Zusammenfassung
Ziel: Bericht über die Explantation eines abgelösten und getrübten Transplantats als Alternative zu einer zweiten Keratoplastik in einem Fall von persistierender Transplantatablösung und nachfolgender spontaner Clearance der Empfänger-Cornea nach Non-DSAEK (non-Descemet stripping automated endothelial keratoplasty). Methoden: Ein 57-jähriger Mann mit Katarakt und bullöser Keratopathie nach Herpes-simplex-Virusendotheliitis des rechten Auges und bestem korrigiertem Visus mit Sehhilfe (best speactacle-corrected visual acuity, BSCVA) von 0,1 unterzog sich einer gleichzeitigen Phakoemulsifikation und Non-DSAEK. Aufgrund frühzeitiger Ablösung des Transplantats waren zwei zusätzliche intrakamerale Luftinjektionen erforderlich, um die Anheftung des Transplantats zu erreichen. Jedoch löste sich das Transplantat graduell weiter ab und wurde fibrotisch, während die empfängereigene Cornea anterior des abgelösten Transplantats transparent und ödemfrei wurde. Daher wurde lediglich eine Explantation des DSAEK-Transplantats durchgeführt. Ergebnisse: Vier Monate nach der Explantation betrug der BSCVA-Wert 0,5 und die Endothelzelldichte (ECD) 1,221 Zellen/mm2. Nach 13 Monaten betrug der BSCVA-Wert weiterhin 0,6, während die ECD auf 800 zurückgegangen war, und zwei Jahre später dekompensierte das Endothel. Der BSCVA-Wert lag zu diesem Zeitpunkt bei 0,3 und die ECD war nicht messbar. Schlussfolgerungen: Unseres Wissens ist dies der erste Bericht über die Explantation eines Endothel-Transplantats als Alternative zu einer erneuten Keratoplastik in einem Fall von spontaner cornealer Clearance. Dieses minimalinvasive Verfahren ist bei vergleichbaren Fällen möglicherweise in Betracht zu ziehen. Angesichts des anhaltenden Verlusts von Endothelzellen nach der endothelialen Keratoplastik kann langfristig dennoch eine erneute Keratoplastik erforderlich werden. © 2017 S. Karger GmbH, Freiburg
Transfer in die Praxis von Prof. Dr. Björn Bachmann, FEBO (Köln)
Studienergebnisse
Die Autoren Droutsas und Kollegen beschreiben in ihrem Fallbericht einen sehr interessanten Verlauf nach lamellärer posteriorer Keratoplastik als Non-DSAEK. Trotz wiederholter und letztlich persistierender subtotaler Transplantatablösung kam es nach der Transplantation zur Repopulation der empfängereigenen Hornhautrückfläche mit Hornhautendothelzellen. Kennzeichnend für die Non-DSAEK ist das Belassen, also das «nicht-Strippen» der Descemet'schen Membran. Bei Erkrankungen des Endothels wie z.B. der pseudophaken bullösen Keratopathie, die im Gegensatz zur Fuchs'schen Endotheldystrophie mit ihren Guttae nicht mit optisch relevanten Trübungen auf Descemet-Ebene einhergehen, beeinträchtigt die patienteneigene Descemet'sche Membran zwar nicht das Sehen, sie scheint jedoch die Adhäsion von posterioren lamellären Transplantaten einzuschränken. Die belassene patienteneigene Descemet'sche Membran ist nach Transplantation optisch also nicht störend, kann aber, wie auch im hier vorgestellten Fall, wiederholte Lufteingaben in die Vorderkammer (Rebubblings) notwendig machen. Trotz Rebubblings konnte keine dauerhafte Transplantatanlage erreicht werden, sodass die Rekeratoplastik geplant wurde. Interessanterweise wurde bei der Wiedervorstellung zur Rekeratoplastik fünf Monate später eine klare Hornhaut vorgefunden, sodass lediglich die mittlerweile fibrotisch umgebaute Transplantatlamelle entfernt werden musste, um dem Patienten einen guten Visus zu ermöglichen. Ursächlich für die «Spontanheilung» trotz abgelöster Transplantatlamelle war eine Repopulation der Hornhautrückfläche mit Hornhautendothelzellen, was durch entsprechende Endothelzellmikroskopie bestätigt werden konnte.
Hintergrund
Prinzipiell kommen zwei Quellen für die Hornhautendothelzellen in Frage:
1) Patienteneigene Hornhautendothelzellen, die aus der Peripherie in die optisch relevante Zone der zentralen Hornhautrückfläche migrieren.
2) Hornhautendothelzellen von der Spenderlamelle, die bei partieller Adhärenz des Transplantates auf die freie, nicht bedeckte Fläche der Hornhaut migrieren können.
Normalerweise verhindert eine zelluläre Kontaktinhibition die Migration der Hornhautendothelzellen in Bereiche, in denen bereits Zellen angesiedelt sind. Fällt diese Kontaktinhibition weg, was z.B. durch operative Entfernung zentraler Anteile der Descemet'schen Membran erreicht wird, können peripher sitzende Hornhautendothelzellen die zentralen Bereiche der Hornhautrückfläche besiedeln. Dieses Vorgehen funktioniert beispielsweise bei Patienten mit zentral betonter Fuchs'scher Endotheldystrophie. Auch ohne Transplantation einer Spenderlamelle kann die Hornhaut allein durch Entfernung der zentralen Endothelzellen aufklaren. Die Vorhersagbarkeit dieses Vorgehens ist allerdings sehr niedrig und die Heilungsphase bis zum vollständigen Aufklaren der Hornhaut sehr lang. Nicht Erfolg versprechend ist dieses Vorgehen zudem bei Erkrankungen des Hornhautendothels, bei denen eine Schädigung (fast) aller, also auch der peripheren Hornhautendothelzellen, zu vermuten ist. Dies ist z.B. bei der pseudophaken bullösen Keratopathie der Fall. Hier muss der Pool an funktionstüchtigen Hornhautendothelzellen insgesamt aufgefüllt werden.
Fazit
Der Artikel vermittelt einen guten Eindruck über die Wundheilungsvorgänge nach Hornhautendothelschädigung. Für den Kliniker ist wichtig, dass eine Erholung der endothelialen Pumpfunktion durch Umverteilung der Hornhautendothelzellen über einen längeren Zeitraum durchaus möglich ist. Geduldiges Abwarten kann der richtige Weg sein. Allerdings sollte, um weitere Schädigungen der Hornhaut zu vermeiden, dieser Zeitraum bei ausbleibender Besserungstendenz auf einige Wochen beschränkt bleiben. Wichtig ist hierbei die regelmäßige klinische Kontrolle, um eine Fibrosierung des Stromas, wie wir sie bei ausgeprägten chronischen Hornhautödemen regelmäßig sehen, frühzeitig zu erkennen und um eine Superinfektion bei bullöser Keratopathie zu vermeiden.
Disclosure Statement
Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenkonflikte in Bezug auf den vorliegenden Kommentar bestehen.