Kompass Pneumologie Blickdiagnose
Hypoluzente Lunge bei einer Frau mit rezidivierender Hämoptyse
Blickdiagnose
Eine 40-jährige chinesische Hausfrau, Nichtraucherin, wurde zur Untersuchung einer Hämoptyse in unsere Einrichtung eingeliefert. Sie hatte im vorangegangenen Monat zwei Hämoptysen, bei denen jedes Mal etwa 250 ml frisches Blut ausgeworfen wurden. Husten, Kurzatmigkeit, Brustschmerzen oder Pyrexie traten nicht auf. Die klinische Untersuchung des Herz-Kreislauf-Systems, der Atemwege und des Abdomens war völlig normal. Es gab keine signifikante medizinische Vorgeschichte, und sie berichtete keine regelmäßige Medikamenteneinnahme. Die zytologische Untersuchung des Sputums und die mikrobiologische Untersuchung waren negativ für bösartige Zellen bzw. Krankheitserreger (einschließlich Mykobakterien). Die biochemischen und hämatologischen Routineuntersuchungen, einschließlich des Gerinnungsprofils, waren normal.
Die faseroptische Bronchoskopie zeigte keine endobronchialen Läsionen, obwohl an der vorderen Trachealwand und am medialen rechten Hauptbronchus Blutspuren gefunden wurden. Die bronchoalveoläre Lavage und das Sputum nach der Bronchoskopie ergaben keine bösartigen Zellen oder Atemwegserreger. Die Röntgenaufnahme des Brustkorbs zeigte eine kleine rechte Lunge mit verminderten Lungengefäßmarkierungen, ein kleines rechtes Hilum, eine Mediastinalverlagerung nach rechts und eine hyperluzente kontralaterale Lunge (Abb. 1). Die Patientin wurde empirisch 4 Tage mit Amoxycillin (500 mg 3-mal täglich) behandelt und nach 3 Tagen stationärer Behandlung entlassen.
Abb. 1. Die Röntgenaufnahme des Brustkorbs zeigt ein reduziertes rechtes Lungenvolumen mit verminderten Gefäßmarkierungen, einem kleinen rechten Hilum und einem erhöhten rechten Hemi-Zwerchfell. Die linke Lunge ist hyperluzent, hat normale Gefäßmarkierungen und ist nach rechts verschoben.
Wie lautet Ihre Diagnose?
Welche Diagnosen sollten auf der Grundlage der Anamnese und der Röntgenbefunde als mögliche Ursachen für die rezidivierende Hämoptyse bei dieser Dame in Betracht gezogen werden? Welches sind die nächsten bildgebenden Verfahren in der diagnostischen Abklärung?
Übersetzung aus Respiration. 2000;67:341–334.
Diagnose: Rechts isolierter einseitiger Ausfall der Lungenarterie mit ipsilateralem Emphysem
Abb. 2. (a) Die hochauflösende Computertomographie auf subkarpaler Ebene zeigt ein leichtes paraseptales (Pfeile) und zentrilobuläres (Pfeilspitzen) Emphysem in der rechten Lunge. Der linke Lungenflügel ist normal. Eine leichte Herniation des linken Oberlappens über die Mittellinie ist zu erkennen. (b) Ein kontrastmittelgestützter Computertomographieschnitt auf derselben Ebene zeigt eine fehlende rechte Lungenarterie. Die linke Pulmonalarterie (L) ist normal.
Weitere Untersuchungen mit kontrastverstärkter Computertomographie (CT) (90 ml Omnipaque 240 mg/ml, 2 ml/s; 7 mm, Pitch 2:1) und hochauflösender CT (1 mm, 10-mm-Schichtabstand, Knochenalgorithmus) des Thorax wurden 3 Wochen nach der Vorstellung durchgeführt. Der rechte Hemithorax war kleiner als der linke, ohne Anzeichen von Kollaps, Atelektase oder Lymphadenopathie (Abb. 2a, b). Es gab auch keine Massenläsionen oder Bronchiektasien, die für die Hämoptyse verantwortlich gewesen wären. In der rechten Lunge wurde ein leichtes paraseptales und zentrilobuläres Emphysem festgestellt, während die kontralaterale Lunge normal war (Abb. 2a). Die wichtigsten Befunde waren das Fehlen einer normalen rechten Pulmonalarterie (Abb. 2a) und ein abgeschwächtes rechtes Lungengefäßsystem (Abb. 2b). Letzteres war nicht mit einem Mosaikmuster (abwechselnde Bereiche mit Hypo- und Hyperabschwächung) im umgebenden Lungenparenchym verbunden. Es wurden keine kardialen Anomalien festgestellt. Zur endgültigen Diagnose einer atretischen oder fehlenden rechten Lungenarterie wurde eine kontrastverstärkte Magnetresonanzangiographie (MR) mit einem 1,5-Tesla-System (General Electric Signa, Milwaukee, Wisc., USA) unter Verwendung einer Bolusinjektion von 40 ml Gadolinium-DTPA durchgeführt. Zur Erstellung eines dreidimensionalen Modells des Herzens und der großen Gefäße wurde eine Software zur Volumenberechnung (General Electric Advantage Windows 3D Analysis Package) verwendet. Die Disartikulation der aufsteigenden Aorta bestätigte das Fehlen der rechten Pulmonalarterie (Abb. 3a). Kollaterale systemische Versorgungen über hypertrophierte Bronchialarterien, Aortenäste (Abb. 3b) und eine prominente rechte innere Brustwandarterie wurden nachgewiesen. Auf der Grundlage der MR-Befunde wurde die Diagnose des isolierten einseitigen Fehlens der Lungenarterie (isolated unilateral absence of the pulmonary artery) gestellt. Die Echokardiographie bestätigte das Fehlen kardialer Anomalien. Die Patientin ist seit 12 Monaten nach der Erstvorstellung gesund und hatte kein erneutes Auftreten von Hämoptysen.
Abb. 3. (a) (a) Die dreidimensionale MR-angiographische Rekonstruktion des Herzens und der großen Gefäße mit Disartikulation des Aortenbogens (A) bestätigt das völlige Fehlen der rechten Pulmonalarterie mit einer normalen linken Pulmonalarterie (L). (b) Das koronale MR-Angiogramm zeigt eine hypertrophe bronchiale Kollateralarterienversorgung (Pfeile), die von der absteigenden Aorta ausgeht.
Eine UAPA (unilateral absence of the pulmonary artery) mit begleitenden kardialen Anomalien wird in der Regel in der Kindheit entdeckt. Im späteren Leben tritt eine IUAPA (isolated unilateral absence of the pulmonary artery) auf, das, wie der Name schon sagt, isoliert von anderen kongenitalen Anomalien auftritt. Die Diagnose bei dieser Patientengruppe kann schwierig sein, da andere Erkrankungen wie das MacLeod-Syndrom, das kompensatorische Emphysem und die pulmonale thromboembolische Erkrankung das radiologische Erscheinungsbild der IUAPA nachahmen können.
Die Inzidenz der UAPA wird auf 0,6% geschätzt, wobei die IUAPA 40% aller Fälle ausmacht [1]. Eine fehlende linke Pulmonalarterie ist häufig mit mehreren lebensbedrohlichen angeborenen Herzanomalien verbunden, wie z.B. der Fallot-Tetralogie [2], und wird daher in der frühen Kindheit diagnostiziert. Im Vergleich dazu überleben Patienten mit einer Agenesie der rechten Pulmonalarterie und einem normalen linksseitigen Aortenbogen in der Regel bis ins Erwachsenenalter mit minimalen Symptomen [3].
Patienten mit IUAPA werden in der Regel zufällig auf einer Röntgenaufnahme des Brustkorbs entdeckt, die typischerweise eine ipsilaterale kleine Lunge mit ipsilateraler Mediastinal- und Trachealdeviation und Anhebung des Hemidiaphragmas, verminderte ipsilaterale Gefäßmarkierungen, fehlendes Air Trapping auf dem Exspirationsfilm und eine Hyperinflation der kontralateralen Lunge zeigt [3, 4]. Die Symptome werden in der Regel auf große systemisch-pulmonale Gefäßverbindungen zurückgeführt, die in der Regel bronchiale, interkostale und interne Mammaria-Arterienkollateralen umfassen [5]. Die Hämoptyse, die in weniger als 10% der Fälle auftritt [6], ist eine Folge der Ruptur dieser hypertrophierten Kollateralgefäße [3, 7]. Rezidivierende Brustinfektionen treten in 40–60% der Fälle auf [5, 8], während eine pulmonale Hypertonie nur bei einem kleinen Teil der Patienten auftritt [3], insbesondere bei über 40-Jährigen [9]. Es wurde über ipsilaterale Lungentumore auf der betroffenen Seite berichtet [10, 11]. Dreißig Prozent der Patienten mit IUAPA bleiben jedoch völlig asymptomatisch [3, 12].
Die Diagnose von IUAPA kann im Erwachsenenalter außerordentlich schwierig sein. Zu den radiologischen Differenzialdiagnosen einer einseitig hyperluzenten Lunge gehören das Swyer-James-McLeod-Syndrom (SJMS), ein kompensatorisches oder obstruktives Emphysem und eine Lungenembolie. Der wichtige Unterschied besteht darin, dass die hyperluzente Lunge bei diesen Erkrankungen die abnormale Lunge ist, während dies bei der IUAPA umgekehrt der Fall ist. Die hyperluzente Lunge beim MacLeod-Syndrom zeigt außerdem Luftansammlungen bei der Ausatmung, ein Merkmal, das bei der IUAPA nicht auftritt. Die Angiographie, der traditionelle Goldstandard für die Diagnose der IUAPA [3], ist ein invasives Verfahren mit beträchtlicher Sterblichkeit und nur selten indiziert, es sei denn, es wird eine Embolisation bei massiver Hämoptyse in Betracht gezogen [8]. Das zentrale kardiovaskuläre System [5, 13] lässt sich besonders gut mit MR-Techniken abbilden, die eine vergleichbare Genauigkeit wie die konventionelle [13] und die moderne digitale Subtraktionsangiographie [5] aufweisen. Während sowohl die CT- als auch die MR-Bildgebung das einseitige Fehlen einer Pulmonalarterie genau darstellen können [8,13], lässt sich die kollaterale systemische Gefäßversorgung nur mit MR-Angiographietechniken prägnant nachweisen. Die dreidimensionale MR-Angiographie in unserem Fall lieferte nicht nur eine eindeutige Diagnose, sondern zeigte auch deutlich eine fehlende rechte Lungenarterie, hypertrophierte Bronchial- und innere Mammariaarterien, einen Rest der subdiaphragmatischen arteriellen Versorgung und eine normale linke Lungenarterie.
Ein zusätzliches Merkmal in unserem Fall ist das Vorhandensein eines ipsilateralen Emphysems, über das bisher nur in einem anderen Fall von IUAPA berichtet wurde [10]. Die genaue Pathogenese des Emphysems bei dieser Erkrankung ist nicht bekannt, es wird jedoch angenommen, dass es auf ein Ungleichgewicht zwischen Protease und Antiprotease und eine Hypoperfusion der Lunge zurückzuführen ist [11, 14, 15]. Das Fehlen eines Mosaikmusters trotz abgeschwächter Lungengefäße auf dem CT in unserem Fall ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu anderen Ursachen für abgeschwächte Gefäße, wie z.B. kleine Luftwege und vaskuläre Lungenerkrankungen [16]. Zu den anderen bildgebenden Verfahren, die bei der Diagnose von IUAPA eingesetzt wurden, gehört die Ventilation-Perfusion (V/Q)-Lungenbildgebung, mit der sich das MacLeod-Syndrom leicht von IUAPA unterscheiden lässt [4, 5]. Der V/Q-Scan ist jedoch dadurch eingeschränkt, dass er die pulmonale Gefäßanatomie und die kollaterale arterielle Versorgung nicht darstellen kann.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kliniker und Radiologen bei einem Röntgenbild des Brustkorbs eines Erwachsenen, das eine hypoluzente, kontrahierte Lunge mit kleinem ipsilateralem Hilum und einer kontralateralen hyperluzenten Lunge zeigt, einen hohen Verdachtsindex für IUAPA haben sollten. Die Bestätigung der Diagnose kann entweder mit CT- oder MR-Bildgebung erfolgen, wobei letztere den zusätzlichen Vorteil hat, dass sie nicht ionisierend ist und die Möglichkeit zur Darstellung des Herzens und der zentralen Gefäße bietet.
Literatur
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Übersetzung aus Yiu MWC, Ooi GC, Chan JKF, Tsang KWT: A 59-Year-Old Female with Increasing Dyspnoea, an Unusual Rash and Myalgia. Respiration. 2000;67:341–345.