Zusammenfassung
Hintergrund: Die transbronchiale Kryobiopsie (transbronchial lung cryobiopsy, TBLC) stellt bei diffusen Lungenparenchymerkrankungen (DPLD) eine Option dar, wenn eine zuverlässige Diagnose über nichtinvasive Methoden nicht möglich ist. Die beiden wichtigsten Komplikationen der TBLC sind Blutungen und Pneumothorax (PTX). Die Genauigkeit der Thoraxsonographie zum Nachweis eines PTX ist im Vergleich zur Röntgenuntersuchung des Thorax (CXR) höher, bezogen auf die Computertomographie (CT) als Goldstandard. Ziel: Wir haben die Genauigkeit der Thoraxsonographie bei der Erkennung eines PTX nach TBLC bei Patienten mit DPLD beurteilt. Methoden: Die Patienten wurden der TBLC während einer starren Bronchoskopie in tiefer Sedierung unterzogen. Die Kryobiopsie erfolgte unter fluoroskopischer Führung. Drei Stunden später wurden die Patienten einer Thoraxsonographie und Standard-CXR unterzogen. Gab es keine Übereinstimmung zwischen der Thoraxsonographie und der CXR, war eine Thorax-CT erforderlich. Ergebnisse: In die Studie wurden 43 Patienten aufgenommen. Bei 36 Patienten (84%) wurde die Kryobiopsie im rechten Lungenflügel durchgeführt. Ein PTX wurde bei 10 Patienten (23%) mittels CXR diagnostiziert. Bei der Interpretation der CXR durch die Radiologen bestand vollständige Übereinstimmung (k = 1, 95%-KI = 1). Die Thoraxsonographie war bei 11 Patienten (25%) positiv auf PTX. Bei der Interpretation der Thoraxsonographie durch die Pulmologen bestand vollständige Übereinstimmung (k = 1, 95%-KI = 1). Die Prävalenz eines PTX, der übereinstimmend mit CXR und Thoraxsonographie diagnostiziert wurde, betrug 23% (10/43, 95%-KI = 11,8-38,7). Die Sensitivität der Thoraxsonographie betrug 90% (95%-KI = 55,5-99,7), und die Spezifizität 94% (95%-KI = 79,8-99,3). Darüber hinaus betrugen die positiven und negativen Vorhersagewerte 82% (95%-KI = 48-98) bzw. 97% (95%-KI = 84-100). Schlussfolgerung: Die Thoraxsonographie ist ein äußerst empfindliches und spezifisches Werkzeug zur Diagnose eines PTX nach einer TBLC.
Transfer in die Praxis von Dr. Franz Stanzel (Hemer)
Hintergrund
Die Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen ist nach wie vor schwierig, weil eine klare Diagnose oft nur mit invasiven Methoden gestellt werden kann. Nach den aktuellen Empfehlungen kommt eine Biopsie dann in Betracht, wenn die Diagnose aufgrund von Anamnese, Klinik und Bildgebung durch ein interdisziplinäres Team nicht gestellt werden kann. Dabei hat die chirurgische Lungenbiopsie auch als etwas weniger invasive videoassistierte Thorakoskopie (VATS) Nachteile. Aufgrund der höheren Komplikationsrate und Mortalität kommt diese bei Patienten höheren Alters, relevanter Komorbidität, schwerer respiratorischer Beeinträchtigung, pulmonaler Hypertension oder der Ablehnung einer Operation oft nicht in Betracht. Die transbronchiale Zangenbiopsie ist mittlerweile unüblich, da sie selten Klärung bringt. Als weitere Option hat sich die im Vergleich zur VATS weniger invasive transbronchiale Kryobiopsie (TBLC) etabliert. Mit ihrer Hilfe können deutlich größere Lungenbiopsate auf bronchoskopischem Wege gewonnen werden, die zudem kaum Artefakte aufweisen. Dies wird von den Pathologen sehr geschätzt. Der Nachteil ist eine höhere Komplikationsrate gegenüber der klassischen transbronchialen Biopsie (TBB). Blutungen sind häufiger, ebenso Pneumothoraces. Die Diagnoserate beträgt 80% gegenüber 30% bei der TBB und 98% bei der VATS. Die Mortalität nach TBLC ist signifikant niedriger als die nach VATS (0,1 vs 1,7%). Die Komplikationen sind allesamt weniger häufig als bei der chirurgischen Biopsie, sodass sich das Vorgehen in den meisten Behandlungszentren signifikant geändert hat, die TBLC häufiger eingesetzt wird und die VATS in der Mehrzahl der Fälle ersetzt hat.
Bei der TBLC sind die Beherrschung der Blutung während des Eingriffs und die Erkennung des Pneumothorax nach dem Eingriff wichtig. Die Beherrschung der Blutung gelingt zuverlässig, wenn Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden. Das Vorgehen erfolgt meist unter dem Schutz eines Tubus oder des starren Bronchoskops, sodass ein sicherer Zugang während des Eingriffs gewährleistet werden kann. Des Weiteren wird in der Regel ein Ballon in die zu biopsierende Seite eingeführt und so platziert, dass im Falle einer stärkeren Blutung dieser nur gefüllt werden muss, um eine Blutung aus dem biopsierten Bereich zu verhindern. Der Pneumothorax wird beim Eingriff meist über eine Durchleuchtung ausgeschlossen, nach dem Eingriff durch eine Röntgenaufnahme des Thorax (CXR), manchmal in Exspiration, im zeitlichen Abstand von 1 bis 3 Stunden. Die Prävalenz eines Pneumothorax nach TBLC wird mit 4,9-20,2% angegeben. Die Röntgenaufnahme ist in der Praxis der Standard zum Ausschluss eines Pneumothorax, die Thorax-CT gilt aber als Goldstandard. Der Thorax-Ultraschall hat gegenüber dem Röntgenthorax eine höhere Treffsicherheit, erreicht aber nicht die Nachweisrate der CT. Wegen der vergleichsweise hohen Strahlenbelastung kommt die CT nur in schwierigen Situationen zum Einsatz.
Studienergebnisse
Die Autoren haben sich in der vorliegenden Arbeit mit den Einsatz der transbronchialen Kryobiopsie bei interstitiellen Lungenerkrankungen und der Diagnose des postinterventionellen Pneumthorax durch den thorakalen Ultraschall (TUS) beschäftigt. In die Studie wurden Patienten mit diffuser interstitieller Lungenerkrankung eingeschlossen, die funktionell nicht zu stark eingeschränkt waren (Vitalkapazität >50%). Weitere Ausschlusskriterien waren vor allem eine schwere Hypoxämie, Koagulopathien und eine zu starke bullöse Veränderung der Lunge. Drei Stunden nach dem Eingriff erfolgte die Überprüfung des SaO2, ein TUS durch trainierte Ärzte und eine p.a.-CXR. Die beteiligten Ärzte waren verblindet. Gegebenenfalls wurden die Untersuchungen zeitlich vorgezogen. 43 Patienten wurden eingeschlossen. Bei 10 Patienten (23%) fand sich ein Pneumothorax in der Röntgenübersichtsaufnahme, bei 4 Patienten mit Drainagepflicht. Durch den TUS wurden 11 Pneumothoraces gefunden, insbesondere auch alle mit Drainagenotwendigkeit. Bei 4 Patienten ergab sich keine Übereinstimmung zwischen CXR und TUS; wegen funktioneller Einschränkung wurde bei ihnen aufgrund der Strahlenbelastung ein CT abgelehnt. Die Ergebnisse zeigten bei einem Patient US-, aber CXR+, bei 3 US+, aber CXR-, bei einem davon im Verlauf dann CXR+. Insgesamt ergaben sich damit für den TUS eine Sensitivität von 90% bei einer Spezifität von 94%, ein positives prädiktives Value von 82% und ein negatives prädiktives Value von 97%.
Damit konnte gezeigt werden, dass ein postinterventioneller Pneumothorax nach TBLC bei interstitieller Lungenerkrankung durch die Ultraschalluntersuchung zuverlässig aufgedeckt werden kann, wie dies auch für den Spontan-Pneumothorax schon nachgewiesen ist. Diese Untersuchung kann bettseitig durchgeführt werden und kommt ohne Strahlenbelastung aus. Das Risiko für einen Pneumothorax nach TBLC ist signifikant erhöht und beträchtlich. Die Pneumothoraxrate war in dieser Untersuchung höher als in anderen Studien, vermutlich einem höheren Anteil an IPF-Patienten geschuldet. Dabei war der Pneumothorax unabhängig von der Zahl der Biopsate und deren Größe.
Die Studie bestätigt damit die Ergebnisse anderer Studien beim Nachweis eines Pneumothorax durch den TUS, auch bei Patienten mit interstitieller Lungenerkrankung und einer Eskalation der Diagnostik hin zur transbronchialen Kryobiopsie. Damit steht ein einfaches und strahlenfreies Verfahren jederzeit zur Verfügung. Die Abläufe werden vereinfacht. Die Diagnose eines Pneumothorax kann durch den Untersucher selbst oder einen Mitarbeiter nach einem entsprechenden Training leicht gestellt werden. Somit kann meist auch rascher reagiert werden, wenn die Klinik die Einlage einer Drainage erfordert.
Fazit für die Praxis
Bei Patienten mit einer unklaren oder schwer einzuordnenden interstitiellen Lungenerkrankung steht mit der transbronchialen Kryobiopsie ein breiter einsetzbares Verfahren zur Verfügung, das durch eine hohe diagnostische Ausbeute verbunden mit einem günstigeren Risikoprofil als die chirurgische Lungenbiopsie gekennzeichnet ist. Die Hauptrisiken sind Blutung und Pneumothorax, die durch ein angepasstes Vorgehen beherrscht werden können. Bei der Diagnose des Pneumothorax nimmt der TUS eine neue, bedeutende Rolle ein. Die Sensitivität ist hoch, das Verfahren steht bettseitig zur Verfügung und kommt ohne Strahlenbelastung aus. Damit ändert sich das praktische Vorgehen: Ein «alter Zopf», nämlich der klassische Röntgenthorax nach Lungenbiopsie, kann vermutlich in den meisten Fällen bei Verfügbarkeit des TUS und eines trainierten Untersuchers über Bord geworfen werden!
Disclosure Statement
Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenskonflikte in Bezug auf den vorliegenden Wissenstransfer bestehen.