Abstract
Die Diplopie ist eine seltene Komplikation der Blepharoplastik. In den meisten Fällen tritt sie in vertikaler Form auf, verursacht durch ein Trauma der externen Augenmuskeln. In diesem Artikel stellen wir einen Fall von horizontaler Diplopie nach einer aus ästhetischen Gründen durchgeführten Blepharoplastik des Oberlids vor; wir geben einen Literaturüberblick zu dieser unerwarteten Komplikation sowie einige Empfehlungen zu ihrer Vermeidung.
Einleitung
Die Blepharoplastik ist eine der häufigsten Operationen am Augenlid. Sie wird aus funktionellen oder ästhetischen Gründen vorgenommen, weshalb der Augenarzt darin geschult sein muss, die Anforderungen des Patienten zu erfüllen und zugleich mögliche Komplikationen zu beherrschen, die selbst bei sehr erfahrenen Operateuren auftreten können. Zu den häufigsten Komplikationen zählen der Lagophthalmus und das narbenassoziierte Ektropium infolge einer Verkürzung der vorderen Lamelle. Eine weitere, seltene, aber schwerwiegende Komplikation ist die retrobulbäre Blutung. Sie muss unverzüglich behandelt werden. Weitere mögliche Komplikationen sind Wundinfektionen, Asymmetrien, die palpebrale Ptosis und, neben anderen, selteneren Ereignissen, die Diplopie [1,2]. In Bezug auf Letztere führten wir eine Literaturanalyse durch und nahmen eine Neueinordnung vor.
Material und Methoden
Die Untersuchung wurde gemäß den Grundsätzen der Deklaration von Helsinki durchgeführt.
Eine 61-jährige Frau mit Typ-A-Persönlichkeit konsultierte uns wegen einer Augenlid-Korrektur. Ihren medizinischen Unterlagen zufolge lagen allergische Reaktionen auf Aspirin und eine Dyslipidämie vor. In ihrer Vorgeschichte hatte sie keine Schilddrüsenerkrankungen, Myasthenie, Diabetes oder Strabismus. Die augenärztliche Untersuchung ergab keine Auffälligkeiten.
Wir führten eine bilaterale Blepharoplastik der oberen Augenlider ohne chirurgische Komplikationen durch. Nach 24 h klagte die Patientin über horizontales Doppelsehen. In der augenärztlichen Untersuchung wurden in beiden Augen eine Sehschärfe von 10/10 und ein Augeninnendruck von 10 mm Hg festgestellt. Die Biomikroskopie und der Augenhintergrund zeigten keine Auffälligkeiten. In der äußerlichen Untersuchung stellten wir eine leichte Ödembildung am Augenlid fest - eine Folge der Operation. Ein Abdecktest ergab ET6 in der primären Position, ET6 in der Supraversion, ET8 in der Infraversion, ET14 VD +2 in der Lävoversion und eine Orthotropie in der Dextroversion, assoziiert mit einer Parese des rechten Nervus abducens (Abb. 1). Der Blutsenkungswert betrug 15 mm, die Konzentration des C-reaktiven Proteins 0,6 mg/l. MRT-Untersuchungen des Gehirns und der Orbita ergaben keine Auffälligkeiten. Die Diplopie hielt 3 Monate an, dann trat eine Restitutio ad Integrum ein.
Patientin mit einer Parese des rechten Nervus abducens 1 Woche nach einer Blepharoplastik des oberen Augenlids.
Patientin mit einer Parese des rechten Nervus abducens 1 Woche nach einer Blepharoplastik des oberen Augenlids.
Diskussion
Wie häufig eine Diplopie nach einer Blepharoplastik auftritt, ist unbekannt. Angesichts der großen Zahl durchgeführter Blepharoplastiken und der wenigen bekannten Diplopiefälle gehen wir jedoch davon aus, dass die Häufigkeit sehr gering ist.
Zwar gibt es Fälle von horizontaler Diplopie [3], bei den meisten in der Literatur beschriebenen Fällen handelt es sich jedoch um vertikale oder torsionelle Diplopie. Bei Letzterer gibt es wiederum 2 verschiedene Muster: eine Funktionsstörung des Musculus obliquus superior, die mit der Blepharoplastik des Oberlids assoziiert ist, und eine Funktionsstörung des Musculus rectus inferior / obliquus inferior in Verbindung mit der Blepharoplastik des Unterlids. Das erstgenannte Muster kann durch eine Läsion der Trochlea verursacht werden; eine solche kann infolge eines Brown-Syndroms oder einer Verletzung des Musculus obliquus superior auftreten, verursacht durch ein Hämatom oder eine Anästhesietoxizität [4,5,6,7,8,9]. Beim 2. Muster kann eine Läsion im Musculus rectus inferior oder im Musculus obliquus inferior vorliegen. Der Weg des Musculus obliquus inferior verläuft zum Teil zwischen dem inneren und dem medialen Fettkörper hindurch und muss bei einer chirurgischen Dissektion identifiziert werden, um Läsionen zu vermeiden. Allerdings ist der Muskel robust; manche Läsionen können kompensiert werden und bleiben subklinisch [4,5,6,7,8,9].
In dem hier vorgestellten Fall war die Ursache der Diplopie unbekannt. Wir vermuten, dass es sich um eine mikrovaskuläre Ätiologie handelte. Eine mikrovaskuläre Mononeuropathie des VI. Hirnnervs ist zwar bereits bekannt, jedoch können wir die Diagnose nicht bestätigen, da die einzigen Risikofaktoren der Patientin die Dyslipidämie und die Typ-A-Persönlichkeit waren. Im Rahmen unserer Erfahrung von über 5000 Eingriffen war dies der 2. Fall von Diplopie nach einer Blepharoplastik. Der andere Fall war durch eine Läsion des Musculus obliquus inferior begründet.
Mit dem vorliegenden Artikel wollen wir unterstreichen, wie wichtig die genaue Kenntnis der Anatomie ist, um eine sorgfältige Dissektion durchzuführen und dabei so wenig wie möglich zu kauterisieren.
Wir treten nachdrücklich für eine Stärkung der Arzt-Patienten-Beziehung ein. Wir sind überzeugt, dass wir bessere klinische Ergebnisse erzielen, wenn wir den Patienten mit Empathie und Einsatz unterstützen.
Danksagung
Wir danken Patricia Adduci für die englische Übersetzung und die Erstellung des Manuskripts.