Maximilian Broglie, Seniorpartner in der Kanzlei Broglie, Schade & Partner GbR in Wiesbaden und Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), ist Fachanwalt für Sozial- und Medizinrecht und klärt in seinem Beitrag auf, was man unter dem Übernahmeverschulden versteht.
In den Blickdiagnosen dieser Ausgabe geht es um eine 18-jährige Patientin, die plötzlich mit hohem Fieber und starker Dyspnoe im nächstgelegenen Krankenhaus aufgenommen wurde - vermutet wurde eine ambulant erworbene Pneumonie. Trotz der eingeleiteten antibiotischen Therapie kam es zu einer raschen Verschlechterung der Ateminsuffizienz. Was könnte die Ursache dafür sein? Wie immer finden Sie die Auflösung auf der KARGER-KOMPASS-PNEUMOLOGIE-Webseite.
Sie planen Ihre Weiterbildung zum Facharzt? Was Sie in dieser Zeit unbedingt beachten sollten, vermitteln Ihnen unsere kurzen, aber hilfreichen «Überlebenstipps für die Weiterbildung», welche Sie ab diesem Heft regelmäßig im PneumoCampus finden können.
Medizinrecht |
Übernahmeverschulden - was versteht man darunter?
Der Arzt darf die Behandlung eines Patienten nur übernehmen, wenn er über die hierfür erforderliche persönlich fachliche Qualifikation und die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderliche technisch-apparative Ausstattung verfügt.
Ist dies nicht gewährleistet, muss er die Behandlung ablehnen und den Patienten an einen ausreichend qualifizierten Kollegen oder ein apparativ ausreichend ausgestattetes Krankenhaus überweisen. Überschreitet der Arzt seine fachliche Kompetenz, ist er mit der geplanten Behandlung überfordert oder ist die zur Verfügung stehende technisch-apparative und personelle Ausstattung unzureichend, liegt schon in der Übernahme oder Fortsetzung der Behandlung ein Übernahmeverschulden (Sorgfaltspflichtverletzung) vor. Den Beweis, dass der eingetretene Schaden beim Patienten nicht auf die festgestellten Mängel in der persönlichen Qualifikation oder der Ausstattung zurückzuführen ist, muss dann im Prozess der Arzt führen.
In der Praxis fallen hierunter die sogenannten Anfängeroperationen oder die Behandlung durch übermüdete Ärzte. Insbesondere der in der Weiterbildung befindliche Arzt muss sich selbstkritisch ein Bild über die eigenen Fähigkeiten machen. Er ist verpflichtet, wenn er den notwendigen Weiterbildungsstand und die Erfahrung noch nicht erreicht hat, einen erfahrenen Kollegen hinzuzuziehen oder aber die Vornahme des Eingriffs abzulehnen, da er sonst für die durch die fehlerhafte Behandlung entstandenen Schäden haftet. Die Behandlung dürfte nur dann von einem Anfänger durchgeführt werden, wenn dies unter Anleitung eines Facharztes erfolgt, der sofort eingreifen kann.
Als Folge der möglichen Haftung für ein Übernahmeverschulden ergibt sich auch die Verpflichtung des Arztes (z.B. des Hausarztes) an einen Facharzt/Spezialisten zu überweisen oder den Rat eines Konsiliarius einzuholen, wenn die gebotene Behandlung die Fähigkeiten und Kenntnisse des behandelnden Arztes übersteigt.