Die Lunge ist das am häufigsten von Infektionen betroffene Organ. Dies wurde uns gerade in diesem Jahr schmerzlich im Rahmen der COVID-19-Pandemie durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 erneut sehr bewusst gemacht. Das Zielorgan des SARS-CoV-2-Erregers ist primär das respiratorische System. Auch wenn das Thema COVID-19 so omnipräsent ist, unseren Alltag deutlich verändert hat und auch sicher noch länger relevant beeinflussen wird, gibt es noch viele andere pulmonale Infektionen.
Pulmonale Infektionen sind mit einer hohen Morbidität und Mortalität assoziiert. Viele Patienten mit pulmonalen Infektionen haben relevante Komorbiditäten, die Einfluss auf den Verlauf der Infektion nehmen. Die Verfahren zur Diagnostik und Schweregradeinstufung sind zunehmend komplex. Die Therapie akuter und chronischer Infektionen der Lunge ist stark abhängig von der Wechselwirkung von Pathogen und erkranktem Individuum sowie der Art der Infektion. Zudem sind die Erreger pulmonaler Infektionen mit zunehmender Häufigkeit resistent gegen viele antimikrobielle Therapien. Es fehlen zudem noch adjuvante Therapiestrategien, die in Kombination mit einer antimikrobiellen Therapie das Outcome pulmonaler Infektionen verbessern.
Historisch hat sich das Fach der Pneumologie auch primär aus der pulmonalen Infektiologie entwickelt, der Phtisiologie, die sich mit der Pflege, Behandlung und Untersuchung der Lungentuberkulose beschäftigt. Aufgrund der Häufigkeit und hohen Mortalität war vor allem die Lungen-Tuberkulose früher ein großes Problem. Heute ist sie demgegenüber mit etwa 5500 neu diagnostizierten Fällen in Deutschland viel seltener geworden (Stand 2018). Dadurch sind die allgemeinen Kenntnisse zur Tuberkulose in der Ärzteschaft im Vergleich zu früheren Jahren geringer geworden. Die Pneumologen sind aber auch heute immer noch die am häufigsten mit dem Thema Tuberkulose beschäftigte Fachgruppe, da sich die Tuberkulose am häufigsten pulmonal manifestiert.
In dieser Ausgabe des Kompass Pneumologie werden daher wichtige Themen der Infektionskrankheiten, die die Lunge betreffen, aufgegriffen. Ein Wissenstransfer in diesem Heft widmet sich der «Pneumonie als Notfall» [1]. Die Mortalität der ambulant erworbenen Pneumonie ist immer noch sehr hoch und hat sich in den letzten 60 Jahren kaum reduzieren lassen. Ziel muss deshalb eine bessere Erkennung von Patienten sein, bei denen mit einem schlechten Outcome oder einem komplizierten Verlauf zu rechnen ist. Hierbei helfen die Anwendung von Scores oder von Biomarkern. Ein weiteres, bisher kaum bekanntes und in Zukunft sicher wichtiger werdendes Thema ist das Mikrobiom, das sowohl in der Krankheitsentstehung als auch in der Therapie bisher nicht ausreichend Beachtung findet [2]. Dieser Komplex des Mikrobioms wird in der sehr schönen Übersichtsarbeit aufgearbeitet. Zudem werden auch neue innovative diagnostische Techniken wie die bakterielle PCR zur Erkennung des Erregers [3] oder auch die elektronische Nase zur Diagnose einer Ventilator-assoziierten Pneumonie [4] behandelt.
Es erwarten Sie also viele spannende, aktuelle und sehr wichtige Themen aus dem Bereich der pulmonalen Infektionen. Und auch im nächsten Jahr werden Sie Neues aus der pneumologischen Infektiologie im Rahmen eines Schwerpunkt-Heftes zu COVID-19 erfahren können, das Mitte Februar 2021 erscheinen wird.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß und spannende neue Erkenntnisse beim Lesen der neuesten Ausgabe des Kompass Pneumologie.
Ihr
Prof. Dr. Stefan Krüger
Literatur
Alessandro Tafuri and Marco Sebben contributed equally to this work.