Zusammenfassung
Bronchialasthma ist eine heterogene, komplexe, chronisch-entzündliche und obstruktive pulmonale Erkrankung, an der unterschiedliche Signalwege beteiligt sind und die sich in unterschiedlichen Phänotypen manifestiert. Ein kleiner Anteil der Asthmapatienten (5-10%) leidet an schwerem Asthma mit Symptomen, die sich durch eine leitliniengerechte Therapie nicht beherrschen lassen, d.h. durch Anwendung von hochdosierten inhalativen Steroiden plus einem zweiten Dauermedikament, z.B. einem langwirksamen β2-Agonisten (LABA) oder einem Leukotrienrezeptorantagonisten oder sogar systemischen Steroiden. Die Entdeckung und Beschreibung der Signalwege, die zu den unterschiedlichen Phänotypen von Asthma führen, hat neue Möglichkeiten in der Asthmatherapie eröffnet. Die Zulassung des humanisierten Anti-IgE-Antikörpers Omalizumab zur Behandlung von schwerem allergischem Asthma hat den Weg für weitere gegen Zytokine gerichtete Wirkstoffe geebnet, die insbesondere bei Interleukin (IL) 4, IL-5, IL-9, IL-13, IL-17 und IL-23 sowie bei den Epithelium-Zytokinen IL-25, IL-33 und TSLP (thymic stromal lymphopoietin) ansetzen. Die Kenntnis der molekularen Grundlagen von Asthma-Phänotypen trägt nach wie vor dazu bei, dass neuartige Biologika entwickelt werden, die auf eine Vielfalt phänotypspezifischer Zielmoleküle bei Patienten mit schwerem Asthma gerichtet sind. In dieser Übersichtsarbeit werden potenzielle therapeutische Ansätze zusammengefasst, die in naher Zukunft wahrscheinlich klinische Wirksamkeit zeigen werden. Der Fokus liegt dabei auf Biologika als vielversprechende neuartige Therapien bei schwerem Asthma. Übersetzung aus Int Arch Allergy Immunol 2015;168:241-252 (DOI:10.1159/000443930)
Experten-Kommentar
Transfer in die Praxis
Erfahrungsbericht
In unserer kinderpneumologischen Ambulanz betreuen wir eine jugendliche Patientin mit Hausstaubmilbenallergie und schwerem Asthma bronchiale. Unter hochdosierter inhalativer Kortikosteroidtherapie in Kombination mit LABA äußert die Patientin mehrfach in der Woche asthmatische Beschwerden. In der Lungenfunktion lässt sich wiederholt eine obstruktive Ventilationsstörung mit positiver Bronchospasmolyse nachweisen.
Alternativ zu systemischen Steroiden kommt auf den ersten Blick eine Therapieerweiterung mit dem Anti-IgE-Präparat Omalizumab in Betracht. Allerdings sind die Gesamt-IgE-Werte im Serum normal, sodass der Nutzen dieser Therapieoption im konkreten Fall in Frage gestellt werden muss. Stehen nun alternative Biologika als Add-on-Therapie bei Asthma bronchiale zur Verfügung?
Übersicht
Die Autoren der vorliegenden Übersichtsarbeit stellen eine große Bandbreite an bereits zugelassenen und in klinischer Prüfung befindlichen Biologika vor. Der Artikel gibt dabei einen umfassenden Überblick über die immunologischen Aspekte in der Pathophysiologie von Asthma bronchiale und bringt diese in Zusammenhang mit den therapeutischen Ansatzpunkten diverser monoklonaler Antikörper bzw. rekombinanter Proteine.
Trotz überzeugender Daten aus Tiermodellen und ersten vielversprechenden Ergebnissen aus klinischen Studien konnten im Verlauf für einige der genannten Präparate (z.B. Antikörper-Präparate gegen IL-9 und IL-4) keine signifikanten klinischen Effekte nachgewiesen werden.
Biologika in der Praxis
Der Anti-IgE-Antikörper Omalizumab (Xolair®) eröffnete die Ära der Biologika-Behandlung bei Asthma bronchiale und stellt inzwischen schon langjährig eine wichtige Therapieoption bei IgE-vermitteltem schwerem Asthma bei Erwachsenen und Kindern ab 6 Jahren dar.
Mepolizumab (Nucala®) ist der erste zugelassene monoklonale Antikörper gegen IL-5. Als Schlüssel-Zytokin für die Aktivierung, Differenzierung und Orchestrierung von eosinophilen Granulozyten besitzt IL-5 einen entscheidenden Stellenwert in der Pathogenese des eosinophilen Asthmas.
Als Add-on-Therapieoption beim nicht-allergischen refraktären eosinophilen Asthma bronchiale des Erwachsenen steht Mepolizumab in Deutschland seit Februar 2016 zur Verfügung. Der individuelle Einsatz dieser kostenintensiven Therapie verlangt eine präzise Phänotypisierung des Asthmas mit Nachweis einer Eosinophilie im Blut oder besser noch im Bronchialsekret. Hilfreich kann zusätzlich die Bestimmung des FeNO als Ausdruck der eosinophilen Entzündungsreaktion sein. Entsprechend muss eine allergisch getriggerte Form des Asthma bronchiale ausgeschlossen werden.
Da das eosinophile Asthma bronchiale nicht selten mit einer Atopie assoziiert ist, gestaltet sich die Abgrenzung zum allergischen Asthma bronchiale jedoch mitunter schwierig.
Vielversprechend für die zukünftig klinische Anwendung erscheinen auch Anti-IL-13 Antikörper (Lebrikizumab). Nach aktueller Studienlage könnten vor allem Patienten mit Steroid-refraktärem eosinophilem Asthma bronchiale profitieren. Die Ergebnisse der Phase III-Studien für Lebrikizumab werden am Ende dieses Jahres erwartet.
Für die Patientengruppe mit nicht-allergischem Asthma und vorrangig neutrophiler Entzündungsreaktion könnten Anti-IL-17 Antikörper wie Secukinumab Bedeutung erlangen. Ergebnisse aus größeren klinischen Studien stehen jedoch noch aus.
Fazit
Biologika, vor allem monoklonale Antikörper gegen Schlüssel-Zytokine, werden künftig in der Asthmabehandlung als Add-on-Therapie eine wichtige Rolle spielen.
Der Nutzen ergibt sich insbesondere für spezifische Asthma-Phänotypen. Aus diesem Grund erfordert eine phänotypisch spezifische Therapie auch eine diffizile Phänotypisierung der Erkrankung. Unsere eingangs erwähnte Patientin leidet an einem eosinophilen Asthma bronchiale mit Atopie und könnte von einer Therapieerweiterung mit Mepolizumab profitieren.