Liebe Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich freue mich und empfinde es als besonderes Privileg, diese Ausgabe des Kompass Pneumologie mit einem Editorial begleiten zu dürfen.
Die Kinderpneumologie entwickelt sich so rasant wie noch nie. Die immer besser werdende Einsicht in molekulare Mechanismen und pathophysiologische Zusammenhänge ermöglicht uns ein neues Maß an Verständnis über eine Vielzahl von Krankheiten. Somit können wir unsere therapeutischen Ansätze immer gezielter und individualsierter durchführen als noch vor kurzer Zeit. Die Individualisierung der Medizin schreitet in großen Schritten voran! So fokussiert sich z.B. bei der Mukoviszidose unser therapeutisches Vorgehen nahezu vollständig auf die zugrundeliegende genetische Mutation. Auch bei schwerem Asthma bronchiale wird inzwischen im Kindes- und Jugendalter je nach zugrundeliegendem Pathomechanismus, und somit äußerst individuell, therapiert. Dies empfinden wir als großartigen Fortschritt, der unser klinisches Handeln bestimmt und unseren jungen Patientinnen und Patienten zugutekommt.
Auf der anderen Seite zwingen uns derartige Weiterentwicklungen aber auch zur kontinuierlichen Auseinandersetzung mit den Kosten für diagnostische und therapeutische Verfahren. Individualisierte Therapieansätze sind in Bezug auf Zeit, Ressourcen und auch Kosten meist aufwendiger als herkömmliche Verfahren. Hinzu kommen der Fachkräftemangel im pflegerischen und im ärztlichen Bereich, sowie der fortwährende Druck zur Ambulantisierung im Gesundheitswesen. Kurzum, die Herausforderungen für Kliniken und Praxen sind gewaltig, und die Zukunft unseres Gesundheitssystems ist in vielen Punkten des Reformgesetzes noch unklar.
Dabei ist eines jedoch klar: Eine kindgerechte Versorgung braucht nicht nur medizinische Innovation, sondern auch politische und strukturelle Rahmenbedingungen, um innovative Hochleistungsmedizin auch für Kinder zu ermöglichen. Die Spezialisierungen im Bereich der Pädiatrie stehen denen der Erwachsenenmedizin in nichts nach und wir werden uns auch weiterhin für die Anerkennung dieser Tatsache mit allen Kräften einsetzen! Die kommende Gesundheitsreform hätte die Chance, hier entscheidende Weichen zu stellen und wir hoffen sehr, dass auf die konkreten Forderungen der pädiatrischen Fachgesellschaften eingegangen wird.
Im Artikel von Yuko Tsujioka und Kollegen finden Sie eine anschauliche Übersicht über die parenchymatösen Lungenerkrankungen im Kindesalter. Dies ist eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, die uns immer wieder vor diagnostische und therapeutische Herausforderungen stellt. Auch im Bereich dieser Erkrankungen entwickelt sich unser Wissen rasant weiter, so dass neue Klassifikationen notwendig sind.
Xiaoxiao Song und Mitautoren gehen in der Rubrik Erfahrung aus der Praxis in anschaulicher Weise auf eine sich verändernde Welt bakterieller Atemwegserreger ein, die uns Erfahrungswerte bei der Behandlung von schweren Infektionen mit Mycoplasma pneumoniae geben, wie sie zuletzt immer häufiger aufgetreten sind.
Ich wünsche Ihnen viel Freude und spannende Einblicke bei der Lektüre dieser Ausgabe!
Zum Schluss bleibt mir zur eines zu sagen: Bleiben Sie dem wunderbaren Fach der Pädiatrie (in diesem Falle: insbesondere der Kinderpneumologie) treu und lassen Sie uns auf allen Kanälen, in allen Netzwerken und über die Fachgesellschaften hinaus dafür eintreten, dass die Kindermedizin die gleiche Wertschätzung und Anerkennung der verschiedenen Spezialisierungen erfährt wie der Bereich der Erwachsenenmedizin.
Mit freundlichen, kollegialen Grüßen
Prof. Dr. Philippe Stock