Blickdiagnose

Ein 45-jähriger, schwarzer, männlicher Patient mit chronischer Hepatitis C, welche bis 4 Monate zuvor mit pegyliertem Interferon und Ribavirin behandelt worden war, wurde wegen bakterieller Pneumonitis stationär aufgenommen. Die Untersuchungen ergaben zervikale, mediastinale und abdominale Lymphadenopathie.

Histologisch wurde bei einer nachfolgenden Analyse zervikaler Lymphknoten ein Ziehl-Neelsen-negatives nekrotisierendes granulomatöses Geschehen festgestellt. Ein Mantoux-Test fiel negativ aus, und in der bronchoalveolären Lavage zeigte sich eine lymphozytäre Alveolitis zu 60%, mit einem CD4/CD8-Verhältnis von 4. Das Angiotensin-Konversionsenzym war erhöht, und es lagen keine Anzeichen von uvealer Beteiligung oder Hyperkalziurie vor. Da mikrobiologische Untersuchungen auf Mykobakterien wiederholt negativ ausfielen – auch bei Analyse von Kulturen von Atemwegs- und peripherem Lymphknotengewebe –, wurde die vorläufige Diagnose einer Sarkoidose gestellt, und der Patient wurde mit einem Folgeterminplan und ohne Therapie außer oralen Virustatika (Entecavir) entlassen.

Etwa 3 Monate später kam der Patient in die Abteilung für Infektionskrankheiten unseres Krankenhauses; er litt unter hohem septischem Fieber und beidseitigem Pleuraerguss. Ein Thorax- und Abdomen-CT ergab eine kleine Anzahl nodulärer Elemente in beiden Lungenflügeln sowie einen perikardialen, bilateralen Pleuraerguss und multiple Knoten in der Milz.

Die Analyse der Pleuraflüssigkeit war unauffällig, mit Ausnahme der Prävalenz von Lymphozyten in der zytologischen Auswertung. Die Einleitung einer Steroidtherapie führte bei dem durch die langwierige fiebrige Erkrankung geschwächten Patienten zum Abklingen des Fiebers.

Der Zustand des Patienten besserte sich, und ein Thoraxröntgen zeigte eine Besserung des linksseitigen Pleuraergusses. Auf der rechten Seite jedoch zeigte es eine Verschlechterung, mit echographischen Anzeichen einer Multilokulation (Abb. 1).

 

Röntgenaufnahmen des Thorax. Die radiologische und radiometabolische Situation.

Abb. 1. Die radiologische und radiometabolische Situation. Die Röntgenaufnahmen des Thorax zeigen die unterschiedliche Entwicklung des Pleuraergusses mit Besserung links und gleichzeitiger Verschlechterung rechts.

 

Wie lautet Ihre Diagnose?

Übersetzung aus Respiration. 2017;93:296–300.

 

Die Diagnose lautet: Pleuratuberkulose vergesellschaftet mit einer systemischen sarkoiden Manifestation

Eine Positronen-Emissions-Tomographie/CT-Bildgebung bestätigte multiple Areale erhöhter Aufnahme von 18-Fluordesoxyglucose an den pleuralen Flächen, systemischen Lymphknoten und der Milz (Abb. 2). Der Patient wurde auf die Abteilung für interventionelle Pneumologie verlegt, um dort durch endoskopische Untersuchung des Thorax zu einer definitiven Diagnose zu gelangen. Dabei wurden eine geographische Pleuraverdickung (Abb. 3a) mit multiplen Multilokulationen sowie granulomatöse nekrotisierende Erkrankung auf der Ebene des Pleuragewebes festgestellt (Abb. 3b). Ziehl-Neelsen-Färbungen fielen jedoch erneut negativ aus, ebenso die Testung auf Tuberkulose (TB) mittels Polymerase-Kettenreaktion.

Das positive Ergebnis eines Quantiferon-Tests in Verbindung mit dem endoskopischen und dem histologischen Bild gab Anlass zur Einleitung einer antimikrobiellen Therapie(Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol und Pyrazinamid) und Absetzung der Steroide. Erneut trat hohes Fieber auf, und es kam zu einer GGT-Erhöhung sowie vermehrter Übelkeit und Bauchschmerzen. Die Zahl der zirkulierenden CD4-positiven Zellen betrug 173 Zellen/μl, ein HIV-Test war negativ. 20 Tage später führte die erneute Gabe von Steroiden (Methylprednisolon, 1 mg/kg) zu einer drastischen Besserung des Fiebers und der klinischen Gesamtsituation. Die Zahl der CD4-positiven Lymphozyten war 2 Wochen nach Wiederaufnahme der Steroidtherapie auf 391 Zellen/μl gestiegen.

Kulturen für Mycobacterium tuberculosis auf Pleuragewebeproben wurden 45 Tage nach der Thorakoskopie für positiv befunden, was zur Bestätigung der Diagnose einer pleuralen TB im Rahmen einer gleichzeitigen systemischen sarkoiden Manifestation führte.

Diskussion

Dennoch werden die Attribute «Nekrose» und «pleurale Beteiligung» im Zusammenhang mit einer Granulomatose in aller Regel als starker Hinweis auf TB gedeutet. Die Differenzialdiagnostik muss umfassend beschriebene Serien sarkoider Erkrankung der Pleura umfassen. Eine solche pleurale Beteiligung kommt häufig bei nekrotisierender Sarkoid-Granulomatose (NSG) vor, und eine Steroidtherapie scheint hier den klinischen Zustand zu verbessern [1].

 

Die radiologische und radiometabolische Situation

Abb. 2. Die radiologische und radiometabolische Situation. 18F-FDG-Positronen-Emissions-Tomographie/CT-Scan mit multiplen Arealen mediastinaler Lymphknoten, Pleuraflächen und der Milz, die vermehrte Aufnahme des radioaktiv markierten Tracers.

 

Sarkoidose ist eine stereotypisierte, Antigen-getriebene Immunerkrankung von heterogener Ätiologie [2]. Ein Jahrhundert epidemiologischer, molekularer und immunologischer Literatur hebt die Hypothese einer kausalen Rolle von Mykobakterien-Antigenen in bestimmten Fällen von Sarkoidose hervor [3, 4].

Es ist allgemein anerkannt, dass die klinischen Befunde in diesen Fällen unspezifisch sind. Die klassischen Manifestationsformen der Sarkoidose und der TB weisen eine Schnittmenge auf, die es bisweilen schwierig macht, ohne mikrobiologische Identifizierung eine endgültige Diagnose zu stellen [5]. Das Hepatitis-C-Virus kann ein Kofaktor in der Pathogenese der Sarkoidose sein; und ein enger Zusammenhang zwischen Interferontherapie und Sarkoidose ist beschrieben worden [6].

Sarkoid-Granulomatose und Tuberkulose sind manchmal schwer unterscheidbare Entitäten, selbst mit pathologischen Mitteln, wenn keine Bestätigung durch mikrobiologische Kulturen vorliegt. Tatsächlich kann bei Sarkoidose ein kontinuierliches Spektrum an Nekrosen vorliegen, von minimalen bis zu massiven Ausmaßen. Die so genannte Sarkoidose mit NSG-Pattern setzt einen angemessenen Ausschluss einer infektiösen Ätiologie voraus [7]. Wenn eine Mykobakterien-Kultur aus Sarkoidose-Gewebeproben negativ ausfällt, kann dies auf Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Gewebe aus kritisch betroffenen Arealen, die Besonderheit der Mikroorganismen, die Bakterienlast oder unzureichende Eigenschaften der Kulturtests zurückzuführen sein [3]. Die Positronen-Emissions-Tomographie kann als Orientierungshilfe für die chirurgische Biopsie bei NSG von Nutzen sein [8].

 

Endoskopische Ansicht und pathologische Untersuchung.

Abb. 3. Endoskopische Ansicht und pathologische Untersuchung. Thorakoskopische Ansicht (a) der rechten Pleurahöhle mit disseminierten fibrinösen Pleuraverdickungen und multiplen Multilokulationen. Pathologische Untersuchung der Pleurabiopsieprobe (b) mit granulomatösem, verkäsendem und nekrotisierendem Muster. HE. ×200.

 

Das gleichzeitige Vorliegen von Tuberkulose und Sarkoidose ist eine selten beschriebene [9] und wahrscheinlich stark unterschätzte Entität [10]. Eine bronchoalveoläre Lavage ermöglicht keine trennscharfe Unterscheidung zwischen Sarkoidose und anderen Ursachen lymphozytärer Alveolitis wie z.B. TB [11]. Der hier beschriebene Fall stützt die Hypothese, dass eine sich systemisch manifestierende Sarkoidose, die sich unter Steroidtherapie bessert, gleichzeitig mit einer pleuralen TB mit niedriger Antigenlast auftreten kann.

Nuklearmedizinische Verfahren und thorakoskopische Befunde zu Gewebeproben müssen im beschriebenen diagnostischen Prozess berücksichtigt werden, um eine mykobakterielle Infektion als Ursache für eine gleichzeitig vorliegende sarkoide Manifestation zu bestätigen. Die Entscheidung, sowohl die Steroid- als auch die Anti-TB-Therapie fortzusetzen, erwies sich als richtig angesichts des spät nachgewiesenen Wachstums von TB-Mykobakterien nur in Pleuragewebeproben.

In den meisten Fällen kann die Diagnose einer nekrotisierenden Sarkoidose und einer TB mit niedriger Antigenlast nicht gestellt werden; behandelnde Ärzte sollten dennoch die weniger wahrscheinliche klinische Hypothese pharmakologisch abdecken und dabei den klinischen Verlauf und die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen engmaschig beobachten, um irreparable Schäden im Falle einer Fehldiagnose zu vermeiden.

Literatur

  1. Chittock DR, Joseph MG, Paterson NA, Mc-Fadden RG: Necrotizing sarcoid granulomatosis with pleural involvement. Clinical and radiographic features. Chest 1994; 106: 672–676.
  2. Moller DR: Treatment of sarcoidosis – from a basic science point of view. J Intern Med 2003;253: 31–40.
  3. Drake WP, Newman LS: Mycobacterial antigens may be important in sarcoidosis pathogenesis. Curr Opin Pulm Med 2006; 12: 359–363.
  4. Fité E, Fernández-Figueras MT, Prats R, Vaquero M, Morera J: High prevalence of Mycobacterium tuberculosis DNA in biopsies from sarcoidosis patients from Catalonia, Spain. Respiration 2006;73:20–26.
  5. Agarwal R, Gupta D: Tuberculous sarcoidosis: is it a separate entity? Lung India 2009;26:61–62.
  6. Ramos-Casals M, Mañà J, Nardi N, Brito-Zeròn P, Xaubet A, Sãnchez-Tapias JM, Cervera R, Font J; HISPAMEC Study Group: Sarcoidosis in patients with chronic hepatitis C virus infection: analysis of 68 cases. Medicine (Baltimore) 2005;84:69–80.
  7. Rosen Y: Four decades of necrotizing sarcoid granulomatosis. What do we know? Arch Pathol Lab Med 2015;139:252–262.
  8. Arfi J, Kerrou K, Traore S, Huchet V, Bolly A, Antoine M, Delaunois L, Vander Borght T, Talbot JN: F-18 FDG PET/CT findings in pulmonary necrotizing sarcoid granulomatosis. Clin Nucl Med 2010;35:697–700.
  9. Wong CF, Yew WW, Wong PC, Lee J: A caseof concomitant tuberculosis and sarcoidosis with mycobacterial DNA present in the sarcoid lesion. Chest 1998;114:626–629.
  10. Lin JY, Sheu SJ: Ocular sarcoidosis and tuberculous lymphadenopathy: coincidence or real association. J Ophthal Inflamm Infect 2011; 1:137–140.
  11. Bretagne L, Diatta I-D, Faouzi M, Nobile A, Bongiovanni M, Nicod LP, Lazor R: Diagnostic value of the CD103+CD4+/CD4+ ratio to differentiate sarcoidosis from other causes of lymphocytic alveolitis. Respiration 2016;91:486–496.

 

Übersetzung aus Carbonelli C, Giuffreda E, Palmiotti A, et al.: Coexistent Sarcoidosis and Tuberculosis: A Case Report. Respiration. 2017;93(4):296–300.

Korrespondenz

Cristiano Carbonelli, MD, [email protected]