Hintergrund: Lungenkrebs ist eine der häufigsten malignen Erkrankungen mit einer weltweiten Inzidenz von 1,6 Millionen Fällen pro Jahr. Während der wichtigste ätiologische Faktor, das Rauchen, heute bekannt ist, ist der Prozess der Progression von Vorstufen wie Dysplasie bis zum manifesten Lungenkrebs noch nicht vollständig geklärt. Darüber hinaus sind aktuelle Forschungsmethoden auf Gewebebiopsien angewiesen - ein Prozess, der jedoch den natürlichen Verlauf der eigentlichen Entwicklung während der Untersuchung verändert. Daher besteht der Bedarf, optische Biopsietechniken zu entwickeln. Ziele: Prospektive Beurteilung der Durchführbarkeit der Endozytoskopie und konfokalen Endomikroskopie zur Erkennung von malignen und prämalignen Veränderungen in den Atemwegen. Methoden: Wir verglichen die Ergebnisse der Endozytoskopie und Endomikroskopie mit den Befunden konventioneller Biopsien aus denselben Arealen von 25 Patienten, die sich einer Bronchoskopie zur Untersuchung endobronchialer Anomalien unterzogen, sowie von 5 gesunden Kontrollpersonen. Ergebnisse: Die Endozytoskopie war technisch schwieriger, interpretierbare Bilder wurden lediglich bei 21 untersuchten Personen gewonnen; somit lagen vollständige Informationen einschließlich histopathologischer Daten nur von 21 Personen vor. Die Endozytoskopie schien mit den histopathologischen Befunden der Gewebebiopsien zu korrelieren und vermochte gesundes Epithel von Dysplasien und Karzinomen zu unterscheiden. Die konfokale Endomikroskopie zeigte höhere Zuverlässigkeit und lieferte adäquate Bilddaten von allen untersuchten Patienten, ermöglichte aber nicht die Unterscheidung zwischen Dysplasie und Karzinom. Schlussfolgerung: Diese Machbarkeitsstudie deutet darauf hin, dass die Endozytoskopie das Potenzial haben könnte, die Rolle des optischen Biopsieverfahrens zur Untersuchung der Pathogenese von Lungenkrebs zu erfüllen.

Hintergrund

Die klassische Sichtweise eines stufenweisen Fortschreitens von frühen malignen Veränderungen wie Metaplasie und verschiedenen Graden der Dysplasie hin zum Carcinoma in situ und schließlich zum invasiven Karzinom hat immer noch Bedeutung - vor allem beim zentralen Karzinom, das am häufigsten einem Plattenepithelkarzinom entspricht. Dieser Prozess wird jedoch nach wie vor nicht vollständig verstanden. Ein Ansatz ist, solche Veränderungen endoskopisch zu erfassen und in verschiedenen Entwicklungsstadien zu untersuchen. Die Histologie spielt dabei eine große Rolle. Die Biopsie-Entnahme selbst beeinflusst aber auch diesen Entwicklungsprozess im zentralen Bronchialsystem und ist damit problematisch.

Studienergebnisse

Die Arbeitsgruppe um Pallav Shah hat sich dieses Themas angenommen und (neuere) Fortentwicklungen der Endoskopie wie die Endozystoskopie und die konfokale Endomikroskopie als «optische» Biopsiemethoden untersucht. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass histopathologische Informationen aus den Oberflächenstrukturen abgelesen werden können. Die konfokale Endomikroskopie wird mit Hilfe einer Detektionsfaser nach Laseranregung mit 488 nm über den Biopsiekanal des Bronchoskops im Kontaktverfahren durchgeführt, sodass Standbilder, Filmsequenzen und Mosaikbilder produziert werden. Der Erfassungsbereich liegt bei etwa 600 μm und 50 μm Tiefe. Das Endozystoskop hingegen ist ein Prototyp eines Hybridinstruments von Olympus, das direkt eingeführt wird und die Darstellung der Schleimhaut nach Methylenblaufärbung mit 570-facher Vergrößerung erlaubt. Das Sichtfeld beträgt etwa 300 × 300 μm mit einer Eindringtiefe von 30 μm. Die Histologie wurde in der üblichen Weise mit HE-Färbung und Immunhistologie ausgeführt.

In die Studie wurden 30 Patienten aufgenommen, die entweder wegen Hämoptysen oder aufgrund des Verdachts auf ein Lungenkarzinom bronchoskopisch bzw. als Kontrollen (n = 5) untersucht wurden. Die Untersuchung wurde als flexible Bronchoskopie im Weißlicht- und Fluoreszenzmodus durchgeführt und durch die Endozystoskopie und Endomikroskopie ergänzt. Es wurden 21 Biopsien entnommen. Bei der Endozystoskopie konnten nur bei 21 Patienten adäquate Bilder erfasst werden, weil ein konstanter Abstand von 20-30 μm erforderlich ist. Husten und jede Bewe- gung, auch Atembewegungen, schränken die Qualität ein. Bei guter Qualität ergab sich eine gute Korrelation mit der Histologie, auch in Fällen unterschiedlicher frühmaligner Veränderungen (Abb. 1).

Fig. 1

Konfokale Endomikroskopie, Endozytoskopie und Histologie des endobronchialen Epithels in verschiedenen Stadien der Karzinogenese: gesundes Epithel, dysplastisches Epithel, CIS und invasives Plattenepithelkarzinom (SQCC). HE-Färbung normaler Bronchialschleimhaut sowie der Dysplasie in 200-facher Vergrößerung; CIS und invasives SQCC in 100-facher Vergrößerung.

Fig. 1

Konfokale Endomikroskopie, Endozytoskopie und Histologie des endobronchialen Epithels in verschiedenen Stadien der Karzinogenese: gesundes Epithel, dysplastisches Epithel, CIS und invasives Plattenepithelkarzinom (SQCC). HE-Färbung normaler Bronchialschleimhaut sowie der Dysplasie in 200-facher Vergrößerung; CIS und invasives SQCC in 100-facher Vergrößerung.

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Bei der konfokalen Endomikroskopie fiel diese Korrelation weniger eindeutig aus, wenngleich die Bilder viel einfacher und in allen Fällen erfasst werden konnten.

Kritik

Abgesehen von der Einschränkung durch die kleine Anzahl von eingeschlossenen Patienten sind die Verfahren technisch und im Rahmen einer flexiblen Bronchoskopie unter Sedierung schwer umsetzbar. Sie kommen momentan nur in Betracht, um gezielt bestimmte Areale der Bronchien zu untersuchen, weil eine gesamte Erfassung zu aufwändig wäre. Damit bleibt die Endozystoskopie ein Forschungsinstrument. Eine Faser-gestützte Technik im Kontaktmode erscheint vorteilhaft.

Des Weiteren stellt sich die Frage, warum die Daten, die von 2009 bis 2011 erfasst wurden, erst nach so langer Zeit veröffentlicht werden. Mittlerweile ist die HD-Technologie verbreitet, damit verbunden sind enorme Fortschritte in der Bildqualität. Die Diskussion über die Autofluoreszenz (AF)-Bronchoskopie war bereits vor über 10 Jahren weitgehend verstummt! Wir hatten zusammen mit der Firma Karl Storz in diesem Zusammenhang das D-Light AF entwickelt. Dabei ging es um die Diagnostik des zentralen Plattenepithelkarzinoms und der frühen malignen Veränderungen. Eine Art Endpunkt war das Ergebnis der europäischen multizentrischen Studie zur Detektion früher maligner Veränderungen mit der AF-Bronchoskopie [1]. Darin wurde deutlich, dass es sich bei der AF-Bronchoskopie um keine Screening-Methode handelt, weil letztlich bei asymptomatischen Patienten zu wenige Läsionen entdeckt werden. Bestätigung fanden diese Ergebnisse erst kürzlich im Rahmen der Pan-Canadian Lung Cancer Screening Study [2]. Darin konnten in einer Hochrisikogruppe lediglich 0,15% der okkulten Karzinome zusätzlich durch die AF-Bronchoskopie erfasst werden.

Fazit für die Praxis

Die Ergebnisse der Diagnostik mittels Autofluoreszenz bei frühen malignen Veränderungen waren letztlich enttäuschend, sodass das Verfahren erst kürzlich quasi zu Grabe getragen wurde. Dennoch macht es natürlich Sinn, die Diagnostik im Bereich der zentralen Atemwege, die der Bronchoskopie zugänglich sind, zu verbessern. Dabei hätten die Endozystoskopie und Endomikroskopie tatsächlich Potenzial, wenn sie weiter verbessert würden. Eine Einführung zum Stand der Technik vor 8 Jahren macht keinen Sinn, weil sich zwischenzeitlich die Endoskopietechnik dramatisch weiterentwickelt hat. Zudem kann man von der molekularen Diagnostik auch bei frühen malignen Veränderungen neue Erkenntnisse erwarten. Diese gehen bis zur Liquid Biopsy. Daran müsste sich eine optische Biopsie messen. Ein Einsatz dieser Verfahren in der Routine und im Kontext der Studie ist aber noch in weiter Ferne.

Disclosure Statement

Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenskonflikte in Bezug auf den vorliegenden Kommentar bestehen.

1.
Häussinger K, Becker H, Stanzel F, et al.: Autofluorescence bronchoscopy with white light bronchoscopy compared with white light bronchoscopy alone for the detection of precancerous lesions: a European randomised controlled multicentre trial. Thorax 2005;60:496-503.
2.
Tremblay A, Taghizadeh N, McWilliams AM, et al.: Low prevalence of high-grade lesions detected with autofluorescence bronchoscopy in the setting of lung cancer screening in the Pan-Canadian Lung Cancer Screening Study. Chest 2016;150:1015-1022.
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