Mehr als 2 Millionen Menschen kamen allein im Zeitraum 2015/2016 auf der Flucht vor Konflikten, Verfolgung und Armut in die Europäische Union, um hier Asyl zu suchen. Dadurch bekommt es das medizinische Fachpersonal in den aufnehmenden Ländern potenziell mit einem größeren Spektrum an Krankheitsbildern und Manifestationsformen zu tun als zuvor, darunter zahlreiche Infektionen mit Beteiligung der Lunge. Die Häufigkeit von Tuberkulose ist bekanntermaßen bei Migranten erhöht; dies ist in anderen Publikationen umfassend behandelt worden. Die Zielsetzung der vorliegenden Übersichtsarbeit ist es, ein Gesamtbild der exotischen Infektionen mit pulmonaler Beteiligung zu vermitteln, die bei Geflüchteten und Migranten auftreten können, und jeweils auf die Epidemiologie, Diagnostik und Behandlung einzugehen. Da Geflüchtete und Migranten aus vielen verschiedenen Ländern und Weltregionen nach Europa kommen, ist es wichtig, die verschiedenen Krankheitserreger zu kennen, die in den jeweiligen Herkunftsländern eine Rolle spielen. Einige dieser Krankheiten sind sehr selten und auf einzelne geographische Regionen beschränkt, während andere weiter verbreitet sind. Auch im Schweregrad unterscheiden sich diese Infektionen stark; einige sind harmlos, andere schwerwiegend oder sogar lebensbedrohlich. Wir gehen auch auf infektiöse und nicht infektiöse Komplikationen von HIV-Infektionen ein, da ein Teil der Migranten aus Gegenden mit hoher HIV-Prävalenz kommt, zum Beispiel aus Afrika südlich der Sahara. Da die Diagnose und Behandlung dieser Patienten unter Umständen schwierig sein kann, ist es gegebenenfalls geboten, sie an spezialisierte Zentren mit besonderer Erfahrung im Management dieser Krankheiten zu verweisen. Abschließend wird kurz auf nicht übertragbare Atemwegserkrankungen eingegangen.

Das Ohm'sche Gesetz (I = U/R) gilt nicht nur für elektrische Ströme, sondern beschreibt auch sehr gut die Kräfte von Migrationsbewegungen (I) entlang von Gradienten (U) trotz Hindernissen (R). Armut, Kriege, Klimaveränderungen und zum Teil auch fehlende bzw. unzureichende Gesundheitsversorgung bringen Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und an einen Ort zu ziehen, der bessere Lebensbedingungen und Sicherheit bietet oder einfach nur die Chance verspricht, eine potenziell lebensbedrohliche Krankheit zu überleben. Weltweit waren allein im Jahr 2016 rund 22,5 Millionen Menschen durch Verfolgung, Konflikte oder Gewalt gezwungen, ihr Land zu verlassen [1]. Vor dem Hintergrund von politischer Instabilität und Bürgerkriegen in Ländern wie Syrien, Afghanistan und dem Irak oder infolge von Armut auf dem Balkan oder in vielen Ländern Afrikas sind in den letzten Jahren zahlreiche Menschen von dort in einkommensstarke europäische Länder geflüchtet. Trotz der extremen Strapazen und zum Teil lebensbedrohlichen Gefahren der Reise durch die nordafrikanische Wüste und über das Mittelmeer sowie zahlreicher weiterer Hindernisse ist eine große Zahl Asylsuchender in Europa angekommen; dies könnte man als größte Migrationswelle nach Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bezeichnen [2]. Im Jahr 2015 haben in den Ländern der Europäischen Union 1,26 Millionen Menschen einen Asylantrag gestellt, weitere 1,20 Millionen Asylbewerber wurden im Jahr 2016 registriert [3]. Hiervon kamen knapp 700 000 aus Syrien. 2016 waren mehr als 80% der Personen, die erstmals Asyl in einem Land der Europäischen Union beantragten, <35 Jahre alt, und 63 300 Asylanträge wurden von unbegleiteten Minderjährigen gestellt [3]. Abbildung 1 zeigt die Zahlen der Asylanträge in den einzelnen Ländern.

Fig. 1

Gesamtzahlen der Asylanträge 2015 und 2016. Die Farbe eines Landes spiegelt die Zahl der Anträge pro 100 000 Einwohner wider. Die Größe der Kreise zeigt die absolute Anzahl der Anträge pro Land an. Die Zahl im Kreis entspricht jeweils der absoluten Zahl in Tausend (Quelle: Eurostat [3]).

Fig. 1

Gesamtzahlen der Asylanträge 2015 und 2016. Die Farbe eines Landes spiegelt die Zahl der Anträge pro 100 000 Einwohner wider. Die Größe der Kreise zeigt die absolute Anzahl der Anträge pro Land an. Die Zahl im Kreis entspricht jeweils der absoluten Zahl in Tausend (Quelle: Eurostat [3]).

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Die meisten Asylsuchenden, Geflüchtete und Migranten kommen aus Ländern mit erhöhter Prävalenz bestimmter Infektionskrankheiten, die in Westeuropa selten oder gar nicht vorkommen. Angesichts der großen Zahl der Geflüchteten und Migranten in den letzten Jahren müssen europäische Ärzte und insbesondere Pneumologen sich darauf einstellen, bei diesen Patienten auf ein breiteres Spektrum von Erkrankungen zu treffen - insbesondere solcher Erkrankungen, die im jeweiligen Herkunftsland verbreitet sind (Tab. 1). Häufig werden Tuberkulose-Screenings durchgeführt, um aktive Fälle bei Geflüchteten zu identifizieren [4]. Tuberkulose bei Migranten und Geflüchteten ist jedoch bereits an anderer Stelle umfassend behandelt worden [5, 6] und würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen. Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, ein Gesamtbild der Lungenerkrankungen zu vermitteln, die bei Geflüchteten und Migranten in einkommensstarken europäischen Ländern auftreten können. Aufgrund der Anzahl und Vielfalt der Infektionserreger, die potenziell eine Lungenerkrankung hervorrufen können, beschränken wir uns hier auf einige dieser Organismen, die entweder besonders häufig vorkommen oder mit erhöhter Wahrscheinlichkeit in der klinischen Praxis Probleme bereiten.

Table 1

Infektionskrankheiten, die bei Asylbewerbern besonders zu bedenken sind, nach Herkunftsland

Infektionskrankheiten, die bei Asylbewerbern besonders zu bedenken sind, nach Herkunftsland
Infektionskrankheiten, die bei Asylbewerbern besonders zu bedenken sind, nach Herkunftsland

Antibiotika-Resistenz

Migranten unterliegen einem erhöhten Risiko dafür, sich mit arzneimittelresistenten Erregern zu infizieren und diese weiterzuverbreiten [7]. Studien zu Geflüchteten, die in einkommensstarken Ländern ankommen, ergaben eine hohe Prävalenz arzneimittelresistenter Tuberkulosen [8], Infektionen mit antibiotikaresistenten Enterobacteriaceae [9, 10] sowie Besiedlung mit antibiotikaresistenten Bakterien [11]. Dieses erhöhte Risiko der Geflüchteten scheint zum Teil auf die höheren Resistenzraten gegenüber Antibiotika in den Herkunftsländern sowie auf höhere Ansteckungsraten infolge mangelnder Infrastruktur und unhygienischer Bedingungen zurückzuführen zu sein [12]. Obwohl Geflüchtete somit eine Hochrisikogruppe zu sein scheinen, ist bisher nicht abschließend geklärt, ob routinemäßige präventive Isolation und Screenings empfohlen werden sollten [13]. Das Risiko einer Besiedlung mit arzneimittelresistenten Erregern sollte bei allen Patienten geprüft werden, die in eine Einrichtung des Gesundheitswesens aufgenommen wurden; hierbei sind sowohl die vorherigen Aufenthaltsregionen zu berücksichtigen als auch die Vorgeschichte des Patienten und weitere Risikofaktoren, wie zum Beispiel frühere Krankenhausaufenthalte. Obwohl Besiedlung und Infektionen durch multiresistente Erreger bereits als Problem von höchster Bedeutung behandelt werden, sollten die meisten Gesundheitseinrichtungen in einkommensstarken europäischen Ländern idealerweise noch Protokolle für das Screening von Patienten und die Infektionsprävention einrichten. Sie würden es dem medizinischen Fachpersonal damit ermöglichen, Patienten, die von multiresistenten Organismen besiedelt/infiziert sind, rasch zu identifizieren und angemessen zu reagieren.

Melioidose

Die Melioidose ist eine eher seltene bakterielle Infektion, die durch Burkholderia pseudomallei hervorgerufen wird. Sie ist in tropischen und subtropischen Regionen verbreitet, vor allem in Nordaustralien und Südostasien [14], aber auch über Fälle in Afrika [15] und Amerika liegen Berichte vor [16]. An Melioidose erkranken meist Personen in direktem Kontakt mit schlammigem Wasser und Boden; die Ansteckung erfolgt vorwiegend durch Inhalation, Ingestion oder Inokulation [17]. Besonders gefährdet sind immunsupprimierte Erwachsene höheren Alters, vor allem bei gleichzeitigem Vorliegen von Diabetes mellitus oder Alkoholismus [18]. In gemäßigten Klimazonen wird die Infektion typischerweise durch Migranten und Reisende importiert [19]. Die Inkubationszeit kann lediglich 1-3 Wochen dauern [20], es sind aber auch Fälle von latenter Infektionen mit Wiederauftreten nach vielen Jahren bekannt [21]. Die Patienten stellen sich charakteristischerweise mit Pneumonie vor; seltener auch mit urogenitalen und kutanen Manifestationen [18]. Hervorzuheben ist, dass sich bei vielen Patienten eine Septikämie entwickelt [17]. Die Sicherung der Diagnose erfolgt in der Regel durch Kultivierung von B. pseudomallei aus klinischen Proben (Blut, Atemwegssekret, Eiter aus Abszessen). Auch Serologie und molekulare Methoden können zum Einsatz kommen [22]. Wenn die Erkrankung lokal begrenzt ist, kann sie mit Doxycyclin behandelt werden, schwere Fälle hingegen erfordern eine intravenöse Behandlung mit Ceftazidim oder Meropenem über mehrere Wochen, gefolgt von einer oralen Konsolidierung mit Cotrimoxazol und Doxycyclin für bis zu 20 Wochen [23]. Derzeit gibt es keinen klinisch gebräuchlichen Impfstoff; die beste Vorbeugungsmaßnahme ist es, den Kontakt mit kontaminiertem Wasser und Boden zu vermeiden, insbesondere indem man Schuhe trägt [19].

Influenza

Influenza-A-, -B- und -C-Viren verursachen vorwiegend Lungeninfektionen bei Menschen, wobei Influenza A und B für die saisonalen Ausbrüche verantwortlich sind, an denen jährlich bis zu 15% der Weltbevölkerung erkranken [24]. Migranten tragen kein speziell erhöhtes Risiko, zur Ausbreitung der Influenza in den Aufnahmeländern beizutragen [25]. Jedoch sind Migranten selbst anfälliger, zum Teil aufgrund geringerer Impfraten [26, 27]. Die Infektion kann durch Tröpfchen, Aerosol und Kontakt übertragen werden [28]. Die respiratorischen Krankheitsmerkmale der Influenza reichen von asymptomatischen Infektionen bis hin zu schwerer Lungenentzündung [29]. Patienten, die mit einer gesicherten Influenzainfektion oder Verdacht darauf stationär aufgenommen werden, sind mit Neuraminidase-Hemmern wie Oseltamivir oder Zanamivir zu behandeln [30]. Zu den Präventionsmaßnahmen zählen Händedesinfektion, Impfungen und potenziell Mundschutzmasken [31].

MERS (Middle East Respiratory Syndrome)-Coronavirus

Das MERS-Coronavirus (MERS-CoV) wurde erstmals 2012 in Saudi-Arabien identifiziert [32]. Man nimmt an, dass die meisten Fälle auf der Arabischen Halbinsel auftreten und/oder epidemiologisch mit dieser Region verbunden sind [33]. Dromedare gelten als natürlicher Wirt des MERS-CoV, das bei engem Kontakt mit den Tieren auch auf den Menschen übergehen kann [34]. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch erfolgt hauptsächlich in Gesundheitseinrichtungen. Daher sollten Kontrollmaßnahmen vor allem auf die schnelle Erkennung von Fällen und strikte Infektionskontrollpraktiken abzielen, um die weitere Verbreitung zu verhindern [35]. Die durchschnittliche Inkubationszeit beträgt 5 Tage (Bereich: 2-13 Tage) [36]. Jeder Patient mit Fieber und Pneumonie oder akutem Atemnotsyndrom und Krankheitsbeginn innerhalb von 14 Tagen nach einem Aufenthalt in einem Endemiegebiet ist als potenzieller MERS-CoV-Patient zu beurteilen [37]. Erscheinungsbild und Schwere der Erkrankung reichen von einer asymptomatischen Infektion bis hin zu schwerer Lungenentzündung mit Beatmungsbedarf [32]. Das Risiko eines schweren Verlaufs ist erhöht bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung, die dialysepflichtig sind, Patienten mit Diabetes mellitus sowie Patienten über 50 Jahren [38]. Die Diagnosesicherung bei MERS-CoV-Infektionen erfolgt durch den Nachweis viraler RNA in klinischen Proben oder durch Nachweis der Serokonversion [39]. Die Behandlung ist primär unterstützend ausgelegt; gegen das Virus gerichtete Therapien sind erst in der Entwicklung [40].

Schätzungen zufolge leben weltweit 36,7 Millionen Menschen mit einer HIV-Infektion, davon >70% in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommensniveau [41]. Eine HIV-Infektion kann mit vielen verschiedenen infektiösen und nicht infektiösen pulmonalen Komplikationen einhergehen (Tab. 2). Sie sollen hier nicht im Einzelnen näher erläutert werden, sondern es soll ein Überblick gegeben werden, worauf Pneumologen bei der Behandlung von Menschen mit HIV-Infektionen achten sollten. Ebenso übersteigt es den Rahmen dieses Artikels, näher auf den Zusammenhang zwischen HIV und Tuberkulose einzugehen, die beide gerade in einkommensschwachen Ländern mit erheblicher Morbidität und Mortalität verbunden sind. Dass eine HIV-Infektion mit einem erhöhten Tuberkuloserisiko einhergeht, ist allgemein bekannt - 10% der im Jahr 2016 gemeldeten Tuberkulose-Neuerkrankungen betrafen Menschen mit HIV-Infektion [42]. Andere opportunistische Infektionen, die insbesondere mit fortgeschrittenen Stadien der HIV-Infektion assoziiert sind, sind Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie, disseminierte Histoplasmose und rezidivierende bakterielle Pneumonien [43].

Table 2

HIV und Lungenbeteiligung

HIV und Lungenbeteiligung
HIV und Lungenbeteiligung

Mit einer Hochskalierung der antiretroviralen Therapie sowie Prophylaxe mit Cotrimoxazol wurde ein Rückgang der pulmonalen Infektionen erzielt und die Überlebensraten der Menschen mit HIV-Infektion gesteigert [44, 45]. Das hat wiederum die Bedeutung chronischer und nicht infektiöser Lungenerkrankungen erhöht. Nicht infektiöse Lungenerkrankungen bei Menschen, die mit HIV leben, lassen sich in 3 Kategorien einteilen: interstitielle Lungenerkrankungen (ILD), pulmonale Gefäßerkrankungen und maligne Erkrankungen.

Einige ILD treten bei Menschen mit HIV mit erhöhter Häufigkeit auf. Bevor antiretrovirale Therapien breite Anwendung fanden, kamen lymphozytäre interstitielle Pneumonie bei Kindern sowie nicht spezifische interstitielle Pneumonie häufiger vor, heute hat sich das Spektrum der ILD stärker in Richtung kryptogener organisierender Pneumonie, Sarkoidose und hypersensitiver Pneumonitis verschoben [46].

Die HIV-assoziierte pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) wird zur Gruppe I der aktualisierten Klassifizierung der pulmonalen Hypertonie gezählt [47]. Schätzungen zufolge ist die Prävalenz der PAH in Verbindung mit HIV deutlich höher als in der Allgemeinbevölkerung [48]. Eine systematische Übersichtsarbeit ergab bei HIV-Infizierten aus Afrika, die sich mit kardiovaskulären Symptomen vorstellten, eine PAH-Prävalenz von ganzen 14% [49], allerdings ist die Anzahl der einbezogenen Studien sehr niedrig. Die Schistosomiasis (siehe unten), die unabhängig mit PAH assoziiert ist [47, 50], sowie andere begleitende chronische Lungenerkrankungen könnten ebenfalls zu einer erhöhten PAH-Last in einkommensschwachen Umfeldern beitragen [51]. Die tatsächliche Prävalenz der HIV-assoziierten PAH ist jedoch schwer mit Gewissheit zu beziffern, da für die Diagnosestellung unterschiedliche Verfahren verwendet werden. Die transthorakale Echokardiographie schätzt die Prävalenz tendenziell zu hoch ein und vermag den pulmonalen Gefäßdruck nicht korrekt zu beurteilen [46]. Patienten mit HIV-assoziierter PAH profitieren wahrscheinlich von denselben Therapien wie Patienten ohne HIV- Infektion [50]. Ärzte sollten jedoch beachten, dass zwischen Phosphodiesterase-V-Hemmern wie Sildenafil und Protease-Hemmern Wechselwirkungen möglich sind [52].

HIV-assoziierte maligne Erkrankungen der Lungen lassen sich danach unterteilen, ob sie AIDS-definierend sind oder nicht. Zur ersteren Kategorie zählen das Kaposi-Sarkom und das Non-Hodgkin-Lymphom. Pulmonales Kaposi-Sarkom tritt bei Patienten mit fortgeschrittenem HIV auf und geht meist mit einer Haut-/Schleimhautbeteiligung einher, die bei der Diagnosestellung hilfreich sein kann. In der Bronchoskopie imponiert das Kaposi-Sarkom als rote oder violette Läsionen; bei distaler Lokalisation werden sie allerdings nicht immer erkannt. Histologisch ist das Kaposi-Sarkom durch charakteristische Spindelzellen und ausgeprägte Vaskularisation gekennzeichnet [46]. Die Behandlung besteht in antiretroviraler Therapie, welche zur Regression führen kann, oder, falls sie nicht wirkt, einer zusätzlichen Chemotherapie und/oder Strahlentherapie.

Primärer Lungenkrebs tritt bei Personen mit HIV-Infektion 2,5-mal häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung [53] und ist mit einer schlechteren Prognose verbunden, möglicherweise weil die Erkrankung bei ihnen tendenziell in einem fortgeschritteneren Stadium diagnostiziert wird [54, 55].

Ebenso wurde nachgewiesen, dass HIV mit einem erhöhten Risiko für andere Lungenerkrankungen wie chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) [56] oder Bronchiektasie [57] assoziiert ist.

Tropische und subtropische systemische endemische Mykosen

Histoplasmose. Diese durch Histoplasma capsulatum var. capsulatum verursachte Infektion ist weltweit verbreitet, besonders in Nord-, Mittel- und Südamerika [58] sowie in Südostasien und Afrika [59]. In Afrika kommt als Erreger auch H. capsulatum var. Duboisii vor [60]. In Europa ist die Infektion selten; die meisten Fälle sind importiert [59]. Der dimorphe Pilz kann nach Inhalation mikroskopischer Pilzsporen zu einer Lungeninfektion führen. Ein erhöhtes Risiko besteht beim Besuch von Höhlen, die von befallenen Fledermäusen bewohnt sind, sowie bei Sanierungsarbeiten in befallenen Häusern, aber auch Infektionsausbrüche sind möglich [61]. Die meisten Infektionen verlaufen asymptomatisch, einige Personen haben grippeähnliche Symptome. Nur wenige Menschen, vor allem immungeschwächte Patienten, entwickeln eine schwere Erkrankung mit progressiver pulmonaler oder disseminierter Infektion. Akute respiratorische Symptome mit diffusen Infiltraten in der Thoraxbildgebung sind ein häufiges Erscheinungsbild, möglich sind aber auch akute lokalisierte Infiltrate, mediastinale Lymphadenopathie, chronische kavitäre pulmonale Histoplasmose, mediastinale Syndrome (z.B. Mediastinitis, Fibrose), Broncholithiasis oder Lungenherde [58]. Die Diagnose sollte sich auf eine Kombination von mindestens 2 der folgenden diagnostischen Verfahren stützen: Histologie, Kultur, Antigentest, Serologie und Polymerase-Kettenreaktion [62]. Die Behandlung richtet sich nach der Schwere der Erkrankung. Patienten mit leichter bis mittelschwerer pulmonaler Histoplasmose und <4 Wochen Symptomdauer profitieren nicht von einer Behandlung mit Antimykotika. Wenn die Symptome seit >4 Wochen bestehen, wird eine Behandlung mit Itraconazol 200-400 mg für 6-12 Wochen empfohlen [63]. Für Patienten mit chronischer kavitärer Histoplasmose gilt eine verlängerte Behandlungsdauer von 18-24 Monaten. Bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer akuter pulmonaler Histoplasmose oder mit progressiver disseminierter Histoplasmose wird Amphotericin B in einer Lipidformulierung (täglich 3,0-5,0 mg/kg intravenös für 1-2 Wochen) empfohlen; nach klinischer Besserung kann auf Itraconazol oral umgestellt werden. Bei HIV-positiven Patienten mit einer CD4-Zellzahl <150 Zellen/mm3 in hochendemischen Regionen wird eine Prophylaxe mit 200 mg Itraconazol täglich empfohlen [63].

Parakokzidioidomykose. Parakokzidioidomykose ist in Teilen Südamerikas endemisch, vor allem in Brasilien [64]. Tätigkeiten im Freien, z.B. in der Landwirtschaft, stellen Risikofaktoren für die Infektion dar. Die meisten Infektionen verlaufen asymptomatisch. Symptomatische Erkrankungen können als akute/subakute (juvenile) Form auftreten, die typischerweise durch vergrößerte Lymphknoten, Hepatosplenomegalie und/oder Haut-/Schleimhautläsionen gekennzeichnet ist, selten hingegen durch pulmonale Manifestationen. Die chronische (adulte) Form hingegen manifestiert sich häufig mit einer schweren Lungenbeteiligung, aber auch andere Organsysteme wie das zentrale Nervensystem, die Knochen oder die Nebennieren können betroffen sein. Schwere Verläufe treten meist bei immungeschwächten Patienten auf. Radiologische Zeichen sind apikale pleural-pulmonale Läsionen und vergrößerte hiläre Lymphknoten. Die Diagnose kann gestellt werden, wenn Hefeformen in Gewebeproben oder durch Kultivierung nachgewiesen wurden. Bei leichter bis mittelschwerer Erkrankung wird in der Regel mit 200 mg Itraconazol täglich über einen Zeitraum von durchschnittlich 12 Monaten behandelt [64]. Als alternative Behandlungsoption wird Cotrimoxazol empfohlen. In schweren Fällen kann Amphotericin B angewendet werden.

Talaromykose. Talaromyces marneffei (frühere Bezeichnung: Penicillium marneffei) ist ein in Südostasien endemischer dimorpher Pilz, der bei Patienten mit geschwächter Immunabwehr, insbesondere mit HIV/AIDS, schwere Infektionen hervorruft und mit einer Mortalität von bis zu 30% einhergeht [65]. Die klinischen Symptome reichen von leichten Verlaufsformen mit Hautläsionen über mittelschwere Formen mit Beteiligung multipler Organe bis hin zu schweren Erkrankungen mit Atemstillstand. Das radiologische Erscheinungsbild ist durch retikulonodulare oder alveoläre Infiltrationen mit oder ohne Konsolidierung gekennzeichnet, die lokal begrenzt oder disseminiert sein können. Die Diagnose kann durch Kultivierung klinischer Proben (z.B. Hautbiopsie, Blutkultur) gestellt werden. Eine antimykotische Behandlung kann mit Itraconazol und Amphotericin B erfolgen. Eine große Studie ergab kürzlich bessere Ergebnisse für Amphotericin B als für Itraconazol [66].

Sonstige Pilzinfektionen

Kryptokokkose. Neben dem zentralen Nervensystem können Infektionen mit Cryptococcus neoformans und Cryptococcus gattii auch die Lungen befallen [67]. Immunkompetente Patienten bleiben oft asymptomatisch oder entwickeln eine leichte Pneumonitis. Ein spezifisches radiologisches Muster gibt es nicht, häufig sind jedoch einzelne Herde, lobäre Infiltrate und/oder hiläre und mediastinale Lymphadenopathie zu erkennen. Der Schweregrad der Erkrankung hängt wesentlich vom Immunstatus des Patienten ab. Die Diagnosestellung erfolgt in der Regel mittels Histologie, Pilzkultur und/oder Serumantigentest. Immungeschwächte Patienten mit pulmonaler Kryptokokkose sollten mittels Lumbalpunktion und Kultur sowie Antigentest des Liquors auch auf eine Beteiligung des zentralen Nervensystems untersucht werden. Asymptomatische immunkompetente Patienten profitieren nicht von einer Antimykotika-Therapie. Bei fokalen pulmonalen Infiltraten werden 400 mg Fluconazol täglich über 6-12 Monate empfohlen. Patienten mit HIV-Infektion und diffuser pulmonaler Kryptokokkose sollten hingegen so behandelt werden wie Patienten mit ZNS-Erkrankung, d.h. mit Amphotericin B und Flucytosin über mindestens 2 Wochen als Induktionstherapie, gefolgt von einer Konsolidierung und Erhaltung mit Fluconazol über mindestens 12 Monate [68]. Alternative Behandlungsmöglichkeiten bieten andere Azole wie Itraconazol, Voriconazol, Posaconazol oder Isavuconazol [69].

P.-jirovecii-Pneumonie. P. jirovecii ist ein opportunistischer Erreger, der bei immungeschwächten Patienten schwere Infektionen hervorruft. Bemerkenswert ist hierbei, dass die Krankheitsdynamik bei Patienten mit HIV eine andere ist als bei solchen ohne HIV-Infektion. Während es sich bei letzteren um eine akute Erkrankung handelt, die sich innerhalb von Tagen entwickelt und mit hoher Mortalität verbunden ist, zeigt sich bei Patienten mit HIV/AIDS ein erheblich langsamerer Verlauf [70]. In der Thorax-Computertomographie sind typischerweise symmetrische Milchglastrübungen zu sehen. Cotrimoxazol 15-20 mg/kg in 4 Teildosen pro Tag über 21 Tage ist hier die Therapie der Wahl. Die Dosierung richtet sich nach der Trimethoprim-Komponente. Bei schweren HIV-positiven Fällen wird die unterstützende Gabe von Kortikosteroiden empfohlen. Bei Patienten ohne HIV-Infektion ist die Rolle von Kortikosteroiden noch ungeklärt, wobei eine aktuelle Metaanalyse keinen Nutzen belegt [71]. Bei Patienten mit Ateminsuffizienz sollten Kortikosteroide nicht routinemäßig verordnet werden [72]. Andere Therapieoptionen sind Pentamidin, Primaquin + Clindamycin, Atovaquon oder Dapson + Trimethoprim [68, 72].

Chronische pulmonale Aspergillose. Chronische pulmonale Aspergillosen sind nicht auf die Tropen beschränkt, sondern kommen weltweit vor. Lungentuberkulose, die in einkommensschwachen Ländern überdurchschnittlich häufig vorkommt, ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Entwicklung einer chronischen Lungenaspergillose [73, 74]. Das klinische Erscheinungsbild kann sehr unterschiedlich sein - von völliger Symptomfreiheit bis hin zu lebensbedrohlicher Hämoptyse [75]. Die Diagnose wird anhand einer Kombination aus radiologischen, klinischen und mykologischen Kriterien gestellt [76]. Neben einem Test auf Aspergillus-IgG-Antikörper im Serum sollte bei allen Patienten eine Bronchoskopie durchgeführt werden, je nach Risiko/Nutzen-Bewertung, um den mykologischen Nachweis zu erbringen und andere Diagnosen auszuschließen [77]. Itraconazol (200 mg 2-mal täglich) oder Voriconazol (150-200 mg 2-mal täglich) über mindestens 6 Monate ist die Behandlung der Wahl [76]. Bei Patienten mit einzelnen Aspergillomen ist eine Operation in Betracht zu ziehen Ein multidisziplinäres Vorgehen könnte das Management und die Behandlungsergebnisse dieser schwer zu behandelnden Patienten mit chronischer pulmonaler Aspergillose verbessern [78].

Pleuropulmonale Amöbiasis

Entamoeba histolytica ist ein Protozoon, das weltweit vorkommt, besonders häufig jedoch in den Tropen. Die Zahl der Neuinfektionen mit E. histolytica wird für das Jahr 2010 auf 104 Millionen geschätzt [79]. Die Infektion erfolgt durch kontaminiertes Essen oder Wasser und kann sowohl asymptomatisch bleiben als auch zu Dysenterie oder seltener zu extraintestinalen Erkrankungen führen; dies ist bei <1% der Erkrankungen der Fall [80]. Die pleuropulmonale Infektion ist die zweithäufigste extraintestinale Lokalisation [81] und entsteht meist durch Ruptur eines Leberabszesses. Sie kann sich als Pneumonie, Lungenabszess, Pleuraerguss, Empyem oder bronchohepatische Fistel manifestieren [82]. Die klinischen Symptome umfassen Fieber, Husten und pleuritischen Brustschmerz sowie, bei Entwicklung einer bronchohepatischen Fistel, Auswurf von charakteristischem Eiter («Anchovis-Soße») [83]. Rechtsseitige Atelektasen und Pleuraergüsse sind die häufigsten Manifestationen [84], aber auch eine Anhebung des rechten Zwerchfells infolge des Leberabszesses ist möglich [83]. Ein Test auf Antikörper gegen E. histolytica, Antigennachweis und speziesspezifische Polymerase-Kettenreaktion sind die aussagekräftigsten Methoden für die Diagnose einer extraintestinalen Amöbiasis [80]. Die Behandlung erfolgt mit Nitroimidazol, gefolgt von Paromomycin oder wahlweise Diloxanidfuroat zur Eradikation des Erregers im Darm [80]. Die Rückbildung der Läsionen in der Bildgebung dauert erheblich länger als die relativ schnelle klinische Erholung. Dies ist nicht als Therapieversagen zu werten.

Table 3

Parasitäre Lungeninfektionen bei Geflüchteten, ihre Diagnostik und Therapie im Überblick

Parasitäre Lungeninfektionen bei Geflüchteten, ihre Diagnostik und Therapie im Überblick
Parasitäre Lungeninfektionen bei Geflüchteten, ihre Diagnostik und Therapie im Überblick

Zystische Echinokokkose

Die zystische Echinokokkose (cystic ecchinococcosis, CE) ist eine wenig beachtete Zoonose, die durch den Zestoden (Bandwurm) Echinococcus granulosus im Larvenstadium verursacht wird. Die Zahl der weltweiten CE-Neuerkrankungen im Jahr 2010 wird auf 188 000 geschätzt [85]. CE tritt weltweit auf, jedoch mit erhöhter Prävalenz im östlichen Mittelmeerraum, in Nordafrika, Süd- und Osteuropa, im Süden Südamerikas, in Zentralasien sowie in Teilen Chinas. Die Inzidenz kann in hochendemischen Gebieten mehr als 50 von 100 000 Personenjahren betragen, bei einer Prävalenz beim Menschen von 5-10% [86]. In einkommensstarken Ländern kommt CE meist nur als importierte Krankheit vor, in einigen Regionen Südosteuropas ist sie jedoch endemisch [87].

Die adulten Würmer leben im Dünndarm von Fleischfressern (Kaniden, Feliden); die Eier werden mit dem Kot ausgeschieden und von Zwischenwirten (Schafe, Rinder, Pferde usw.) mit der Nahrung aufgenommen. Im Zwischenwirt läuft die Entwicklung der Larvenstadien über Hydatiden-Blasen (Zysten) zu Protoscolices ab, welche dann nach Aufnahme durch den Endwirt zu adulten Würmern reifen [88]. Menschen können sich durch Ingestion der Eier mit dem Parasiten infizieren (bei kontaminierter Nahrung oder durch Kontakt mit Hunden). Beim Menschen entwickeln sich die Zysten am häufigsten in der Leber (70%) oder in der Lunge (20%), sie können aber auch in jedem anderen Organ vorkommen [89]. Risikofaktoren für eine CE-Infektion sind ein Leben auf dem Land bzw. an einem Ort, an dem es viele freilaufende oder streunende Hunde oder Schlachthöfe mit Qualitätsmängeln gibt, sowie Schlachttätigkeiten [87, 90]. Die Prävalenz der CE steigt mit dem Lebensalter und Frauen unterliegen einem erhöhten Risiko [91].

Die Inkubationszeit kann sehr unterschiedlich sein und die Zysten können jahrelang asymptomatisch bleiben, ohne Komplikationen hervorzurufen. Die Symptome entstehen durch Kompression oder Ruptur und sind je nach Lage der Zysten sehr unterschiedlich. Hydatiden-Zysten in der Lunge können als Zufallsbefund beim Thoraxröntgen entdeckt werden. Die Präsentationszeichen bei Lungenzysten können unspezifisch sein, z.B. chronischer Husten, Hämoptyse, Dyspnoe und pleuritischer Brustschmerz. Bei Ruptur der Zyste kann der Inhalt in den Bronchialbaum expektoriert oder in den Pleuraraum ausgeschüttet werden, mit entsprechenden anaphylaktischen Manifestationen. Meist sind Rupturen aber weniger abrupt und führen zu bakterieller Superinfektion und Lungenabszessen [89].

Die Diagnosestellung erfolgt in der Regel anhand bildgebender Untersuchungen (Röntgen, Computertomographie, Ultraschall usw.) sowie durch den Nachweis spezifischer Antikörper gegen Echinococcus im Serum. Die Sensitivität der Serologie für pulmonale CE beträgt 60-84%, wobei der IgG-ELISA höhere Sensitivität zeigt als andere Methoden [92]. Die Behandlung der pulmonalen CE ist komplex, richtet sich nach der konkreten Manifestation und sollte in einem Zentrum mit einschlägiger Erfahrung erfolgen. Die einzige radikale Behandlung ist die behutsame chirurgische Entfernung der gesamten Zyste. Bei kleinen asymptomatischen Zysten kann beobachtendes Abwarten angeboten werden. Eine rein medikamentöse Behandlung (Albendazol) kann bei kleinen, unkomplizierten Lungenzysten in Betracht gezogen werden, die hiermit erzielte Heilungsrate ist jedoch recht niedrig (<50%). Bei größeren Zysten ist eine präoperative Antihelminthika-Therapie zu vermeiden, da ein geringes Risiko einer Leckage/Ruptur besteht, die eine notfallmäßige Intervention erfordern würde. Perkutane Aspirationsverfahren sind bei Lungenzysten kontraindiziert [93].

Strongyloidiasis

Strongyloides stercoralis ruft zwar normalerweise keine Lungenerkrankungen hervor, ist aber ein weit verbreiteter über Bodenkontakt übertragener Helminth, der unbehandelt zu einer lebenslangen Infektion führen kann [94]. In einigen Regionen Afrikas und Südamerikas kann die Infektionsprävalenz mehr als 50% betragen [95]. Unter besonderen Umständen, z.B. bei einer Kortikosteroid-Langzeitbehandlung oder Organtransplantation, kann S. stercoralis ein Hyperinfektionssyndrom verursachen, das durch Invasion aller Organe einschließlich der Lunge zum Multiorganversagen führen kann (Abb. 2) [96]. Bei Patienten mit schwerer Strongyloidiasis können so auch ein akutes Atemnotsyndrom oder pulmonale Blutungen auftreten, verbunden mit Bakteriämie infolge intestinaler Translokation. Thoraxröntgenaufnahmen zeigen oft diffuse Verschattungen [97]. Die Mortalität kann bis zu 60% betragen [96]. Die Diagnosestellung ist bei diesem Syndrom in aller Regel recht einfach, da die Würmer in allen Flüssigkeiten und Sekreten zu finden sind (einschließlich Sputum und bronchoalveoläre Lavage). Bei immunkompetenten Personen ist die Serologie das diagnostische Verfahren mit der höchsten Sensitivität (im Vergleich zu parasitologischen Methoden), bei immunsupprimierten Patienten mit maligner Strongyloidiasis hingegen funktioniert das Verfahren erheblich schlechter. Die Behandlung des Hyperinfektionssyndroms beruht auf der täglichen Gabe von Ivermectin, bis der Parasit im Stuhl nicht mehr nachzuweisen ist, häufig gefolgt von einer monatlichen Erhaltungstherapie mit Ivermectin. Ärzte sollten dieses Syndrom im Blick haben, da Langzeittherapien mit Kortikosteroiden bei einer Vielzahl von Lungenerkrankungen verordnet werden. Bei Patienten unter erhöhtem Risiko für dieses Syndrom ist ein Screening einschließlich Serologie durchzuführen, z.B. Kandidaten für eine Immunsuppression und Organtransplantation, die zuvor in einem Endemiegebiet ansässig waren [96].

Fig. 2

Strongyloides-Hyperinfektionssyndrom bei einem 77-jährigen Mann aus Paraguay, der sich mit rektalen Blutungen und progredienter Atemnot vorstellte. Bei dem Patienten war eine perinukleäre, für zytoplasmatische Antikörper gegen Neutrophile positive mikroskopische Polyangiitis mit rasch progredienter Glomerulonephritis diagnostiziert worden. In den 4 Monaten vor der Aufnahme war er mit 2 Zyklen Cyclophosphamid behandelt worden und erhielt täglich Prednisolon in einer Dosis von 60 mg/kg. Im Thoraxröntgen waren diffuse bilaterale Lungeninfiltrate zu sehen (a). Histopathologische Schnitte der Magenschleimhaut zeigten Larven von Strongyloides stercoralis (Pfeile) (b). Die Würmer waren auch in der mikroskopischen Untersuchung von bronchoalveolärer Spülflüssigkeit sowie einer Stuhlprobe sichtbar.

Fig. 2

Strongyloides-Hyperinfektionssyndrom bei einem 77-jährigen Mann aus Paraguay, der sich mit rektalen Blutungen und progredienter Atemnot vorstellte. Bei dem Patienten war eine perinukleäre, für zytoplasmatische Antikörper gegen Neutrophile positive mikroskopische Polyangiitis mit rasch progredienter Glomerulonephritis diagnostiziert worden. In den 4 Monaten vor der Aufnahme war er mit 2 Zyklen Cyclophosphamid behandelt worden und erhielt täglich Prednisolon in einer Dosis von 60 mg/kg. Im Thoraxröntgen waren diffuse bilaterale Lungeninfiltrate zu sehen (a). Histopathologische Schnitte der Magenschleimhaut zeigten Larven von Strongyloides stercoralis (Pfeile) (b). Die Würmer waren auch in der mikroskopischen Untersuchung von bronchoalveolärer Spülflüssigkeit sowie einer Stuhlprobe sichtbar.

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Gnathostomiasis

Gnathostomiasis, auch als Larva-migrans-profundus-Syndrom bezeichnet, wird meist durch den Fadenwurm (Spulwurm) Gnathostoma spinigerum verursacht. Die Regionen mit der höchsten Endemizität sind Japan und Südostasien, aber auch in Mittel- und Südamerika steigt die Zahl der gemeldeten Fälle infolge des vermehrten Verzehrs von Ceviche (in Limettensaft marinierter, roher Fisch) [98]. Menschen infizieren sich meist mit den Larven von Gnathostoma spp. durch den Verzehr von rohem oder nicht durchgegartem Süßwasserfisch oder anderen Zwischenwirten wie Schlange, Frosch oder Huhn. Die Gnathostoma-Larven sind stark invasiv und beweglich und können daher eine Vielzahl von Symptomen in praktisch jedem Organsystem hervorrufen. Wandernde Hautschwellungen [99] und eosinophile Meningoenzephalitis sind die häufigsten und gefährlichsten Manifestationen, es sind aber auch verschiedene pulmonale Symptome auf eine Infektion mit Gnathostoma spp. zurückgeführt worden [100, 101]. Mögliche Präsentationszeichen sind Husten, pleuritischer Brustschmerz, Hämoptyse, lobäre Konsolidierung oder Kollaps, Pleuraergüsse sowie Pneumo- und Hydropneumothorax. Bei den meisten Patienten liegen Eosinophilie und eosinophile Pleuraergüsse vor. Wenn sowohl die Trias Eosinophilie, subkutane Schwellungen und eosinophiler Pleuraerguss ungeklärter Ursache als auch eine passende Expositions-Vorgeschichte gegeben ist, ist der Verdacht auf Gnathostomiasis zu erheben. Die Diagnose wird anhand der Isolation der Larven aus den Läsionen gestellt, was jedoch bei einem Befall innerer Organe in der Regel nicht möglich ist. Hierfür sind verschiedene serologische Tests verfügbar; in Europa wird meist der Immunoblot zum Nachweis spezifischer 24-kDa-Antigenbanden verwendet [99]. Albendazol 400 mg 2-mal täglich für 21 Tage ist die Therapie der Wahl bei pulmonaler Erkrankung. Eine valide Alternative ist Ivermectin 200 µg/kg an 2 aufeinanderfolgenden Tagen.

Tropische pulmonale Eosinophilie

Die tropische pulmonale Eosinophilie (auch als tropisches eosinophiles Asthma oder Pseudotuberkulose bezeichnet) wird durch eine überschießende Immunreaktion auf in der Lunge eingeschlossene Mikrofilarien verursacht. In den meisten Fällen wird die Krankheit durch Wuchereria bancrofti und Brugia malayi hervorgerufen. In seltenen Fällen kann ein ähnliches pulmonales Hyperreaktionssyndrom, das erstmals von Löffler beschrieben wurde, auch durch S. stercoralis sowie Ascaris und Schistosoma spp. verursacht werden [102]. Die tropische pulmonale Eosinophilie kommt am häufigsten auf dem indischen Subkontinent und in Südostasien vor, weniger häufig auch in Südamerika und Afrika. Männer sind 4- bis 7-mal häufiger betroffen als Frauen [103].

Die Symptome sind leicht mit Asthma zu verwechseln; in nicht endemischen Gebieten wird entsprechend sehr häufig fehldiagnostiziert [104]. Die Patienten klagen meist über Husten, Atemnot, Keuchen und Thoraxschmerz, die vorwiegend nachts auftreten. Fieber, Gewichtsverlust und Müdigkeit können mit den respiratorischen Symptomen einhergehen. Auch über die Weiterentwicklung zu einer fleckförmigen nicht progredienten Lungenfibrose ist berichtet worden [103]. Eine ausgeprägte Eosinophilie von >3.000/µl bis hin zu 80.000/µl in Verbindung mit hohen IgE-Konzentrationen im Serum ist charakteristisch für die tropische pulmonale Eosinophilie. Filarienspezifisches IgE und IgG sind deutlich erhöht. Die Serologie ist in 35% der Fälle positiv für W. bancrofti. Paradoxerweise ist die Untersuchung des Blutes auf Mikrofilarien (die übliche parasitologische Methode zur Diagnose von Filariosen) immer negativ, da schon wenige eingeschlossene Parasiten ausreichen, um eine starke Immunreaktion auszulösen. Daher kann ein Ansprechen auf eine spezifische Behandlung mit Diethylcarbamazin 5 mg/kg/Tag über 4 Wochen die Diagnose stützen. Bei schweren Symptomen können Steroide von Nutzen sein. Bei jedem 5. Patienten kommt es innerhalb von 5 Jahren zu einem Rezidiv [103].

Paragonimiasis

Diese Lungenegel-Infektion kommt in Südostasien und im Fernen Osten sowie in Zentral- und Westafrika vor [105]. In Amerika ist die Verbreitung auf Zentralamerika und das nördliche Südamerika begrenzt. Paragonimus westermani ist die Spezies, die für die meisten Infektionen beim Menschen verantwortlich ist. Der Mensch ist jedoch nur ein Ausnahmewirt. Die Infektion erfolgt durch Verzehr von rohen Süßwasserkrabben und Flusskrebsen, die infektiöse Metazerkarien enthalten [106]. Entzystierte Larven bohren sich durch die Darmwand und wandern über Bauchraum und Zwerchfell in die Lunge, wo sie zu adulten Würmern reifen. Die Würmer umgeben sich mit einem Hohlraum von 1-4 cm Durchmesser. Sie können auch an ektopische Lokalisationen wandern, wo sie dann zu eosinophilen Abszessen führen. Leichte Infektionen bleiben asymptomatisch. Im akuten Stadium (Invasion und Migration der Larven) können Durchfall, Bauchschmerzen, Urtikaria und Eosinophilie auftreten. Später folgen Fieber, Brustschmerzen, Husten, Dyspnoe und allgemeines Krankheitsgefühl. Das chronische Stadium kann sich mit rezidivierendem Husten, Hämoptyse und/oder Pleuraerguss ähnlich äußern wie eine Tuberkulose mit kavitären Läsionen und wird oft als solche fehldiagnostiziert [107]. Die Inkubationszeit kann in manchen Fällen extrem lang sein [108]. Die Diagnosestellung erfolgt durch den Nachweis von Eiern im Sputum mit Konzentrationsmethoden (z.B. Sputum + Wasser + Kaliumhydroxid mischen, zentrifugieren und Sediment untersuchen). Pleuraergüsse mit hochgradiger Eosinophilie können vorliegen [109]. Nach Verschlucken von Sputum können auch Eier im Stuhl zu finden sein. ELISA-Tests haben eine Sensitivität und Spezifität von >90%. Praziquantel 75 mg/Tag über 3 Tage oder Triclabendazol 10 mg/kg 2-mal an einem Tag sind beides sehr wirksame Behandlungsoptionen (Heilungsraten >95%) [110, 111].

Weitere Parasiten mit gelegentlichem Befall der Lunge bei Migranten

Akute Schistosomiasis - eine immunologisch-allergische Reaktion auf Schistosoma-Larven (Schistosomulae), von der auch die Lunge betroffen sein kann - tritt bei immunkompetenten Migranten praktisch nie auf, deshalb wird darauf hier nicht näher eingegangen. Eine mögliche Auswirkung einer schweren und lang andauernden Schistosomiasis ist eine PAH infolge chronischer granulomatöser Entzündungsprozesse, gefolgt von Narbenfibrose um embolisierte Eier, die in den Lungenkapillaren eingeschlossen sind. Dieses Syndrom ist mit Praziquantel teilweise reversibel, außer wenn die fibrotischen Veränderungen bereits bei der Diagnose zu erkennen sind. Italienische Forscher haben kürzlich eine neue klinische Entität identifiziert, die mit chronischer Schistosomiasis zusammenhängt, genauer: mit der Ablagerung von Schistosomeneiern - sie ist auf die Ablagerung von Schistosomeneiern zurückzuführen, durch chronische Lungenherde gekennzeichnet, bisweilen symptomatisch, meist aber ein Zufallsbefund beim Thorax-Röntgen [112]. Eine langsame Spontanheilung scheint hier die Regel zu sein, mit Praziquantel lässt sich die Heilung jedoch beschleunigen. Es wird empfohlen, diese Erkrankung bei der Differenzialdiagnose chronischer Lungenherde bei (afrikanischen) Migranten zu berücksichtigen, da invasive diagnostische Verfahren so leicht vermieden bzw. verzögert werden können.

Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung

Weltweit leiden Schätzungen zufolge 174 Millionen Menschen an einer COPD. Eine erhöhte Rauchprävalenz bei Migranten in Reaktion auf die psychischen Belastungen der Migration sowie den kulturellen Anpassungsdruck im Aufnahmeland [114, 115] kann zu signifikant erhöhten Atemwegserkrankungsraten führen. Durch Tabakkonsum bedingte COPD ist als eine der weltweit führenden Ursachen für Morbidität und Mortalität unumstritten. Nicht durch Tabakkonsum bedingte COPD hingegen ist eine Entität, die in Industrieländern selten vorkommt und bei langfristiger Exposition gegenüber Biomasserauch prävalent ist. Schätzungen zufolge sind 35% der COPD-Erkrankungen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommensniveau auf Exposition gegenüber Innenraumrauch aus Biomassebrennstoffen zurückzuführen [116]. Diese Entität wird inzwischen zunehmend als eigenständige Erkrankung der kleinen Atemwege anerkannt, mit unterschiedlichem entzündlichem Phänotyp [117, 118] und deutlich geringerer Emphysembildung als bei Zigarettenrauch-assoziierter COPD. Die in der oberen Zone vorherrschende bronchiale Anthrakofibrose ist eine Manifestation, die typischerweise bei älteren Frauen aus ländlichen Gegenden zu beobachten ist [119]. Das Rauchen von Wasserpfeifen (Shisha), das in einigen Bevölkerungsgruppen stärker verbreitet ist, ist ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für COPD, Mundkrebs und Lungenkrebs verbunden [120].

ILD/Lungenvernarbung

Umwelt- und berufsbedingte Toxinexpositionen, die mit ILD in Verbindung gebracht werden, könnten bei einem Teil der Geflüchteten im Herkunftsland eine Rolle gespielt haben. Dauerhaft gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen in der Industrie können zu ungewöhnlichen und schweren Krankheitsbildern führen, zum Teil auch schon bei sehr jungen Menschen [121-123]. Das Spektrum der möglichen gefährlichen Expositionen ist riesig und eine detaillierte Erfassung der bisherigen Arbeitstätigkeit eines Patienten von größter Bedeutung. Extensive Lungenvernarbung ist in vielen Fällen auf eine frühere Tuberkuloseerkrankung zurückzuführen, oft ohne Aufzeichnungen über eine wirksame Behandlung.

Infektionskrankheiten der Atemwege, die in den einkommensstarken Ländern Europas nur selten auftreten, können bei Geflüchteten und Migranten häufiger vorliegen, wenn sie aus Regionen kommen, in denen diese Krankheiten sporadisch auftreten oder endemisch sind. Einige dieser Infektionen sind sehr selten und auf einzelne geographische Regionen beschränkt, während andere - wie Strongyloidiasis und Echinokokkose - weit verbreitet sind. Ähnlich wie bei der Tuberkulose können einige der Erreger eine lang andauernde latente oder subklinische Infektion verursachen, die im Fall einer Immunsuppression noch Jahrzehnte nach der Erstinfektion zu einer schweren Erkrankung führen kann. Auch einige nicht übertragbare Krankheiten können bei Geflüchteten häufiger auftreten und mit ungewöhnlichen Risikofaktoren zusammenhängen. Wenn die Diagnose und Behandlung von Migranten mit respiratorischen Krankheitszeichen sich als schwierig erweist, sollten sie an entsprechende Kompetenzzentren überwiesen werden, um sicherzustellen, dass sie korrekt diagnostiziert und bestmöglich behandelt werden.

Die Studie erhielt keine finanzielle Förderung. Die Autoren haben keine Interessenskonflikte offenzulegen.

Die Literatur ist als Supplemental Material unter www.karger.com/?DOI=495735 abrufbar.

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