Abstract
Ziel: Der Keratokonus ist eine prädominant bilaterale Form der Hornhaut-Degeneration, die durch eine zentrale Ausdünnung und konusförmige Vorwölbung der Cornea gekennzeichnet ist und in der Regel mit fortschreitendem Verlust der Sehschärfe einhergeht. Die Kollagenvernetzung ist eine neuere Therapieoption, die darauf abzielt, das Fortschreiten des Keratokonus durch fotochemische Quervernetzung von Kollagenfasern aufzuhalten.Patienten und Methoden: Acht Augen von 8 Patienten mit progredientem Keratokonus wurden mit dem Verfahren der fotochemischen Kollagenvernetzung, bei dem Riboflavin und UV-A-Strahlung zum Einsatz kommen, behandelt. Zusätzlich zu den üblichen ophthalmologischen Untersuchungen wurden die Patienten prä- und postoperativ mittels konfokaler In-vivo-Laserscan-Mikroskopie untersucht. Nachuntersuchungen erfolgten 2 Wochen sowie 2, 4, 6 und 12 Monate nach dem Eingriff.Ergebnisse: Spätestens 2 Wochen nach dem Eingriff war die vollständige Regeneration des Hornhaut-Epithels festzustellen. Der subbasale Nervenplexus war nach dem Eingriff nicht mehr konfokalmikroskopisch darstellbar. Unmittelbar nach dem Eingriff zeigte das vordere Hornhaut-Stroma ein wabenartiges Erscheinungsbild, jedoch ohne die typischen hyperreflektiven Keratozytenkerne. Nach etwa 6 Monaten war die normale Konfiguration des Stromas praktisch wiederhergestellt. Die postoperative konfokale Mikroskopie ergab zu allen Zeitpunkten eine normale Zelldichte und -morphologie des Hornhaut-Endothels.Schlussfolgerungen: Die konfokale In-vivo-Laserscan-Mikroskopie ist ein Untersuchungsverfahren, das mit Riboflavin und UV-A-Strahlung die reproduzierbare Darstellung struktureller Veränderungen in der Cornea (Epithel, Stroma und Endothel) nach einer Kollagenvernetzung ermöglicht. Sobald die epitheliale Heilung abgeschlossen ist, scheinen Epithel und Endothel von der Behandlung unbeeinträchtigt zu bleiben. Die auffälligsten strukturellen Veränderungen, die in der konfokalen Mikroskopie kurz nach dem Eingriff zu erkennen sind, betreffen das vordere und mittlere Hornhaut-Stroma. In den weiteren Nachuntersuchungen, bis zu 12 Monate postoperativ, zeigen diese Veränderungen eine deutliche Tendenz zur Rückbildung.Übersetzung aus Ophthalmologica 2011;225:95-104 (DOI: 10.1159/000319465)
Originalartikel
Results of Confocal Microscopy Examinations after Collagen Cross-Linking with Riboflavin and UVA Light in Patients with Progressive Keratoconus
Steffi Knappe Oliver Stachs Andrey Zhivov Marina Hovakimyan Rudolf Guthoff
Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universität Rostock, Rostock, Deutschland
Transfer in die Praxis
Beim Keratokonus handelt es sich um eine degenerative ektatische Erkrankung des Auges, bei der die Hornhaut zunehmend ihre Stabilität verliert. Die Inzidenz dieser Erkrankung beträgt etwa 1:2000. Seit einigen Jahren hat sich in der Behandlung von Keratokonus die Hornhaut-Kollagenvernetzung (CXL) mittels einer Riboflavin-Lösung und UV-A-Licht etabliert. Diese Technik verändert die biomechanischen Eigenschaften der Hornhaut und ist derzeit die einzige Behandlung, die das Fortschreiten der Ektasie möglicherweise verlangsamen oder sogar stoppen und so die Häufigkeit notwendiger Hornhaut-Verpflanzungen reduzieren kann.
Derzeit verfügbare Langzeitergebnisse (etwa 10 Jahre) zur CXL beziehen sich auf die «Standardtechnik», basierend auf dem «Dresdner Protokoll» [1]. In der hier vorgestellten, älteren Arbeit von Knappe et al. wurden mittels Konfokalmikroskopie die Hornhaut-Veränderungen bei Patienten analysiert, die sich einer CXL mit Epithelabrasio unterzogen hatten. Die Autoren beobachteten eine rasche und vollständige Heilung des Hornhaut-Epithels innerhalb von maximal 2 Wochen nach dem Eingriff. Die unmittelbar nach der CXL festgestellten Veränderungen im vorderen und mittleren Stroma waren 6 Monate nach der Behandlung nicht mehr nachweisbar.
Ein solches Debridement des Hornhaut-Epithels verursacht allerdings Schmerzen und eine Visusreduktion; außerdem besteht dabei ein erhöhtes Risiko für Hornhaut-Infektionen unmittelbar nach der Prozedur sowie für stromale Hornhaut-Narben, die sich oft mehrere Monate nach dem Eingriff bilden. Deswegen wurden in den letzten Jahren CXL-Protokolle, die den Erhalt des Epithels ermöglichen sollen, experimentell und klinisch erforscht. Ein Epithelerhalt könnte tatsächlich die Risiken dieser Prozedur reduzieren. Allerdings verhindert ein intaktes Epithel die Diffusion des Riboflavins in das Hornhaut-Stroma, die für die CXL jedoch unerlässlich ist.
Die Dresdner Gruppe experimentierte anhand eines Kaninchenmodells mit der «Epi-on»-Modifizierung unter Verwendung verschiedener pharmakologischer Mittel und fand eine Riboflavin-Konzentration in der Cornea, die auch im Vergleich zur «Epi-off»-Prozedur geeignet war [2]. Klinische Studien zu dieser Lösung ergaben aber Sicherheitsprobleme einschließlich Epitheldefekten unmittelbar nach der Prozedur. Mikroskopische Untersuchungen erbrachten zudem nur uneinheitliche Hinweise auf strukturelle Veränderungen der Hornhaut nach der CXL ohne Epithelentfernung.
Die beschleunigte CXL verkürzt die Bestrahlungszeit durch die Erhöhung der Bestrahlungsintensität (Bunsen-Roscoe-Gesetz der Reziprozität). In der Folge verringert sich die Gesamtbehandlungszeit. Diese Modifizierung zeigte gute, mit der Standardtechnik vergleichbare Kurzzeitergebnisse, allerdings nur bei einer Bestrahlungsintensität von ≤30 mW/cm2. Die stabilisierende Wirkung der CXL ist nämlich von der Sauerstoffsättigung des Hornhaut-Stromas abhängig. Kurzfristige klinische Ergebnisse mittels Iontophorese, die durch einige Studien nachgewiesen wurden, sind auch vielversprechend [3]. Damit konnten die Hornhaut-Stabilisierung und reduzierten K-Werte (trotz geringerer Riboflavin-Konzentration im Stroma im Vergleich zu «epi-off») durch das intakte Epithel bestätigt werden.
Fazit
Trotz vieler experimenteller Versuche und klinischer Studien zu CXL-Modifizierungen (die epithelerhaltend und prozedurverkürzend sind) bleibt die Standardtechnik - wie in der hier vorgestellten Studie von Knappe et al. angewendet - aufgrund gut durchgeführter prospektiver, randomisierter Studien und aufgrund von Ergebnissen über einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren die einzige bewährte CXL-Behandlungsoption bei progressivem Keratokonus. Das Verfahren lässt sich einfach durchführen und zeigt eine langfristige Stabilisierung der Cornea. Darüber hinaus weist es ein gutes Sicherheitsprofil auf. Neue Modalitäten der CXL stellen mit ihren zahlreichen Ansätzen eine Herausforderung für weitere klinische Studien dar.