Zusammenfassung
Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (chronic obstructive pulmonary disease, COPD) wird durch das langjährige aktive oder passive Einatmen schädlicher Partikel und Gase (vor allem, aber nicht nur, Zigarettenrauch) verursacht, wodurch es zu einer anhaltenden angeborenen und adaptiven Immunantwort in der Lunge kommt. Diese Immunantwort ist mit einer Störung der Gewebereparatur- und Remodelingprozesse verbunden und führt zu einer chronischen Entzündung mit übermäßiger Schleimproduktion in den zentralen Atemwegen und zu einer dauerhaften Zerstörung der kleinen Atemwege sowie der Gasaustausch-Oberfläche in der peripheren Lunge. Derzeit bestehen die Hauptziele der Behandlung bei COPD in einer Bronchodilatation zur Symptomkontrolle (durch inhalative kurz und lang wirksame β-Agonisten- und antimuskarinische Wirkstoffe) sowie in der Gabe unspezifischer breit wirksamer Entzündungshemmer (wie inhalative und orale Kortikosteroide, Phosphordiesterase-Hemmer und Makrolide). Diese bewirken eine symptomatische Linderung, haben jedoch, wenn überhaupt, nur einen sehr geringen Einfluss auf das Fortschreiten der Erkrankung oder die Mortalität. Mit zunehmendem Verständnis der Immunpathogenese der COPD wurden Immunmodulationstherapien verfügbar, die in der Lage sind, schädliche Immunmechanismen zu verändern oder zu stören, wodurch das unaufhaltsame Fortschreiten der Lungengewebezerstörung verlangsamt wird. In der vorliegenden kurzen Übersichtsarbeit sollen das aktuelle Wissen über die Immunpathogenese sowohl der Atemwegs- als auch der Parenchymschädigung sowie die gestörten Gewebereparaturprozesse erörtert werden, und es werden immunmodulierende Interventionen vorgeschlagen, die versuchen, die pathologischen Veränderungen zu stabilisieren oder in ihren Normalzustand zurückzuversetzen. Ziel der Immunmodulationstherapie ist es letztendlich, die mit der COPD verbundene Morbidität und Mortalität zu senken.
Einleitung
Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (chronic obstructive pulmonary disease, COPD) ist ein Sammelbegriff für ein breites Spektrum von Erkrankungen der großen und kleinen Atemwege sowie des Lungenparenchyms. COPD ist derzeit die vierthäufigste Ursache für chronische Morbidität und Mortalität in den USA, und unter den führenden Todesursachen ist COPD eine der wenigen Krankheiten, bei denen die Mortalitätsraten weiter steigen. Nach Prognosen der Weltgesundheitsorganisation wird die COPD im Jahr 2020 weltweit die dritthäufigste Todesursache sein [1]. Ätiologisch liegt der COPD ein chronisch-entzündlicher Immunprozess zugrunde, der in den kleinen luftleitenden Atemwegen beginnt und sich bis in das Parenchym ausbreitet, wo er phänotypisch unterschiedliche emphysematische Zerstörungen auslöst. Diese schreiten bei einem Großteil der Patienten weiter fort, auch nachdem sie mit dem Rauchen aufgehört haben. Seit mehr als 20 Jahren ist die Forschung darauf ausgerichtet, die Art der Entzündungs- und Remodelingreaktionen in den Atemwegen und im Lungengewebe bei COPD zu charakterisieren, um zielgerichtete Wirkstoffe zu entwickeln, die die Auswirkungen der Krankheit minimieren. Etliche der derzeit bei COPD eingesetzten therapeutischen Interventionen, wie Bronchodilatatoren, inhalative Kortikosteroide (inhaled corticosteroids, ICS), Makrolide und Phosphodiesterasehemmer (PDE4-Inhibitoren) haben eine symptomatische Linderung der Auswirkungen der aggressiven Gewebeschädigungs- und Reparaturprozesse bei COPD gebracht. Allerdings konnte bislang für keinen der Wirkstoffe gezeigt werden, dass sie die fortschreitende Natur (Rückgang des forcierten exspiratorischen Volumens in einer Sekunde [FEV1] im Zeitverlauf) oder die Mortalität der Krankheit signifikant beeinflussen. Die globalen Auswirkungen der COPD sind eine Triebkraft dafür, weiter nach Entzündungsmechanismen oder -signalwegen zu suchen, die als therapeutische Angriffspunkte dienen könnten. Bessere Untersuchungsverfahren zur Aufklärung des komplexen entzündlichen Umfelds bei COPD könnten den Weg für stärker zielgerichtete neuartige Wirkstoffe (kleine Moleküle oder Biologika) ebnen, um die progrediente entzündliche Natur der Krankheit und letztlich die Behandlungsergebnisse bei COPD zu verändern. Die vorliegende Übersichtsarbeit konzentriert sich auf die immuninflammatorische Natur der COPD sowie auf aktuell bekannte und potenzielle neuartige Entzündungsmechanismen, die sich möglicherweise therapeutisch beeinflussen lassen, um die Morbidität und Mortalität der COPD zu verbessern.
COPD-Endotypen
Bei der COPD handelt es sich um eine komplexe und heterogene Lungenerkrankung. Dennoch sind Diagnose, Behandlung und Therapieleitlinien empirisch und basieren immer noch auf relativ einfachen klinischen Messungen (Atemflusseinschränkung, Exazerbationsfrequenz) und nicht auf den zugrunde liegenden pathobiologischen Mechanismen des Krankheitsprozesses (Endotyp), die für die Entwicklung und das Fortschreiten der Krankheit verantwortlich sind [2]. Die meisten chronischen Krankheiten des Menschen, wie beispielsweise COPD, sind selten durch einen einzigen Gendefekt bedingt, sondern werden durch mehrere Gene verursacht, die mit vielen verschiedenen molekularen Netzwerken von Proteinen und Metaboliten interagieren. Diese werden oftmals durch einen Umweltauslöser beeinflusst, was zum Phänotyp der klinischen Krankheit führt (Abb. 1). Auf biologischer Ebene können bei dieser Erkrankung verschiedene Subtypen oder Endotypen auftreten, die sich unter Umständen anhand von Biomarkern identifizieren lassen (d.h. objektive Messung eines normalen biologischen Prozesses oder Zustands, eines pathogenen Prozesses oder einer pharmakologischen Reaktion auf eine therapeutische Intervention) [2, 3]. Das Konzept der COPD-Endotypen ist aus einem tieferen Verständnis der Pathobiologie von Atemwegs- und Lungenparenchymerkrankungen hervorgegangen, bei denen eine direktere und genauere immunmodulierende Therapie möglich ist. Die molekulare Netzwerkanalyse (…omik) bietet eine Plattform, um die molekulare Komplexität einer bestimmten Krankheit zu untersuchen, Krankheitsmechanismen zu identifizieren und molekulare Zusammenhänge zwischen bestimmten Krankheitsphänotypen zu erforschen. Daher lassen sich mithilfe der Netzwerkmedizin potenziell nicht nur neue Genvarianten identifizieren, die Krankheiten verursachen oder damit assoziiert sind, sondern auch epigenetische Veränderungen, die die Genexpression beeinflussen sowie nachgeschaltete Veränderungen in Proteinen und Stoffwechsel mit biologischer Bedeutung für die phänotypische Krankheitsexpression. Außerdem lassen sich damit Arzneimittelangriffspunkte und Biomarker für eine so komplexe Krankheit wie COPD identifizieren. So kann beispielsweise die Natur der Atemwegsentzündung zwischen Patienten mit stabiler COPD oder COPD mit häufigen Exazerbationen stark variieren. Bei einem Großteil der Patienten mit COPD ist die Atemwegsentzündung durch eine eosinophile Inflammation gekennzeichnet, wie sie häufig bei Asthma-Patienten auftritt und bei diesen Patienten stellen ICS oder Biologika gegen die Interleukin (IL)-5-Kaskade potenziell wirksame Behandlungsmöglichkeiten dar. Demgegenüber sind bei Patienten mit überwiegend neutrophiler Inflammation ICS eher unwirksam oder bergen das Risiko für schwerwiegende negative Folgen wie die Entwicklung einer Pneumonie oder Tod [4]. Bei diesem Endotyp handelt es sich um einen Subtyp der COPD, der durch einen bestimmten pathophysiologischen Mechanismus definiert ist (T-Helferzell-Typ 2 [Th2]-bedingte eosinophile Atemwegsentzündung). Im Gegensatz zu Endotypen sind Phänotypen nicht notwendigerweise mit spezifischen biologischen Mechanismen (Endotypen) verbunden, und viele können sogar mehreren Endotypen entsprechen (z.B. häufige Exazerbationen, Patienten mit kardiovaskulären Komorbiditäten). Die Assoziation von Endotypen mit klinischen Phänotypen und endotypspezifischen Biomarkern ist entscheidend, da Phänotypen und Biomarker für Kliniker besser zugänglich sind als Endotypen. Eine gut untersuchte COPD-Untergruppe, der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, erfüllt alle Kriterien für einen Endotyp. Weitere potenzielle COPD-Endotypen werden derzeit beschrieben, darunter zum Beispiel COPD mit persistierender systemischer Entzündung oder COPD, die durch eine Kolonisierung der Atemwege (und ein verändertes Mikrobiom der Lunge) mit oder ohne Bronchiektasen gekennzeichnet ist [5], oder COPD mit überwiegend Th2-Entzündungsreaktion, die durch eine eosinophile Inflammation der Atemwege sowie eine systemische Eosinophilie charakterisiert ist. Wie die durch Alpha-1-Antitrypsinmangel bedingte COPD können diese Endotypen für spezifische immunmodulierende Therapien zugänglich sein. Andere weniger gut definierte potenzielle Endotypen, die es wert sind, näher untersucht zu werden, sind COPD-Patienten mit Komorbiditäten wie Sarkopenie und Muskelschwund, die gemeinsame molekulare Mechanismen aufweisen und mögliche gemeinsame therapeutische Angriffspunkte darstellen [6]. Ebenso könnte es sich bei COPD-Patienten, die an Lungenkrebs erkranken, um einen spezifischen Endotyp handeln [7]. COPD-Patienten mit einem ausgeprägten Emphysem weisen ein sehr viel höheres Risiko auf, Lungenkrebs zu entwickeln als Patienten ohne Emphysem [8, 9]. Dies spricht für einen synergistischen Effekt zwischen der Emphysem-Pathogenese und Lungenkrebs. Die verbindenden molekularen Mechanismen von Emphysem und Lungenkrebs sind unklar, doch ist ein Schlüssel für die Pathogenese beider Erkrankungen höchstwahrscheinlich in der chronischen immuninflammatorischen Reaktion zu sehen, die die COPD kennzeichnet. Darüber hinaus ist ein besseres Verständnis der komplexen molekularen Netzwerke, die für solche Zusammenhänge charakteristisch sind, entscheidend, um wirksame immunmodulierende therapeutische Strategien für die jeweiligen Endotypen zu entwickeln. Ein systembiologischer Ansatz zum Verständnis und zur möglichen therapeutischen Modifizierung dieser komplexen molekularen, funktionellen, klinischen und umweltbezogenen Netzwerke ermöglicht es, die Pathobiologie und die verschiedenen Endotypen der Krankheit besser zu verstehen und kann die Entwicklung neuartiger therapeutischer Interventionen erleichtern.
Gen-Umwelt-Interaktionen, die die Endo-/Phänotypen der COPD verursachen.
Pathobiologie der COPD
Die dauerhafte Exposition gegenüber inhalierten toxischen Gasen und Partikeln ist ein wichtiger primärer ätiologischer Faktor für die Entwicklung einer COPD, allerdings bestehen erhebliche Unterschiede in der Reaktion des Wirts auf schädliche Umwelteinflüsse. Die Exposition verursacht eine Entzündung der großen und kleinen Atemwege, die ein Kennzeichen der zugrunde liegenden Pathologie bei COPD ist [10]. Die Entzündungsreaktion in den Atemwegen breitet sich auf das Lungenparenchym aus, führt zu einer Zerstörung der Alveolarwände und in der Folge zum Emphysem [11]. Entzündungsmediatoren bewirken eine anhaltende Infiltration von Immunzellen, deren destruktive Enzyme an der fortschreitenden Zerstörung der Lunge bei COPD beteiligt sind [12]. Diese Zerstörung löst ein Remodeling aus, das sowohl in den zentralen und distalen Atemwegen als auch im Lungenparenchym zu beobachten ist. Bei diesem Prozess, der mit strukturellen Veränderungen einhergeht, kommt es zu einer Hyperplasie der Atemwegsepithelzellen, Verdickung der retikulären Basalmembran, Ablagerung von Kollagen, peribronchialer Fibrose, epithelial-mesenchymaler Transition und Hyperplasie der glatten Bronchialmuskelzellen [10]. Bei COPD setzt bereits früh ein Remodeling der kleinen Atemwege ein, das sich auf das Parenchym ausbreitet und zur Entwicklung eines Emphysems beiträgt [10]. Durch das Remodeling werden die kleinen Atemwege verlegt und die damit verbundenen Umbauprozesse sind die Hauptursache für die bei COPD-Patienten zu beobachtende Atemflusseinschränkung. Die Mechanismen, die dieser Kette von Ereignissen zugrunde liegen, sind weiterhin unklar und Gegenstand intensiver Untersuchungen. Gemäß einer übergreifenden Hypothese verursacht der durch die Einatmung schädlicher Gase und Partikel bedingte (exogene und endogene) oxidative Stress eine komplexe Entzündungsreaktion in den Atemwegen und im Lungengewebe, die schließlich zu der umfassend beschriebenen Pathologie der COPD führt (Abb. 2). Das Verständnis der Mechanismen, die diesem Prozess zugrunde liegen, ist entscheidend für eine gezielte immunmodulierende Therapie bei COPD.
Rolle der Entzündungszellen bei der Pathogenese der COPD
Die angeborene Immunantwort auf das Einatmen toxischer Partikel und Gase bewirkt eine vermehrte Einwanderung von Makrophagen und Neutrophilen in das geschädigte Gewebe. Die infiltrierenden Immunzellen bilden die erste Verteidigungslinie gegen die eingeatmeten toxischen Partikel und Gase. Dabei kommt es zu einer Antigenpräsentation gegenüber den dendritischen Zellen und Makrophagen, durch die die adaptive Immunantwort aktiviert wird [13]. Die anhaltende angeborene Immunantwort und insbesondere die nachgeschaltete adaptive Immunantwort tragen dazu bei, dass die Gewebezerstörung auch nach Aufgabe des Rauchens weitergeht [14]. Makrophagen befinden sich in den Atemwegen, Alveolen und im Interstitium der Lunge. Sie sind in der Lage, akute und chronische Entzündungsreaktionen zu modulieren [15]. Sie gehören zu den wichtigsten Quellen für Zytokine und Entzündungsmediatoren in den Atemwegen, und phagozytieren neben Partikeln, Bakterien und apoptotischen Zellen [16]. Darüber hinaus fördern die Bildung und Freisetzung dieser Mediatoren aus Makrophagen auch die Akkumulation anderer Entzündungszellen wie Neutrophiler, einer wichtigen Komponente der chronischen angeborenen Immunantwort bei COPD [17]. Neutrophile wandern aus den Lungenkapillaren in die Lufträume ein und töten aufgenommene opportunistische Mikroben (Pilze, Protozoen, Bakterien und Viren) mit ihrem Arsenal aus reaktiven Sauerstoffspezies, antimikrobiellen Proteinen und abbauenden Enzymen wie Elastase [18]. Es wurde gezeigt, dass eine übermäßige Bildung und Freisetzung sowie eine unzureichende Neutralisierung dieser potenziell gewebeschädigenden Moleküle zur Gewebeschädigung und -zerstörung bei COPD [19] beitragen. Lymphozyten sind sowohl an der angeborenen als auch an der adaptiven Immunantwort bei COPD beteiligt. Sie sind in den Atemwegen und im Lungenparenchym zu finden und lassen sich 2 Hauptpopulationen zuordnen: aus dem Thymus stammende T-Zellen und aus dem Knochenmark stammende B-Zellen. Die T-Zellen umfassen 2 große Untergruppen (CD4+- und CD8+-Zellen mit weiterer Aufteilung in Th1 und Th2) und sind für die zellvermittelte Immunität verantwortlich, wohingegen die B-Lymphozyten Immunglobuline bilden. Th1-Zellen spielen bei der zellulären Immunität eine zentrale Rolle und Th2-Zellen bei der humoralen Immunität. Die Th2-assoziierten Zytokine, zu denen Interleukin 4, 5, 9 (IL-4, IL-5, IL-9) und Toll-like-Rezeptor 13 (TL-13) gehören, fördern die IgE-Bildung und eosinophile Reaktionen, die gegenwärtig als eigenständiger Endotyp in der COPD anerkannt sind [20]. Eine gestörte Th1/Th2-Reaktion ist mit einer Vielzahl chronisch-entzündlicher Atemwegserkrankungen wie Asthma und chronische Bronchitis verbunden. CD8+-T-Zellen bilden Moleküle, die infizierte Zellen und Tumorzellen töten. Natürliche Killer (NK-)Zellen sind eine Untergruppe von T-Zellen ohne antigenspezifische Rezeptoren und NKT-Zellen, die ähnliche Eigenschaften wie NK-Zellen besitzen, bekämpfen Bakterien, Protozoen und Viren [13]. Die histologische Untersuchung von COPD-Lungengewebe ergab, dass der Remodeling- und Zerstörungsprozess des bronchiolären und alveolären Gewebes mit einer starken Infiltration von Makrophagen, CD4-, CD8- und B-Zellen sowie der Entstehung tertiärer lymphatischer Organe verbunden ist [21]. Interessanterweise zeigte die Gene Set Enrichment Analysis (GSEA) in COPD-Geweben mit CD4-, CD8- und B-Zellinfiltration, dass Gene, die bekanntermaßen von NK-Zellen, Lymphoid-Tissue-Inducer-Zellen (LTi-Zellen) und Innate Lymphoid Cells (ILC1) (aber nicht von ILC2- oder ILC3-Zellen) exprimiert werden, in COPD-Geweben angereichert wurden [22, 23]. Dies spricht dafür, dass Lymphozyten des angeborenen Immunsystems an der emphysematischen Zerstörung bei COPD beteiligt sind, die möglicherweise durch eine Th1-Reaktion verursacht wird, die wiederum durch eine Infiltration von ILC1-, NK- und Lymphoid-Tissue-Inducer-Zellen aktiviert wird. Möglicherweise könnte ein gezielter Angriff der Th1-Signalwege die fortschreitende Zerstörung von Lungengewebe bei COPD abschwächen.
Rolle der Strukturzellen bei der Pathogenese der COPD
Entzündungszellen spielen eine zentrale Rolle bei der Auslösung und Modulation akuter und chronischer Entzündungsreaktionen der Atemwege, wohingegen strukturelle Gewebezellen wie Epithelzellen, Endothelzellen und mesenchymale Zellen den von Immunzellen ausgelösten Entzündungsprozess entscheidend verstärken und modulieren [24, 25].
Atemwegsepithel
Das respiratorische Epithel reagiert auf Umwelteinflüsse (wie Zigarettenrauch oder Luftschadstoffe) und bildet Chemokine, Zytokine und antimikrobielle Peptide [25-27], die die Einwanderung von Immunzellen (wie Neutrophilen und Makrophagen) in die Lufträume regulieren. Außerdem besteht die Bronchialschleimhaut aus einem mukoziliären mehrreihigen Epithel mit überwiegend zilientragenden Zellen sowie schleimbildenden Becherzellen in den großen Atemwegen und Basalzellen/Keulenzellen in den kleinen Atemwegen, die eine physikalische und chemische Barriere zur Neutralisierung und Entfernung eingeatmeter Toxine und Partikel bilden. Die Zellsekrete enthalten Mediatorstoffe, die die Entzündungsreaktion und die Chemotaxis sowie die Abwehr von Mikroben beeinflussen, indem sie das oxidative/proteolytische Gleichgewicht regulieren [28, 29]. Über Mustererkennungsrezeptoren und transepithelialen Immunglobulintransport initiieren und regulieren die Epithelzellen der Atemwege zudem sowohl die angeborene und als auch die adaptive Immunantwort [30]. Bei chronisch entzündlichen Atemwegserkrankungen (wie COPD) sind diese komplexen Prozesse gestört, so dass es zu einer veränderten epithelialen Integrität und einer Störung der physikalischen und chemischen Barrierefunktion der Lungenoberfläche kommt [30].
Endothelzellen
Es liegen zunehmend Belege vor, nach denen es bei der Pathogenese der COPD teilweise zu einer Aktivierung und letztlich Apoptose der Lungenkapillaren kommt. Diese spielen eine entscheidende Rolle bei der Pathogenese der Alveolarwandschädigung und -zerstörung und der dadurch bedingten Emphysementstehung [31, 32]. Gordon et al. [33] stützen dieses Konzept, indem sie zeigten, dass Raucher und in stärkerem Maße Raucher, bei denen schon früh Hinweise auf eine Zerstörung des Lungengewebes vorliegen (normale Spirometrie, aber niedrige Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität der Lunge [DLCO]), erhöhte Konzentrationen an zirkulierenden endothelialen Mikropartikeln (EMPs) oder Exosomen aufweisen. Bedeutsam ist dabei, dass ein Großteil dieser EMPs aus den Lungenkapillaren stammt und Merkmale apoptotischer EMPs aufweist, d.h. sie entstammen Lungenendothelzellen, die zur Apoptose angeregt wurden. Interessanterweise sinkt die Konzentration der zirkulierenden EMPs auf ähnliche Werte wie bei Nichtrauchern, wenn Personen mit erhaltener Lungenfunktion mit dem Rauchen aufhören, wohingegen dies bei Patienten mit diagnostizierter COPD nicht der Fall ist. Dies spricht dafür, dass die Schädigung der Alveolarwände bei Patienten mit diagnostizierter COPD weiter fortschreitet, nachdem sie mit dem Rauchen aufgehört haben [34]. Die in der Lunge von Emphysem-Patienten beobachtete endotheliale Apoptose ist umfangreich beschrieben. Bei Patienten mit COPD ist eine erhöhte DNA-Fragmentierung in den Lungenkapillaren und im Endothel der Arteriolen nachweisbar und in der Lunge von Patienten mit Lungenemphysem kommt es im Vergleich zu Nichtrauchern oder Rauchern ohne Lungenemphysem zu einem verstärkten Zelltod der alveolären Endothel- und Epithelzellen. Die Konzentration des aus dem Alveolarepithel stammenden vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors, der das Endothel gesund erhält, ist bei Emphysem verringert, was zu den komplexen Zerstörungsmechanismen der Lungenkapillare beiträgt [32]. Erhöhte EMP-Konzentrationen sind bei COPD im Frühstadium (GOLD I und II) bereits vor deutlichen emphysembedingten Veränderungen der Lungendichte in der hochauflösenden Computertomographie (high resolution computed tomography, HRCT) des Thorax nachweisbar [34]. Daher könnten EMPs ein hilfreicher Frühindikator für eine Lungenschädigung bei COPD sein und einen potenziellen Angriffspunkt für frühzeitige therapeutische Interventionen zur Erhaltung der Endothelgesundheit darstellen.
Mesenchymale Zellen
Mehrere hochwertige Studien haben gezeigt, dass die kleinen Atemwege zerstört werden und verschwinden, was zu einer frühzeitigen Funktionsstörung und Atemflusseinschränkung bei COPD beiträgt [35]. Die durch schädliche Gase und Partikel (z.B. Zigarettenrauch) induzierten destruktiven Entzündungsprozesse, die schließlich zu COPD führen, sind zum Teil durch ein Versagen der Reparatur- und Remodeling- und/oder Regenerationsprozesse in der Lunge bedingt. Zunehmend werden Vorläufer- oder Stammzellen verwendet, mit dem Ziel, die kleinen Atemwege und das Alveolargewebe zu regenerieren und dadurch die Lungenfunktion von COPD-Patienten wiederherzustellen [36]. Untersuchungen an Tieren haben gezeigt, dass menschliche Lungenstammzellen zur Regeneration des distalen Lungengewebes beitragen können [37]; daher könnte die Gabe von Stammzellen aus exogenen Quellen eine innovative therapeutische Option zur Behandlung von COPD darstellen. Alternativ haben Fortschritte in der mesenchymalen Stromazellen (mesenchymal stromal cell, MSC)-Therapie auch diesen Ansatz zu einem aussichtsreichen Kandidaten für die klinischen Anwendung in der Behandlung von COPD gemacht [38]. Diese Zellen lassen sich aus einer Vielzahl von Geweben gewinnen und hoch effizient expandieren. Die MSCs besitzen nachweislich ausgeprägte immunsuppressive Eigenschaften und sind potenziell in der Lage, die immuninflammatorische Reaktion in der Lunge zu modulieren. Allerdings befindet sich das Verständnis der genauen Rolle dieser zellbasierten Behandlung von Patienten mit COPD und speziell Emphysem noch in den Anfängen. Ermutigende Ergebnisse zu MSCs als adjuvante Therapie in Kombination mit anderen Therapien (z.B. endobronchialer Ventilimplantation) [39] zeigten Vorteile hinsichtlich einer Verbesserung der Lungenfunktion, bei den Maßen der Lebensqualität und in Bezug auf den Rückgang von Biomarkern für eine systemische Entzündung [40]. Die zellbasierte Therapie ist ein vielversprechender Kandidat für die zukünftige Behandlung chronischer Lungenerkrankungen wie COPD. Bei den zellbasierten Therapien mit Stromazellen oder mesenchymalen Zellen handelt es sich um immunmodulatorische Behandlungen. Sie stehen kurz vor der klinischen Anwendung, und gut konzipierte klinische Studien, die ihre Rolle bei COPD untersuchen, werden erwartet.
Mediatoren der Pathogenese der COPD
Entzündungszellen bilden kleine Polypeptidmoleküle (Zytokine), die die Reaktion des Wirts auf Verletzungen auslösen und regulieren. Diese werden von einer Vielzahl von Zellen freigesetzt, darunter Zellen des angeborenen und adaptiven Immunsystems sowie Strukturzellen (Epithelzellen und mesenchymale Zellen). Die Chemokine und Zytokine können unterteilt werden in solche, die proinflammatorisch wirken, wie Tumornekrosefaktor α (TNF-α), IL-1, IL-13, IL-6, IL-8 und Interferon λ (IFN-λ), die das Immunsystem stimulieren, infektiöse und akute toxische Schädigungen (wie Zigarettenrauch) zu kontrollieren. An dieser Entzündungsreaktion sind Entzündungszellen wie Neutrophile und Monozyten beteiligt, die matrixabbauende Enzyme bilden [41]. Wichtige antiinflammatorische Zytokine sind IL-10, Transforming Growth Factor β (TGF-β) und IL-1R-α, die von alveolären Makrophagen freigesetzt werden und die Entzündungsreaktion in der Lunge herunterregulieren [42]. Zudem hemmt IL-10 die Bildung proinflammatorischer Zytokine durch Aktivierung von T-Zellen, NK-Zellen und Monozyten [43, 44]. Eine Fehlregulation dieses Gleichgewichts der Zytokinantwort wurde bei verschiedenen chronischen Lungenerkrankungen einschließlich COPD nachgewiesen; beispielsweise besteht ein Zusammenhang zwischen niedrigen IL-10-Konzentrationen und dem Schweregrad der COPD [45]. Eine dauerhaft anhaltende Schädigung der Lunge kann zu dieser Fehlregulation der Zytokinantwort beitragen. Beispielsweise kommt es bei COPD zu erhöhten lokalen und systemischen Konzentrationen der proinflammatorischen Zytokine TNF-α, IFN-y, IL-Iβ, IL-6 und Granulozyten-Monozyten-Kolonie-stimulierendem Faktor (GM-CSF), wobei die IL-4- und IL-13-Konzentrationen in den zentralen Atemwegen von Rauchern mit chronischer Bronchitis im Vergleich zu asymptomatischen Rauchern erhöht sind [46]. Das proinflammatorische Zytokin IL-18 wird intrazellulär gebildet und von aktivierten Makrophagen freigesetzt [47] und dient als Kofaktor für die Entwicklung von Th1- und Th2-Zellen. Der Serumspiegel von IL-18 ist bei COPD-Patienten und Rauchern höher als bei Nichtrauchern und es besteht eine negative Assoziation mit dem FEV1-Sollwert. Die höchsten Serumspiegel waren bei Patienten mit COPD im GOLD-Stadium III und IV nachweisbar [48]. Insgesamt zeigen diese Untersuchungen, dass die Bildung und Freisetzung verschiedener Interleukine bei COPD verändert ist. Weitere Studien sind jedoch erforderlich, um ihre pathophysiologische Bedeutung zu ermitteln und festzustellen, ob eine Blockierung dieser Mechanismen die Entzündungsreaktion im Lungengewebe verändert. Immunmodulierende Therapien, die auf das bei COPD fehlregulierte Zytokinnetzwerk abzielen, können möglicherweise die Krankheitsprogression beeinflussen.
Das Mikrobiom der Lunge
In den vergangenen 10 Jahren wurde mithilfe molekularer Verfahren, die bakterielle DNA identifizieren, das Vorhandensein von mikrobiellem genetischem Material in den unteren Atemwegen, die bis dahin als «steril» galten, nachgewiesen. Die Charakterisierung des Lungenmikrobioms hat das Verständnis für die Wechselbeziehung zwischen Lungenmikrobiota und dem lokalen und systemischen Immunsystem vorangebracht, durch die die Immunantwort bei Gesunden und verschiedenen respiratorischen Erkrankungen, insbesondere Atemwegserkrankungen wie Asthma, COPD und Bronchiektasen moduliert werden [49]. Fortschritte bei der Charakterisierung der Mikrobiota erbrachten Aufschluss über die Besiedelung der unteren Atemwege bei verschiedenen chronischen Atemwegserkrankungen, einschließlich COPD. Die Ergebnisse deuten auf eine herabgesetzte Atemwegs-Clearance hin, durch die es zu einem selektiven mikrobiellen Wachstum mit nachfolgender Kolonisierung kommt [50, 51]. Zudem hat sich das Verständnis dafür, wie Mikroben in den unteren Atemwegen miteinander und mit ihrer Mikroumgebung interagieren, verbessert. Hilty et al. konnten zeigen, dass eine bestimmte Mikrobiota in den unteren Atemwegen eine Atemwegsentzündung ohne klinische Atemwegsinfektion widerspiegelt. Dies spricht dafür, dass die Zusammensetzung der Mikrobiota ein Hinweis auf eine Atemwegserkrankung sein kann. Mikrobielle Wechselwirkungen mit den Oberflächen der Atemwege tragen direkt oder indirekt (durch eine veränderte Immunantwort der Schleimhaut) zur Schädigung der Atemwege bei, die zu einer Entzündung der Atemwege mit erhöhter Sekretbildung in den Atemwegen, mukoziliärer Funktionsstörung und beeinträchtigter Atemwegs-Clearance führt und eine Krankheitsprogression verursacht [52]. Bei akuten Exazerbationen verändert sich daher das bei COPD veränderte Mikrobiom der Lunge noch weiter. Durch die Gabe von Steroiden und/oder Antibiotika lässt sich der Einfluss des Lungenmikrobioms auf die Entwicklung und Progression der Erkrankung feststellen, was letztlich zu neuartigen immunmodulierenden Therapien führen könnte.
Immunmodulation mit den derzeitigen COPD-Therapien
Die derzeitigen Behandlungsstrategien für COPD umfassen bronchodilatatorische, antientzündliche und antiinfektiöse Wirkstoffe und diese Behandlungen führen zu einer deutlichen Besserung der COPD-Symptome. Allerdings spricht gegenwärtig nur sehr wenig dafür, dass einer dieser Therapieansätze in der Lage ist, das Remodeling der Atemwege und damit die irreversible Atemflusseinschränkung umzukehren. Bislang konnte nur die Aufgabe des Rauchens die FEV1-Abnahme im Zeitverlauf überzeugend verlangsamen.
Kortikosteroide
Eine entzündungshemmende Therapie kann die Entzündungsreaktion in den Atemwegen und im Lungengewebe verändern und so die Gewebeschädigung und das Remodeling beeinflussen. In einer kürzlich veröffentlichten Studie verglichen Toczyska et al. [53] Anticholinergika mit einem inhalativen Kortikosteroid und wiesen nach, dass das ICS die Verdickung der retikulären Basalmembran und die Infiltration von Entzündungszellen im Atemwegsgewebe von COPD-Patienten verringerte. Zudem zeigten sich unter der Behandlung mit ICS Veränderungen der Gefäßdichte und der epithelial-mesenchymalen Transition, was darauf hindeutet, dass die Behandlung in der Lage ist, das Remodeling der Atemwege zu beeinflussen. Allerdings blieb die Atemflusseinschränkung über den 12-monatigen Studienzeitraum unverändert. Daher sind Langzeitstudien erforderlich, um die potenziellen positiven Effekte von ICS auf das Remodeling der Atemwege zu ermitteln.
In einer Untergruppe von COPD-Patienten mit ausgeprägter Th2-eosinophiler Atemwegserkrankung liegen relativ belastbare Hinweise vor, nach denen die Patienten auf Kortikosteroide ansprechen und unter Umständen auch auf Zytokin-Blocker reagieren, die die von Th2-Zellen gebildeten Zytokine blockieren. Gewöhnlich haben diese Patienten eine leichtere Form der COPD und häufige Exazerbationen sowie eine Eosinophilie im Sputum und/oder Blut. In einer Gruppe von COPD-Patienten mit erhöhten Eosinophilenzahlen im Sputum führen systemische Kortikosteroide zu einer Verbesserung der Symptome, der Post-Bronchodilatator-FEV1-Werte und der Shuttle-Walk-Testergebnisse [54]. Die Vorteile der systemischen Steroide gelten auch für inhalative Kortikosteroide, was darauf hindeutet, dass bei diesem Endotyp die Eosinophilenzahl im Sputum als Biomarker für die gezielte Anwendung inhalativer Kortikosteroide bei COPD dienen kann [55, 56]. Die Studienergebnisse lassen vermuten, dass die sehr viel leichter messbare Eosinophilenzahl im Blut ein Ersatz für die Bestimmung der Eosinophilenzahl im Sputum sein könnte, insbesondere bei persistierender Eosinophilie von >300 Zellen/µl. In einer kleinen randomisierten Studie mit Benralizumab (einem Anti-IL-5-Rezeptor-Alpha-Blocker) hatten Patienten mit COPD und Eosinophilenzahlen im Serum von ≥300 Zellen/μl eine verbesserte Lungenfunktion (FEV1) und weniger Exazerbationen, was dafür spricht, dass die Blockade der Th2-assoziierten Zytokine bei Patienten mit eosinophiler COPD/COPD mit hohen Th2-Zahlen durchaus eine Option darstellt [57]. Eine kürzlich durchgeführte größere randomisierte Studie mit Patienten mit COPD und Eosinophilenzahlen im Blut von >220 Zellen/µl, die ein Jahr lang nachbeobachtet wurden, ergab einen Trend zu einer verringerten Exazerbationsrate in der Gruppe, die die höhere Benralizumab-Dosis (100 mg alle 4 Wochen) erhalten hatte, jedoch keinen signifikanten Unterschied in den Gesamt-Exazerbationsraten zwischen den Gruppen [58]. Zwar fielen die Ergebnisse enttäuschend aus, doch unterstreichen diese Studien die Bedeutung einer besseren Phänotypisierung und Endotypisierung der Patienten in künftigen Studien, in denen verschiedene Th2-Zytokinblocker zur Immunmodulation von Atemwegsentzündungen bei COPD untersucht werden.
Makrolide
Die dauerhafte bakterielle Besiedelung der Atemwege korreliert bei stabiler COPD mit dem Ausmaß der Atemwegsentzündung [59]. Annahmen zufolge tragen die immunologischen Reaktionen des Wirts auf die bakterielle Besiedelung, die durch erhöhte Entzündungsmarker wie C-reaktives Protein (CRP), IL-1β, IL-8 und TNF-α im Lungengewebe gekennzeichnet sind, zur Krankheitsprogression der COPD bei. Antibiotika können die Bakterienlast in den Atemwegen, die mit der Schwere und dem Fortschreiten der COPD zusammenhängt, verringern. Eine kürzlich durchgeführte Meta-Analyse zur Anwendung von Makroliden zur Reduzierung von COPD-Exazerbationen zeigten einen signifikanten Rückgang akuter COPD-Exazerbationen (AECOPD; OR: 0,28 95%-KI: 0,12-0,68) unter niedriger Makroliddosis kontinuierlich über den gesamten einjährigen Studienzeitraum [60]. Dies belegt den klinischen Nutzen von Makroliden als Immunmodulatoren bei COPD. Es ist bekannt, dass Makrolide immunmodulatorische Effekte auf das Remodeling der Atemwege haben. Makrolide supprimieren das Aktivatorprotein 1 und die Nuklearfaktor (NF)-κβ-vermittelte Entzündungskaskade, was bei COPD-Patienten zu einer verringerten Konzentration an IL-1, IL-6, IL-8 und TNF-α führt. Makrolide beeinflussen eine Vielzahl von Immun- und Strukturzellen. Sie verringern die Expression von Adhäsionsmolekülen durch das Lungenepithel und -endothel und reduzieren auf diese Weise die Rekrutierung von Neutrophilen und Makrophagen - Immunzellen der angeborenen ersten Verteidigungslinie, die zum Remodeling der Atemwege beitragen. Darüber hinaus reduzieren Makrolide die Expression der Neutrophilen-Adhäsionsmoleküle Mac-1 (CD11b), verringern die Chemotaxis der Neutrophilen und senken die Serumkonzentration löslicher Adhäsionsmoleküle, wie sL-Selektin, sE-Selektin und sP-Selektin [61]. Makrolide fördern die Differenzierung von Monozyten und Makrophagen, verbessern die Phagozytose apoptotischer Zellen durch Makrophagen und verringern auf diese Weise weitere Entzündungsreaktionen im Zusammenhang mit Zellnekrosen. Außerdem verändern sie den Makrophagen-Phänotyp, verbessern die Bakterien-Clearance und erhöhen die zellzerstörende Aktivität der Makrophagen bei COPD [62-64]. Zudem reduzieren Makrolide die Differenzierung von Monozyten zu Makrophagen, die Bildung von MMPs sowie die Proteaseaktivität [59]. Makrolide wie Azithromycin bewirken eine Senkung des Exazerbationsrisikos bei COPD, die mit einer verringerten sTNFrII-Plasmakonzentration einhergeht. Dies deutet darauf hin, dass sie außerdem die COPD-assoziierte systemische Entzündungsreaktion verringern. Vor Kurzem wurden neue Makrolidderivate mit verbesserten entzündungshemmenden Eigenschaften und geringerer antimikrobieller Aktivität entwickelt, um die Gefahr einer Resistenzentwicklung der Bakterien, die bei langfristiger Makrolid-Anwendung bei COPD dokumentiert ist, zu senken. Eine neuartige Klasse von nicht antibiotischen 14-gliedrigen Makrolidderivaten von Azithromycin mit entzündungshemmenden und immunmodulatorischen Eigenschaften schwächt bei Mäusen die Entzündung des Lungengewebes ab und verringert die Bildung proinflammatorischer Zytokine durch Makrophagen, die Pseudomonas aeruginosa LPS ausgesetzt sind [65]. Solithromycin (CEM-101) ist ein neuartiges Makrolid-Fluorketolid mit guter antimikrobieller Aktivität, das zudem gegenüber anderen derzeit verwendeten Makroliden ein überlegenes entzündungshemmendes Profil aufweist. Es ist in der Lage, die Kortikosteroidempfindlichkeit durch Hemmung der PI3K-Signalübertragung bei oxidativem Stress wiederherzustellen [66]. Kürzlich wurde gezeigt, dass ein weiteres neuartiges 12-gliedriges nicht antibiotisches Makrolid namens EM900 eine Rhinovirus (RV)-Infektion hemmt, indem es die ICAM (interzelluläres Adhäsionsmolekül)-1-Konzentration auf den Epithelzellen verringert und so die mit RV-Infektionen assoziierte Atemwegsentzündung moduliert [67, 68]. Da Rhinoviren die Hauptursache für eine Exazerbation bei COPD sind, könnten Makrolide wie EM900 mögliche Arzneimittelkandidaten zur Prävention von COPD-Exazerbationen sein. Ferner wurde gezeigt, dass EM900 direkte hemmende Effekte auf die Schleimsekretion der Atemwegsepithelzellen hat [69]. Zusammen genommen deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass es sich bei den neuartigen Makroliden um vielversprechende Wirkstoffe für die zukünftige Behandlung von COPD handelt, bei der die Vorteile der Makrolidanwendung bestehen bleiben, ohne dass das Risiko einer bakteriellen Resistenzentwicklung steigt. Die Kombination von Makroliden und Steroiden verbessert außerdem die Kortikosteroidempfindlichkeit, indem sie den PI3K-δ/Akt-Signalweg hemmt und die Expression von Glukokortikoidrezeptor α erhöht [70]. Daher könnte die Kombination von Makroliden und Kortikosteroiden die entzündungshemmende Wirkung von Steroiden in der Behandlung der COPD verstärken. Darüber hinaus beeinflussen Makrolide die adaptive Immunantwort, indem sie die Expression des kostimulatorischen Moleküls CD40 auf dendritischen Zellen herunterregulieren und auf diese Weise die Differenzierung von Th17-Zellen, die von dendritischen Zellen induziert wird, hemmen [71]. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Verständnis der immunmodulatorischen Mechanismen von Makroliden und ihrer Derivate ein neues Fenster für die zukünftige immunmodulierende Behandlung von COPD öffnen könnte.
Phosphodiesterasehemmer
Nicht selektive Phosphodiesterase (PDE)-Hemmer (Methylxanthine) wie Theophyllin sind ältere Arzneimittel, die auch weiterhin angewendet werden, weil sie sowohl bronchodilatatorische als auch entzündungshemmende Effekte haben, indem sie die Aktivierung von PDE4 und Histondeacetylase 2 hemmen [72]. Die Enzyme der PDE4-Enzymfamilie, die cAMP hydrolysieren, sind in 4 verschiedenen Genen kodiert (PDE4A bis D) und werden in T-Zellen, B-Zellen und den Zellen des angeborenen Immunsystems wie Makrophagen, Eosinophilen und Neutrophilen sowie Atemwegsepithel- und -endothelzellen exprimiert [73]. Deshalb wirken die selektiven PDE4-Inhibitoren hauptsächlich entzündungshemmend und immunmodulierend [74]. Demgegenüber sind die neueren PDE4-Inhibitoren der 2. Generation, wie Roflumilast, in der Lage, die Hyperreagibilität der Atemwege durch eine verminderte Bildung von TNF-α zu senken, und möglicherweise die Gewebezerstörung zu verlangsamen, indem sie spezifische Matrixmetalloproteinasen hemmen. Darüber hinaus basiert ihr klinischer Nutzen womöglich vor allem auf ihrer Fähigkeit, die chronische Entzündungsreaktion der Lunge bei Asthma und COPD zu hemmen [75, 76]. Und schließlich könnten ihre positiven Effekte auf die Gefäßerkrankung von COPD-Patienten einen zusätzlichen Vorteil für Patienten mit kardiovaskulären Begleiterkrankungen darstellen.
Zukunftsstrategien für die Immunmodulation bei COPD
Immunmodulation bei eosinophiler COPD/COPD mit hohen Th2-Zahlen
Seit Kurzem liegen schlüssige Belege vor, nach denen eine Untergruppe von COPD-Patienten mit ausgeprägter Eosinophilie im Sputum und/oder Blut möglicherweise auf Kortikosteroide und Wirkstoffe, die die von Th2-Zellen gebildeten Zytokine blockieren, reagiert [55, 77, 78]. Dieser positive Effekt gilt auch für ICS und die Eosinophilenzahl im Sputum könnte daher ein hilfreicher Biomarker sein, um vorherzusagen, welcher COPD-Patient auf ICS anspricht. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die sehr viel leichter messbare Eosinophilenzahl im Blut ein sinnvoller Ersatz für die Bestimmung der Eosinophilenzahl im Sputum sein könnte, insbesondere bei persistierender Blut-Eosinophilie von >200 Zellen/µl. Dies betrifft einen großen Teil der COPD-Patienten (37%) in der ECLIPSE-Kohorte [79]. Die eosinophile Entzündung bei diesem COPD-Endotyp könnte durch Th2-assozierte Zytokine, darunter IL-5, IL-4 und IL-13 bedingt sein. Daher könnten die Identifizierung dieser COPD-Untergruppe und ein Therapieansatz, der die Eosinophilen mit Kortikosteroiden oder spezifischen Th2-Blockern angreift, ein Schritt in Richtung einer präzisen oder personalisierten gezielten Behandlung bei COPD sein.
Immunmodulation von Zytokinen bei COPD
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung ist durch eine fortschreitende Entzündung der Atemwege und des Lungengewebes gekennzeichnet, wobei eine AECOPD häufig durch (bakterielle oder virale) Infektionen verursacht wird, die die Entzündungsreaktion verstärken. Wie sich gezeigt hat, spielt die chronische Atemwegsentzündung eine Schlüsselrolle bei der Pathogenese und Progression der COPD. Es besteht ein zunehmendes Interesse, gezielt Entzündungsmediatoren wie Zytokine oder Chemokine anzugreifen, um die chronische Entzündungsreaktion in den Atemwegen abzuschwächen und den Zerstörungsprozess des Lungengewebes bei COPD zu verlangsamen [80]. Die derzeit verfügbaren biologischen Therapeutika zur Behandlung von chronischen Atemwegserkrankungen, die mit einer eosinophilen Entzündungsreaktion assoziiert sind, zielen vor allem auf Th2-assoziierte Zytokine (IL-4/IL-5/IL-13) ab. Umfangreiche Untersuchungen dieser Biologika erfolgten bei eosinophilem Asthma mit dem Anti-IL-5-Wirkstoff Mepolizumab, der als erster eine Verringerung der Eosinophilenzahl und der akuten Exazerbationen zeigte und den Bedarf an systemischen Steroiden bei Asthma senkte. Vor Kurzem erteilte die FDA (Food and Drug Administration) die Zulassung für 2 weitere Anti-IL-5-Antikörper (Reslizumab und Benralizumab) mit nachgewiesener Unbedenklichkeit und Wirksamkeit in der Reduzierung von Asthma-Exazerbationen [81-83]. IL-5-Therapeutika werden derzeit in klinischen Studien zu COPD untersucht, und sowohl Benralizumab als auch Mepolizumab befinden sich gegenwärtig in Phase-III-Studien. Dabei zeigte Benralizumab einen günstigen Effekt auf die Lungenfunktion [57], führte aber nicht zu einer Verringerung der Rate an akuten Exazerbationen [58]. Unter der Behandlung mit Mepolizumab kam es dagegen zu einem Rückgang der Exazerbationen [84]. Ein Anti-IL-4-Antikörper befindet sich zurzeit in späten klinischen Studienphasen bei Asthma. Der IL-4-Rezeptor-Inhibitor, Dupilumab, der auch IL-13 moduliert, hat bei eosinophilen Atemwegserkrankungen von Asthmatikern deutliche Verbesserungen der Exazerbationen und der Lungenfunktion gezeigt [85], und Studien zu COPD laufen. Die Anti-IL-13-Inhibitoren Lebrikizumab und Tralokinumab erwiesen sich in klinischen Phase-III-Studien zu Asthma als weniger aussichtsreich, wohingegen Untersuchungen mit einem TSLP (thymic stromal lymphopoietin)-Inhibitor (Tezepelumab) in Phase-III-Studien vielversprechend ausfielen, da die Exazerbationsrate und die Eosinophilenzahl im Blut zurückgingen [80]. Welche Rolle Biologika spielen, die die Th2-Reaktion beim Asthma/COPD-Überlappungssyndrom mit ausgeprägter eosinophiler Entzündungsreaktion angreifen, muss noch ermittelt werden.
Die primären Zytokine der angeborenen Immunität TNF-α, IL-1β und IL-6 sind alle an der Entzündungsreaktion auf inhalierte Luftschadstoffe beteiligt und daher attraktive Ziele für die Modulation der Entzündungsreaktion bei COPD. Die Hemmung von TNF-α wurde bei verschiedenen chronisch-entzündlichen Erkrankungen, einschließlich Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD, intensiv untersucht, allerdings mit begrenztem Erfolg. IL-1 gehört zu den proinflammatorischen Zytokinen mit erhöhter Expression bei COPD und seine Konzentration steigt bei Exazerbationen weiter an [86]. Kleine klinische Studien mit einem IL-1β blockierenden Antikörper (Canakinumab) und einem rekombinanten IL-1R-α-Protein (Anakinra) bei COPD fielen allerdings enttäuschend aus. Blockierende Antikörper gegen den IL-6-Rezeptor (Tocilizumab) zeigten in Untersuchungen zu anderen entzündlichen Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis und Morbus Crohn einen Rückgang der IL-6-Spiegel, wurden jedoch noch nicht bei entzündlichen Atemwegserkrankungen untersucht. Daher könnte der gezielte Angriff von IL-6 eine potenziell neuartige und aussichtsreiche Behandlungsstrategie sein, um die chronische Atemwegsentzündung sowie die damit verbundene systemische Entzündung, die mit COPD assoziierte Gebrechlichkeit und die Abnahme der Lungenfunktion abzuschwächen. Der gezielte Angriff dieser Mediatoren bei COPD könnte potenziell schwere Nebenwirkungen haben, weil dadurch die angeborene Immunantwort gegen virale und bakterielle Infektionen - die Auslöser von Exazerbationen bei COPD - abschwächt wird.
Außerdem wurde IL-8 als ein möglicher entscheidender Faktor bei der Entwicklung einer COPD ermittelt. Es hat sich gezeigt, dass die Baseline-Expression von IL-8 im Bronchialepithel bei COPD erhöht ist und durch Induktion der Mucin-Gene MUC5AC und MUC5B direkt zu einer vermehrten Schleimbildung führt [87, 88]. IL-8 ist ein wichtiges, an der neutrophilen Entzündung beteiligtes Enzym und bei AECOPD erhöht [89] und zirkulierendes IL-8 ist negativ mit der Lungenfunktion assoziiert [90]. Da ein erheblicher Anteil der COPD-Patienten eine ausgeprägte neutrophile Atemwegsentzündung aufweist, stellt IL-8 ein attraktives Angriffsziel dar, um die Rekrutierung von Neutrophilen zu verringern [91]. Der IL-8-Chemokinrezeptor CXCR2 ist an der Rekrutierung von Neutrophilen beteiligt, und Hemmstoffe dieses Rezeptors sind ein attraktiver Angriffspunkt zur Reduzierung von neutrophilen Entzündungen. Der CXCR2-Antagonist Danirixin wird derzeit in der klinischen Anwendung bei COPD untersucht [92]. Die Untersuchung der Auswirkungen von Biologika, die zur Beeinflussung des Zytokin- und Chemokin-bedingten entzündlichen Milieus bei COPD eingesetzt werden, um die Atemwegs- und Gewebeentzündung bei stabiler COPD und während einer Exazerbation zu verringern, steht noch ganz am Anfang und ist ein sich entwickelndes Forschungsgebiet.
Immunmodulation von Proteasen
Zu den am stärksten schädigenden wichtigen Proteasen, die von Neutrophilen freigesetzt werden, gehört Elastase, und α-1-Antrypsin ist der wichtigste Neutralisator überschüssiger Elastase. Alpha-1-Antitrypsin (A1AT)-Mangel erfüllt alle Kriterien für einen eigenständigen COPD-Endotyp. Die genetische Grundlage der Erkrankung, die bestimmte klinische und histopathologische Merkmale sowie eine bestimmte Epidemiologie aufweist, ist bekannt. Es existiert ein auf den Mechanismus ausgerichteter, gesicherter Therapieansatz, der sich an den Biomarkern (A1AT-Serumspiegel, A1AT-Proteinphänotypisierung und A1AT-Genotypisierung) und physiologischen Parametern (FEV1) orientiert. Die intravenöse Augmentationstherapie wirkt krankheitsmodifizierend, und es liegen Belege vor, dass dadurch die Abnahme der FEV1-Werte und das mittels CT-Dichtemessung festgestellte Emphysem verlangsamt werden [93-95]. Eine neue anwenderfreundliche Immunmodulation mit inhalativem A1AT (Phase-II-Studie) wird derzeit untersucht [96]. Über andere COPD-spezifische Behandlungen im Allgemeinen und ihre Wirksamkeit bei A1AT-Mangel liegen nur sehr wenige Daten vor. Das Einatmen schädlicher Gase und Partikel aktiviert außerdem Makrophagen, die Matrixmetalloproteinasen und Cysteinproteinasen bilden, welche die Entzündung der Lunge fördern, extrazelluläre Matrixproteine abbauen und alveoläre Septumzellen schädigen, so dass es zu einer Vergrößerung des Luftraums kommt [97]. Daher stellt die Modulation von Metalloproteinasen durch Neutralisierung oder Verminderung ihrer Expression und/oder Freisetzung ein attraktives Angriffsziel dar, wenn es um die Abschwächung der Atemwegs- und Lungengewebeentzündung bei COPD geht. Polverino et al. [98] zeigten kürzlich, dass interessanterweise die Desintegrin- und Metalloproteinase-Domäne-8 und -9 (Adam 8 und 9) entgegengesetzte Wirkungen haben [98, 99]. Ein Mangel an diesen Proteinasen führte im Mausmodell zum Zigarettenrauch-induzierten Emphysem zu einer Resistenz gegenüber der Emphysementwicklung. Außerdem wiesen sie in Humanstudien eine verminderte Expression auf Lungenmakrophagen nach, die mit einer herabgesetzten Apoptose von Makrophagen (und damit mit einer Zunahme der Makrophagenzahlen in der Lunge) sowie einer verstärkten Integrin-vermittelten Rekrutierung von Immunzellen wie Neutrophilen assoziiert war. Die mangelnde Adam-8-Expression auf Lungenepithelzellen bewirkt ein vermindertes EGFR-Shedding, was zu Schleimzellmetaplasie, vermehrter Apoptose der Alveolarzellen und einer beeinträchtigten Reparatur der Alveolarsepten führt. Zusammengenommen fördern diese nachgelagerten Effekte die Entstehung von Atemwegserkrankungen und Emphysem und die Autoren postulieren, dass die Immunmodulation der Desintegrine Adam 8 und 9, die zu einer erhöhten oder verlängerten Expression auf Zelloberflächen führt, eine potenzielle neuartige Therapie für Patienten mit COPD sein könnte, mit der sich das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen lässt.
Immunmodulation des Lungenmikrobioms
In den vergangenen 10 Jahren wurde die Bedeutung des Lungenmikrobioms für die Modulation des lokalen und systemischen Immunsystems anerkannt und seither besteht großes Interesse an einer Veränderung des Lungenmikrobioms, mit dem Ziel, die Entzündungsreaktion bei verschiedenen Atemwegserkrankungen zu modulieren. Daher besitzt die Charakterisierung des Lungenmikrobioms das Potenzial für neue therapeutische Optionen, mit denen sich die pathophysiologischen homöostatischen Mechanismen in der Lunge beeinflussen lassen. Die als Dysbiose bezeichneten Veränderungen im Mikrobiom der Lunge und damit des Gleichgewichts wurden bei einer Vielzahl von Lungenerkrankungen wie zystischer Fibrose, COPD, Asthma und interstitiellen Lungenerkrankungen nachgewiesen [100-103]. Bei COPD kommt es häufig zu einer bakteriellen Besiedelung, und man nimmt an, dass diese zu den persistierenden Immun- und Entzündungsreaktionen der Atemwege beiträgt. Es wurde postuliert, dass sie zum Fortschreiten der COPD und dem zunehmenden FEV1-Rückgang beiträgt und außerdem das Exazerbationsrisiko erhöht [104]. Die pleiotropen Effekte von Antibiotika insbesondere der Makrolidklasse, die auch entzündungshemmende Eigenschaften besitzen [105], haben dazu geführt, dass sie zur Prävention von Exazerbationen eingesetzt werden. Ob dieser Nutzen mit der antibakterielle Wirkung von Azithromycin auf die bakterielle Besiedelung zusammenhängt oder auf direkte entzündungshemmende Effekte zurückzuführen ist, ist unklar. Welche langfristigen Auswirkungen eine Azithromycin-Dauertherapie auf die mikrobielle Gemeinschaft der Lunge hat, muss noch ermittelt werden. Erste Berichte deuten jedoch darauf hin, dass zwar die bakterielle Gesamtlast stabil bleibt, die Alpha-Diversität in der Lunge jedoch deutlich abnimmt [106]. Antibiotika, die Krankheitserreger wie Haemophilus influenzae, Streptococcus pneumoniae und Moraxella catarrhalis abdecken, sind zu den Grundpfeilern der Therapie bei akuter Exazerbation der COPD geworden, und zahlreiche Studien haben ihren Nutzen bestätigt [107, 108]. Die Auffassung, nach der alle akuten Exazerbationen mit Antibiotika zu behandeln sind, ist jedoch zweifelhaft. Zur besseren Identifizierung der Untergruppe von AECOPD-Patienten, die unter Umständen von Antibiotika profitieren, haben mehrere Studien Biomarker wie Procalcitonin [109], C-reaktives Protein und CD64-Expression durch neutrophile Granulozyten [110] untersucht, um Patienten zu ermitteln, für die eine antibiotische Behandlung möglicherweise von Nutzen ist. Diese Biomarker werden möglicherweise Eingang in die klinischen Entscheidungsalgorithmen finden. Die Rolle der pathogenen Mikroben, die AECOPD auslösen, wurde umfassend untersucht und nachgewiesen; welche klinische Bedeutung die Besiedelung der Atemwege für die Pathogenese der COPD hat, ist jedoch weiterhin unklar. Eine Klärung der Frage, ob kolonisierende Mikroben aktiv zur Pathogenese der COPD beitragen oder ob die veränderten Immunreaktionen, wie sie bei stabiler gegenüber kolonisierter COPD beobachtet werden, an der Pathogenese der COPD beteiligt sind, steht noch aus. Die Charakterisierung des Lungenmikrobioms sowie der nachgelagerten Immunantwort in den Atemwegen sowohl bei akuten COPD-Exazerbationen als auch bei chronisch stabiler COPD führt möglicherweise zur Entdeckung bisher unbekannter therapeutischer und prognostischer Marker, die in der Lage sind, das Krankheitsoutcome oder die Anfälligkeit für Infektionen vorherzusagen.
Immunmodulation der kleinen Atemwege
Wie sich gezeigt hat, sind die kleinen Atemwege (mit einem Durchmesser von <2 mm in der erwachsenen menschlichen Lunge) ein frühes Angriffsziel für die immunologische Entzündungsreaktion, die durch das Einatmen toxischer Partikel und Gase wie Zigarettenrauch ausgelöst wird und zu einer COPD führt [21]. Mit dem weiteren Fortschreiten der Erkrankung dominieren bei der Infiltration entzündlicher Immunzellen die Lymphozyten, die Lymphfollikel mit Keimzentren bilden. Diese sind charakteristisch für eine adaptive Immunantwort und enthalten Makrophagen sowie dendritische Zellen, B-Zellen und von T-Zellen umgebene Plasmazellen (sogenannte lymphatische Neogenese oder Bildung tertiärer lymphatischer Organe) [111]. Diese Beobachtungen haben zu der Auffassung geführt, dass Autoimmunität bei der Pathogenese und Progression der COPD eine Rolle spielt. Man nimmt an, dass Umweltfaktoren (wie Zigarettenrauch, Luftschadstoffe oder Biomasse) über oxidative Stressmechanismen die Bildung von Neoantigenen auslösen, die Schädigungen von Lipiden, Proteinen, Kohlenhydraten oder der DNA hervorrufen. Zudem kann es durch umweltbedingten oder endogenen oxidativen Stress zu Carbonylstress kommen, der über posttranslationale, nicht enzymatische Proteinmodifikationen zur Entstehung von Neoautoantigenen führt, die bei empfindlichen Menschen eine Autoimmunantwort in den kleinen Atemwegen auslösen. Dadurch kommt es zu einer lokalen Aktivierung der zellvermittelten Autoimmunschädigung und zum Remodeling der kleinen Atemwege [112] (Abb. 3).
Oxidativer (reactive oxygen species, ROS) und nitrosativer (reactive nitrogen species, RNS) Stress aus umweltbedingten und endogenen Quellen führt in Kombination mit umweltbedingtem Carbonylstress zu einer Schädigung und Veränderung von Proteinen, Lipiden, Kohlenhydraten und DNA-bildenden Neoantigenen, was bei empfindlichen Menschen die Bildung von Autoantikörpern verursacht. Dadurch kommt es zu einer autoimmunbedingten Entzündung und Entstehung tertiärer Lymphfollikel, welche die Entzündung der kleinen Atemwege sowie die fortschreitende Schädigung und Zerstörung dieser Atemwege - ein Kennzeichen der COPD - verstärkt.
Oxidativer (reactive oxygen species, ROS) und nitrosativer (reactive nitrogen species, RNS) Stress aus umweltbedingten und endogenen Quellen führt in Kombination mit umweltbedingtem Carbonylstress zu einer Schädigung und Veränderung von Proteinen, Lipiden, Kohlenhydraten und DNA-bildenden Neoantigenen, was bei empfindlichen Menschen die Bildung von Autoantikörpern verursacht. Dadurch kommt es zu einer autoimmunbedingten Entzündung und Entstehung tertiärer Lymphfollikel, welche die Entzündung der kleinen Atemwege sowie die fortschreitende Schädigung und Zerstörung dieser Atemwege - ein Kennzeichen der COPD - verstärkt.
Diese Autoimmunmechanismen stellen potenzielle Angriffspunkte für therapeutische Interventionen mithilfe immunmodulierender Medikamente dar. Zwar hat sich die Gabe von ICS zur Verringerung der Atemwegsentzündung und Lungenfunktionsabnahme bei COPD als wenig wirksam erwiesen, doch kommt es bei Absetzen der ICS bei stabilen COPD-Patienten zu einem Anstieg der CD3, -4 und -8 positiven T-Zellen in der Bronchialschleimhaut [113]. Dies deutet darauf hin, dass ICS möglicherweise die adaptive Immunantwort in den Atemwegen bei COPD reduzieren, insbesondere bei Patienten mit erhöhter B-Zell-Aktivität (beispielsweise Patienten mit hohen Autoantikörpertitern) [114]. Die Unterdrückung der B-Zell-Reaktion in den Atemwegen könnte auch für das erhöhte Pneumonierisiko von COPD-Patienten, die hoch dosierte inhalative Glukokortikoide erhalten, verantwortlich sein [115]. Bei Autoimmunerkrankungen und auch in den Lymphfollikeln der kleinen Atemwege von COPD-Patienten kommt es im Vergleich zu Kontrollrauchern zu einer Überexpression des B-Zell-Aktivierungsfaktors (BAFF), der für das Überleben und die Reifung der B-Zellen wichtig ist [116]. Man nimmt an, dass dadurch eine sich selbst erhaltende Schleife entsteht, die das Überleben der B-Zellen fördert und zur Progression der COPD beiträgt [117]. Im Mausmodell zum Zigarettenrauch-induzierten Lungenemphysem schwächte die Blockade von BAFF die Atemwegsentzündung und die alveoläre Zerstörung ab [118]. Belimumab, ein monoklonaler Antikörper gegen BAFF, der die Differenzierung und das Überleben von B-Zellen vermindert, wurde für Patienten mit systemischem Lupus erythematodes zugelassen [119] und beeinflusste im Mausmodell zum Emphysem die B-Zell-Funktion [120]. Das therapeutische Potenzial der BAFF-Blockade bei COPD-Patienten muss noch untersucht werden. Eine Th17-Reaktion ist Teil der immunologischen Entzündungsreaktion in den kleinen Atemwegen bei COPD. Diese bewirkt die Reifung der B-Zellen und erleichtert die Rekrutierung von Neutrophilen und Makrophagen für die mukosale Immunität. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen hohen IL-17A-Konzentrationen und der Entwicklung von Autoimmunerkrankungen. In den kleinen Atemwegen von COPD-Patienten stammen 5% des IL-17A aus Th17-Zellen und der Rest aus CD31+-Endothelzellen [13]. Modulatoren der Th17-Immunantwort (monoklonale Antikörper gegen Interleukin 17A, Anti-IL-17A-mAK) sind zur Behandlung von Psoriasis zugelassen [121] und besitzen therapeutisches Potenzial für Patienten mit COPD [14, 115]. Und schließlich kann die lokale Mikrobiota in den kleinen Atemwegen die chronische pulmonale Entzündung fördern, indem sie die IL-17A-Überexpression und die nachfolgende Synthese von Autoantikörpern verstärkt [122, 123]. Das Zusammenspiel zwischen dem lokalen Mikrobiom und der angeborenen und adaptiven Immunantwort, das heute als eine spezielle Form einer Feld-Immunantwort zum Schutz des Epithels von Darm, Atemwegen, Harntrakt und Haut gilt, ist für künftige Studien zu chronischen Lungenerkrankungen wie COPD hoch interessant. Wahrscheinlich spielt die Autoimmunität eine zentralere Rolle für die Progression der COPD bei bestimmten COPD-Endotypen (und keine einheitliche zentrale Rolle) und es stehen Medikamente zur Verfügung, die auf diese Autoimmunreaktion abzielen. Die Ergebnisse gut konzipierter kontrollierter klinischer Studien zur Modulation von Autoimmunmechanismen sind sehr interessant.
Immunstimulation als Immunmodulator in den Atemwegen
Die Pathobiologie der Atemwegserkrankung bei COPD geht mit Veränderungen der normalen mukosalen Immunantwort einher, die die Atemwege anfällig für eine Kolonisierung und letztlich für die Invasion pathogener Mikroorganismen machen. Infolgedessen besteht eine schlüssige therapeutische Option darin, die mukosale Immunantwort in den Atemwegen von COPD-Patienten zu verbessern bzw. zu stärken, um die Kolonisierung der Atemwege und/oder das Eindringen viraler oder bakterieller Mikroorganismen in das Atemwegsgewebe zu verringern. Eine solche Verbindung ist OM-85 (Broncho-Vaxom®), ein orales Medikament biologischen Ursprungs, das zur Prävention rezidivierender Atemwegsinfektionen in gefährdeten Patientenpopulationen eingesetzt wird. Es wirkt immunstimulierend und hat sich sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen als wirksam und sicher erwiesen [124, 125]. OM-85 ist ein Extrakt aus bakteriellen Lysaten, der aus 21 häufigen und bekannten Atemwegskeimen isoliert wurde und in vivo immunmodulatorische und protektive Immunantworten gegen verschiedene Krankheitserreger [124, 126], einschließlich Grippe- und Respiratory-Syncytial-Virus sowie bakterielle Superinfektionen nach Influenza, hervorruft [127]. Die Wirkmechanismen von OM-85 wurden umfassend untersucht und scheinen in der Modulation des Inflammasoms und Stimulation der mukosalen Th1-Immunreaktionen zu bestehen [128, 129]. Eine kürzlich veröffentlichte Metaanalyse aller randomisierten kontrollierten Studien zu COPD (etwa 1000 Patienten) zeigte einen signifikanten Rückgang der AECOPD (20% bzw. 39% Rückgang der Exazerbationsrate [RR: 0,80; 95%-KI: 0,65-0,97; p = 0,03] und der Inzidenzrate bei Patienten unter Antibiotika [RR: 0,61, 95%-KI: 0,48-0,77; p < 0,0001] gegenüber Placebo). Bei diesen Untersuchungen handelt es sich um kleine Studien, und es sind fundiertere Belege erforderlich, die die Vorteile dieser Immunmodulationsstrategie bestätigen. Mit einer besseren Phänotypisierung und Endotypisierung von COPD-Patienten könnten Betroffene mit prädominanter Atemwegserkrankung von dieser neuartigen therapeutischen Intervention profitieren, insbesondere wenn eine dauerhafte Kolonisierung der Atemwege vorliegt.
Immunmodulation der systemischen Entzündungsreaktion bei COPD
Die Entzündung bei COPD hat die Atemwege betreffende und systemische Komponenten [130, 131]. Die systemische Entzündungsreaktion bei COPD ist mit einer raschen Abnahme der Lungenfunktion [132], erhöhter Mortalität [133] und einer höheren Exazerbationsrate [134, 135] assoziiert. Nach Studien von Fu et al. [136] ist das Vorliegen einer systemischen Entzündung - gemessen anhand erhöhter systemischer CRP- und IL-6-Spiegel - ein prädiktiver Faktor für zukünftige Exazerbationen bei Asthma und COPD. Sie konnten zeigen, dass eine systemische Entzündung mit einer erhöhten IL-1β-Expression in den Atemwegen verbunden war, und dass die Achse «Atemwege - systemische Entzündung» prädiktiv für COPD-Exazerbationen war. Daher ist der gezielte Angriff der Mediatoren, die an der bei COPD auftretenden systemischen Entzündungsreaktion beteiligt sind, potenziell in der Lage, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen und COPD-Exazerbationen zu verringern. Zudem liegen überzeugende Belege vor, nach denen die mit der COPD verbundenen Komorbiditäten, die sich auf die Morbidität und Mortalität bei COPD auswirken, eng mit der systemischen Entzündungsreaktion zusammenhängen [133, 137]. Aus diesem Grund stellt der gezielte Angriff der systemischen Entzündungsreaktion bei COPD eine sinnvolle Option für die zukünftige Therapie dar, um ein Fortschreiten und Exazerbationen der COPD zu beeinflussen.
Schlussfolgerungen
Zwar hat sich das Verständnis der zellulären und molekularen Mechanismen, die der COPD zugrunde liegen, in den letzten Jahren verbessert, doch sind diese komplex und im Allgemeinen weitgehend unklar. Die derzeitige Therapie hat, wenn überhaupt, nur einen geringen Einfluss auf das Fortschreiten der Erkrankung oder die Mortalität. Dies ist zum Teil dadurch bedingt, dass es sich bei der COPD um eine komplexe heterogene Erkrankung handelt, die sich in einer Vielzahl von Krankheitsphänotypen äußert. Die verschiedenen Phänotypen weisen unterschiedliche Profile der Krankheitsprogression auf und sind mit unterschiedlichen Komorbiditäten assoziiert. Man kann berechtigterweise davon ausgehen, dass den verschiedenen Phänotypen zudem unterschiedliche zelluläre und molekulare Mechanismen zugrunde liegen, und dies könnte erklären, weshalb derzeit keine therapeutische Intervention existiert, die das Fortschreiten der Krankheit oder die Mortalität signifikant und umfassend verringert. Die wichtigste Grundlage für das Management der COPD-Erkrankung ist, dass lang wirksame Bronchodilatatoren kaum Auswirkungen auf die zugrunde liegende chronische Entzündungsreaktion in der Lunge haben. Zudem ist ein erheblicher Teil der COPD-Patienten im Grunde resistent gegen Entzündungshemmer mit breitem Wirkspektrum wie Kortikosteroide. Daher besteht offensichtlich ein Bedarf an neuartigen entzündungshemmenden Therapien, die auf neue vielversprechende molekulare und/oder zelluläre Angriffspunkte wirken und Grund zu der Annahme geben, dass die Modulation der immunologischen Entzündungsreaktion in der Lunge von COPD-Patienten die Krankheitsprogression verlangsamt und letztlich die Mortalität senkt. Zukünftige Studien sollten auf ein besseres Verständnis der Pathobiologie der COPD abzielen. Diese Studien sollten Längsschnittstudien zu den Endotypen oder durch Biomarker definierten Untergruppen beinhalten, um die Eigenschaften und die Stabilität dieser Untergruppen besser zu verstehen.
Danksagungen
S.F.E. ist CIHR/GSK-Professor für COPD und Teile der vorliegenden Arbeit wurden durch die British Colombia Lung Association unterstützt.
Literatur
Die Literatur ist als Supplemtal Material unter www.karger.com/?DOI=504951 abrufbar.