrglas-Verbänden, die laterale und die mediale Zügelplastik, die chirurgische Brauenhebung sowie die Blepharoplastik.
Jede therapeutische Option kann jeweils nur einzelne Aspekte der Problematik in unterschiedlicher Akzentuierung verbessern. Die Tarsoraphie kann schnell und wirksam eine akute Oberflächenproblematik bis zum Hornhaut-Ulkus stabilisieren. Aus kosmetischer Sicht ist dieser Eingriff jedoch nachteilig und daher als Dauerlösung nur in wenigen Fällen geeignet und ausreichend. Auf der anderen Seite des Spektrums stehen Eingriffe, die kosmetische Verbesserungen erreichen (z.B. Brauenhebung), aber überhaupt keine Verbesserung des Bulbusschutzes bewirken und daher nur in Kombination mit anderen Maßnahmen sinnvoll sind.
In jedem Fall ergibt sich die richtige Therapiestrategie aus der Abwägung zwischen ausreichendem funktionellem Schutz des Auges und möglichst vorteilhaftem kosmetischem Ergebnis bei möglichst geringer Belastung durch die Operation / möglichst geringer Invasivität der Operation.
Hierzu liefert die Arbeit von Di Stadio einen interessanten Aspekt. Die beschriebene Technik zielt auf die Korrektur des paralytischen Ektropiums ab. Dabei beschränkt man sich im Gegensatz zur Zügelplastik, bei der das Lid in gesamter Dicke durchtrennt und refixiert wird, auf eine Präparation im Bereich der - medialen oder lateralen - vorderen Lamelle des Unterlids.
Im Wesentlichen besteht das beschriebene Verfahren aus der Präparation eines medialen oder lateralen Muskelverschiebelappens.
Fazit
Die dargestellten Ergebnisse sind vielversprechend - bei insgesamt noch begrenzter Zahl an ausgewerteten Fällen (15 Patienten). Ob sich die beschriebene Technik in größerem Umfang durchsetzen wird, muss derzeit noch abgewartet werden.